Erwartungen an einen Alkoholiker

  • Hallo Uwe,

    Zitat

    Ich wollte deutlich machen, dass schon bei der Definition des Begriffes Unterschiede bestehen.

    Ja, weil jeder eine andere Definiton parat hat - wenn wir aber mal davon ausgehen, was Erwartung wirklich bedeutet und das kann ja jeder nachforschen im Net, dass Erwartung eben nicht Hoffnung, Wunsch oder Sehnsucht ist, sondern schon ein Wille auf Erfüllung dieser Erwartung zum Handeln eines Anderen darstellt.


    Ich will (und eben nicht ich hoffe, sehne oder wünsche), dass der andere mir meine Erwartung erfüllt.

    Gruß

    BC

  • Ha Jürgen,

    ist es nicht meine Sache, zu entscheiden, wem ich vertraue oder nicht? Wenn ich jemandem vertraue und er enttäuscht mich, dann liegt es doch an mir, dass ich diesen jemand falsch eingeschätzt habe bzw. seine Vertrauenswürdigkeit nicht lange genug überprüft habe.

    Wenn aber über Jahre ein gegenseitiges Vertrauen aufgebaut wurde und es wurde dann gebrochen, muss ich doch bei mir schauen, ob ich demjenigen wieder vertrauen will. Da kann er mir noch so viel beweisen wollen - es liegt an mir, wie weit ich ihn wieder rankommen lasse und nicht am Anderen.


    Gruß

    BC

  • Nochmal Jürgen,

    Naja - beim Eheversprechen kannst Dir auch nicht sicher sein, ob Dein Partner nicht fremd geht, Du kannst es erwarten - aber ob diese Erwartung eintrifft, steht in den Sternen. Und trotzdem heiratet man!

    Es ist ein Einlassen ohne Garantien, weil ein Mensch keine Garantien geben kann - weil er eben Mensch ist. Ich kann auch nicht garantieren, dass ich morgen noch so denke wie heute. Genauso kann ich von niemandem erwarten, dass er tut.

    Ach - ist das eine schöne Diskussion, da geht mir das Herzchen offen :)


    Gruß

    BC

  • Hallo BC,

    ich glaube, das habe ich nicht anders dargestellt.

    Vertrauen ist eine gemeinsame Erwartungsbasis an Handlungen in der Zukunft.
    Beide Partner können sich auf einer neuen Basis einigen.
    Ich sollte das Vertrauen in mich haben, das ich die neue Vereinbarung erfüllen kann und werde.
    Mein Partner sollte das Vertrauen haben, das ich die neue Vereinbarung erfüllen kann und werde.

    Was auch passieren kann ist, dass keine neue Vereinbarung getroffen wird.
    Das hat dann allerdings nichts mehr mit Vertrauen zu tun.

    LG Jürgen
    -------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Shit BC,

    nu haste mich erwischt - ich kann nicht mehr mitreden.
    Ich habe nie geheiratet. :D

    LG Jürgen
    ----------------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Hallo Jürgen,


    Zitat

    Vertrauen ist eine gemeinsame Erwartungsbasis an Handlungen in der Zukunft.

    Stimme ich zu.

    Zitat

    Beide Partner können sich auf einer neuen Basis einigen.

    Stimme ich auch zu.

    Zitat

    Ich sollte das Vertrauen in mich haben, das ich die neue Vereinbarung erfüllen kann und werde.

    Ja, auch hier stimme ich zu

    Zitat

    Mein Partner sollte das Vertrauen haben, das ich die neue Vereinbarung erfüllen kann und werde.

    Stimme ich nicht zu. Denn Du gehst davon aus, dass Dein Partner Dir nach einem Vertrauensbruch wieder vertraut, wenn Du nur hart genug daran arbeitest. Da vergißt Du den anderen.

    Gruß

    BC

  • Mensch BC,

    mir geht auch grad das Herzchen auf... :D

    Ich habs doch geschrieben: Es kann auch sein dass keine neue Vereinbarung getroffen wird ...

    LG Jürgen
    -----------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • hallo zusammen,

    ein vertrag ist doch was anderes wie eine erwartung!

    ein vertrag wird von zwei parteien abgeschlossen. die eine partei legt den inhalt des vertrages fest, die andere kann unterschreiben und damit fest machen oder auch nicht. da ein vermietet den anderen ja nicht persönlich kennt, kann er erst mal nen vertrauensvorschuss geben, indem er den vertrag vorlegt und ihn unterschreiben lässt. wer sich nicht an den inhalt des vertrages hällt kann dann wiederum mit den kosnequenzen rechnen die im vertrag festgelegt wurden. sprich zahlt der mieter die miete nicht kann dies vom vermieter aufgrund des vertrages eingeklagt werden. das ist ne juristische ebene, dabei spielen emmozionale verpflichtungen oder vertrauenseben keine rolle.

    klar kann ein vertrag mit erwartungen einhergehen, die im vertrag festgelegt werden können. nur dann werden erwartungen die gestellt werden wieder zu einem vertrag, der dann wiederuum auf einer jurisischen ebene läuft und nicht mehr auf der emmozionalen ebene.

    für mich auch so zu sehen , denn ich wohne zum beispiel bei einem vermieter, der hunderte häuser vermietet. eine einzelperson ist da vielleicht eher so, mal von vertraglich geregelten dingen abstand zu nehmen. nur das ist dann ermässensache des vermieters und keine vorraussetzung wenn ich verträge unterschreibe. da ist doch mit zu rechnen das juristische konsequenzen aus meinem handeln dann gezogen werden.

    anders bei zwischenmenschlichen verträgen. ich würd da nicht unterschreiben. das wär mir zu heikel, weil emmozionale dinge für mich juristisch nicht einklagbar sind.

    gruß melanie

  • hallo bc,

    Zitat

    Und trotzdem heiratet man!

    nu ich hab standesamtlich geheiratet weil mir das kirchliche mit viel zu vielen punken die ich einzuhalten habe wiederstrebt hatte. bis das der tot uns scheidet wollt ich nie unterschreiben. und in dem fall des nicht erfüllens des ehevertrags beim standesamt gabs draufhin die scheidung.....so einfach kanns sein...juristisch gesehen. stand nicht drin ich muss nen nassen alkoholiker bis das der tot mich scheidet ertragen. :wink:

    gruß melanie

  • Hallo BC,

    Zitat von BlueCloud


    ich finde es utopisch, in einer Beziehung, wo auch Emotionen beteiligt sind, Erwartungen einfach zu ignorieren.

    Seh ich genauso. Wie soll ich also mit meinen Erwartungen umgehen?

    Zitat


    Es kommt auch auch immer auf die Intensität, an. Wenn ich bei fast jeder Unterhaltung unter die Nase gehalten bekomme, was von mir erwartet wird, dann kann dies die Beziehung zu einem Menschen schon sehr beeinträchtigen.

    Hast recht. Das klingt nach fehlendem Vertrauen. Deshalb die Klappe zu halten bringt aber nichts. Doch Du selbst hast ja dann auch die Möglichkeit entsprechende Rückmeldung zu geben und zu sagen, dass Du damit nichts anfangen kannst, wenn das so ist. Erst so entsteht ein Austausch und man kann sich einig werden, ob es überhaupt noch eine gemeinsame Basis (Vertrauensbasis) geben kann. Nicht nur der Co entscheidet sich für oder gegen die Partnerschaft, sondern auch der trockene Alkoholiker, oder?

    Zitat


    Und es muss ja nicht immer nur der Partner sein - es gibt ja noch andere Beziehungsgeflechte im privaten Umfeld. Familie, Freunde etc.

    stimmt auch. Und weil ich nicht immer den Kontakt abbrechen möchte, wenn Erwartungen an mich gestellt werden, die ich nicht erfüllen möchte oder kann (heut morgen ist mir aufgegangen, dass ich das in der Vergangenheit mehrfach praktiziert habe), möchte ich lernen, mich und mein Gewissen von diesen äußeren Erwartungshaltungen abzugrenzen. Denn mein Problem ist nicht die Erwartungshaltung des anderen. Mein Problem ist mein schlechtes Gewissen, wenn ich Nein sage. Mein Problem ist das Wissen im Hintergrund, dass ich das Bedürfnis des anderen (denn nichts anderes ist aus meiner Sicht die Ursache für eine Erwartung) immer noch im Kopf habe und mich selbst dafür "verurteile" (das ist jetzt ne starke Übertreibung), dass ich das nicht erfüllen kann oder will. Deshalb möchte ich lernen, bei mir zu bleiben. Mich von sowas loszulösen. Nicht nur Nein zu sagen und zu wissen, dass das richtig war. Sondern Nein zu sagen und zu mir Ja zu sagen und deshalb ein gutes Gewissen zu haben.
    Denke, das ist ein Thema für einen neuen Thread?

    Zitat


    In der Arbeitswelt wäre Erwartungsdruck für mich was anderes. Da kann ich ggf. kündigen und mir was anderes suchen, wenn ich mit Druck/Streß nicht fertig werde (und selbst das ist heutzutage nicht gerade einfach).

    Wenn es sein muss, kannst Du in einer Beziehung auch kündigen. Du bist nicht ausgeliefert. Du bist nicht passiv. Die vollendete Lösung ist das noch nicht (die vollendete ist aus meiner Sicht die oben beschriebene Abgrenzung und das ist ein weiter Weg, glaub ich), aber es ist ne bessere als vom anderen zu erwarten, dass er seine Erwartungen runter schraubt, denn das führt zu Missverständnissen und Verletzungen und damit tun sich beide Seiten keinen Gefallen.


    Zitat


    Was ich mal gerne näher beleuchten würde und ich denke, dass können wir auch in diesem Thread:


    Warum gibt es denn überhaupt Erwartungen?

    Was bringt es mir, wenn ich von anderen Menschen etwas erwarte?

    ich glaub meine Antworten stecken oben schon drin. :)

    Gruß Gela

  • glück auf alle

    ich bin auch der meinung, dass es hier unterschiedliche auffassungen zu dem begriff erwartung gibt. ne allgemeingültige definition hab ich leider auch nich. ich will aber verdeutlichen was ich unter erwartung verstehe.
    kann (oder darf) ich als fußgänger vor nem fußgängerüberweg (zebrastreifen) erwarten, dass die autofahrer anhalten werden?
    ja ! zum einen ist es gesetz! zum anderen ist es inzwischen allgemein üblich! des weiteren sagt mir meine erfahrung, dass autofahrer anhalten, wenn ich zielstrebig auf n fußgängerüberweg zugehe! und außerdem mach ich es als autofahrer auch!
    es stimmt aber, dass es autofahrer gibt (einige wenige), die nich anhalten.
    ich vertraue meiner erwartung und betrete ohne zögern den zebrastreifen.
    setz ich den autofahrer unter druck? nönönönö – ich kenn den ja garnich. außerdem erwartet der normalerweise von mir, das ich die straße zügig überquwere!
    fallen mir sofort noch 1000 beispiele ein ... darf ich erwarten, dass ne mutter ihr kind versorgt? ... darf ich erwarten, dass n apfel (der vom baum und auch der vom pferd) nach unten fällt? ...

    wie is das nu mit dem trockenen alkoholiker? „trocken“ setzt bei mir voraus, das die/der weis, dass die alkoholkrankheit immer absolut tötlich verläuft und lediglich gestoppt, aber nich geheilt werden kann. und ich geh davon aus, dass bei ihr/ihm der selbsterhaltungstrieb noch bzw. wieder funktioniert (andernfalls is das tatsächlich n fall für n therapeuten).
    kann (oder darf) ich also von nem trockenen alkoholiker erwarten, dass er trocken bleibt?
    ja ! zum einen kann er nur so überleben! zum anderen bleib ich es auch.
    wer sich allerdings immer wieder drauf beruft, das n rückfall zum krankheitsbild gehört, der bereitet meiner meinung nach seinen eigenen rückfall vor, von dem erwarte ich, dass er irgendwann wieder säuft.

    schöne zeit allen

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • silberkralle,

    Zitat

    wer sich allerdings immer wieder drauf beruft, das n rückfall zum krankheitsbild gehört, der bereitet meiner meinung nach seinen eigenen rückfall vor, von dem erwarte ich, dass er irgendwann wieder säuft.

    Der Rückfall gehört zum Krankheitsbild, denn wenn das nicht der Fall wäre, dann wäre die Sucht keine Erkrankung.

    gipfel

  • glück auf gipfel

    Zitat von gipfel

    Der Rückfall gehört zum Krankheitsbild, denn wenn das nicht der Fall wäre, dann wäre die Sucht keine Erkrankung.

    willst du damit andeuten, dass ich nich krank bin, nur weil ich bisher keinen rückfall hatte?
    oder willst du mich animieren, endlich n rückfall zu bauen, um zu beweisen, dass ich wirklich krank bin?

    ich weis grade nich was du mit diesem beitrag bezweckst. allerdings zeigt es mir, wie gefählich es ist, angelerntes wissen einfach zu verallgemeinern.

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • gipfel ,

    es hat doch keiner was dagegen, wenn Du sagst:

    "Von mir kann man das nicht erwarten."

    Rede doch einfach mal von Dir und nicht ständig von "der Krankheit" und "den anderen".

    LG Jürgen
    ---------------------------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • gipfel ,

    ich mag da ein Sonderfall sein.

    Von mir hat - als ich trank - (noch) NIEMAND jemals erwartet, dass ich damit aufhöre.
    Das liegt schlicht und einfach daran, dass ich Alleintrinker bin und dass ich in einem frühen Stadium der Alkoholkrankheit aufgehört habe - Mitte der kritischen Phase - siehe dazu Jellinek.
    Insoweit würde auch ich mit niemandem ausser mir selbst einen solchen Vertrag abschliessen, da es schlicht und einfach nicht notwendig ist.
    Meine Alkoholkrankheit hat (noch) NIEMANDEN in seiner Lebensführung, in seiner körperlichen Unversehrtheit, in seinem Vermögen geschädigt.
    Ich hab 2-mal die vollgepisste Hose in meiner Küche morgens gefunden und hab 1-mal eine Fahrt im Vollsuff mit Filmriss zelebriert.
    Dann hat es mir persönlich gereicht.

    Insoweit werde auch ich mit keinem Angehörigen oder Partner einen Vertrag schliessen, dass ich nicht mehr trinken werde - es sei denn, die Initiative und der Wille dazu geht von mir aus.

    LG Jürgen
    ------------------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Silberkralle,

    ich schrieb:

    Der Rückfall gehört zum Krankheitsbild, denn wenn das nicht der Fall wäre, dann wäre die Sucht keine Erkrankung.

    ich schrieb nicht:

    Ein Rückfall ist zwingend erforderlich ...........

    Zitat

    wer sich allerdings immer wieder drauf beruft, das n rückfall zum krankheitsbild gehört,

    Ohne (möglichen ) Rückfall wäre die Sucht keine Erkrankung (warum auch ? Was könnte denn passieren ?)
    oderdie Erkrankung wäre geheilt

    Somit gehört der (mögliche) Rückfall ganz natürlich zum Krankheitsbild dazu

  • glück auf nochmal

    Zitat von gipfel

    Ein Rückfall ist zwingend erforderlich ...

    also - warum sollte ich dann nich erwarten, das n trockener, trocken bleibt?

    Zitat von gipfel

    Somit gehört der (mögliche) Rückfall ganz natürlich zum Krankheitsbild dazu

    is mir schon klar und unbestritten, ich will nur nich dauernd "drauf rumreiten". vor allem will ich nich, dass damit das klischee verstärkt wird ("die saufen doch sowieso alle wieder")

    schöne zeit

    :D
    matthias
    ich erwarte immer noch, trocken zu bleiben (meine guteste erwartet das auch - ohne druck)

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo,

    für mich als Co ist wichtig, was Gela geschrieben hat: sich von dem Automatismus, die Erwartungen der anderen erfüllen zu müssen, lösen...

    Das heißt nicht, dass ich mich nicht auch dafür entscheiden kann, Erwartungen zu erfüllen.
    Wenn ich weiß, in einem bestimmten Job wird was von mir erwartet, kann ich sagen: Okay, ich will den Job zur Zufriedenheit machen, also erfülle ich jetzt diese Erwartung des anderen.

    WEnn Tante Lieschen Geburtstag hat und erwartet, dass alle daran denken, hab ich die Wahl zu sagen: Ich mach ihr die Freude.
    Oder: Nö, muss sie mit leben, ich hatte was für mich Wichtigeres vor.
    Dann kann es sein, dass Tante Lieschen sauer ist, dann muss ich eben sehen, wie schlimm das für mich ist. Ich kann mich aber nicht dauernd den Erwartungen aller MItmenschen beugen, dann verbiege ich mich.

    Diese gedankliche Brücke: Ich hab die Wahl! - ist für mich wichtig, denn ich neige dazu, Erwartungen anderer über meine eigenen Vorstellungen zu stellen.
    Ich kann ganz bewusst sagen: Du erwartest das von mir und ich von mir auch..
    Oder: Du erwartest was von mir, was ich aber nicht garantieren kann, und bitte verstehe das.
    Oder: Du erwartest was von mir, was ich aber nicht garantieren will. Leb damit oder zieh die Konsequenzen.

    In der Praxis erzeugen bei mir die Erwartungen anderer auch sehr schnell Druck. Ich würd das aber gene lernen, damit anders umzugehen.

    Doro

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