Liebe Chrischi,
Du bist hier nicht allein, und es geht auch nicht nur Dir so. Aber ich muss schon sagen, dass mich die Reaktionen verschiedener Schreiber auch etwas verwundern, irgendwie auch wenn ich verstehen kann, was sie meinen und Dir sagen wollen. Diese Aussage von Hartmut:
Zitat von Hartmutich weiß ja nun nicht was dich hier her bewogen hat ins Akoholikerforum zu kommen aber das was du gerade tust hat nichts mit dem Sinn des Trocken werdens zu tun!
Du missachtest alle Grundbausteine und alle die von ihren eigenen Erfahrungen berichten und vor den Gefahren warnen!
finde ich nicht so toll, denn es klingt wirklich danach, als wollte er mitteilen, Du hättest hier nichts verloren, wenn Du die Grundbausteine nicht beachtest. Aber vielleicht möchte er ja noch mal darauf eingehen, wie er das gemeint hat.
Was mich hier so ein bisschen irritert ist, dass einige Schreiber zwar ganz offensichtlich den Wunsch haben, Dir hilfreiche Erfahrungen mitzuteilen, aber dabei völlig vergessen, ob das alles überhaupt so durchführbar ist in Deinem momentanen Stadium.
Ich versetze mich jetzt mal in die Zeit, als ich bei Tag 17 gewesen bin. An meinem 17 Tag habe ich mit meinem ersten Mann zusammen gelebt. Er trank fleißig neben mir sein Bier, konnte mich nicht zur Gruppe fahren, weil er betrunken war, seine Kisten (nicht Flaschen) hatte er im Nebenraum gestapelt. Außerdem hatte ich mindestens 10.000 ermahnende Worte der Gruppenmitglieder gehört, ich sollte an diesem Zustand etwas ändern (und zwar sofort!). Na toll, gut gemeint, aber WIE DENN??? Ich war vor und während meiner Saufzeit nicht in der Lage, ein eigenes selbstständiges Leben zu führen, und das sollte sich mal mit einem Fingerschnipp ändern? Ich habe fast die komplette Zeit meiner Entwöhnungsbehandlung noch in diesem Zustand gelebt. Wirklich ausgezogen bin ich nach sehr intensiver Therapiearbeit erst 9 Monate später, ohne Rückfall...
Chrischi, das soll jetzt nicht heißen, dass es kein Problem ist, sich ein Bier in den Kühlschrank zu stellen. Meine klare Meinung dazu ist: Raus damit! Wenn Du alleine lebst, und es Dir dadurch natürlich ganz leicht möglich ist, Deinen Haushalt alkoholfrei zu halten, dann kann ich Dir auch nur ganz dringend empfehlen, das zu tun. Klar und unbedingt.
Ich schreibe Dir diese Geschichte nur deshalb, weil ich klar machen will, dass diese Veränderungen im Umfeld eben eine Zeit brauchen. Niemand kann am Tag 16, 17 und 18 einfach mal sein Leben über den Haufen schmeißen.
Das mit Deinen Freundinnen habe ich so verstanden: Du hast ihnen abgesagt, mit welcher Begründung auch immer, und sie sind trotzdem einfach gekommen, mit Sekt in der Hand. Hmm, ich sehe daraus nicht gleich, dass das keine Freunde sind, sondern haben die Mädels Deine Begründung nur einfach nicht ernst genommen, oder gar nicht kapiert. Und ganz ehrlich gesagt: Ich an Deiner Stelle hätte es mich auch nicht getraut, sie rauszuwerfen, und ich hätte mich auch überreden lassen, mit in die Stadt zu gehen! ABER: Du hast nicht getrunken. Ja, Du hast es nicht getan. So sehr gefährlich, wie das alles war, so deutlich will ich aber auch mal hervorheben, dass Du es dieses Mal geschafft hast. (Aber ein Spiel mit dem Feuer war es schon, aber das weißt Du ja selbst...)
Wie wäre es denn, wenn Du mit ihnen telefonierst, und dabei noch mal ganz klar erklärst, was mit Dir los ist? Sag ihnen, dass der Alkohol Dich in große Gefahr bringt, wieder zu trinken, und sag ihnen auch, dass ein Rückfall Dich in Lebensgefahr bringt. Ich kann mir vorstellen, dass die einfach den Ernst der Lage erst mal checken müssen. Wenn sie dann allerdings immer noch mit Alk um die Ecke kommen, wird es in der Tat schwierig mit diesen Kontakten.
Ich kann Dir nur den Rat geben, dass Du entweder in einer Gruppe, oder in einer Suchtberatung Dir das alles erst mal von der Seele reden kannst. Die Suchtberatung halte ich, ganz ehrlich gesagt, für den besten Weg (oder mach doch einfach beides, Gruppe und Beratungsstelle!).
An einige Andere möchte ich noch die Anregung loswerden: Wie war es bei Euch am Tag 17? Ihr schreibt, dass Ihr dieses Denken von Chrischi selbst erlebt habt. Warum wird dann so ein Druck ausgeübt? Das verstehe ich nicht, ganz ehrlich.
Liebe Chrischi, versuch für Dich herauszufinden, welche dieser Tipps von hier Du für Dich schon umsetzen kannst, und welche nicht. Versuche so viel wie möglich, mehr geht eh nicht. Du schaffst das schon, denn Du denkst wirklich viel über Dich und Deine Erkrankung nach, und Du suchst ja auch ganz intensiv nach lebbaren Wegen, die Du trocken gehen kannst.
Ich habe mir damals einen Abreißkalender in die Küche gehängt mit 90 Tagen. In diesen 90 Tagen war für mich alles erlaubt, was alkoholfrei ist, und was mich nicht zum Rückfall bringt. Ich habe mir in dieser Zeit alle Stimmungen erlaubt, alles, was ich essen wollte habe ich mir gekauft, und ich habe mir keine Gedanken darum gemacht, wie viel Kaffee ich trinke, oder wie viele Zigaretten ich rauche. Nur keinen Alkohol!
Liebe Grüße
Mone