Hallo!
Ich würde Euch gerne meine derzeitige Situation schildern und hoffe, dabei tatsächlich auch bei mir zu bleiben und nicht zu sehr auf meinen Partner abzuschweifen.
Seit 5 Monaten bin ich nun mit meinem Freund zusammen. Wir haben uns in der Psychiatrie kennengelernt.
Ich litt an Depressionen, er an Panikattacken. Schon ab dem ersten Tag habe ich gewusst, dass er ein Alkoholproblem hat, weil er in der Visite berichtet hat, wie es mit seinem Versuch, abends kein Bier mehr zu trinken, aussieht. Er hatte bis dato 6 Jahre lang jeden Abend Bier getrunken. Immer so um die 6-8 Flaschen.
Ich weiß noch, dass ich dachte: Wenigstens tut er etwas dagegen. Im Gegensatz zu meinem Exfreund, der auch meiner Meinung nach zu viel getrunken hat. Aber das ist ein anderes Thema.
Als wir zusammen kamen, hat er tatsächlich keinen Alkohol getrunken. Allerdings ist er dafür auf alkoholfreies Bier umgestiegen.
Nach und nach fing es dann an. Erst hat er nur am Wochenende getrunken. Später dann auch wieder in der Woche. Das ging so lange, bis ich ihm gesagt habe, dass ich mit seinem Trinkverhalten nicht klarkomme und gehen werde, wenn sich das nicht ändert. Er meinte dazu, dass er selber weiß, dass es im Moment viel ist, sich das aber auch wieder ändern wird. Schließlich braucht er den Alkohol nicht, das hat er ja bewiesen, als er in der Psychiatrie und auch danach abstinent war.
Es änderte sich dann aber doch nichts. Stundenlange Diskussionen haben nichts gebracht, bis er eines Freitags Abends Schnaps getrunken hatte. Da hatte er sowas wie einen Totalausraster, der fast damit geendet hätte, dass er mich betrogen hätte.
Am nächsten Tag war er reumutig. Er hat mir hoch und heilig versprochen, das sowas nicht mehr vorkommen wird. Er wollte ab sofort "erstmal" auf jeglichen Alkohol verzichten, nicht mehr mit seinen Freunden (von denen einer gerade eine Alkohol-Therapie abgebrochen hat) weggehen usw.
Ich kürze ab: Schon zwei Wochen später genau die gleiche Geschichte. Sein zweiter "Totalausraster".
Und auch hier wieder eine Beteuerung: Alkohol nur noch am Wochenende.
Beide Male hatte er mir versprochen, dass er sich professionelle Hilfe sucht, wenn er es alleine nicht schafft.
3 Wochen lang hat es tatsächlich geklappt. Er hat nur noch am Wochenende Bier getrunken. In der Woche wurde aber so gut wie jeden Tag das Alkoholfreie getrunken.
Dann kam allerdings hier ein Geburtstag und dort ein schlechter Tag (wir leiden im Moment beide unter großen Geldsorgen), so dass er auch in der Woche wieder trank.
Seit letzter Woche Montag sieht es so aus:
Sein Versprechen, nur noch am Wochenende zu trinken, hat er wie er es sagt "aufgehoben". Stattdessen trinkt er an mind. 5 Tagen in der Woche, so auch heute.
Von mir darauf aufmerksam gemacht, dass ich damit nicht klarkomme, reagiert er wütend, geht den Gesprächen aus dem Weg (Vorher konnten wir wenigstens darüber reden, ganz in Ruhe, aber auch das will er nicht mehr.) und sagt indirekt des öfteren, dass ich damit klarkommen muss oder gehen soll.
Er sagt, es wird nicht so bleiben und er wird wieder dorthin kommen, nur am Wochenende zu trinken, merkt aber im selben Atemzug an, dass er im Sommer sowieso öfter trinken wird. Abends auf der Terrasse, am Gartenzaun mit dem Nachbarn usw.
Vielleicht sollte ich anmerken, dass er extreme Schlafstörungen hat. Er schläft max. 4 Stunden, um dann wach zu werden, aufzustehen und gegen 6 Uhr morgens wieder ins Bett zu gehen. Der Hauptgrund, warum er trinkt, ist, dass er mit Bier um die 7 Stunden durchschläft , ihn Probleme nicht mehr so sehr beschäftigen und er es einfach "gemütlich" findet, abends beim Fernsehen Bier zu trinken. Er betrinkt sich in der Woche auch nicht vollkommen. Er trinkt um die 5-8 Flaschen Bier und ist dann "angeheitert", aber nicht volltrunken.
Auch heute hatten wir wieder eine Diskussion. Diesmal ist er überhaupt nicht mehr auf mich eingegangen, und ich beginne zu befürchten, dass er es auch nicht mehr tun wird. Er scheint langsam aber sicher gleichgültig zu werden, und das verletzt mich am allermeisten. Anfangs hat er sich selber noch eingestanden, dass er ein Problem hat. Mittlerweile meint er, es sei kein Problem für ihn, sondern nur für mich, ich wäre ihm keine Hilfe und würde nur nerven. Er ist der Meinung, alles sei halb so schlimm und wenn ich nicht wäre, würde er wie gehabt jeden Abend trinken.
Er glaubt, jeder Zeit aufhören zu können, und ich glaube auch, dass er körperlich nicht abhängig ist. Noch nicht. Aber psychisch ist er abhängig, da bin ich mir sicher. Doch auch das streitet er mittlerweile ab, obwohl er es noch vor ein paar Monaten genauso sah.
Ich weiß zur Zeit einfach nicht mehr, was ich tun soll.
Ich liebe diesen Mann sehr, und bis auf die abendliche Trinkerei und seinen Drang, sich jedes Wochenende zu betrinken, ist unsere Beziehung wirklich sehr gut. Wir reden offen über alles. Bis vor kurzem auch über seinen Alkoholkonsum.
Ich möchte ihn nicht verlieren, kann aber die Trinkerei auf Dauer nicht tolerieren. Das wusste er von Anfang an.
Die Frage ist: Kann ich ihm überhaupt helfen? Im positiven Sinne? Und laufe ich nicht gerade Gefahr, co-abhängig zu werden?
Hat das alles überhaupt einen Sinn und eine Zukunft? Oder habe ich eigentlich schon längst verloren und sollte lieber die Notbremse ziehen, bevor es zu spät ist?