Hallo allerseits,
ich war längere Zeit nicht da, es ist viel mit mir passiert. Das wichtigste und beste für mich: ich war 6 Wochen in Reha wegen Burn-out und orthopädischer Probleme.
In diesen 6 Wochen gab es natürlich auch Anrufe von einer Freundin meiner Mutter, die mir sagen wollte, wie komisch meine Mutter geworden ist und daß sie mittlerweile wegen ihrer Verwirrungszustände (Korsakoff-Syndrom, auch wenn sie nichts mehr trinkt) Hausverbot in einigen Geschäften im Heimatort hat und Anrufe des Freundes meiner Mutter in dem Ton "Du mußt für Deine Mutter...".
Nein, ich muß gar nichts. Und schön, daß es anderen auffällt, nur meiner Mutter nicht!
In der Zwischenzeit haben wir (ihr Freund und ich) sie soweit gebracht, daß der Pflegedienst einmal täglich kommt und die täglichen Medikamente gibt. Aber einer weiteren Betreuung, z.B. Tagesbetreuung ambulant, lehnt sie ab. Ihr geht es ja gut, sie ist nur ein bißchen vergeßlich.....
In der Reha wurde ich bestätigt, sie "laufen zu lassen bis die Wand kommt". Mir wurde von meinem behandelnden Psychologen nahegelegt, während der Reha keinen Kontakt mehr mit ihr aufzunehmen. Schließlich ist sie ja auch ein Baustein zu meinem Burn-out gewesen.
Gut, daß zu diesem Zeitpunkt die "Abstürze" in der Reha kamen, wo ich sofort professionelle Hilfe hatte und mein Programm auch gleich darauf eingestellt werden konnte.
Worüber ich mir natürlich auch Gedanken gemacht habe, sind die Verhaltensmuster, die hier als EKA-typisch beschrieben werden. Vieles davon kenne ich von mir und hat mich ja letztendlich in die Erkrankung und den Burn-out getrieben. Allerdings war ich als Kind nicht wirklich ein Kind von Alkoholikern. Sondern ein Kind in einem sehr zwanghaft geprägten Elternhaus.
Mein Vater war GOTT, was er sagte, war Gesetz. Wir hatten nur zu funktionieren und SEINER Vorstellung zu entsprechen. Mein Bruder und ich wurden mit 10 bzw. 12 Jahren arbeiten geschickt (täglich, selbstverständlich hatte ER auf dem Papier die Stelle als Hausmeister in einem Kindergarten...), von dem Geld bekamen wir Taschengeld ab, der Rest ging für SEINEN Lebensstandard drauf, der selbstverständlich sein monatliches Einkommen und die Haushaltsausgaben überstieg.
Meine Jugend war geprägt von
- Schnauze halten, funktionieren
- Du mußt die Beste sein
- Du bist zu fett
- Du bist trampelig/ungeschickt/häßlich
- mach keinen Lärm/Dreck
- wenn ER von der Arbeit kommt, hast Du zuhause zu sein, Dein Zimmer hat aufgeräumt zu sein, Du hast still zu sein
- Du hast nie die richtigen Freunde (mit dem Ergebnis, daß ich mir lieber keine Freunde suchte, sondern eigenbrötlerisch wurde)
- Du mußt immer alles PERFEKT machen!
Meine Mutter kuschte bzw. bezog um des lieben Friedens willen nie Position gegen IHN.
Schwerwiegende Erkrankungen wurden nicht erkannt bzw. nicht ernst genommen:
- Schilddrüse hörte irgendwann (zwischen 12 und 18) auf zu arbeiten, mein Körper arbeitete fast photosynthetisch, trotz Leistungssport "lief" lief ich mit 500-800 kcal/Tag und nahm nicht ab, für meine Eltern "fraß ich heimlich Schokolade"
- Meniskusentzündungen und Knochenhautentzündungen wurden mit "Stell Dich nicht so an" kommentiert
Ich hatte angefangen zu studieren, das paßte aber nicht in SEIN Bild einer braven Tochter, also wurde ich solange mürbe gemacht, bis ich mein Studium aufgab und eine ungeliebte Ausbildung machte, die SEINEM Ego nutzte ("Und wenn ich Dich bis Köln prügeln muß, Du gehst zur Firma XYZ!"). Naja, da hänge ich immer noch, die Ausbildung war so spezifisch, daß ich bei keinem andern Unternehmen unterkam. Und schließlich hatte ich mich mittlerweile mit Dingen wie Unkündbarkeit, Betriebsrente etc. arrangiert....
Trauriger Höhepunkt bisher war ein Scheidungskrieg meiner Eltern, der den Rosenkrieg blaß aussehen läßt und der daraus resultierende Freitod meines Bruders vor 17 Jahren.
Meine Mutter trinkt aber erst (soweit ich das einschätzen kann) seit ca. 5 Jahren, in einer unheiligen Allianz mit Untergewicht und chronischer Erkrankung.
Also, sind die EKA-Merkmale nicht auch anwendbar auf Erwachsene Kinder von Zwanghaften Eltern?
Ist die Alkoholsucht der Eltern nicht auch "nur" ein Zwang?
Mich würde interessieren, ob es hier ähnliche Geschichten gibt, in denen die Eltern erst relativ spät zum Suff gekommen sind. Und ob Ihr dann auch die EKA-Merkmale bei Euch feststellt, auch wenn Ihr wie ich EKEA (erwachsene Kinder erwachsener Alkoholiker) seid.
Gruß
Mada