EKA oder Borderline?

  • Tach Leute,

    ich bin selbst seit 2 Jahren trocken und lebe jetzt seit 6 Jahren mit einer Borderlinerin zusammen - dachte ich zumindest. Vor ein paar wochen habe ich mir die neueste Ausgabe der Suchtfibel besorgt, und war gerade schön am schmökern als ich über das Kapitel "Frühe Prägung" stolperte.

    Der verstorbene Vater meiner Lebensgefährtin war Alkoholiker und ihre Mutter abuselt mit Medics und Alk. Und das was ich bisher für Borderline-Verhalten hielt findet sich ziemlich genau in den Merkmalen von EKAs wieder.

    Hat da jemand von Euch Erfahrung mit?

  • Hallo Rollo,

    du befindest dich hier mitten unter EK's. Ja, wir haben Erfahrung damit! :wink:

    Wenn du magst, lies dich mal durch unsere Merkmale für ein EK, vielleicht hilft dir das weiter.

    Wenn deine Freundin möchte, kann sie ja selbst mal hier ins Forum schauen.


    Viele Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • ja und auch hier kann ich etwas dazu sagen.
    Ich bin neu hier und mein Name ist Mond_im_Fisch.
    Mit dem Borderline Syndrom habe ich mich auch auseinandergesetzt, bin aber selbst ein EKA. Aber Parallelen gibt es da wohl.

    Vor allem (und da rede ich aus eigener Erfahrung) dieses ständige sich an Grenzen bringen, in Extremsituationen, wo es doch auch einfacher ginge. Man führt quasi ein Doppelleben, wird in der "Realität" allen gerecht. Doch der andere Teil deiner Seele will etwas anderes und nimmt es sich dann auch.(will sie es tatsächlich?) Und dann kommt irgendwann der Ausbruch.Man ist der oder die "Perfekte" im Berufsleben, oder im "Privatleben" aber dann kommt doch diese andere Seite raus und zerstört alles. Indem man sich nicht "rollenkonform" verhält und sich immer wieder an Grenzen bringt, körperlich und psychisch.

    Im Nachhinein, wenn ich mein Leben überblicke, habe ich viele gute Dinge, ob es nun ein guter Job oder auch eine gute Beziehung waren, immer wieder zerstört, damit ich allen zeigen konnte: Und ich schaffe es wieder allein, ich zeigs euch allen!Ich habe es nicht anders gelernt! Letztendlich habe ich dabei wieder einmal mich selbst zerstört.

    Der wichtigste Punkt wird wohl sein, das deine Freundin versucht, beide Seiten miteinander zu verbinden, das Leben so anzunehmen, wie es ist und eben nicht "perfekt" zu sein.

    Was genau zeigt sie denn für Seiten? Ist sie auch ein Mensch, der immer wieder von einem Extrem ins andere fällt?

    Viele Grüße

    as

  • Hallo Rollo!

    Borderline ist in vielen Fällen eine Traumafolgeerkrankung, bei der die Traumatisierung in der frühen Kindheit gelegen hat und meist chronisch war. Insofern wäre es nicht unpassend, wenn Deine Lebensgefährtin als Tochter von suchtkranken Eltern Borderline hat. "EKA" ist ja auch kein offizieller psychiatrischer Begriff, da passt dann eher komplexe posttraumatische Belastungsstörung. Und als chronische komplexe posttraumatische Belastungsstörung sehen viele Experten Borderline heute.

    Wirklich schlimm bei Borderline ist, daß da so unglaublich viele miese Vorurteile existieren, durch die die Betroffenen in die hinterletzte Ecke gestopft werden, obwohl es sehr oft Menschen sind, die wahnsinnig viel durchmachen mussten.

    Liebe Grüße

    cailin

  • Hallo ! :)
    Ich habe auch schon einiges zum Thema Borderline gelesen. Bevor ich auf das Forum gestoßen bin dachte ich ich hätte Borderline ... zumal ich eine Diagnose auf Persönlichkeitsstörung hatte ... viele Merkmale von Borderline treffen auf mich zu ... Oder bin ich doch "nur" EKA?
    Kennt sich da jemand von euch näher mit aus? Was mich z. B. interessieren würde ist, muss es sein, dass man sich ritzt denn das mache ich z. B. nicht. Habe mal gelesen, dass das eine Begleiterscheinung ist aber nicht sein muss.

    LG tinkerbell

  • Hallo tinkerbell!

    Was Du gelesen hast, stimmt. Das Ritzen gehört nicht zwangsläufig zu Borderline dazu. Genau so wenig hat jeder, der sich ritzt, Borderline... Es gibt ja bei Borderline auch ganz verschiedene Ausprägungen, sog. "Symptomniveaus".

    Die Frage, ob Du nun Borderline hast oder doch "nur" ein EKA bist, kann man so eigentlich gar nicht stellen. Borderline ist, wie ich ja oben schon geschrieben habe, in vielen Fällen eine Traumafolgeerkrankung. Das Leben als Kind in einer Alkoholikerfamilie ist ein Trauma (ein sog. Typ-III-Trauma), ein chronisches noch dazu. Häufig kommt dann ja auch noch häusliche Gewalt dazu, die man zumindest miterlebt hat. Auch das ist ein Trauma. Wenn Du also ein EKA bist und viele Merkmale von Borderline auf Dich zutreffen, dann kann es durchaus sein, daß Du Borderline hast, weil Du ein EKA bist...

    Wichtig ist, daß Du Dich durch dieses ganze Diagnose-Tamtam und den vielen Unsinn, der im Laufe der Jahre über Borderline so geschrieben worden ist, nicht verunsichern oder runterziehen lässt. Eigentlich ist es nämlich völlig egal, welchen Namen man dem, worunter Du heute leidest, gibt. Entscheidend ist, daß Du die richtige Hilfe bekommst. Und die kann eigentlich nur ein Therapeut leisten, der viel Erfahrung im Umgang mit traumatisierten Menschen hat.

    Liebe Grüße

    cailin

  • Hallo!!

    Ich war auch jahrelang auf der Suche nach einem Namen für das, was mich so "anders" gemacht hat, als eben alle anderen.
    Dabei habe ich mich mit Begriffen wie "Borderline", "EKA", "Co-Abhängig", "Depressionen"........ beschäftigt. Nur wirklich weitergebracht hat mich das auch nicht. Ich habe zwar bei jedem Begriff Symptome gefunden, die auf mich zutreffen, aber dadurch ging`s mir nicht besser.

    Mittlerweile ist es mir nicht mehr so wichtig, wie das heisst, worunter ich leide. Ich beschäftige mich mehr damit, was ich tun kann, damit es mir besser geht. Obwohl ich das erst seit wenigen Wochen tue, habe ich schon viel größere Fortschritte gemacht, als damals, als ich noch auf der Suche nach dem "Was hab`ich" war.

    lg
    Schneewittchen

  • Hallo cailin,
    ja bei uns gab es früher Gewalt. Ich denke auch, dass es im Grunde genommen egal ist, wie letztendlich die genaue Diagnose lautet. Ich war bereits in Therapie bei einer Verhaltenstherapeutin. Ein bisschen hat mir das weiter geholfen.
    Ich habe auch schon einmal über eine Traumatherapie nachgedacht ... grade auch weil ich z. B. meine Wutausbrüche nicht unter Kontrolle hab. Manchmal wechselt meine Stimmung von jetzt auf gleich ...

    LG tinkerbell

  • Hallo tinkerbell!

    Ich hab' mir in dem anderen Thread mal Deine Geschichte durchgelesen... Da kam mir vieles sehr bekannt vor. Eine Traumatherapie wäre da schon eine ziemlich gute Idee, denke ich, übrigens auch für Deine Schwester. Ihr habt beide als Kinder die Hölle erlebt, ich kann das nachempfinden und es tut mir so unendlich leid für Euch.

    Die Zukunft kann aber viel, viel besser werden, denn man kann lernen, all diese Gefühle, die einen heute noch so heftig überfluten - Wut, Angst, Panik usw. - zu kontrollieren. Das könnte man zwar theoretisch auch in einer normalen Verhaltenstherapie, aber da fehlt dann halt die Aufarbeitung des Traumas und dadurch besteht eben immer wieder die Gefahr, daß man erneut in den Teufelskreis zurückfällt.

    Liebe Grüße und alles Gute für Dich und Deine Schwester!

    cailin

  • Liebe cailin,
    danke für deine lieben Wünsche.
    Ich hatte ja bereits zu anderen Themen in dem Forum geschrieben, dass meine Schwester ritzt. Das hat angefangen nach dem Vorfall auf ihrer Arbeitsstelle. Ihr Chef hatte sie belästigt und zusammen geschlagen. An dem Tag wo das passiert ist, hat sie mich nicht angerufen erst später, als sie einen Anwalt brauchte … manchmal denke ich … hätte sie mir früher Bescheid gesagt … ich hätte sonstwas mit ihm angestellt.
    Warum ich mich gerade für das Thema „Borderline“ interessiere? Naja zunächst weil vieles davon auf mich zutrifft. Aber ich denke da auch an Situationen von früher. Ich habe mit meiner Schwester ein Zimmer geteilt. Wo sie älter wurde hat sie einige Verhaltensweisen entwickelt, die sehr seltsam waren. Sie hat z. B. wenn sie ihre Tage hatte ihre blutigen Unterhosen im Zimmer versteckt. Ich habe sie immer schnell gewaschen, damit das nicht wieder Ärger gibt. Auch hat sie sich angezogen wie ein Junge, Brust versteckt, an BH´s war nicht zu denken. Wenn man sie berührt hat, ist sie sich waschen gegangen … hat so getan als würde sie sich vor einem ekeln. Ich habe immer gedacht da kann doch was nicht stimmen. Habe aber nie mit ihr drüber gesprochen … weil sie dann ziemlich aggressiv reagiert hat.
    Manchmal denke ich, dass sie jemand missbraucht hat. Denke da an eine Situation, wo ich im Badezimmer war und mir die Beine rasiert habe. Mein Vater kam dazu und hat mich beschimpft: „Du Schlampe für welchen Kerl machst du das“, und hat mich verprügelt. Manchmal denke ich, dass er es war … weiß es aber nicht. Dann denke ich ich steigere mich in da irgendwas hinein.
    Wo das jetzt mit ihrem Chef passiert ist, hat sie auch zunächst nichts gesagt. Sie war wohl auch in Behandlung nach dem Vorfall bei einem Traumatherapeuten … hat das aber wohl abgebrochen. Als ich ihr mal gesagt habe, ich würde da am liebsten hinfahren und dem Typen sonst was antun … sagte sie, dass sie sogar Mitleid ihm habe. Typisches Opfer-Täter-Verhältnis eben … was ich iwie gar nicht nachvollziehen kann …
    Ich habe ihr mal gezielt die Frage gestellt, ob unser Vater ihr was angetan hätte … da hat sie mir zur Antwort gegeben, sie könne sich an nichts erinnern …
    Oft schiebe ich die Dinge einfach zur Seite, beschäftige mich mit mir selber … meinem Freund … meine Hunden … naja aber in manchen Situationen denk ich auch drüber nach …

    LG tinkerbell

  • Hallo tinkerbell!

    Kann ich gut verstehen, daß Du Dir bei dem Verhalten Deiner Schwester Gedanken darüber machst, daß da auch Missbrauch im Spiel sein könnte. Aber es kann halt sein, daß sie sich wirklich nicht mehr bewusst daran erinnern kann, weil die Erinnerungen daran abgespalten sind. Dann sollte man da besser auch erstmal nicht weiter dran rühren, denn wenn solche Erinnerungen unkontrolliert kommen, dann ist das verdammt gefährlich, ganz egal, ob es bei den Erinnerungen um Missbrauch oder Gewalt geht. Das geht nur in einem sicheren Rahmen und stabil sollte man auch sein. Und das ist man nicht, wenn man ritzt...

    Bei Dir ist der Wunsch, Deiner Schwester zu helfen, sie zu retten, noch immer sehr groß, stimmt's? Ich wette, Du bist die ältere? Das Problem ist halt, daß Deine Schwester als Erwachsene alleine entscheiden muss, wie sie mit ihren Problemen umgehen will. Du kannst ein bisschen für sie da sein, versuchen, ihr ein bisschen Mut zu machen, damit sie sich Hilfe organisiert. Vielleicht kannst Du ihr im entscheidenden Moment auch einen kleinen Tritt in die richtige Richtung verpassen. Aber mehr kannst Du nicht tun und vor allem: Alles nur in einem Maße, das für Dich selber ok ist, Du hast selbst auch sauviel zu verarbeiten, denn Du hast auch wahnsinnig viel durchgemacht. Deswegen: Erst Du, dann Deine Schwester. Das klingt erstmal egoistisch, ist es aber nicht. Wenn Du selbst zerstört am Boden liegst, dann kannst Du auch für niemand anderen mehr da sein.

    Organisier Dir erstmal selber die richtige Hilfe. Wer weiss, vielleicht hat das dann ja auch 'ne ansteckende Wirkung auf Deine Schwester, wenn sie mitbekommt, daß es Dir dadurch besser geht. Ich wünsch' Euch jedenfalls beiden, daß Ihr es schafft, daß Eure Vergangenheit nicht mehr die Gegenwart und die Zukunft vergiftet.

    Liebe Grüße

    cailin

  • Hab' noch was vergessen:

    Daß dieser Typ Deiner Schwester leid tut, ist so verwunderlich nicht. Das ist so 'ne Art psychische Notbremse, die einen vor dem völligen Zusammenbruch schützt. Identifikation mit dem Täter nennt man das...

  • Liebe cailin,
    ich weiß in erster Linie muss ich egoistisch sein. Deswegen melde ich mich auch nicht so oft bei meiner Schwester. Ich habe immer Angst sie noch mehr runter zu ziehen, auch wenn sie mich Dinge von früher fragt ...

    Sie hat sich nach dem Vorfall von ihrem Freund getrennt (war 12 Jahre mit ihm zusammen) und lebt jetzt mit einer Frau zusammen. Sie fragt öfter ob ich nicht Lust habe mit ihnen etwas zu unternehmen. Das würde ich schon gerne machen ... aber ich lehne dann immer ab, nicht wegen der Freundin, sondern weil ich nicht weiß wie ich mit der Situation umgehen soll ... außerdem hat sie noch Kontakt zu meinen Eltern. Von da möchte ich im Moment nichts hören. Das letzte Mal hab ich sie bei der Beerdigung meiner Oma gesehen ... das hat mir gereicht. Das zieht mich immer runter ...

    Der Wunsch meiner Schwester zu helfen ist immer da, aber ich weiß eben nicht wie ... erst mal muss ich mit mir selber klar kommen. Nein, ich bin nicht die Ältere, bin 1 1/2 Jahre jünger als meine Schwester :)

    Ich bin jedenfalls froh das Forum hier gefunden zu haben, um mich mit Leuten auszutauschen, die Ähnliches erfahren haben. Es tut gut drüber zu schreiben. Ich überlege auch, eine Selbsthilfegruppe für EKAs aufzusuchen.

    Mein Freund ist seit etwa fünf Wochen in Behandlung ... wegen seiner Alkoholsucht ... hat seither auch nichts mehr getrunken und besucht einmal die Woche abends auch eine Selbsthilfegruppe. Er hat gehört, dass es auch eine solche für EKAs gibt. Ich denke ich werde mir das mal anschauen.

    LG tinkerbell

  • Liebe tinkerbell,

    ich hab' das Gefühl, daß es Dir vielleicht ganz gut tun würde, wenn Du mit Deiner Schwester mal offen über Euer heutiges Verhältnis zueinander reden würdest. Ich mein, es belastet Dich ja doch ganz schön. Du könntest ihr ja sagen, daß Du Angst hast, daß es sie (und auch Dich!) zu sehr runterzieht, wenn ihr zu viel über die Vergangenheit redet. Und daß Du von Deinen Eltern nix mehr wissen willst, kannst Du auch ganz offen sagen. Vielleicht ist das für sie ja auch völlig ok so und Du hast Dir umsonst so viele Gedanken gemacht? Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber manchmal ist es echt so, daß man sich wahnsinnig viele Gedanken über etwas macht und am Ende merkt, daß es eigentlich überflüssig gewesen wäre, wenn man mal offen miteinander geredet hätte...

    So wie jetzt ist die Situation doch irgendwie eher blöde, oder nicht? Ich mein, Deine Schwester sucht ja schon den Kontakt, Du würdest auch eigentlich gerne, aber irgendwie... Ich hab' jedenfalls das Gefühl, daß es sowohl Dir als auch Deiner Schwester ganz gut tun würde, wenn Ihr es schaffen könntet, ein gutes Verhältnis zueinander zu finden, am besten erstmal ganz ohne die Vergangenheit. Wär's nicht wenigstens einen Versuch wert?

    Ganz liebe Grüße

    cailin

    P.S.: Ok, mit dem Alter hab' ich voll daneben gelegen. Muss mal meine Glaskugel zur Inspektion schicken! :oops: :lol:

  • Hallo cailin,
    ja ich denke ein Versuch ist es auf jedenfall wert :) Ich denke auch es würde uns ganz gut tun ... denn irgendwie möchte ich ja schon Kontakt zu ihr und umgekehrt ja auch ...
    Ich musste grinsen über den Satz mit deiner Glaskugel :D Ich war immer die "Erwachsenere" von uns beiden ... was auch mit unserer Situation zu Hause zu tun hatte ... aber was sind schon 1 1/2 Jahre ...
    In gewissen Bereichen hol ich mir das heute zurück ... was ich wohl früher nicht hatte ... bin z. B. ein riesen Hello Kitty Fan :oops::D

    LG tinkerbell

  • Hallo tinkerbell!

    Hello Kitty ist doch voll süß! Sowas darf man auch als Erwachsene haben... :wink: Ich hab' z.B. ganz viele Kuscheltiere... :) Es ist doch super, wenn man sich so einfach selbst ein bisschen was von dem geben kann, was man früher nicht hatte.

    Und mit Deiner Schwester: Einfach machen!!!

    Liebe Grüße

    cailin

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