Hallo liebe Leute [Blockierte Grafik: https://beispiel.rocks/beispiel.rocks/www.cosgan.de/images/smilie/froehlich/a010.gif] ,
44 Jahre war ich alt als ich mich vor über 2 Jahren entschloss, meinem Leben eine ganz entscheidende Wende zu geben.
Ich konnte diese Entschlossenheit in Trockenheit umsetzen und bin heute 46 Jahre jung.
Ich wusste damals, dass es so mit mir nicht weitergehen konnte und ich wusste, dass mein Leben nur noch eine Zukunft hatte wenn ich es schaffen würde mich getrennt vom Alkohol weiterzuentwickeln. Ich hatte jedoch keine Vorstellung wie das gehen würde und wie ich mich zu verhalten haben würde um dies zu erreichen.
In Unkenntnis der Gefahren eines kalten Entzuges entgiftete ich allein zu Hause. Ich hatte das anlässlich meiner ungezählten Trinkpausen schon vielfach durchgemacht, ohne mir Gedanken darüber zu machen, dass dies eine Entgiftung ist, die unter fachliche Aufsicht gehört. In meinem damaligen Bekanntenkreis war es NORMAL, dass MAN nach dem Wochenende schwitzt und mehr oder weniger starkes Nervenflattern und scheußliche Träume hatte.
(Ich möchte jedem, der dies liest und auch mit dem Gedanken spielt etwas ähnliches zu machen, ganz dringend davon abraten!)
Ich war einer jener Trinker die nach außen und in den überwiegenden sozialen Kontakten noch FUNKTIONIEREN. Aber es fiel mir zunehmend schwer, diese Fassade aufrechtzuerhalten. Die seelischen Nöte in die ich durch dieses Versteckspiel geriet, wurden immer schlimmer und förderten eine ständig wachsende Sozialphobie. Am Ende trank ich am liebsten alleine. Ich war nicht mehr an Treffen und Partys wo alles einmal begonnen hatte interessiert. Mir ging es ausschließlich um einerseits die Betäubung und andererseits die Fassade. Zwei Faktoren die miteinander zu vereinbaren zunehmend schwieriger wurde. Die Gefahr, dass ich während des Trinkens in Gesellschaft auffallen könnte wuchs plötzlich sehr schnell an.
So zog ich mich zurück und dadurch brauchte ich mir nicht mal mehr Gründe für's Trinken zurechzulegen. Mir für mich alleine war sowieso klar, dass ich ein Wirkungstrinker war und das mir mit Alkohol versetzte Getränke weder schmeckten noch sonst irgendeine Art von sinnlichem Genuss bescherten. Nur die Wirkung auf mein Bewusstsein hat mich gereizt. Schon von Beginn an.
Schon mit 15 Jahren als ich mit einem Schulfreund zusammen die Kellerbar seiner Mutter plünderte. Mein Jugendzimmerschlüssel passte zufällig für das Türschloss - wie günstig. Wir tranken alles durcheinander damit es nicht so auffiel, dass etwas aus den Flaschen fehlte - wie schlau. Und wir hielten uns die Nasen beim Trinken zu, um den Geschmack nicht so deutlich spüren zu müssen - wie widerwärtig.
Vor etwas über 2 Jahren entdeckte ich hier unser Forum und checkte sofort ein. Ich war gerade 6 Wochen ohne Alkohol und ohne Plan, wie es weitergehen sollte. Seitdem bin ich quasi täglich hier und habe mich am Erfahrungsaustausch beteiligt und versucht mich im Forum zu engagieren. Vor allem aber habe ich hier viel - vermutlich das Entscheidende - über meine Krankheit und einen gesunden Umgang mit ihr gelernt. Ich verbrachte sehr viel Zeit in unserer "Geschlossenen" für die man den erweiterten Forenzugang benötigt. Hier fand ich Selbsthilfegruppe und Langzeittherapie gleichzeitig.
Es gibt geteilte Auffassungen darüber, ob eine virtuelle Selbsthilfegruppe zum Trockenwerden bzw. Trockenbleiben eine gleichwertige Alternative zu einer realen Gruppe darstellt. Jeder muss das für sich austesten und entscheiden. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass ich ohne dies Forum wieder nur eine Trinkpause gemacht hätte, denn ich wäre in meiner Unwissenheit nicht mal auf die Idee gekommen, dass ich Hilfe in Form von Erfahrungsaustausch mit Gleichbetroffenen brauche. Ich habe also hier zunächst die Information und das Wissen darüber erhalten und gleichzeitig den Austausch selbst. Für mich war und ist dies die ideale Form, weil der Pool an Erfahrungen und Wissen hier quasi unerschöpflich groß und jederzeit zugänglich ist.
Ohne den Zuspruch unserer "alten Hasen" hier hätte ich mich vermutlich nicht gewagt, die für meine dauerhafte Trockenheit notwendigen Veränderungen so konsequent durchzuziehen, wie ich das letztlich tat. Von der Distanzierung meines alten Bekanntenkreises bis hin zum Wechsel meines Wohnortes habe ich all' das getan, von dem ich überzeugt war, dass es meiner unabhängigen Weiterentwicklung in Klarheit dienlich sein würde.
Ich fühle mich in vielerlei Hinsicht immer noch als Küken was das Trockensein anbelangt weil ich mich ganz neu kennenlerne. Oder richtiger: nicht 'neu kennenlerne' sondern überhaupt das erste Mal kennelerne. Ich beginne so langsam Mensch zu werden ...
.Micha
Das Schönste kommt noch