Neue Beziehung möglich bei Abstinenz unter Zwang?

  • Hallo an Alle,

    nach einem dramatischen Rückfall vor ca. 10 Jahren bin ich nun wieder seit 3 Jahren trocken und besuche auch regelmäßig eine Shg in meiner Nähe. Zum ersten mal in meiner Trockenheit befinde ich mich nun in einer ziemlich "brenzligen" Situation und hoffe deshalb sehr auf Eure Hilfe:

    Vor ca. 4 Monaten lernte ich einen sehr netten Mann kennen und schon bei unseren ersten Treffen fiel mir sein gesteigerter Alkoholkonsum ziemlich unagenehm auf und auch in seinem sozialen Umfeld spielt Alkohol offensichtlich eine, hmm, ich sage mal erhebliche Rolle.
    Bislang bewegte ich mich in einem weitgehendst alkoholfreien Umfeld und dieser Kontakt verunsichert mich nun doch etwas.
    Schon am Anfang unserer Beziehung informierte ich ihn über mein Problem und er zeigte sich sehr verständnisvoll. Wir haben einen Deal, dass er, wenn wir alleine sind, nichts trinkt, in Gesellschaft jedoch kann ich ihm das natürlich nicht verbieten.

    Nun spüre ich immer deutlicher, dass ihm diese Abstinenz in trauter Zweisamkein, z.B. bei ihm oder bei mir zu Hause oder bei einem Essen in einem Restaurant, etwas schwer fällt und er jedesmal nach einem gemeinsamen, alkoholfreien Tag und/oder Abend auch sofort ein entsprechendes Lob von mir einfordert und mich auch sonst wiederholt auf sein "Entgegenkommen" hinweist.

    Wie gesagt, ich kenne ihn noch nicht so lange aber in den letzten Wochen intensiviert sich unsere Beziehung zusehends und ich erkenne mit Schrecken, dass regelmäßiger (jedoch bis dato keinesfalls exzessiver!) Alkoholkosum in seinem Bekanntenkreis ein erheblicher Bestandteil der gemeinsamen Freizeitgestaltung darstellt. Dies übrigens auch oft täglich z.B. beim Mittagessen oder am Nachmittag bei diversen Besuchen etc.

    Ich sehe mich selbst zwar als stabil, dennoch bin ich jetzt doch ziemlich im Zwiespalt.

    Hier nun meine Fragen:

    Wie handhabt ihr derartige Situationen?
    Kann, bzw. muss ich von ihm verlangen auf Alkohol gänzlich (auch in Gesellschaft) zu verzichten?
    Und wäre dieser Verzicht, und somit s-eine gewisse gesellschaftliche Isolation, ein Beweis seiner Liebe? Ich liebe diesen Mann aber kann solch ein Ultimatum auf Dauer gut gehen wenn es unter Zwang, und nicht freiwillig geschieht?
    Hat er selbst ein Alkoholproblem, wenn er mir diesen, seinen Verzicht nicht von selbst anbietet sondern Diesen als erhebliche Einschränkung empfindet?
    Und muss ich, im Hinblick auf meine eigene Trockenheit, diese Beziehung beenden (was ich als sehr großen Verlust empfinden würde)?

    Puhhh, ich bin ziemlich durch den Wind und würde mich sehr freuen, wenn ich dazu von Euch das ein oder andere feddback bekommen würde...

    Alles Liebe und gute 24 Stunden!
    Eure Celestine

  • Hallo Celestine,

    da ich in so einer Situation nie war, kann ich nur meine spontanen Gedanken schreiben:
    Verlangen von ihm kannst Du garnichts, er kennt Deine Geschichte. Klär ihn doch nochmal über die Gefahren unserer Krankheit auf und schau, wieviel er bereit ist zu geben!!!

    Dass Du Dich in trinkender Gesellschaft in ein für Dich gefährliches Umfeld begibst, weisst Du => würde es regelmaessig zu Deinem (quasi) neuen Leben gehören?

    Mein erster Gedanke war: Finger weg, aber das ist eben nur mein Gedanke... Vetrau Deinem Instinkt, Du schreibst nicht umsonst hier!

    LG
    Charlie

    Immer schön die Ohren steif halten!!!

  • Möglicherweise vereinfache ich zu stark aber ich würde hier wie folgt analytisch vorgehen:

    Frage-1: Hat ER ein Alkoholproblem?
    nein: dann sollte die besprochene Abstinenzlösung kein Problem/ kein Einschränkung sein.
    ja: Frage-2: Wird er es so aktiv angehen wie du es getan hast (Trocken werden)?
    ja: Dann kannst Du Ihm eine echte Hilfe sein und alles kann gut werden.
    nein: Dann ist er vermutlich nicht das was Du dauerhaft brauchst.

    Sorry, aber das wäre meine Logik, natürlich denkt nicht jeder so.

    Beste Grüße & Wünsche
    Mr.Dry

  • hallo celestine

    ich bin alkoholikerin, mein mann säuft noch, deswegen ist er nicht mehr mein mann, wir haben uns vor jahren getrennt denn ich kann nicht mit jemandem leben der dauernd nach alk riecht und mit den sonstigen ergebnissen. ich habe seit 5 jahren wieder einen partner, der ist nicht abhängig, ich kann es auch heute noch an einer hand abzählen wie oft er in der zeit alkohol getrunken hat. ich bin ihm wichtig, daher trinkt er eben nicht, denn der alk ist ihm unwichtig.

    mal ein anderer gedanke, stell dir vor du hast starkes asthma, wie viele zigaretten dürfte dein partner in deiner gegewart rauche? für mich ist ganz klar, ich will leben und da hat alkohol keinen platz und wenn mein partner wirklich mich will dann läßt er den alkohol. für einen menschen der nicht abhängig ist, ist es keine leistung nicht zu trinken. ich wäre an deiner stelle sehr vorsichtig.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • hi celestine,

    das thema stellt für dich ein problem dar, sonst würdest du es nicht in einem alkoholiker-forum posten.

    ich hoffe für dich, dass es dabei ausschließlich um deine zufriedenheit und den erhalt deiner trockenheit geht, und nicht um seine trinkgewohnheiten.

    wenn das so ist, dann kennst du die lösung für dein problem: viel/übermässig/missbräuchlich/süchtig trinkende menschen (auch wenn sie nüchtern sind) sind für einen trockene alkoholiker seltenst ein "gewinn", viele trockene alkoholiker fühlen sich von deren trinkgewohnheiten (und alleine dem wissen darum) nicht angezogen.

    manchmal ist es gut, auf sein bauchgefühl zu hören und auch unbequeme wege zu gehen - wege, die momenatan weh tun, aber in letzter konsequenz hilfreich sind.

    viel glück und kraft gewünscht,
    cu
    MrHardcore

  • Hallo celestine,

    ja die Liebe trübt zeitweise etwas das Blickfeld und da lässt man Situationen zu, die einem nie ,in einem normalen Zustand einfallen oder zur Diskussion stellen würde.

    nun denke ich mal unabhängig weiter wie weit dein Freund noch Schulterklopfer für einen alkoholfreien Abend braucht und irgendwann dann eventuell umschwenkt ,er habe ja die ganze Zeit verzichtet ,nun wärst du mal dran es ab und zu zuzulassen . Das kenne ich von mir aus den nassen Zeiten . Zwar nicht bei einer trocken Alkoholikerin aber eine damalige Freundin die etwas gegen mein Saufverhalten was hatte.

    Ich schreibe bewusst damaligen Freundin denn mein Saufverhalten hatte sich verstärkt und es war mir wichtiger , als die schmerzliche empfundene Trennung.

    Frage ihn doch einfach mal, wieso er eine Belobigung für ein normales Verhalten braucht ? Meine jetzige Freundin trinkt seit ich trocken bin nichts mehr . Sie hatte auch nie ein Problem damit. Gesunde denken anders.

    Die Gefahr des Rückfalls liegt nun mal bei dem trocken Alkoholiker und nur er selbst entscheidet was es für ihn bedeutet.

    Wehret den Anfängen gehört zu mir zur Riskominimirung die ich gerne lebe.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo an Alle,

    herzlichen dank für Euer liebes und verständnisvolles Feedback.

    Charlie:
    "Finger weg" war auch mein erster Impuls aber die Liebe macht ja bekanntlich blind (bzw. blöd) und die Hoffnung stirbt nun mal zuletzt!

    Mr.Dry:
    Ja, ich denke, er hat ein Alkproblem, will, bzw. kann es aber noch nicht erkennen. Er kommt mit deselben bescheuerten, manchmal sogar aggressiven Argumenten wie ich in meiner nassen Zeit.
    Jedenfalls interessiert er sich sehr für die Thematik. Jetzt schau ich einfach mal wie es weiter geht... :)
    Vielleicht zeige ich ihn ja mal diesen Thread, was meinst Du?

    Doro:
    Das Saufverhalten meines Ex (7 Jahre) war für mich mit ein Grund für meine erneute Trockenheit. Mit diesem Mann wäre ich gnadenlos untergegengen denn als ich trocken wurde soff er massivst weiter. Drei Jahre Ruhe und jetzt das! Irgendwie scheine ich diese Problematik magisch anzuziehen...
    Dein Asthma-Vergleich ist genial! Den werde ich bei der nächsten Gelegenheit mal als Argument einfließen lassen. Bin gespannt wie er reagiert... :)

    MrHarcore:
    Natürlich ist mir das schon klar, dennoch habe ich die Hoffnung, dass er seine Problematik noch rechtzeitig erkennt und wir dann doch eine gemeinsame, trockene Zukunft hätten.
    Wenn das Herz spricht, setzt das Hirn halt manchmal aus! :)

    Hartmut:
    Tja, mit dieser ultimativen Entscheidung werde ich ihn wohl umgehend konfrontieren müssen, dann werde ich ja sehen wie tief er wirklich drinsteckt. Und mit der evtl. negativen Konsequenz muss ich dann leben - für mein Überleben...
    Eines seiner Argumente ist: Ich kann mich doch nicht total von meinen Freunden isolieren. Was sollen die denn von mir denken wenn ich mich von einer neuen Partnerin so desmaßen unter den Pantoffel stellen lasse - Weichei!
    Kürzlich sagte mir ein Freund zu diesem Thema: "Mädel, lass die Finger weg, Schmetterlinge fliegen anders..." Schön, gell?

    Alle Liebe und nochmal HERZlichen Dank an Alle,
    Celestine

  • Hallo Celestine,

    wenn er wirklich an solchen Fragen etwas interressiert ist, besteht Hoffnung.
    Da er ja bisher keinen echten Tiefpunkt hatte, so etwas brauchen viele für eine schnelle Richtingskorrektur, wären im Moment vermutlich etwas dosiertere Informationen rund um das Thema zielführend.

    Dieser Thread wäre nur dann das Mittel der Wahl, wenn Du Probleme hättest ihm Deine Sicht klar zu machen, das sehe ich aber nicht als optimal.

    Letzlich muss er sich erst einmal SELBST die eine Frage stellen:
    Bin ich Alkoholiker?

    Wenn er die mit JA beantwortet, braucht er die richtigen Informationen, Hilfe, Glück,... um auch die richten Konsequenzen zu ziehen.

    Es gibt schon Beispiele und Berichte von Leuten (auch hier) die ohne Komplettabsturtz, nur mit Einsicht und Vernunft eine solche Veränderung geschafft haben, aber die Regel ist das nicht.

    PS: Kennst Du das Movie "28 Tage"? Ob es hilft kann ich nicht sagen, aber schaden wird's wohl auch nicht.

    Beste Wünsche
    Mr.Dry

  • Zitat von Mr.Dry

    wenn er wirklich an solchen Fragen etwas interressiert ist, besteht Hoffnung.


    Hallo,

    was denn für eine Hoffnung???
    Hoffnung für die TE, dass sie keinen Rückfall baut, wenn sie sich weiter dort hineinziehen lässt? Ich vermeide solche Situationen schon bei der Anbahnung von Beziehungen. Wie schnell gewinnt das Suchtgedächtnis die Oberhand und hat vielleicht den Rückfall schon auf den Weg gebracht. Der passiert für mich nämlich nicht mit dem ersten Schluck, sondern weit vorher.

    Wenn der Mann sich nicht eindeutig und ohne "Wenn und Aber" gegen den Alkohol entscheiden kann, dann entscheidet er sich für mich auch gegen die Beziehung.

    Schönen Tag

    H.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • Zitat von HansHa

    PS: Eine Diskussion über Dritte ist sinnlos, glaube ich.

    Guter Punkt, Danke!

  • Hallo HansH

    dieser Mann hatte bislang noch keinerlei "bewussten" Kontakt zu Alkoholikern und kennst sich deshalb mit der Brisanz dieser, meiner Thematik auch absolut -noch- nicht aus.
    Deshalb sein doch eigentlich positives Interesse.
    Time will tell...

    Mit Deinem "ohne Wenn und Aber" hast Du völlig recht, aber sollte ich ihm für eine Entscheidung nicht doch die Möglichkeit geben, meine (und evtl. auch seine) Krankheit überhaupt erst einmal zu verstehen?

    Übrigens Diskutieren wir hier nicht über "Dritte" sondern über mein Problem...

    Danke für Dein Verständnis ;)

    LG
    Celestine

  • Hallo Celestine,
    Du musst entscheiden ob sich die Mühe lohnt. Ich finde eine Partnerschaft ist etwas sehr wertvolles, das man sich auch erhalten sollte, wenn es das eigene wohl nicht gefärdet.
    Auch das man dem Partner Zeit geben muss, sich mit dem Problem Alkohol auseinander zu setzten. Ich sehe das an meiner Beziehung, das dieses ein Prozess ist der sich nun schon über fast 15 Monate positiv entwickelt. Jedoch war es bei meiner Partnerin nicht das Problem das sie selbst getrunken hat, dennoch hat sie einiges was ich getan habe erstmal nicht nachvollziehen können, für mich waren das selbstverständliche Dinge.
    Wichtig ist reden und nochmals reden, damit der eine den anderen Versteht und es somit eine Basis gibt, auf der beide reden können.
    Das Wichtigste ist aber nach wie vor Deine Gesundheit, das sollte immer an oberster stelle stehen.
    Viele Grüße
    Mario

  • Zitat von Celestine

    dieser Mann hatte bislang noch keinerlei "bewussten" Kontakt zu Alkoholikern und kennst sich deshalb mit der Brisanz dieser, meiner Thematik auch absolut -noch- nicht aus.


    Das kann ich nicht wirklich glauben. Aber das ist ja egal. Für mich ist es Dein Problem, welches Du lösen musst, indem Du Deine selbst gesteckten (hoffentlich) Grenzen nicht aufweichst und Deinem Suchtgedächtnis Tür und Tor öffnest.

    Zitat von Celestine

    Deshalb sein doch eigentlich positives Interesse.
    Time will tell...


    Habe ich früher auch immer gezeigt, wenn ich weiter saufen wollte.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • Hallo Celestine,

    was mir noch einfällt, sei vorsichtig mit 'Ich werde IHM helfen'.
    Das kann für dich voll in's Auge gehen.
    Wenn ER sich selbst hilft, und externe Hilfe dankend annimmt, dann kannst Du ihm helfen, alles andere ist ein Selbstmordkommando für Dich.

    Beste Wünsche
    Mr.Dry

  • Danke Mr.Dry und danke auch für den Filmtipp, die DVD habe ich gerade bestellt. Klingt spannend!

    Dass man keinen Alkoholiker gegen seinen Willen "retten" kann, ist mir schon bewusst.
    Wir sehen uns jetzt erst am Wochenende wieder, dann werde ich das Thema nochmal anschneiden. Mal sehen wie es weitergeht...
    Jedenfalls habe ich durch diesen Thread nun einige neue Anhaltspunkte und sehe inzwischen schon etwas klarer.

    Alles Liebe,
    Celestine

  • Hallo Celestine,

    ich denke das mit dem Film wirst Du nicht bereuhen.
    Ich habe ihn mir mit Frau und Tochter(20) angesen, wir fanden ihn gut.

    Natürlich wird jeder entteuscht, der ein Spiegelbild seiner Karriere erwartet.

    Er geht schon wesentlich tiefer als üblicher Hollyshit, bleibt aber natürlich ein Produkt der gleichen Maschine in LA.

    Bin echt gespannt auf Dein Feedback.

    Wenn nächste Woche kein Problemfall in meiner SHG ist, sehen wir uns den mit der Gruppe an. Dann kann eine kompetentere und breitere Kritik mitbringen.

  • hallo celestine

    vielleicht liest du auch mal bei den co abhängigen. denn auch "seinem" alki helfen zu wollen stellt eine gefahr dar. es ist ja nicht nur der mögliche rückfall, der bei dir erschwerend dazu kommt. ich habe auch jahrelang versucht meinen mann zu bekehren, immer mit einem fuß am abgrund. hier ist eben auch die gefahr in irrationale verhaltensweisen zu rutschen die unabhängig vom saufen sehr schädlich sind. vielleicht hilft dir ja das lesen dort dich besser zu reflektieren.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • hallo Doro,

    danke für den Tipp, bei den Co's habe ich mich regelrecht "festgefressen" :)

    Und Du hast Recht, ganz offensichtlich sind wir bereits in dieser Irrationalität! In letzter Zeit streiten wir immer öfter heftig über absolut nichtige Belanglosigkeiten... Eine unbewusste Flucht in die Banalität?

    Ich danke Dir!!

    Alles Liebe,
    Celestine

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