Liebe EKAs,
unser Gebot aus der Kindheit: „Nichts hören, nichts sehen, nicht sagen.“ bringt mich dazu, mich hier zu öffnen. Gestern habe ich das Buch Familienkrankheit Alkoholismus gekauft und bin mir beim Lesen ein Stückchen näher gekommen. Und immer wieder geht es weiter vorwärts. In den letzten Monaten habe ich im Forum nur gelesen und es ist toll, eure Entwicklung zu begleiten. Echt super, wie ihr das macht!! Wie wir das machen...
Zu meiner Geschichte:
Meine Mutter ist Alkoholikerin und trank, seitdem ich denken kann. Ich bin die jüngste von drei Kindern, ich bin heute Mitte 30. Meine Mutter trank täglich, überwiegend Bier. Sie hatte immer ihren Level, fing mit dem Bier morgens an, ging im Familienbetrieb arbeiten und kam dort auch an Bier ran und trank weiter. Abends war sie meistens betrunken und es gab oft Streit mit meinem Vater. Aber auch wir Kinder mischten uns ein, weil wir (besonders ich) für Harmonie sorgen wollten. Genaue Erinnerungen habe ich nicht mehr, ich habe vieles von dem Unangenehmen „vergessen“. Ihr wisst was ich meine.
Recht früh bin ich ausgezogen und habe mein eigenes Leben auf die Beine gestellt. Natürlich habe ich alles alleine geregelt, denn ich habe nie Unterstützung von meiner Mutter bekommen. Auch von meinem Vater kam nur sehr wenig, da er beruflich eingespannt war und natürlich co-abhängig ist. Ich habe meine Erfahrungen mit Partnern gesammelt, habe mich beruflich weiterentwickelt, bin mehrmals umgezogen und lebe nun – mal wieder – allein und es fehlt mir materiell an nichts.
Meine Mutter hat nie mit dem Trinken gestoppt. Mitte 50 lies ihr Gedächtnis immer mehr nach. Mit 60 hatte sie am Frühstückstisch einen Zusammenbruch, so ähnlich wie ein Schlaganfall. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht, erst in die Schlaganfall-Aufnahme. Dort wurde sie sehr aggressiv, ihr Alkohol wurde „gerochen“ und sie haben sie sofort in eine andere Klinik zur Entgiftung zwangseingewiesen. Das alles mit Polizeiaufgebot und unter Anwesenheit meines Vaters. Sie lag mehrere Wochen auf der Intensivstation, war nicht ansprechbar, wurde mit Medikamenten stillgestellt und es war furchtbar, sie so zu sehen. Sie scheint sehr stark zu sein, denn sie hat überlebt. Das ist jetzt ca. 1 Jahr her. Heute hat sie, ähnlich wie bei einer Demenz, kein Kurzzeitgedächtnis mehr. Sie kann nicht mehr allein leben. Sie ist ein Pflegefall und wird von meinem Vater, der nicht mehr berufstätig ist, zuhause betreut.
So – und jetzt habe ich so viel geschrieben, aber ich habe nicht gesagt, wie es mir als EKA geht! Und genau das ist der Punkt: Ich kann wunderbar sachlich berichten und es fällt mir leicht, zu schreiben. Aber ich sage nicht, WIE es MIR geht. Das möchte ich in diesem Forum lernen. Dazu habe ich mich angemeldet.
Ich freue mich auf den Austausch und bitte schiebt mich an, sollte ich mich rar machen. Denn das ist eine meiner Strategien, die ihr bestimmt auch kennt: Unsichtbar werden...
Danke fürs Lesen
Alles Liebe
Smilla