Liebe durch stationäre Therapie zerstört?

  • Hallo, ich bin Ehemann einer alkoholkranken Frau. Ich als Angehöriger besuche seit fast einem Jahr zusammen mit meiner Frau eine Selbshilfegruppe. Sie war viele Jahre trocken und hatte dann im Frühjahr 2008 einen Rückfall. Sie macht seit ca. 6 Wochen eine insgesamt 16 wöchige Langzeittherapie.
    Wir haben immer eine sehr innige Beziehung zueinander gehabt. In den Phasen in denen sie trank, war das natürlich nicht so. Das ist jetzt seit Beginn der stationären Therapie anders geworden. Ich liebe meine Frau noch immer. Sie hat bis zur Therapie mir das Gefühl gegeben und auch gesagt, dass sie mich liebt. Jetzt in der Therapie ist sie sich ihrer Gefühle zu mir nicht mehr sicher und befürchtet mich nicht mehr zu lieben. Allerdings haben wir uns bisher auch nur einmal gesehen. Ansonsten lief der Kontakt in der Therapie nur über Telefon und SMS. Ich kann mir diesen plötzlichen Wandel nicht erklären. Kann es sein, dass dies nur eine vorübergehende unsichere Phase ihrer Gefühle ist??

    Außerdem habe ich selbst gemerkt, dass ich Co-Abhängig bin. Allerdings erst jetzt in den letzten Wochen ihrer Therapie. Ich habe sie dort immer wieder angerufen oder SMS geschrieben um zu wissen (kontrollieren) wie es ihr dort ergeht und ob sie Hilfe von mir (wie blöd!!) benötigt. Jetzt habe ich gemerkt, dass auch ich mich ändern muß und melde mich jetzt nicht mehr und warte ab bis sie sich bei mir meldet (hat sie auch getan).
    Am Ende dieser Woche werde ich sie besuchen und wir haben abgemacht, lange über uns zu reden. Ich freu mich natürlich sie wiederzusehen aber ich habe auch ganz schön Angst davor.

    Gruß
    seti

  • Hallo seti,

    herzlich willkommen bei uns.

    Das, was Du da beschreibst, kenne ich nur zu gut.
    Als mein Expartner im letzten Jahr auch in die Therapie ging, da veränderte er sich. All die Wünsche und Hoffnungen, die wir hatten, wurden enttäuscht, denn wir begaben uns gleichzeitig in den Prozess, das eigene Leben aufzuarbeiten.
    Dabei drifteten wir immer weiter auseinander. Ich hatte große Schwierigkeiten zu erkennen, daß die Zeit für ihn sehr anstrengend war, denn über 20 Jahre lang Trinken hatte so seine Spuren hinterlassen.
    Und er erkannte nicht, daß meine Sorge, mein Mißtrauen ein Zeichen meiner Co-Abhängigkeit und dem Beziehungsverlauf voller Lügen und Enttäuschungen war.

    Ich erhielt hier damals sehr viel den Zuspruch, mich um mich selbst zu kümmern. Ich begann eine Psychotherapie, ging hier in den geschützten Bereich, der als Selbsthilfegruppe dient, brach selbst zusammen, kam in eine psych.Klinik und die Beziehung zerbrach-wie ich auch.

    Die Zeit, in der der Partner *endlich* in den Entzug/Therapie geht, ist für uns Angehörige eine Zeit der Hoffnung, aber auch der Zeit, den süchtigen Partner seinen Weg in die Trockenheit gehen zu lassen. Nur wenige finden in dieser Zeit die Kraft und Mut, zusammenzubleiben.

    Ich kann Dir nur sagen, daß Deine Entscheidung, etwas für Dich zu tun, wirklich lohnenswert ist. Ich erkannte dabei, warum ich mich in meiner letzten Beziehung komplett aufgab, meinen Tiefpunkt erreichte und heute endlich wieder ein selbstbestimmtes Leben führen kann.

    Ich wünsche Dir die Kraft, Dich hier einmal selbst zu reflektieren.

    Lieben Gruß

    Susanne

  • Hallo Susanne,

    ohje, das klingt ja nicht so gut.
    Im Moment ist es so, das sie noch nicht absehen kann, wie sich ihre Gefühle entwickeln und sie hat auch Verständnis für meine Situation der Co-Abhängigkeit. Ich habe nun aber auch erkannt, das es so natürlich nicht weitergehen kann, denn wenn nur der Partner als Alkoholkranker nicht mehr trinkt, heißt das noch lange nicht, das alles okay ist. ICH selber muß mich auch verändern, weiß allerdings noch nicht so recht wie.
    Ein Anfang ist gemacht, dadurch das ich sie in der Therapie nicht mehr durch diese dummen Telefonate und SMS belästige. Und ich merke auch, mir tut das gut auch Abstand davon zu haben. Trotzdem fühle ich mich ziemlich leer und weiß noch nicht so recht was ich machen soll.
    Werde erstmal sehen, wie der Besuch bei ihr am Wochenende verläuft.

    Vielen Dank für die schnelle Antwort

    Seti

  • Hallo Seti,

    Willkommen hier bei uns. Dies ist auch ein wichtiger Schritt sich mit Dir auseinander zu setzen.

    Zitat


    Trotzdem fühle ich mich ziemlich leer und weiß noch nicht so recht was ich machen soll.

    Es gilt diese Leere die du empfindest mit Dingen aufzufüllen die dir gut tun.

    Hast du Hobbys und Interessen was du schon immer mal machen wolltest? Jetzt wäre die richtige Zeit dafür.

    Lieben Gruß
    Nicole

  • Hallo kwiep, hallo Nicole,
    vielen Dank für die Antworten. In erster Linie habe ich wohl Angst davor, wie sie sich verändert hat und ob ich sie so noch wiedererkenne.
    Aber vielleicht sollte ich mir keine so großen Gedanken vor der Begegnung machen.
    In meiner realen SHG (Alkoholkranke und Co-Abhängige), hat man mir gestern geraten einfach auf sie zuzugehen um dann zu sehen wie es dann läuft. Meistens (so meine SHG) erledigen sich dann viele Dinge von selbst. Also werde ich wohl erst mal das Wochenende abwarten.

    Gruß
    seti

  • Hallo kwiep,

    ja, natürlich seid ihr real. Ich habe ja auch sehr reale Probleme.

    Wollte damit nur sagen, ich kümmere mich nicht nur hier im Internet um meine Probleme.
    Klar werde ich mich wieder melden und hier berichten. Ihr seid wirklich toll hier, bin froh euch gefunden zu haben.

    Gruß
    seti

  • Hallo Seti,

    eigentlich ist hier schon alles geschrieben. Susannes Beitrag könnte ich direkt so unterschreiben.

    Ja es ist leider so,dass viele Beziehungen auf dem Weg in die Trockenheit auf der Strecke bleiben. Aber nicht alle!

    Versuche die Zeit für Dich zu nutzen. Co-Abhängigkeit bedeutet ja auch, dass Du Dich über Jahre verbogen hast, um Dich anzupassen. Versuch jetzt nicht, Dich an Deine "neue" Frau anzupassen. Versuche Dich zu finden und dann schaut ihr nach der Therapie, welche gemeinsamen Nenner da sind.

    Ich weiß das klingt stocknüchtern. Und man ist als Angehöriger in der Phase eher emotional. Versuche es! Konzentriere Dich auf Dich! Tue Dir Gutes!

    Ich wünsch Dir viel Kraft und Euch beiden alles Gute!

    Papi

  • Hallo Papi,
    nein, ich werde mich nicht weiter verbiegen, aber ich muss mich doch auch ändern, denn so wie ich mich verhalten habe war das auch nicht okay. Konrollieren will ich sie nicht mehr, doch das habe ich getan indem ich sie am Anfang der Therapie angerufen habe oder SMS schrieb, auf die ich auch antworten erwartet habe. Wenn wir wirklich zusammen bleiben, dann muss ich zumindest dieses Verhalten der Co-Abhängigkeit ablegen, und wenn wir auseinander gehen auch. Ansonsten habe ich mich in dieser Zeit ja auch verändert und ich selber möchte wieder der sein, der ich vorher auch war.

    Gruß
    seti

  • Hallo,

    ich war gestern zu Besuch bei meiner Frau in der Klinik. Als ich hinfuhr hatte ich richtig große Angst. Wir hatten dann aber doch eine schöne Zeit.

    [en Rat von kwiep gehalten und ihr zugehört und dabei auch gemerkt, dass sie unsere Ehe noch nicht aufgegeben hat. Wir werden erst nach der Therapie wirklich wissen wie es mit uns weitergehen wird.
    Ich werde mich auch verändern müssen, weiß aber auch das dies nicht leicht wird über den eigenen Schatten zu springen und dieses Co-Verhalten nicht wieder von vorne zu beginnen.

    Gruß
    seti

  • Na, also!

    Ja, Seti, du musst dir für dich was einfallen lassen. Du darfst nicht nur erwarten, dass sie jetzt alles in Ordnung bringt.
    Es hat mich auch schwer getroffen, dass ich selber krank war und daran arbeiten musste/ sollte/ wollte. Aber unser Zusammenleben, dass ich ja auch nicht aufgeben wollte, gerade als mein Mann trocken wurde, war mir sehr sehr wichtig. Und dadurch, dass ich mir ganz viel Hilfen gesucht, geholt genommen habe, ist es mir leicht gefallen, das Meinige dazuzutun.
    Ganz, ganz wichtig dabei war und ist, dass ich von Anfang an den Fokus auf MICH lenken musste.
    Jetzt war egal, was mein Mann tat! Ich musste für MICH etwas tun, MIR Gutes tun.

    Ganz toll, dass du es geschafft hast, deiner Frau zuzuhören. Das hat ihr sicherlich auch gleich gutgetan. Euer erster Schritt in ein neues Miteinander. Gegenseitiges Zuhören.
    Jetzt braucht ihr noch ein ordentliches Paket Geduld, dann kannst du auch wieder optimistischer in die Gegend schauen.

    Ich schicke dir gleich mal ein wenig davon rüber und wünsche dir eine gute Woche, fang gleich an, für dich etwas zu tun, liebe Grüße, Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo,

    danke für die Antworten.
    Den Willen zur Veränderung habe ich, merke aber auch, dass dies eine schwere Sache wird. Vor allem muss ich wohl aufpassen, nicht in alte Verhaltensweisen zurückzufallen, wenn sie aus der Therapie zurückkommt.

    Gruß

    seti

  • Hallo Seti,

    noch ein herzliches Willkommen in diesem Forum. Warum sollte sie denn die Ehe aufgeben, seid Ihr so damals auseinander gegangen?

    Die ganzen Veränderungen die damals bei mir passierten, dann bei ihr, dann bei mir, usw., das waren unglaubliche Erfahrungen, damals unverständlich, heute bin ich dankbar dafür. Ich war stolz darauf meine Frau auf Händen zu tragen und nie in Gedanken bei anderen gewesen zu sein. Wie krank das in meinen Kopf alles war zeichnete sich ab, als ich sie zum Ende der Therapie besuchte. Dieser freundliche Umgang mit den anderen Betroffenen, diese Herzlichkeit, dieses Verständnis, ich hatte das nicht und sah die erstmal mit Abstand und als Konkurrenten. Da konnten auch sofort und problemlos Filmchen in meinem sanierungsbedürftigen Hirn ablaufen. Zu dem Zeitpunkt ging es mich überhaupt nichts mehr an, was meine Frau tat und machte, wir waren verbindlich getrennt. Sie hatte nie vor gehabt sich scheiden zu lassen, sie musste nur erstmal weit genug weg von mir, um zu sich selbst, zurück in ihr Leben und ihre Zukunft zu finden. Zu dem Zeitpunkt konnte ich damit nichts anfangen, ich war noch auf einem anderen Trip und hatte ihr einige Wochen vorher die Gerichtsunterlagen zur Scheidung in die Klinik schicken lassen, Finito, Ende, man muss Entscheidungen treffen, ex und hopp . Ich erhielt hier in diesem Forum, von meinem Anwalt, von Freunden guten Beistand und habe natürlich vieles ignoriert, als sie aus der Klinik kam, trocken und verändert und meine Co-Sterne fingen wieder an zu leuchten, anders, neu.

    Ich wünsche Dir viel Geduld mit Dir.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo kaltblut,

    Zitat von kaltblut

    Warum sollte sie denn die Ehe aufgeben, seid Ihr so damals auseinander gegangen?

    nein, das sind wir nicht. Im Geggenteil, es herrschte bis dahin noch ein sehr inniges Verhältnis. Ca. vor vier Wochen trat dann bei ihr eine starke Veränderung auf und sie konnte danach ihre Gefühle nicht mehr richtig einordnen. Durch Äußerungen ihrerseits (Telefon) hatte ich den Eindruck, sie würde sich trennen wollen. Ich habe am Wochenende gemerkt, dass auch von ihrer Seite noch Zuneigung vorhanden ist. Wir werden wohl erst am Ende der Therapie wirklich wissen wie es mit uns weitergeht.

    Gruß

    seti

  • Hi seti,

    wieso denn am Ende der Therapie, es könnte doch auch erst in zwei Jahren soweit sein?

    Wie auch immer, Du gehst ja seit einem Jahr auch in eine reale SHG. Gehst Du da eigentlich für Dich, für Euch oder für sie hin?

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo,

    @ kaltblut, klar, könnte auch in zwei Jahren soweit sein oder auch nie.
    Ich gebe zu, meine Frau hat mich Anfangs dazu gebracht in diese SHG zu gehen. Mitlerweile gehe ich aber nicht mehr wegen ihr dorthin sondern wegen mir. Vorallem seit sie in der LZT ist.

    @kwiep, das scheint in der Therapie wohl bei fast jedem so zu sein. Allerdings scheint das Interesse an der eigenen Person bei Frauen wohl ausgeprägter zu sein (Erkenntnis aus der SHG).

    LG

    seti

  • Hallo kwiep,

    bei uns gab es keine Gewalt, allerdings ist sie früher von ihrem Ex-Mann geschlagen worden. Das hat auch damals zur Alkoholkrankheit geführt. Wie Anfangs schon beschrieben, sie war ca. 8 Jahre trocken.

    LG

    seti

  • Zitat

    Allerdings scheint das Interesse an der eigenen Person bei Frauen wohl ausgeprägter zu sein

    Frauen haben eben mehr diesen Kümmerinstinkt, dann auch wieder für sich selber. Außerdem sind Sie von der Erziehungs ja auch immer angehalten wurden eher nach Ihren eigenen Fehlern zu suchen... sowas prägt.
    Die Männer haben allg., so meine Erfahrung auch weniger Interesse dran sich mit Probleme zu beschäftigen und auch Gefühle werden oft mehr als Last gesehen...es fällt Ihnen schwer diese anzuschauen, für Frauen ist das meistens leichter...

    Biologisch, Evolutionär, wer weiß...

    Grüße Karotte

    Das Leben ist Widerspruch: Das eine ist und das andere auch.

  • Hallo,

    ich bin nun etwas verwirrt über meine Gefühle. Seit 5 Tagen habe ich nichts mehr von meiner Frau aus der Therapie gehört. Wie abgemacht warte ich darauf das sie sich meldet. Irgendwie vermisse ich sie sehr. Ist das normal oder ist das auch Co?

    LG
    seti

  • Hallo Seti!

    Ich glaube, dass du deine Frau vermisst, ist sicherlich ganz normal. Wenn es nicht so wäre, würde ich bezweifeln, dass ihr eine relativ intakte Beziehung führt.

    Ich kann Dir nur raten nach Ablenkung zu suchen. Es gibt doch sicher einiges, was du gerne machst und vielleicht in den letzten Jahren vernachlässigt hat!

    Halt den Kopf hoch und denk positiv!

    Liebe Grüße
    Elli

    PS: Komm mir manchmal echt blöd dabei vor in meinem Alter hier zu schreiben. Ich hoffe, Ihr findet es in Ordnung.

  • Hallo Ellii, hallo kwiep,

    sie hat sich gestern noch gemeldet.
    Ja, ist wohl so, ich vermisse sie wirklich sehr.
    Ablenken hilft, allerdings nicht immer. Briefe habe ich in den letzten Wochen auch schon einige (ich glaube vier) geschrieben und auch abgeschickt.
    Denken tu ich schon viel zu viel und dann bin ich ganz froh wenn ich mal nicht an diese Situation oder an sie denken muss.

    Ellii <- Wie alt du bist ist vollkommen unerheblich, das jemand da ist der versteht das ist wichtig :wink:

    LG
    seti

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