Ja so woarns
Meine letzten fünf nassen Jahre
lebte ich mehr oder weniger
am Drogenumschlagplatz
einer ganz gewöhnlichen Stadt.
Morgens trudelte ich meist ein
und es waren immer dieselben Leute da.
Diejenigen aus der Notschlafstelle,
(sie musste um acht verlassen sein)
und die, die unbedingt was brauchten
und auch die, die was verticken wollten.
Ich selbst nahm nur sehr wenige
Tabletten und Drogen, vom
Haschisch mal abgesehen.
Alkohol war mein Ding.
Zwei, dreimal am Tag
kontrollierte die Polizei.
Wurde es mal eng trotteten
wir ein paar hundert Meter weiter
zu einem Ausweichplatz.
Es war eine gute Zeit.
Eine Alternative war die
Säufer Wg. Es war ein gemütliches
Zusammensein bei sinnlosen
Brett- und Würfelspielen und noch
hirnigeren Gesprächen.
Wurde Geld und Stoff knapp
(die Umrechnung erfolgte immer
ohne Umweg) eskalierte
die Situation immer in ziemlichen
Extremen.
Ab und zu gab jemand den Löffel ab.
Alle paar Wochen, oder
auch nur Tage ein neuer Kandidat
für eine tödliche Überdosis.
Wir alle auf der Scene waren dann
immer einhellig der Meinung das
X wohl übertrieben hat oder auch
das der verschreibende Arzt völlig
unverantwortlich das Falsche
verschrieben hatte.
Jemand musste ja schuld sein.
Am Abend fuhr ich dann mit
dem Bus nach Hause, oft ohne
irgendeine Erinnerung an die Heimkehr.
Ich fühlte mich nur sauelend morgens
beim Erwachen und schuldig
meines Tuns.
Zumindest brauchte ich mir Schuhe und
Hose nicht mehr anziehen.
In der vermüllten Wohnung
verbrachte ich dann oft Tage.
Nur mit Shit und Bölkstoff ausgestattet.
Ohne Zeitgefühl ist jetzt morgen, mittag
oder Abend , Freitag oder Sonntag.
Egal.
Was zählte war der Griff zur Flasche.
So dämmerte ich dahin mit
Filmrissen, die unbemerkt blieben.
Ging Flüssiges und Geld zu Ende
passierte immer dasselbe.
Trockenwürgen, Zittern,
Schweissausbrüche.
Damit nicht genug besuchten mich
die Geister und sprachen mit mir.
Lang und ausgiebig.
Ich muss sehr glücklich gewesen sein
damals.
Einmal wachte ich fixiert und mit Nadeln
in den Armen in einem Krankenhausbett auf .
Ich hatte gekocht und war eingeschlafen.
Die Nachbarn hatten aufgrund der
Rauchentwicklung den Notruf verständigt.
Der verkohlten Topf wurde von der
Feuerwehr auf den Balkon gestellt.
Vielleicht als Erinnerung.
Ich trank weiter.
Nur nicht unterkriegen lassen.
Hartnäckige Selbstmordgedanken
beherrschten mich und liessen sich
nur mit Quantum vertreiben.
Nervenzusammenbrüche häuften sich.
Ich lag auf dem Bett und heulte tagelang
über mein auswegloses Dilemma.
Einmal wollte ich mir nachts an
der Tankstelle Nachschub holen.
Flaumte die zufällig anwesenden
Polizisten an. Sie waren so nett
mich an einem Ort zu bringen, der
sich Ausnüchterungszelle nannte.
So konnte ich meine sozialen
Feldstudien um ein weiteres Spektrum
erweitern.
Kam der Scheck konnte es passieren
das ich mit dem Einlösen einenTag warten
musste,da ich nicht unterschreiben konnte.
Old Flatterhand...
Eines Morgens gegen sechs klingelte
und pochte es an der Tür.
Ich hatte es aufgegeben auf die Post
aus dem Briefkasten zu reagieren.
Nüchtern betrachtet wäre es mit einem
Schnippen des kleinen Fingers aus
der Welt zu schaffen gewesen.
Jetzt war es zu spät.
Die nächsten Wochen verbrachte ich
im Gefängnis. Vermisste nicht mal
den Alkohol.
Nach der Entlassung führte mich mein
erster Weg an den Kiosk.
Ich kniete neben dem Bett und bat Gott
nicht mehr trinken zu müssen.
Spätestens eine Stunde später
war ich beim Griechen.
Zahlte keine Miete mehr
da ich für mein Geld eine
bessere Verwendung sah.
Auf Mahnungen reagierte ich nicht.
Eines Abends kam ich Nachhause
und das Schloss war ausgewechselt.
Ich war obdachlos.
Campierte im Park, trank wie gewöhnlich,
wechselte keine Kleidung mehr und weiss
von meinen letzten nassen
Wochen kaum noch was.
Ein dreiwöchiges Blackout.
An einem Sonntagmorgen wachte
ich auf in meinem Zelt und fuhr
zur Suppenküche.
Ich hatte Hunger, kriegte es aber
nicht auf die Reihe den Löffel vom
Teller zum Mund zu jounglieren.
Old Flatterhand...
Ich fühlte mich so verzweifelt und unten.
Diese ganze Aussichtslosigkeit.
Ich fuhr hungrig in den Park zurück
Legte mich in den Schlafsack.
Ich hatte aufgegeben.
Dann dieser innerer Schrei
"Ich kann nicht mehr"
und während dieses Nachmittags
stürzte ein Stück innerer Mauer ein
und ich hatte zum ersten Mal die
Möglichkeit zu sehen wer ich war und bin:
ein Alkoholiker.
Seit diesem Tag hab ich nichts mehr
getrunken und das sind bis heute
genau 5300 Tage.