Mache jetzt einen Neuanfang

  • Moin Pauli,

    Elisabeth sagt so schön:

    Zitat

    Aber da halte ich mir vor Augen, was ich durch die Abstinenz an Lebensqualität gewonnen habe

    Ja - das stimmt.

    Ich für mich bin allerdings noch etwas krasser - ich erinnere mich "sehr gerne" daran, daß ich am Ende meiner nassen Zeit auch noch angefangen habe, ins Bett zu nässen.
    Und - glaube mir - mir selbst gegenüber drück ich mich nicht so gewählt aus....grins...

    Und dahin WILL ICH NIE WIEDER!!! Mal ganz davon abgesehen, daß - egal welche Laune ich nun habe - der Alkohol kann sie doch garnicht "verbessern"... nur verschleiern...
    und ich find´s toll, daß ich mich wieder spüren kann :wink:


    Liebe Grüße Dir

    Claudia

  • Servus pauli71 !

    Ganz genauso wie dir ist es mir nach dem Kletterunfall meiner Frau ergangen (kannst du nachlesen in meinem Thread: "Eine Bewährungsprobe") - nachdem alles so halbwegs überstanden war und die ärztliche Versorgung im KH begann setzte auch bei mir nach 1 1/2 jähriger Trockenheit plötzlich Saufdruck ein. Gott sei Dank hatte ich für solche Fälle ein Notfallpaket in meinem Hinterkopf habe danach gehandelt und konnte den Druck abwehren.
    Bin aber seit dieser Situation noch wachsamer als vorher und das sollten wir trockenen Alkoholiker unser Leben lang bleiben, denn die Krankheit ist zwar zum Stillstand gekommen kann aber jederzeit wieder in Bewegung gesetzt werden.

    LG
    Andreas

    carpe diem

  • Hi Andreas,

    interessant, dass du konkret die gleiche Erfahrung gemacht hast. Ich habe in der Situation überhaupt nicht damit gerechnet und fühlt mich die ganze Zeit bis dahin "sicher" in meiner Entscheidung.

    Was ist das für ein Notfallpaket, von dem Du sprichst?

    Gruß
    Paul.

  • Servus Pauli71 !

    Mein "Notfallpaket" besteht aus mehreren Bausteinen:

    1. Viel, viel alkoholfreie Getränke zu mir nehmen
    2. Versuchen in Ruhe die Konsequenzen eines etwaigen Trinkens zu überlegen ( das Problem bzw. die Situation werden ja durchs trinken nicht besser eher im Gegenteil)
    3. Jemanden aus meiner SHG anrufen oder/und zu treffen
    4. Hier im Forum darüber schreiben
    5. Ablenken durch Sport, Arbeit oder sonstige Aktivitäten (außer Trinken)

    Alles in allem läuft es darauf hinaus Hilfe anzunehmen und zuzulassen.
    Die Reihenfolge der einzelnen Punkte ist natürlich nicht bindend.

    Das sind meine Bausteine die sich bewährt haben !

    Lg
    Andreas

    carpe diem

  • Hallo Pauli,

    ich mal wieder.... die Nerv-Tante... die immer dann erscheint, wenn ein paar Tage ins Land gehen...und sich Pauli nicht meldet 8):lol:

    Wie geht´s Dir denn?
    Und - haste Dir nun auch so eine Art Notfallkoffer zusammengepackt?

    Erzähl doch mal wieder :wink:


    Liebe Grüße Dir

    Claudia

  • Hallo S.day,

    ahhh, das tut gut, wenn man vermisst wird ;)

    Danke der Nachfrage, mir geht es wirklich gut. Der Stress von vor ein paar Wochen ist überstanden und ich habe mich in meinem Leben ohne Alk weiter gut eingerichtet.

    Den Notfallkoffer von Andreas habe ich mir sehr zu Herzen genommen und tatsächlich eine Liste gemacht, die ich in meiner Geldbörse bei mir trage. Dazu ein paar kurze Ausdrucke von Berichten hier im Forum. Ab und zu lese ich die Texte durch und fühle mich dann immer in meinem Entschluss bestärkt. Ich habe mir letztens auch Bücher zum Thema Suff gekauft und lese wenn ich Zeit habe, um mir auch von anderer Seite ein bisschen was anzueignen. Vor allem im Umgang mit meiner Umwelt bin ich weiter etwas unsicher und hoffe, aus entsprechenden Beschreibungen was lernen zu können.

    Mein Tagesablauf ist ja schon länger strikt organisiert, zur Zeit aber noch etwas mehr, weil ich mich auf einen Fern-Treck Ende des Monats vorbereite. Da will ich eine längere Strecke zu Fuß hinter mich bringen, so mit Tagesetappen von ca. 30 km und muss deshalb fit sein. Dazu verbringe ich viel Zeit mit den Kids und der Rest des Tages geht mit der Arbeit drauf ;)

    Wie geht's Dir so? Sorry, ich habe leider nicht mehr die Zeit, alle Beiträge regelmäßig zu verfolgen und bin deshalb nicht ganz auf dem Laufenden.

    Grüße an alle
    Pauli.

  • Hallo Forum,

    wollte kurz was von mir hören lassen, um mich gleich für drei Wochen abzumelden. Ich bin auf dem Sprung nach Amiland um mich auf dem Apalachian Wandering Trail umzutun. Das ist ein Fernwander-Trail, auf dem ich gute 300 km runterreißen will.

    Wenn ich an einem Internet-Cafe vorbeikomme, melde ich mich zwischendurch - ansonsten dann Erfahrungsbericht nach meiner Rückkehr ;)

    Alles Gute an Eu alle - bleibt sauber, wir lesen uns nach meiner Rückkehr.

    Gruß
    Pauli.

  • Hallo aus Amerika!

    bin jetzt seit zwei Wochen zu Fuß (und allein!) in den Appalachen unterwegs. Die Landschaft ist echt Wahnsinn und ich habe in dieser Zeit viel über mich gelernt. Tage der absoluten Einsamkeit wechseln sich mit unverhofften Begegnungen (sei es mit Menschen, Tieren oder auch der Landschaft selbst) ab.

    Seit meiner Ankunft, bzw. meinem Abmarsch, herrscht bei mir ein absolut entspanntes Feeling, ich ruhe richtig in mir selbst und ich hatte überhaupt kein Verlangen nach Stoff. Mir geht es richtig gut, habe ziemlich abgenommen (kein Wunder bei 25 - 30 km pro Tag). Abends im Zelt finde ich viel Zeit, über mich, das Saufen, meine Vergangenheit und Zukunft nachzudenken - das bringt mir wirklich viel.

    Einzig der fehlende Kontakt zu meiner Familie und den Kids schmerzt manchmal, aber in knapp einer Woche bin ich ja wieder zuhause.

    Mehr über meine Erfahrungen und wie mich dieser Tripp weitergebracht hat, wenn ich wieder daheim bin.

    Grüße
    Pauli.

  • Hallo Pauli,

    man so ganz Alleine, in der Wildnis, bor, ich habe Stilaugen :shock:

    Na dann komme mal heil wieder :wink:

    Freue mich schon auf Deinen Bericht.

    MLG Mandy

  • Hallo Forum,

    nachdem ich nun schon wieder einige Zeit von "meiner Reise ins Ich" zurück bin, möchte ich nun meine Erfahrungen berichten.

    Ich war insgesamt gut 4 Wochen in Amerika, ganz allein, zu Fuß in den Apallachen unterwegs. Dabei habe ich insgesamt fast 850 km zurückgelegt, 12 kg abgenommen und eine Menge über mich gelernt. Die Strecke, die ich für meine Wanderung ausgewählt hatte, liegt größtenteils in Virginia/Tennessee/North Carolina und wechselt zwischen einfacheren, etwas ebeneren Abschnitten und gebirgigen Passagen.

    Meine Motivation, diesen Tripp zu machen, war, dass ich nach allem, was dieses Jahr passiert ist, das Gefühl hatte, Abstand gewinnen zu müssen. Wer meinen (unregelmäßigen) Thread verfolgt hat, weiß, dass ich neben meinem Entschluss, nichts mehr zu trinken auch andere Brocken - beruflicher, wie auch familiärer Art - zu schlucken hatte. Meine Beziehung war stellenweise auch nicht so, wie ich es mir wünschte, ich muss aber meiner Frau wirklich dankbar sein, dass sie am Ende zu mir gehalten hat und vor allem auch, dass sie mir diese Reise ermöglicht hat, während sie allein mit den beiden Kindern zuhause blieb.

    Meine Situation vor der Abreise war ein Gefühl des Ausgebrannt-Seins, leicht depressiv, orientierungslos und auch die Gedanken an den Suff schlichen sich mehr und mehr ein. Dass ich dann wirklich losgezogen bin, überrascht mich eigentlich immer noch :)

    Der Abflug war dann aber schon ganz anders, ich fühlte mich plötzlich frei, gelöst und offen für das, was kommen würde. Nach der Ankunft in den USA habe ich mich nicht lange aufgehalten, bin gleich in den Bus gestiegen (hatte absichtlich kein Hotel für den ersten Tag gebucht) und los gings durch die Lande. Von der Fahrt habe ich nicht viel mitbekommen - da ich im Flugzeug nicht schlafen konnte, bin ich im Bus gleich weggeknackt. Als ich dann in Roanoke (VA) ankam, war es 3:00 früh und ich wusste erst mal nicht, was ich tun sollte. Hab mich dann in die Wartehalle verzogen und die Zeit bis zum Sonnenaufgang dort verbracht.

    Die erste Etappe durch die Stadt und raus zum Trail war dann schon mal eine Zäsur, die Stadt zeigte sich von ihrer hässlichen Seite (dreckig, unsicher, laut...) und so schaute ich, dass ich wegkam. Als ich die Vororte hinter mir hatte, ging's dann besser - ich suchte ja Einsamkeit. Am ersten Tag riss ich gleich 40 km runter - ich wollte am liebsten rennen, wegrennen von allem, von meinem alten Leben und den alten Problemen. Abends war ich todmüde, konnte kaum noch das Zelt aufbauen und schlief wie ein Toter.

    Als ich am nächsten Tag um 6:00 aufwachte und mich zum Frühstück hinsetzte, spürte ich dann schon diese besondere Stimmung, die mich die nächsten Wochen begleiten sollte - Freiheit, Ruhe (innere wie äußere) - einfach wunderbar. Der Campingplatz lag mitten im Wald und war nur spärlich belegt. Nach und nach kamen andere aus ihren Zelten, die meisten auch Hiker wie ich. Einige ganz verrückte, die die ganze Strecke des Trails (über 3400km) gehen wollten, waren auch dabei. Alles ganz nette Typen, viele eher ruhig - aber alle sehr herzlich. Mir wurde angeboten, mich einer Gruppe anzuschließen, was ich aber ablehnte, weil ich zuerst allein ein Gefühl für den Trail entwickeln wollte.

    So vergingen die ersten Tage, meinen anfänglichen Übereifer musste ich aber am dritten, vierten Tag büßen, ich hatte meine Leistungsfähigkeit deutlich überschätzt. Die Folge war ein wahnsinniger Muskelkater, Überlastungserscheinungen in Knien und Hüftgelenken und einige nette Blasen. Ich muss in der Zeit ein wirklich bemittleidenswertes Bild abgegeben haben und habe dann auch meinen "Trailnamen" bekommen. Er wurde mir von einer Gruppe Australier verliehen, die selber langsam unterwegs waren - was sie aber nicht abhielt, mich als "Snail" (Schnecke) zu verspoten.

    Nach ein paar Tagen habe ich mich von der Gruppe dann wieder getrennt und bin allein weiter. Meinen Beinen ging es wieder besser, die Hälfte meiner Ausrüstung hatte ich verschenkt um den Rucksack zu entlasten und so kam ich in eine etwas wildere, bergigere Gegend. Die Landschaft war grandios, hinter jeder Ecke wartete eine neue Erfahrung, ich habe Wölfe und Bären gesehen, eine Vielzahl von Vögeln, Pflanzen ... Hier lebte ich wirklich auf. So verbrachte ich fast eine Woche allein (mit Ausnahme von kurzen Begegnungen auf dem Weg). Ich habe wild Gecampt, weil ich mich vom Betrieb der Campingplätze fernhalten wollte - was natürlich nicht ohne Risiko war.

    Ich war also voll gut drauf als ich mich entschloss, einen Abend wieder auf einem belebten Campingplatz zu verbringen. Mein Äußeres war inzwischen in das übliche Outfit des Trails übergegangen: Bart, ungekämmtes Haar, nicht mehr ganz sauber... so fand ich bald Anschluss an eine Gruppe, die selbst erst ein, zwei Tage unterwegs waren und mich wohl als alten Hasen ansahen. Es wurde viel geredet am offenen Feuer gesessen - als plötzlich einer neben mir eine Flasche "Old Turkey" auspackte und mir anbot.

    Den Schock, der mir da durch den Leib fuhr kann sich niemand vorstellen. Tief drin hatte ich mir eingebildet, alle meine Probleme weit hinter mir gelassen zu haben und dann dies. Der Typ muss wohl gemerkt haben, dass was nicht stimmte und hat sich erkundigt, was los sei. Da habe ich dann zum ersten Mal, seit ich nichts mehr saufe, zu einem Wildfremden gesagt, dass ich Alkoholiker bin und nichts mehr trinke. Das war für ihn - aber auch den Rest der Gruppe - dann sehr unangenehm, "private" Probleme derart nach außen zu tragen, scheint in Amiland nicht so erwünscht zu sein, aber der freundliche Herr packte wenigstens seine Flasche weg. Ich habe mich dann bald verabschiedet, ich war so aufgewühlt, aber auch stolz, dass ich das so gut überstanden hatte.

    Ab da habe ich mich dann nur noch mit solchen Hikern zusammengetan, die offensichtlich schon eine längere Strecke hinter sich hatten - da konnte ich sicher sein, dass keiner überflüssiges Gewicht (sprich Stoff) im Rucksack hatte.

    Langsam ging es dann auch dem Ende zu. Die letzten Tage versuchte ich, möglichst viel von der ganzen Umgebung und dem Feeling aufzusaugen. Ich war aber auch froh, dass es dem Ende zuging. Als ich dann im Bus nach Charleston saß, freute ich mich schon wie ein kleines Kind auf's Heimkommen. Flug war wieder nicht so toll - die Airlines sind einfach nicht auf Leute über 190 eingestellt.

    Dann in Deutschland am Flughafen der große Augenblick: meine Frau mit den beiden Kids und meinen Eltern haben mich abgeholt. Als ich sie stehen sah, kamen mir die Tränen, so habe ich mich gefreut, wieder da zu sein. Anders herum waren meine Leute aber sehr erschrocken, wie ich aussah. Ich hatte sehr abgenommen und obwohl ich mich wieder für die Zivilisation hergerichtet hatte, sah ich wohl doch noch schlimm aus. Wenigstens haben mich meine Töchter gleich erkannt ;)

    So, jetzt bin ich schon ein paar Wochen zurück, wieder in die übliche Tretmühle eingespannt - was hat mir dieser Egotripp gebracht? Er hat mir gezeigt, dass du alles schaffen kannst, dass egal wie schlimm der Tag ist, du deinen Weg gehen kannst - wenn du nur daran glaubst. Für mich persönlich wurden viele Dinge wieder auf die korekte Größe gestutzt und in die richtige Perspektive gesetzt. Meine Prioritäten wurden neu gemischt, meine Ziele teilweise radikat umgesetzt. Mein Verhältnis zu meiner Frau ist inzwischen besser als je zuvor. Mein Umgang mit meiner Umwelt viel offener - ich habe keine Angst mehr davor, was andere denken könnten. Und vor allem anderen nehme ich mich selbst nicht mehr so wichtig. Wie egomanisch diese Reise auch scheinen muss - sie hat mich letzten Endes vor allem eines gelehrt: Bescheidenheit.

    Gruß
    Pauli.

  • Hi Leute,

    ich wollte mich mal kurz melden - ich weiß, es ist schon eine (lange) Weile seit meinem letzten Posting.... Aber es läuft alles ganz gut, am 27. Februar hatte ich mein einjähriges ;) , bin also immer noch trocken. Therapie habe ich soweit abgeschlossen, gehe aber immer noch in die SHG, außerdem mache ich weiter meine Meditationsübungen (ich glaube langsam, die haben mir am meisten weitergeholfen).

    Grüße an alle, die diesen Thread verfolgen/verfolgt haben - ich werde mich sporadisch weiter melden :)

    Gruß
    Pauli.

  • hallo Pauli71

    Ich wünsche dir für deinen Weg alles gute

    mach weiter so

    Lg

    bernd

  • Hallo Pauli71,

    schon ein Jahr her? Das geht ja schnell.
    Ich kenne noch deine Anfänge hier.


    Herzlichen Glückwünsche und weiter machen :wink:

    Schreibe mal bei Gelegenheit etwas näher darüber :wink:

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Kommal,

    'aber' ist hier nicht als Erwiderung oder Negierung gedacht gewesen, sondern einfach als Füllwort ;)

    Die SHG ist wichtiger Bestandteil meines Lebens geworden, ein Punkt von mehreren, der mein jetziges vom früheren unterscheidet. Wenn ich zurück blicke, glaube ich manchmal mein früheres Ich kaum noch zu kennen....

    Viele Freunde von damals sind es nicht mehr (wollte das erst nicht glauben, aber es ist tatsächlich so, dass mit dem Suff auch ein Großteil meiner Bekannten/Freunde wichen), mein Tagesablauf ist völlig anders, ich habe neue Hobbies.... Alles wurde v.a. auch durch Eure Hilfe umgestellt - auch mein Denken - so dass der Gedanke an den Alkohol immer weniger Platz in meinem Kopf fand. Ich will nicht behaupten, dass er ganz weg ist, aber er sitzt ganz weit hinten und hat sich jetzt schon eine zeitlang nicht mehr nach vorn getraut....

    Ich bin zufrieden.

    Pauli.

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