Angst nach überstandenem Saufdruck

  • Habe jetzt nicht getrunken und werde es auch heute nicht mehr...
    Aber anstatt ein wenig das Gefühl der Erleichterung zu haben, spüre ich nur noch Angst, vor allem Angst vorm Schlafengehen, ist das normal? Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Geht das auch irgendwann vorüber?
    Gott, was für eine Hölle..

  • Zitat von Noodles

    nein, leider gar nicht...habe nur weiterhin beschissene Angst


    Versuchs wenigstens mal, auf dich und diese Leistung, trocken geblieben zu sein, stolz sein!
    Was mir persönlich hilft: Ich versuche (wie heute abend wieder) auf die miesen Situationen zurück zu blicken, die ich unter Alkeinfluss erlebt habe - und da fällt es bedeutend leichter, stolz zu sein, es geschafft zu haben.

    Angst haben....? Ich würde es eher Respekt nennen. Respekt vor der Listigkeit unseres noch sehr anfälligen Geistes, wie er versucht, uns zu überlisten!
    Irgendwie ist es wie bei Schmerz: Wenn ich nichts habe, um diesen zu beseitigen, kann ich nur versuchen, ihn zu beobachten, ganz neutral, bis er sich langsam auflöst - und mich hinterher über das schöne, befreiende Gefühl zu freuen, es geschafft zu haben.

    Mein Leitsatz seit meiner Klinikaufnahme 3.7.14:
    "Ich bitte um Hilfe bei meiner Krankheit - alleine schaffe ich es nicht!"

  • ja, ist vielleicht eher Respekt, klar, ich weiß auch, mit Alkohol wäre das heute böse geendet..sehr wahrscheinlich in irgendwelchen Kaschemmen, mit einem Megakater an den kommenden Tagen, bin jetzt fast 1 Jahr trocken und trotzdem habe ich einen noch riesigen, steinigen Weg vor mir und fühle mich eben heute genauso, wie vor einem Jahr als wäre kein Tag vergangen..ist doch eigenartig, der Alk hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt stehe (nämlich in der Scheiße) und trotzdem vermisse ich ihn, aber ich vermisse Gift, etwas, was mir nicht gut tut, überhaupt nicht gut tut..mein Leben, meine Ehe zerstört hat, mich zu einem ekelhaft egoistischen Menschen gemacht hat und trotzdem denke ich an ihn, als hätten wir eine gute Zeit miteinander verbracht..der steht die ganze Zeit neben mir, so kommt mir das zumindest vor, und lockt mich--es ist, als wäre ich wahnsinnig oder kurz davor, wahnsinnig zu werden..tja, irgendwo auch selber Schuld, hätte halt damals weniger saufen sollen und diese elende Schuld, obwohl ich jetzt nicht trinke, habe ich ein Schuldgefühl, sehr wahrscheinlich, weil ich überhaupt an Alkohol denke..ach, es ist zum Wahnsinnigwerden, aber vielen Dank für deine Tipps und deine aufmunternden Worte

  • Zitat

    klar, ich weiß auch, mit Alkohol wäre das heute böse geendet..sehr wahrscheinlich in irgendwelchen Kaschemmen, mit einem Megakater an den kommenden Tagen


    Na ist doch schon was - du hast erkannt, daß dich ein Rückfall kein Stück weiter gebracht hätte - Klasse!


    Zitat

    bin jetzt fast 1 Jahr trocken und trotzdem habe ich einen noch riesigen, steinigen Weg vor mir und fühle mich eben heute genauso, wie vor einem Jahr als wäre kein Tag vergangen


    Dann lies dir den Satz nochmal in Ruhe durch - du bist DEINEN Weg schon 1 Jahr gegangen - RESPEKT - ich habe erst mal 13 Tage auf dem Buckel. Nach diesem 1 Jahr bist du weiter als am Anfang, auch wenn die Umgebung immer noch gleich aussieht - vielleicht wanderst du noch zu sehr in der "alten" Umgebung?


    Zitat

    ist doch eigenartig, der Alk hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt stehe (nämlich in der Sche***)


    JETZT - bist du 1 Jahr weiter - was du dir da anschaust, ist die Vergangenheit! Lass sie doch in Frieden ruhen und schau auf deinem Weg nach vorne (versuche ich auch gerade).

    Zitat

    trotzdem denke ich an ihn, als hätten wir eine gute Zeit miteinander verbracht


    Das Gefühl hatte ich kürzlich auch - als ob man mit der Entscheidung zur Trockenheit sich von einem geliebten Wesen verabschiedet - nur daß es definitiv kein geliebtes Wesen war!!

    Zitat

    irgendwo auch selber Schuld, hätte halt damals weniger saufen sollen und diese elende Schuld,


    Oh ja, das kenne ich zur Genüge: Schuld - ein zentrales Thema bei mir auch!
    Mittlerweile bin ich aber soweit das ich erkannt habe:
    - ich bin nicht schuld am Waldsterben
    - ich bin nicht schuld an irgendwelchen Katastrophen
    - ich muss mich nicht ständig schuldig fühlen
    "Hätt ich mal weniger gesoffen..." - wenn man sich in diese Schuldspirale reinziehen lässt, kommt man so schnell nicht raus.
    Ich versuche lieber den anderen Weg: Ich erkenne, daß ich
    - zuviel gesoffen habe
    - mich mies verhalten habe
    usw.
    und tue mein Möglichstes, diesen Zustand zu ändern....
    ....was du mit 1 Jahr Trockenheit ja schon zur Genüge bewiesen hast!!

    Mein Leitsatz seit meiner Klinikaufnahme 3.7.14:
    "Ich bitte um Hilfe bei meiner Krankheit - alleine schaffe ich es nicht!"

  • Danke, vielen Dank Joschi, werde einfach noch viel lernen müssen, sehr, sehr viel lernen müssen und endlich mal mein Selbstwertgefühl aufbauen, denn irgendwie scheint das gar nicht vorhanden zu sein-ha, und irgendwann die Vergangenheit loslassen, aber anscheinend hat sie mich noch gar nicht losgelassen wollen--vielleicht ist das auch einfach nur ne´Bewährungsprobe, die es zu meistern gilt, trotzdem wünsche ich diesen Tag, den ich heute erlebt habe, nicht meinem schlimmsten Feind, obwohl ich natürlich weiß, dass das alles noch 1000 schlimmer geht--uns allen einen weiteren, trockenen Weg

  • Zitat

    uns allen einen weiteren, trockenen Weg


    Genau - worauf wir stolz sein können!!

    Wann genau hast du dein 1-jähriges "Trocken-Jubiläum?

    Mein Leitsatz seit meiner Klinikaufnahme 3.7.14:
    "Ich bitte um Hilfe bei meiner Krankheit - alleine schaffe ich es nicht!"

  • jetzt am Samstag..und da ist auch noch Weihnachtsfeier vom Fußball+gerade von Freundin getrennt (riesiger Herzschmerz), überlege, ob ich da nicht lieber absage

  • Zitat von Noodles

    jetzt am Samstag..und da ist auch noch Weihnachtsfeier vom Fußball+gerade von Freundin getrennt (riesiger Herzschmerz), überlege, ob ich da nicht lieber absage

    Ich würde an deiner Stelle absagen - und dir statt dessen einen schönen "Wohlfühltag" gönnen. Hab ich letztens auch gemacht und das kam richtig gut.
    Wissen die beim Fussball, daß du Alkoholprobleme hast und nun fast 1 Jahr trocken bist?

    Mein Leitsatz seit meiner Klinikaufnahme 3.7.14:
    "Ich bitte um Hilfe bei meiner Krankheit - alleine schaffe ich es nicht!"

  • Hallo Noodles,

    du merkst ja, was für einer alkgeschwängerten Situation du dich da aussetzen würdest.

    Risikominimierung ist angesagt.

    Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • nee, aber staunen schon, dass ich gar nicht mehr trinke (früher immer der mit Abstand heftigste und irgendwann auch noch so doof aggro), 10 Kilo abgenommen habe und fast alle Tore schieße, was die natürlich wiederum freut--anderseits, glaube ich, dass einige (gerade von den Trinkern) auch hoffen, dass ich irgendwie wieder trinke und dann doch wieder der Alte bin, aber das juckt mich nicht ganz so, sondern spornt mich eher noch an, nicht zu trinken--nur, dass ich wieder genauso denke, fühle und handle, wie zu meinen Trinkerzeiten macht mir große Sorgen und muss unbedingt behandelt werden, weil sonst halt ich dem Druck nicht ewig stand..da muss ich auch ganz ehrlich sein

  • Ich klink mich hier mal aus, nur soviel zu deiner Weihnachtsfeier:

    Bleib zu Hause und feiere DEINEN Erfolg, 1 Jahr Trockenheit!
    Und die Trinker im Verein musst du um ihr Trinken nicht beneiden; im Gegenteil: die werden höchstens neidisch auf dich sein, weil sie diese leistung nicht hinkriegen.

    Ich war früher auch in einigen Vereinen. Aber egal, was für ein Vereinsmotto im Vordergrund stand: es war eigentlich nur eine Alibifunktion, um legal saufen zu dürfen, ohne vom Partner schräg angeschaut zu werden (zumindest bei mir).

    Guts Nächtle und morgen früh Trocken!!

    Mein Leitsatz seit meiner Klinikaufnahme 3.7.14:
    "Ich bitte um Hilfe bei meiner Krankheit - alleine schaffe ich es nicht!"

  • Noodles

    kurze Frage, du hast auch 10 Kg abgenommen? Und man fühlt sich was das angeht zumindest besser oder?

    Die Angst kann mit dem Trennungsschmerz zusammenhängen...ich sehe ja bei dir das das aktuell die Phase ausmacht.

    ICh hatte das anfang des Jahres so ähnlich allerdings duch eine Trauer ausgelöst ...und was ich gemerkt habe das sich Trauer bzw.Trennungsschmerz und Kater durch Alkohol keinesfalls vertragen...

    Kann sein das das alles zu meinem Tiefpunkt für den ich mittlerweile dankbar bin beigetragen hat.
    Ich konnte nichmal mehr Auto fahren und an einer roten Ampel stehen bleiben, sofort kam Panik auf (ne Art Platzangst)

    Jetzt seit einem halben Jahr trockenheit und trauerbewältigung ist davon nichts mehr da....
    Sei dir dessen bewusst das ein Rückfall mit deinen Vorraussetzungen aktuell noch viel schlimmer kommen könnte.

    Das solltest du dir klar machen wenns wieder "drückt"

    Gruss

  • Zitat von Noodles

    und muss unbedingt behandelt werden, weil sonst halt ich dem Druck nicht ewig stand...da muss ich auch ganz ehrlich sein

    Deine Ehrlichkeit ehrt dich, allerdings sieht man an deinen Aussagen, dass du das erneute Trinken gedanklich regelrecht schon vorbereitest.

    Das ist sehr gefährlich.

    Zwar erkennst du dein Problem und die fatalen Konsequenzen des Trinkens, aber für ein Leben ohne Alkohol hast du dich nicht gänzlich entschieden.

    Der Schmerz und die negativen Gefühle werden sich nur verschlimmern, wenn du wieder trinkst.
    Am nächsten Tag wird der Schmerz so enorm sein, dass er kombiniert mit den Entzugserscheinungen wieder zum Trinken verleitet.

    Und dann?

    Bis du wieder voll drin. Mach es nicht und lass die Weihnachtsfeier in deinem jetzigen Zustand sausen.

    Gruß

  • Zitat von Noodles

    anderseits, glaube ich, dass einige (gerade von den Trinkern) auch hoffen, dass ich irgendwie wieder trinke und dann doch wieder der Alte bin, aber das juckt mich nicht ganz so, sondern spornt mich eher noch an, nicht zu trinken--nur, dass ich wieder genauso denke, fühle und handle, wie zu meinen Trinkerzeiten macht mir große Sorgen und muss unbedingt behandelt werden, weil sonst halt ich dem Druck nicht ewig stand..da muss ich auch ganz ehrlich sein

    hey noodles,

    genau das gleiche kenne ich und das hat mich zu meinen letzen rückfällen geführt.... viele meiner freunde und bekannten haben auch gehofft, dass alles wieder so wird wie früher und ich mittrinke und was soll ich sagen:

    - vor ca 7 wochen hatte ich meinen 1. rückfall und
    - vor 1,5 wochen meinen 2. rückfall....

    und auch ich habe zuvor meinem alten muster sehr genähert....ich bin wieder öfter ausgegangen und hatte oftmals die gleichen gefühle....meine rückfälle hatten sich damit also schon mehr als angkündigt und ich habe es nicht erkannt.....FATAL.

    seitdem weiß ich, dass ich noch bewusster mit dem ganzen thema umgehen muss, noch achtseimer sein muss und gut für mich sorgen muss, sofern das kleinste anzeichen aufkommt...

    ich war leider zu leichtsinnig und naiv - die folge waren 2 rückfälle und heftige depressionen bis hin zu leichten suizidgedanken......

    also tue dir selber einen gefallen und bringe du dich nicht in diese situation....

    einen ganz lieben gruß

  • Hi Purzelbaum,

    vielen Dank für deine netten und aufbauenden Worte, habe gestern nicht getrunken, was mir wirklich, wirklich schwer fiel,aber es eben ausgehalten--ich würde aber mal fast behaupten, dass dies (zumindest für mich) nicht ganz so schwer ist, zumindest nicht so schwer, wie sich gedanklich vom Alkohol zu lösen. Ich halte irgendwo immer noch am Alkohol fest und denke, dass wenn es mir besser geht, ich ja wieder normal trinken kann. Während ich das schreibe, weiß ich eigentlich, dass das niemals so sein wird, aber manchmal verliere ich mich in diesen naiven Gedanken. Ich weiß einfach nicht, wie ein Leben ohne Freundin und ohne Alkohol in meiner Freizeitgestaltung aussehen soll--es ist ein bitteres Eingeständnis, aber es ist so. Obwohl ich Sport mache, lese, eine Tochter und viele Interessen habe, fühle ich mich dann immer so leer. Mir ist es peinlich, aber ohne Alkohol fühle ich mich tatsächlich leer. Die Vorfreude auf das Trinken fehlt, auch das Gefühl, den Kater überwunden zu haben, wieder neu ins Leben zu starten, das waren für mich echte Highlights. So bescheuert sich das anhört. Irgendwie vergesse ich in vielen Momenten den ganzen Scheiß, den der Alkohol oder ich mir selber mit dem Alkohol angetan habe.
    Aber es ist so typisch für mich, gestern war ich stärker als der Alkohol und schon relativiere ich wieder meine Sucht---ich muss´diesen gedanklichen Teufelskreis schnell möglichst unterbrechen, sonst drehe ich mich ja auf ewig und drei Tage in einer endlos Spirale, nur ich weiß verdammt nochmal nicht wie?
    Hast du Rat?
    Lg, Noodles

  • Zitat von Noodles

    Die Vorfreude auf das Trinken fehlt, auch das Gefühl, den Kater überwunden zu haben, wieder neu ins Leben zu starten, das waren für mich echte Highlights.

    Interessant ist hier folgende Frage:

    Was wäre eigentlich, wenn du deinen nächsten Kater nicht mehr überwinden kannst, wenn du also vollkommen abdriftest und nur noch auf Pegel bist?

    Dann wäre das Leben gelaufen und dann trocken zu werden, ist viel viel heftiger als jetzt trocken zu bleiben.

    Du weißt ja nicht, ob es so bleibt, dass du mit viel Mühe den nächsten Kater überwinden kannst und wieder neu ins Leben starten kannst.

    Eventuell kannst du dann überhaupt nicht mehr in dein altes Leben starten.
    Aber jetzt, nüchtern, bist du in diesem Leben und solltest es nicht verzocken, indem du wieder trinkst.

    Gruß

  • Hallo Noodles,

    Zitat

    Ich halte irgendwo immer noch am Alkohol fest und denke, dass wenn es mir besser geht, ich ja wieder normal trinken kann.

    sich gedanklich vom Alkohol zu lösen geht nicht von heute auf morgen, das dauert und "man" muss auch etwas dafür tun.

    Was hast du denn in den letzten 12 Monaten für deine Trockenheit getan ?

    Hast du eine Therapie gemacht, gehst du in eine reale SHG, kennst du die Grundbausteine ?

    LG Martin

  • Danke für eure Antworten, getan habe ich insofern etwas, als dass ich nicht getrunken habe...o.k., naja, dann anscheinend nicht so viel, sonst würde es mir ja jetzt nicht so beschissen gehen.
    Meine Freundin, die jetzt weg ist, war ein großer Halt für mich, da sie auch aufgehört hat zu trinken, aber andereseits nicht wollte, dass ich mit andern Menschen über meine Alkoholsucht rede, z.B. fand sie Selbsthilfegruppen lächerlich und ich hab´mich dann davon beeinflussen lassen (schön blöd und typisches Verhalten von mir, als ich noch getrunken hatte, aber dem lieben Frieden..)
    Bin z. B. nach dem Fußball nach Hause gegangen und eben nicht mit in die Kneipe oder habe halt einen Kaffee getrunken, habe noch mehr Sport getrieben, aber ich merkte, dass ich außer dem Sport und meiner Freundin eigentlich gar nichts hatte. Und ich gedanklich immer leerer wurde. Gut, aber andererseits habe ich mir auch gedacht, wenigstens etwas...aber ich bin bei meiner Freundin so viele Kompromisse eingegangen, nur weil ich nicht alleine sein wollte und weil sie ja für mich das Trinken aufgegeben hat, zudem hatte ich Angst davor, mir mir allein zu sein. Eben wegen dem Alkohol und der damit verbundenen Leere. Irgendwie habe ich meine Sucht nur auf eine andere Person gelagert..bittere Erkenntnis, die mir sehr viel Angst macht

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