Sind die denn alle abhängig?

  • Hallo zusammen =)

    In letzter Zeit reagiere ich sehr sensibel auf das Thema Alkohol. Das führt dazu, dass ich in Vielen schon "den Alkoholiker"sehe aufgrund einer Verhaltensweise, einer Erzählung usw. .
    Dazu kann ich euch mal zwei Beispiele nennen:
    Vor Kurzem ging ich in den Supermarkt, und ein Mann stand an der Kasse vor mir, der eine undurchsichtige Tasche in der Hand trug. Zunächst legte er einige Lebensmittel auf das Band und ganz zum Schluss den Korn. Merkwürdigerweise war es ausgerechnet Letzteres, dass er als erstes wieder in der Tasche verschwinden ließ.
    Das zweite Beispiel ist noch ganz frisch von heute :wink: .
    Vorhin erzählte mir eine Freundin, dass sie morgens "einmal" ein Glas Bier getrunken hatte, weil sie es so gerne mag. Auch sonst ist sie dem Alkohol nicht abgeneigt.
    Ja und? Werdet ihr euch jetzt wahrscheinlich fragen.
    Ich würde gerne von euch wissen, ob ihr Ähnliches denkt in solchen Situationen. Ist das typisch für Angehörige von Alkoholikern?
    Und dann, was mir eigentlich viel wichtiger ist, interessiert mich, wie ihr mit diesen Gedanken umgeht. Wenn ich so etwas bemerke, belastet mich das ziemlich stark. Wie kann ich mich davon distanzieren? Wie schaffe ich es, dass die (von mir nur vermuteten) Probleme Anderer mich nicht mehr so runterziehen?

    Freue mich auf Antworten!

    Liebe Grüße
    LaChela

  • Hallo Lachela,

    ich denke, es ist normal, dass man plötzlich, wenn man aufgeklärt ist, mehr sieht als anderen, ich sehe auch mehr alkoholiker als jemand, der sich nie mit dem Thema auseinandergesetzt hat.
    Da ich Co-abhängig ist sehe ich auch mehr Co-abhängige als es andere sehen.
    Z.b. merke ich auch, wenn jemand von Liebe redet und meint Co-abhängigkeit.
    Und ich fähllt mich auf, wenn jemand leere alkoholflaschen ins Nachbardorf entsorgt, damit niemand sieht aus der Umgebung, was "gesoffen" worden ist.
    Du schreibst, wie man mit diese Gedanken umgeht?
    Als Co-abhängige, die voll erkrankt war, hätte ich mich früher Sorge gemacht um diese Menschen, hätte ich vielleicht sogar ein Gespräch gesucht, hätte ich meine Kenntnisse hervorgeholt oder Moralpredigt geführt.
    Nun bin ich ziemlich raus aus der Krankheit und denke: sollen sie doch.... man kann niemand davon abbringen zu trinken, wenn es die Person nicht selber will...
    Wenn du was sagst, wirst du ausgenutzt oder ausgelacht aber es wird nichts an der Tatsache ändern, dass die Person weiter trinken wird.
    Also... ich sehe es so!

  • Hallo LaChela!

    Ist ganz klar, dass du / wir "alten Hasen" da gleich viel mehr "sehen" oder hineininterpretieren, weil wir eben infiziert sind.
    Ich muss sagen, dass ich auch noch immer oft an der Kasse beobachte, wenn und wie Alkohol auf das Band kommt.
    Manchmal denke ich auch, dass: der oder die ganz schön was brauchen, oder: die sehen schon so aus, oder: so hat mein Mann auch eingekauft,...
    Meistens ist es mir aber egal.
    Die Welt kann ich nicht retten. Aber mich.

    Schau auf dich, sieh wie du dein Leben in die Hand nehmen kannst, damit es besser wird.
    Wenn du deiner Freundin etwas anderes vorlebst, kann sie sich vlt. Gedanken machen. Aber du brauchst das nicht.
    Unsere Gesellschaft - Werbung etc. - lebt ein lockeres Alkoholumfeld vor, so dass jeder für sich selbst gefordert ist, seinen Weg zu finden.
    Einzig unsere Kinder können wir versuchen in die richtige Bahn zu lenken.
    Aber ab einem gewissen Grat ist auch das vorbei und sie sind für sich selbst verantwortllich.

    Schönen Abend wünscht dir Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo LaChela,

    also, ich beobachte auch viel mehr.
    Z.B. lese ich manchmal Zeitungsartikel und vermute dahinter ein Alkoholproblem. Da steht dann z.B., dass ein Mann in Rage seine Familie umgebracht hat, weil die Frau ihn verlassen hat. Und dass er dabei betrunken gewesen sei und ihn die Trennung so sehr belastet hat.
    Da denk ich mir meinen Teil dazu: Wahrscheinlich war schon die Trennung eine Folge des Alkoholismus!!!

    Und ich merke mit Erstaunen, dass es wirklich sehr sehr häufig vorkommt. Trennungen aufgrund von Alkohol, Kinder, die darunter leiden. All diese Dinge fallen mir natürlich jetzt anders auf.

    Es belastet mich nicht so sehr, im Gegenteil, es verbindet ja auch, wenn man im realen Leben auf Co-Abhängige trifft, die wissen, wovon ich spreche oder die ich auf Anhieb verstehen kann.
    Was mich aber schon ärgert, ist der sorglose Umgang mit Alkohol in unserer Gesellschaft. Alle machen so ihre Scherze darüber (ich mach da auch manchmal mit :oops: ). Ha ha, wie witzig!
    Und irgendwann ist es dann nicht mehr witzig.

    Schöne Grüße
    Doro

  • Hallo =)

    Danke erstmal für die Antworten!
    Ich glaube, ich habe in meinem ersten Post nicht ganz das zum Ausdruck gebracht, was ich sagen wollte :oops: .

    Mir ist klar, dass ich die Welt nicht retten kann, genauso wenig wie ich eben einen Alkoholiker "retten" könnte. Das will ich auch gar nicht.

    ABER ich frage mich, ob ich in manche Dinge nicht einfach zu viel hineininterpretiere aufgrund meiner "Vorerfahrung". Es ist so, dass ich Alkohol zu 100% ablehne, weil ich eben weiß, was passieren kann.
    Jedoch weiß ich (theoretisch) auch, dass nicht jeder, der Alkohol trinkt, abhängig ist. Da beginnt mein Problem. Ich lehne Alkohol trinkende Menschen ab, vermeide jegliche emotionale Bindung. Das hat dazu geführt, dass ich nur zwei "wirkliche" Freundinnen habe, welche aus unterschiedlichen Gründen keinen Alkohol trinken.
    Ja, ich weiß, besser zwei gute Freunde, als 1000 oberflächliche.
    Aber in naher Zukunft ziehe ich ans andere Ende von Deutschland und werde ersteinmal ganz alleine sein.
    Um neue Bekanntschaften zu knüpfen steht mir meine "Eigenart" sehr im Weg. Nun meine Frage an euch "alte Hasen" :lol: : Ist mein Verhalten nicht auch krankhaft, eine Art Abhängigkeit, um bloss nicht abhängig zu werden?
    Wie kann ich evtl. einen lockereren Umgang mit dem Ganzen bekommen ohne ins Gegenteil zu verfallen? Ist das überhaupt möglich?

    Liebe Grüße
    LaChela

  • Guten Morgen LaChela,

    ich kann gut nachvollziehen, wie es dir mit deiner „Eigenart“ geht. Nachdem ich mehr über Alkoholabhängigkeit erfahren und gelernt habe, sehe ich auch bei vielen Menschen wenigstens missbräuchlichen Alkoholkonsum. Abends, im Supermarkt, die schicke Büromaus, die neben ein paar unwesentlichen Kleinigkeiten die Pulle Sekt oder Wein aufs Band packt, die Rentnerin, die schon mittags im Drogeriemarkt die Flasche Wodka bezahlt, mit einer wortreichen Erklärung, warum sie diese kauft (Besuch, der gerne mal einen trintk) oder, wie du es beschreibst, der Mann, der seinen Stoff in der Stofftüte verbirgt bis er dran ist mit bezahlen und ihn dann schnell wieder versteckt.

    In der Anfangszeit, als ich mich von meinem Ex trennte, habe ich mich ein paar mal verabredet. Einer hat gleich nachmittags, wir waren zum Kaffee verabredet, drei Bier getrunken in der Zeit, in der ich meinen Milchkaffee schlürfte. Da gehen bei mir alle Alarmglocken los.

    Du hast recht, keiner von uns kann die Welt retten. Wenn du nun neue Bekannte suchst, kannst du nur für dich entscheiden, inwieweit du deren Trinken akzeptierst und tolerierst. Mit dem Wissen, das du von Alkohol und seiner Wirkung hast, kannst du so umgehen, wie es für dich gut ist. Sicherlich wirst du dann keine Bekannten finden, die Flatrate-Saufen zum Hobby haben. Ich bin jedoch sicher, dass es auch unter jungen Menschen nicht nur welche gibt, die Alkohol konsumieren. Vielleicht dauert es nur etwas länger, welche kennen zu lernen.

    Allerdings ist dein Empfinden sicherlich nicht verkehrt. Viele Menschen trinken missbräuchlich, da blauäugig. In unserer Gesellschaft ist leider Gottes, der ein toller Typ, der viel vertragen kann. Bei der Arbeit habe ich zur Zeit auch viel mit jüngeren Leuten zu tun, die nach dem Wochenende erzählen, wer und wie am Wochenende wieder wie viel vertragen konnte, ohne abzustürzen. Ich hör mir das an und denke bei mir, dass sie irgendwann die Konsequenzen werden tragen müssen. Teilweise hatten wir dann in der Woche
    auch so Treffen, die als Teambildungsmaßnahme deklariert wurden und bei denen als erstes die Caipies auf den Tisch kamen. Ich konnte am nächsten Tag prima wach sein – die Youngsters sahen dagegen ziemlich verknautscht aus. Deren Problem, nicht meins.

    Lass dich nicht vom Mainstream irritieren. Wenn du Alkohol und seine Konsumenten, aus verständlichen Gründen, nicht mehr gut vertragen kannst, dann lass es einfach. Es gibt auch Menschen, die ähnlich denken wie du. Du wirst sie finden, da bin ich sicher.

    Ich wünsch dir Glück.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • glück auf LaChela

    Zitat von LaChela

    Ist mein Verhalten nicht auch krankhaft, eine Art Abhängigkeit, um bloss nicht abhängig zu werden?

    nönönönönönönö - du kennst die gefahr (im gegensatz zu vielen anderen) + meidest sie < das is sehr gesund

    :D
    matthias

    mir fallen auffällige verhaltensweisen auch besonders auf

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo LaChela!

    Du bist nicht allein!
    Selbst am anderen Ende der Welt gibt es intenet - Cafe`s, kannst du dir weiterhin "Zusprache" von uns holen.
    Und - wer sagt dir denn, dass du dich dort nicht ganz anders, freier, entspannter fühlst, zeigst, gibst, so dass Kontakt finden ein ganz neues Erlebnis für dich wird!!?
    Es gibt Menschen, die wenig oder gar keinen Alkohol trinken. Überall.
    Du wirst sie finden.
    Aber erst finde mal dich in deiner neuen Umgebung!
    Da ist es vlt. gar nicht so schlecht, wenn du mal ein wenig Ruhe hast.
    Leb dich erst mal ohne deine Eltern, Bruder - Sorgen! - ein.
    Dann wird sich alles finden. Nach und nach.

    Ich wünsche dir ganz viel Geduld und Freude beim Packen!!!
    Wann gehts denn richtig los?

    Liebe Grüße von Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • GuMo LaChela,

    auch mir geht es so wie Dir, ich seh mittlerweile überall Alk um mich rum.
    Nun ja, unsere Fühler sind da wahrscheinlich eher in die Richtung aufgerichtet. Mag schon sein. Aber Alk war und ist in unserer Gesellschaft immer ein Thema.
    Und gerade weil da der Umgang damit Grauzonen hat, fallen ja so viele in die Abhängigkeit rein.
    Also warum nicht von vornerein vorsichtig sein. Man kann nicht gleich die halbe Welt aussperren, und ich glaube genau da ist das Problem,
    aber ich kann mir eine für mich gesunde Distanz beibehalten.
    Nicht gleich jemand ablehnen, wenn er/sie was trinkt, aber auch nicht gleich ins Herz schliessen. Stets mit Vorsicht geniesen.
    Und wenn man mal sich nicht sicher ist, ok, dann lieber einmal mehr die Bühne verlassen.
    Leider kann man sich dem in unsere Gesellschaft nicht komplett erziehn, und zu sagen, dass man dann halt komplett Abstand hält, würd einem wohl nur noch die einsame Insel übrig bleiben.
    Aber mit unserer "Vorgeschichte" und mit dem Wissen der Gefahr wirst Du das gut ausloten können.
    Geht es doch den Trockenen genau so, und die sind bestimmt nicht alle einsam und kontaktlos.
    Und wie Gotti bereits sagte : wir sind ja auch noch da :wink: auch am letzten Zipfel von Deutschland.

    Ich bzw. mein Sohn (15) hat das gleiche Problem. Er ist in einem Alter, wo das Ausprobieren von Alk bei den Parties immer wieder Thema ist.
    Er trinkt auch mit, übervorsichtig, immer im Hinterkopf, wie es enden kann. Dann sieht er Kumpels, die weit mehr trinken und es eckelt ihn.
    Auch er muss sich der Gefahr bewusst bleiben, kann aber nicht alle Freunde dafür verurteilen. Ich sprech immer mit ihm, meist fängt er das Thema an, und er weiß : lieber Vorsicht, als Nachsicht.
    Eines Tages wird auch er mal "einen" zuviel haben, da grauts mir jetzt schon davor. Aber gerade im gesunden maßvollen Umgang mit Alk ist immer verbunden mit dem Erkennen der Gefahr.

    Also geh neugierig und offen auf die Menschen zu,
    aber lass die Fühler aufgestellt...

    Schönen Tag noch
    nici

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