• Hallo an alle,

    ich möchte hier einmal die recht kurze Leidensgeschichte meines Mannes erzählen. Recht kurz, weil einige trinken schon länger als mein Mann alt war. Dies soll vor allem an alle gerichtet sein, welche noch unentschlossen sind oder rückfallgefährdet.

    Wir lernten uns 1997 kennen. Er war ein großer kräftiger Mann und stand mit beiden Beinen im Leben. Von Alkoholproblemen habe ich damals nichts bemerkt. Selbstverständlich wurde zu Feiern getrunken und sogar reichlich, aber eben nur dann. Und nach der Arbeit 2-3 Bier.

    1998 sagte er zu mir: "Wir könnten doch mal was trinken". Ich hatte nichts einzuwenden, es war ja auch Freitag. Aber daraus wurde regelmäßiges trinken, jeden Freitag, 1 Flasche Korn mit Saft oder Cola. Diese haben wir uns immer geteilt. Ich habe ihn gewarnt und sagte:" Das regelmäßige Trinken ist gefährlich, man merkt nicht wie man abhängig wird". Doch es ging so weiter.

    1999 wurde er krank, Diagnose: Morbus Crohn. Er war sehr niedergeschlagen denn er haßte es zum Arzt zu gehen und Tabletten zu nehmen. Aber am meisten Angst hatte er vorm Krankenhaus.
    Die Kortisontabletten brachten Nebenwirkungen mit sich. Grauer Star, er mußte an beiden Augen operiert werden. Osteoporose, er brach sich beim Husten die Rippen und Stimmungsschwankungen. Außerdem litt er an Begleiterkrankungen von Morbus Crohn z.B. furunkelartige große Geschwüre die sicher sehr schmerzten.

    Ich hatte manchmal das Gefühl er trinkt heimlich, fand aber zuerst nichts. Aus unserem wöchentlichen Trinkritual wurde ein mehrfaches. Aus 1 mal wurde 2 mal und wenn noch eine Feier anstand auch 3 oder 4 mal pro Woche. Ich machte mir sorgen. " Wir müssen damit aufhören!" sagte ich, aber er wollte nicht.
    Es gab immer mehr Anzeichen dass er heimlich trinkt und ich fand die Verstecke. Sprach ich ihn darauf an sagte er die Flaschen würden dort schon ewig liegen.

    Anfang 2004 verlor er seinen Führeschein und ich denke ab da hat er endgülig resigniert. Ich versuchte ihm Mut zu machen, brachte das Beispiel meiner Schwester, die wurde mit über 3 Promille erwischt, hat eine Therapie gemacht und die MPU überstanden. Es half nichts.

    Dann begann sein Appetit auf Essen zu schwinden. Er aß immer weniger wurde immer dünner.
    Irgendwann habe ich dann aufgehört immer mitzutrinken nur noch ab und zu. Sein Konsum steigerte sich in den letzten Monaten auf eine Flasche Schnaps täglich, aber man merkte es ihm nicht an. Er lallte nicht er schwankte nicht.

    Dann wollte er einige Sachen gar nicht mehr essen und nahm noch mehr ab. Bis er Anfang dieses Jahres weniger als 80 Kilo wog bei einer Größe von 1,90 m.
    Schmerzen hatte er ständig irgendwelche. Aber ob die nun von seiner Darmerkrankung oder vom Alkohol kommen das wußte er nicht. Er war auch schon lange nicht beim Arzt. Wenn ich sagte. "Das kommt vom Trinken" meinte er ich würde spinnen. Er hatte Gedächtnislücken und war vergesslich geworden. Es zeigten sich Hautekzeme.

    Irgendwann im Februar schwollen Unterschenkel und Knöchel an und kurze Zeit später der Bauch. Er bekam plötzlich Rückenschmerzen. Heute weiß ich es war das beginnende Nierenversagen.

    Eine Woche bevor er starb wurden erst die Augen dann die Haut immer gelber.
    Samstag schlief er sehr lange. Als er aufstand war ihm schlecht. Er versuchte zu trinken aber es brannte im Hals. Seine Ausprache wurde undeutlich wie lallen. Er übergab sich und es sah aus als wäre Blut dabei. Ich wollte einen Arzt rufen, er sagte: "NEIN".
    In der Nacht erzählte er wirres Zeug und übergab sich weiter.
    Sonntagmorgen rief ich den Notarzt.

    Montagmorgen war er Tod. Mit 38 Jahren.

    Katy

  • Hallo Annika,

    genau das wollte ich erreichen. Es ist auch für die Angehörigen schrecklich mit anzusehen, wie ein geliebter Mensch stirbt. Es schmerzt unheimlich. Man fühlt sich schuldig, hilflos und man hat Wut auf den Partner, den Alkohol und sich selbst.

    Katy

  • Hallo kleine bine,

    du bist eine Bereicherung für dieses Forum hoffentlich lesen Deine Beiträge sehr viele Menschen hier. Dein Leiden ist sehr groß, ich möchte es mit Dir teilen und aus Deinen Beiträgen lernen.

    Danke
    Liebe Grüsse
    Maria, Alkoholikerin
    _______________
    Achte auf Deine Gedanken! Sie sind der Anfang Deiner Taten.
    Chinesische Weisheit

  • Hallo Katy,

    ich möchte Dir mein Beileid aussprechen.

    Ich hoffe sehr, dass Du all das für Dich bald gut verarbeiten kannst und vor allem, dass Du Deine Schuldgefühle ablegen kannst.
    Wir sind für Dich da, wenn Du willst.

    Gib gut auf DICH Acht !!

    LG Joachim

  • hallo kleine biene,

    ich kann das gut nachempfinden, auch ich habe anfang des jahres ein familienmitglied auf seinem letzten weg begleitet.
    der eigene partner ist natürlich noch schlimmer, aber der verlauf genau so.

    egal welche krankheit dazu kommt, im endeffekt stirbt der nasse alkoholiker an seiner grundkrankheit.

    danke dir für den beitrag, ich hoffe du kannst hier auch etwas mitnehmen um den schmerzlichen verlust schneller aufzuarbeiten.

    pass gut auf dich auf

    liebe grüße

    schorni

  • Hallo noch mal an alle,

    danke für Euren Zuspruch.
    @Shatki, ich weiß dass es mir hilft wenn ich darüber spreche, Es befreit ein wenig und hilft bei der Trauerbewältigung.

    @Joachim, mach Dir keine Sorgen um mich. Ich werde nicht in ein tiefes Loch fallen und vielleicht auch das Trinken anfangen. Ich lasse nur meinen Tränen freien lauf wenn mir danach ist zu weinen. Danach gehts mir wieder besser.

    Für meinen Mann gabs immer Gründe zu trinken:

    Ich habe Schmerzen.
    Ich fühl mich mieß.
    Ich habe keine Arbeit.
    Das müssen wir feiern. usw.

    Für mich gibt es viele Gründe NICHT zu trinken:

    Die Alkoholabhängigkeit meiner Mutter, meines Vaters, meiner Schwester.
    Der Tod meines Mannes.
    Meine Kinder.
    Freude am Leben, auch wenn man wenig Geld hat.
    Weil ich auch erst 38 bin und so lange wie möglich gesund bleiben will.
    und noch vieles mehr.

    Katy

  • Hallo Katy

    Auch ich möchte dir mein Beileid aussprechen.

    Der Tod deines Mannes ist ein großer Verlust für dich und du fragst dich sicher nach dem Sinn, warum gerade er und warum so früh. Wenn es dich ein bisschen tröstet, deine offenen Worte in deinem Beitrag bringen manchen zum Nachdenken und bewahren ihn vor einem ähnlichen Schicksal. Sein Tod ist also nicht sinnlos gewesen.

    Danke für deine ehrlichen und offenen Worte.

    Lieben Gruß

    Henri

  • Es ist nun schon über ein Jahr her, seit mein Mann gestorben ist.

    Mein Leben geht weiter. Zwar habe ich einen neuen Partner, doch vergeht kein Tag, an dem ich nicht an meinen Mann denke. ......wenn man nur die Zeit zurück drehen könnte.

    Die Schuldgefühle sind immer noch da, irgendwas falsch gemacht zu haben, nicht alles getan zu haben.

    Ich weiß, nur er hätte etwas tun können.

    Katy

  • Hallo Nadine,

    hauptsächlich geht mir durch den Kopf nicht genug oder das richtige getan zu haben.
    Würde er vielleicht noch leben wenn ich ihn verlassen hätte. Hatte zwar mit dem Gedanken gespielt, konnte es aber nicht.
    Ein Freund hat mir mal erzählt er hätte gesagt er will sich tot saufen. Will man sowas wirklich? Ich hänge so am Leben dass ich mir das nicht vorstellen kann.

    Katy

  • Hallo Nadine,

    danke für Deine tröstenden Worte. Ich weiß ja dass ich nichts dafür kann. Es tut halt nur so weh. Ich hab ihn sehr geliebt, obwohl ich mir zum Schluß nicht mehr im klaren darüber war. Er hat mich auch sehr geliebt, war immer darauf bedacht dass es mir gut geht. Hat mir jeden möglichen Wunsch erfüllt. Sicher hat er in seinem Zustand nicht gemerkt wie ich darunter leide dass er trinkt.

    Katy

  • Hallo Kalle Käfer und Gilbert,

    ich danke Euch für Eure tröstenden Worte.

    Zitat von gilbert


    Wer geliebt wurde, ist nie tot; er ist nur woanders.

    Das hast Du schön gesagt. Er wird für immer in meinem Herzen bleiben.

    Und wenn es nur ein paar Leute gibt die sich durch meine Geschichte wachrütteln lassen, dann ist das schon viel wert.

    Katy

  • Heute ist der 13.07. und es wäre unser 9. Hochzeitstag. Leider schon der 2. den wir nicht mehr gemeinsam verbringen können. Das macht mich heute sehr traurig. Ich hätte gerne den Rest meines Lebens mit meinem Mann verbracht. Doch leider war er nicht stark genug sich einzugestehen dass er ein Problem hat. Und so hat der Teufel Alkohol die Oberhand behalten bis sein Körper nicht mehr funktionieren konnte.

    Jetzt stehen mir wieder die Tränen in den Augen. Ich kann heute nichts weiter tun als zum Friedhof gehen und frische Blumen auf sein Grab zu stellen.
    Dabei gibt es noch so viel was ich ihm sagen wollte.

    Ich werde ihn nie vergessen. :cry:

    Katy

  • Servus kleine biene,

    bei allem Schmerz und aller Trauer, die Dich am Todestag Deines Mannes überfällt: ich wünsche Dir, dass Du bald loslassen kannst und Deinen Frieden findest! Auch Dir steht-wie jedem Menschen- ein selbstbestimmtes, glückliches Leben zu!

    LG
    Spedi

  • Danke Spedi,

    für Deine tröstenden Worte. Es ist heute allerdings unser Hochzeitstag. Macht aber nix. An solchen Tagen bin ich immer traurig weil er nicht mehr da ist. Sehr schlimm war es dieses Jahr als der Todestag sich näherte. Ich mußte schon ca. 3 Wochen vorher immer daran denken was er letztes Jahr um die Zeit getan hat, wie es ihm gesundheitlich erging usw. Das betrückende Gefühl blieb bis zum 20.03., da war es nun 1 Jahr her.
    Keine Angst mein Leben geht weiter. Ich habe auch wieder einen neuen Partner und Spaß am Leben.

    Es sind eben nur besondere Tage wo die Traurigkeit stärker ist als ich.

    Katy

  • hallo Katy,

    ich kann mich nur den Worten von Spedi anschliessen.

    Wenn es Dir möglich ist, versuche in Gedanken Kontakt zu Deinem Mann aufzunehmen und erzähle ihm all die Sachen, die Du ihm noch sagen wolltest.

    Du wirst in Dir Antworten finden, die es Dir leichter machen, deinen Mann los zulassen. Dein Mann ist sich längst bewusst, dass es seine eigene Schuld war und nicht Deine und es tut ihm unendlich leid Dir so weh getan zu haben. Erst, wenn auch Du losgelassen hast, könnt ihr beide Frieden und Ruhe finden.

    Ich drück Dich mal virtuell ganz fest.

    liebe Grüße, Maria

  • Heute jährt sich zum 2. mal der Todestag meines Mannes.
    Deshalb möchte ich meinen Beitrag mal wieder auf die erste Seite holen damit er von vielen gelesen wird. Er soll alle daran erinnern wie diese heimtückische Krankheit endet.

    Lieber A****,
    jetzt sind es schon 2 Jahre an denen Du nicht mehr an meiner Seite bist. Du hast hier eine Lücke hinterlassen die keiner füllen kann. Ich denke fast jeden Tag an Dich, Du fehlst mir.
    Dennoch habe ich meinen inneren Frieden gefunden. Es tut nicht mehr so weh im Herzen. Die Erinnerungen verblassen, vor allem die negativen. Immer häufiger fallen mir schöne Dinge ein die wir zusammen erlebt haben. Du warst immer gut zu mir, wolltest immer nur das Beste für mich. Ich bin froh dass ich Dich gefunden habe und dass ich fast 8 Jahre Deine Frau sein durfte. Manchmal wünsche ich mir ich hätte Dich eher kennengelernt. Vielleicht wäre es dann anders gekommen. Die Zeit läßt sich leider nicht zurück drehen.
    Mein Leben geht weiter. Ich muß für meine Kinder da sein.
    Deine beiden Töchter habe ich auch mal wieder gesehen. Und Deine Mama hat heute Morgen am Telefon geweint. Deinen Eltern fehlst Du auch sehr.
    Heute Nachmittag werde ich auf den Friedhof gehen. Ich hoffe wir werden uns irgendwann wiedersehen.
    In meinem Herzen wird immer ein Platz für Dich frei sein.

    Katy

  • Hallo kleine biene,

    schön ,auch wenn es für dich schmerzlich ist ,das du dich mal wieder meldest!

    Ich möchte dir auch Danke sagen für dein Posten!

    Das du uns nicht vergessen hast und damit hoffentlich vielen unverbesserlichen "Neuen" hier ,mit deinen Erfahrungen, die Augen geöffnet hast , das diese Krankheit tödlich verlauft , wenn man/ich sie nicht stoppt!

    Ich wünsche für dich und deine Zukunft alles Gute!

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Liebe kleine Biene,

    diesen Thread immer wieder zum Vorschein zu bringen ist mehr Wert,als viele,sich immer wiederholende Ratschläge.Du leistest damit einen sehr wertvollen Beitrag für dieses Forum,und für die Menschen hinter den Bildschirmen.

    Das Leiden vieler Alkoholiker findet so ein Ende,doch die Hinterbliebenen tragen die Last noch lange mit sich.Ich wünsche dir von ganzem Herzen Glück und Zufriedenheit,und das du dennoch weiter die Erinnerung an deinen Mann ohne tiefe Wehmut erhalten kannst.

    Danke,dass du bereit bist,sie mit uns zu teilen.

    Liebe Grüße,
    Birgit

    Think positiv!!!

  • Und wieder ist ein Jahr ins Land gegangen. Meine Trauer hat sich gelegt und ich habe mein Leben neu geordnet.
    Heute war ich auf dem Friedhof und habe Blumen aufs Grab gestellt. Ich habe kurz mit A**** gesprochen. Habe ihm gesagt dass es hätte nicht so kommen müssen und wie traurig ich darüber immer noch bin.
    Doch jetzt sind andere Dinge wichtig in meinem Leben, mein kleiner Enkel :D

    Ich werde meinen Thread immer mal wieder vorkramen um andere daran zu erinnern wie es enden kann.

    LG Katy

    Katy

  • Danke Zoe,
    das ist eine Gute Idee. Zeig Deinem Mann was passieren kann wenn er weiter trinkt. Es ist ja nun wirklich so dass sein Leben in Gefahr ist. Und auch wie sehr die Angehörigen leiden. Davon ist auch reichlich hier im Forum zu finden.
    In den letzten 3 Jahren bin ich mal mit offenen Augen durch mein Wohngebiet gegangen. Ich habe einige Leute entdeckt die alkoholkrank sind. Ein paar gibt es auch schon nicht mehr.

    Ich drücke Dir und Deinem Mann ganz fest die Daumen dass er es schafft.

    LG Katy

    Katy

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