Merken auch kleine Kinder schon, was los ist?

  • Hallo zusammen,

    ich habe bisher nur im Co-Bereich geschrieben, doch eine Frage, die mich sehr Beschäftigt, hoffe ich, hier beantwortet zu bekommen:

    Mein Mann ist Alkoholiker und ich habe zwei Kinder (4 und 2 Jahre). Bislang hab ich immer gedacht (gehofft), daß sie von der Alkoholkrankheit ihres Vaters noch nichts mitbekommen, außer unseren ständigen Streit.

    Vielleicht kann mir jemand seine Erfahrungen mitteilen, wie Kinder die Situation warhnehmen, oder vielleicht kann sich jemand noch erinnern, wie alt er war, als er zum ersten Mal gemerkt, daß was nicht stimmt?

    Ich bin sehr dankbar um Antworten!

    LG Lenjana

  • hallo lenjana,

    ich hab schon am anfang der grundschule (mit fünf oder sechs) mitbekommen, das was massiv nicht stimmt. erste lebhafte erinnerungen an das trinken meiner mutter hab ich aus der zeit ab sieben, würd ich mal sagen, da kann ich mich an konkrete szenen erinnern. aber ich glaube schon, dass kinder stimmungen und spannungen schon viel eher wahrnehmen.

    lavendel

  • hallo,

    ich bin der auffassung, dass kinder altersunabhängig massiv darunter leiden, wenn ein elternteil alkoholkrank ist, das hat in meinen augen mit mitbekommen, im sinne von bewusst mitbekommen nichts zu tun.
    meine mutter, alkoholikerin, hat sinngemäß immer gesagt: ihr ward ja noch klein, ihr habt nichts mitbekommen. damit schützt der alkoholkranke in erster linie sich und verharmlost so seine krankkeit.
    vielleicht ist es sogar noch schlimmer, je jünger die kinder sind, desto mehr leiden die kinder, weil sie dann das verhalten der eltern nicht einordnen oder sich distanzieren können wie ein erwachsener.

    viele grüße simmie

  • hallo ihr beiden,

    vielen dank für eure antworten. wer kann das besser wissen, wie jemand der´s selbst erlebt hat.

    jetzt liegt es wohl an mir nicht mehr länger die augen zu verschließen und was zu verändern.

    lg lenjana

  • Hallo Lenjana, ich habe meine Mutter zum ersten Mal mit 8 nachts auf dem Boden liegend speiend gefunen (mein Vater hatte Nachtschicht). Ab da weiß ich es bewusst.

    Mein Sohn ist jetzt 5 geworden, und er hat zwischen 3 und 4 wahnsinnig gerne bei seiner Oma übernachtet und sie auch sehr geliebt. (Ich war mir immer sicher, dass sie, wenn er da ist, nüchtern ist. Sie hatte dies lange Zeit zumindest halbwegs im Griff) Vor einem Jahr hat sich das ganz plötzlich geändert. Zweimal musste ich ihn abholen. Seine Begründung: "Ich hatte plötzlich Bauchweh" oder "Die Oma ist böse". Tja, das wars dann.... Also kannst du davon ausgehen, dass dein(e) Große(r) es bestimmt schon mitbekommt, auch wenn er/sie es noch nciht benennen kann.

    LG tini

    Kleine Schritte sind besser als gar keine!

  • hallo tini,

    danke für deine erfahrungen.

    ich glaube oft, die kinder halten mich für die böse, die oft schimpft und schreit. papa wird selten laut und ist auch nicht gewalttätig den kindern gegenüber. mein großer mußte zweimal mit ansehen, wie mich mein mann über stunden gequält und verprügelt hat, hat sich aber in der situation ganz auf die seite seines vaters gestellt.

    es ist auch nicht so, daß er irgendwo besoffen am boden liegt, daß meiste, was sie mitkriegen ist unser ständiger streit und daß der papa oft merkwürdige sachen erzählt, oder über die mama schimpft.

    ich glaube schon, daß der große was weiß. ich bin oft sehr gereizt, auch den kindern gegenüber. kürzlich habe ich ihn recht grundlos für irgendeine kleinigkeit geschimpft und er stand ganz ruhig da und sagte: "mama, ich weiß schon, daß du nur wieder traurig bist wegen dem papa!"
    also scheint er sich doch viel mehr gedanken zu machen, als ich nur erahne.

    liebe grüße
    lenjana

  • Erstmal leiden Kinder unter der schlechten Stimmung zwischen den Eltern. Sie wollen sich ja irgendwie dazu verhalten, haben aber ein ungutes Gefühl dabei. Wie sollen die Kinder lernen anständig mit anderen zu kommunizieren wenn sie nur Geschrei vorgelebt bekommen?

    Kinder kriegen auch mit, dass der Alkohol damit etwas zu tun hat, will heißen, sie beobachten die Erwachsenen ganz genau (wie auch anders?).
    Ich weiß von einer Mitpatientin, dass deren kleiner Sohn sämtliche Alkoholverstecke im Haus aufgespürt hat. "Zeig mal der Mama, wo sie ihre Flasche hat", & er liess keines aus. :o

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Liebe lenjana!! Ich habe gerade deinen anderen Thread gelesen und ich hoffe, du packst es!! Auch für deine Kinder!! Auch ich glaube, dass die Kinder ganz viel mitkriegen. Ich kann auch verstehen, dass die Kinder an deinem Mann hängen. Sogar, dass sich dein Großer auf seine Seite stellt - der Papa ist ja oft ein Vorbild für die kleinen buben. Außerdem will er so vielleicht unterbewusst sein Bild von einer Famiie, die da besteht aus Mama, Papa, Kind und Kind schützen. Er kennts ja bisher nicht anders!!! Er kann sich ja nicht vorstellen, dass alles besser wird, wenn der Papa weg ist!! Du weißt ja, dass Kindern grundsätzlich jede Veränderung erstmal Angst macht, oder?

    Deshalb würde ich in diesem Fall NICHT auf das hören, was dein großer vielleicht sagt - er weiß es ja wirklich nicht besser. Aber dass er weiß, dass alles am Papa liegt, das hat er dir ja schon bestätigt, oder? Also: Nur Mut.

    Und ich glaube auch, dass eine Wohnung in der Nähe deiner Eltern euch allen vielleicht sehr helfen würde. Denn Großeltern, die für ihre Enkel da sind, sind doch auch sehr viel wert - und dann wäre ja wieder eine männliche Bezugsperson für deinen Großen da. oder???

    Lass dich ganz fest drücken, du schaffst das! Viele Grüße, tini

    Kleine Schritte sind besser als gar keine!

  • hallo dante, hallo tini,

    nachdem wir heute ausgezogen sind, habe ich versucht, die sache mit dem alk meinem sohn so gut wie möglich zu erklären. trotzdem ist er supertraurig, weil er angst hat, er dürfe nicht mehr dem papa sein freund sein oder der papa zieht weg und sagt ihm nicht wohin. er läßt sich aber kaum was anmerken und ist ganz tapfer, mein kleiner!

    lg lenjana

  • Zitat von Lenjana

    mein großer mußte zweimal mit ansehen, wie mich mein mann über stunden gequält und verprügelt hat, hat sich aber in der situation ganz auf die seite seines vaters gestellt.

    ich habe selbst auch gewalt in meiner familie erlebt aufgrund des alkoholkonsums meiner mutter. unabhängig davon, wie dein sohn reagiert, das geht nicht. dein mann darf dich weder quälen und prügeln.


    simmie

  • Hallo,

    irgendwie geht mir grad der Hut hier hoch.

    Kinder werden immer loyal ihren Eltern gegenüber sein, egal was diese tun.
    Als Elternteil habe ich die Verantwortung meine Kinder ohne Gewalt zu erziehen das heißt auch das sie sich nicht mit anschauen müssen wie die Eltern sich verprügeln.
    Sie lernen so nur ihre Konflikte später genauso zu lösen.
    Die Ängste die die Kinder aushalten müssen sind unerträglich aber oft zeigen sie sie nicht , weil sie nicht noch mehr Probleme machen wollen.
    Kein Kind sollte so aufwachsen.
    Ich bin dafür, das in einem Fall wo die Frau geprügelt wird und sich nicht von ihrem Partner trennt, die Kinder, vom Jugendamt so schnell wie möglich da raus geholt werden. Damit beide Eltern aufwachen können.

    Liebe Grüsse
    Elocin

  • hallo,

    bei uns kam keiner vom jugendamt und hat uns herausgeholt. einfach deshalb, weil es keiner mitbekommen hat.
    für das blaue auge meiner mutter wurde sonnenbrille gekauft, ihre nase war leicht krumm.
    ich glaube, es ist bei einer dieser unsäglichen feiern passiert, wo der alkohol in strömen floss bzw. einziger inhalt und ziel das saufen war.
    ich war damals 11 oder 12 jahre alt. ich glaube, das ist so mit das äußerste, was man als kind erleben kann.
    in meiner familie ist nichts passiert, keine hilfe von außen, keine trennung, nichts. es ging weiter. es gab dann zwar keine gewalt mehr. aber es nahm auch kein gutes ende.
    das schlimme als kind ist: man ist damit allein gelassen und dem allen ausgeliefert. ein kind ist ja kein erwachsener, der sich wehren kann.

    grüße simmie

  • Hallo simie,

    leider hast du recht. Auch wenn jemand etwas mitbekommt es meldet kaum jemand.In 16 Jahren und vielen Streits die sehr lautstark waren kam einmal die Polizei.

    Liebe Grüsse
    Nicole

  • hi!
    ich kann nur erzählen wie es mit meinem sohn läuft: er ist 4 und damit im alter deiner kinder:
    ich erklärte ihm, dass mama und papa jeder eine eigene wohnung wollen, weil wir sonst soviel streiten. sagte nichts von alk oder so.
    2 tage später fragte ich ihn (um seine reaktion zu überprüfen), ob er jetzt weiss, warum der papa in eine eigene wohnung zieht:
    er sah mich lange an, seufzte und meinte: weil der papa soviel bier und wein trinkt und soviel raucht.

    zum besseren verständnis: wir haben nur gestritten, wenn gabe nicht dabei war, und sind sonst manchmal ein wenig eisig, aber immer höflich miteinander umgegangen....

    das dazu... kinder kriegens nicht mit.
    lg reva

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