Warum gehe ich noch zu meinem Vater?

  • Die Frage stelle ich mir gerade ...mein Vater ist jetzt jahrelang trocken, ist aber noch immer ein Egoist, wie es im Buche steht. Nur er ist wichtig, alle anderen sind entweder doof oder unwichtig.
    Er behandelt mich nicht anders ...anstatt zu sagen: hey, super, dass das mit dem Studium jetzt so gut bei dir klappt kommt ein: na, warum machst Du das jetzt überhaupt noch, setz dich da mal nicht unter Drucke etc. und wenn ich es dann versuch zu erklären kommt nur ein "spitzes" "Aha" ...was mit fehlt ist dieses Vater-Sohn Verhältnis ...einfach mal vom Vater als Sohn aufgefangen werden etc - nix kommt.
    Jetzt stell ich mir die Frage: warum gehst Du da noch hin? Was bringt dir das? Ich glaube, ich mache mir da was vor ...aber was suche ich bei den "Besuchen"? So ganz klar ist mir da mein Verhalten nicht ...kennt das Einer von Euch?

  • Ja schon. Ich wollte von meiner Mutter jahrelang Anerkennung. Oder wenigstens eine Entschuldigung. Einmal!
    Von meinem Vater auch. Ich wollte einfach, dass sie sich für mich interessieren.
    Taten die anderen Eltern doch auch. Sich für ihre Kinder interessieren, oder sogar für mich.
    Ich habe meinen Eltern viel zu erklären versucht. Gelang es mir nicht, hatte ich sicher einfach nur die falschen Worte gewählt. Würde ich die richtigen finden, würden sie mich schon hören können.

    Diese richtigen Worte gibt es nicht. Das einzige was es gibt, ist Klarheit.

    Du suchst Liebe bei deinen Besuchen und findest Schmerzen.

    Nichts was du tust, würde daran je was ändern. Nicht mal wenn ich irgendeine Königin werden würde, würde meine Mutter zu mir sagen:Du hast das gut gemacht.
    Nie im Leben. Damit darauf zu warten, damit könnte ich den Rest meines Lebens verbringen.
    Dabei gibt es viele andere Menschen da draußen, welche die mich mögen.
    Welche die mich nicht endlos warten lassen.
    Auch weil ich nicht mehr warte.
    Du wartest noch. Aber da kommt nichts mehr. Gar nichts mehr!

  • Warum soll ich dann noch zu meinem Vater gehen? Weil es mein Vater ist? Weil ich vielleicht noch etwas von der alten "Familie" für mich behalten möchte? Oder wäre es besser, den Kontakt ganz zu beenden? Ich werde nie die Anerkennung bekommen, die man vielleicht im Vater-Sohn Verhältnis als Sohn bekommen könnte ...Liebe spüre ich auch nicht von seiner Seite aus ...vielleicht kann er ja aus seiner Sichtweise nicht anders ...geiches Problem bei meiner Oma: sie hat mir jahrelang das Leben zur Hölle gemacht, hat bei meinen Schwiegereltern angerufen und mich schlecht gemacht, jahrelang, bei meiner Zivi-Stelle damals angerufen und mich schlecht gemacht etc. Warum gehe ich da nur wieder hin? Weil ich das Gefühl der Familie brauche? Ich weiss es nicht ...

  • Geh nicht hin. Du sollst ja gar nicht hingehen zu dem der dich nicht liebt, dich gequält hat und es immer noch tut.

    Kannst du dir das für dich vorstellen, den Kontakt ganz abzubrechen?

  • Zitat von schnuffig

    Geh nicht hin. Du sollst ja gar nicht hingehen zu dem der dich nicht liebt, dich gequält hat und es immer noch tut.

    Kannst du dir das für dich vorstellen, den Kontakt ganz abzubrechen?

    Zu meiner Oma schon ...Vater ...weiß ich nicht obwohl es wohl besser wäre aber er tut mir dann auch wieder leid und ich versuche sein Verhalten für ihn zu rechtfertigen ...

  • Außerdem fühlt es sich an als würde man sterben, wenn man sie fallen lässt.
    Es gibt einen Unterschied zwischen Mitgefühl und Mitleid. Mitleid fesselt dich an ihn. An alle, die dich missbrauchen und auch an alles.

    Man stirbt nicht, das kann ich dir versichern, man wächst mit jedem Nein zu ihnen, mit jedem Ja zu sich selbst.

    Aber vorher tut es weh.

  • Ich habe noch das Problem, dass ich keine Gefühle der Wut etc. gegenüber meinem Vater empfinden kann ...das geht nur, wenn ich mir meinen Sohn anschaue und dann denke: So mies hast Du Dich mir gegenüber benommen ....

  • Von Kindern kann man echt viel lernen!
    Du kannst dir also deinen Sohn anschauen und bekommst durch ihn Zugang zu deinen Gefühlen. Das ist doch schon mal was!

  • Puuh, im Buch "vergiftete Kindheit" steht, dass man seine Eltern konfrontieren soll mit den "Problemen", die durch das Verhalten der Eltern entstanden sind. Ich weiß, dass mein Vater so reagieren wird: Ach komm, so schlimm war das doch gar nicht, außerdem hat der Nachbar X viel mehr getrunken und deine Mutter hal alles dramatisiert. Weiter wird er wohl sarkastisch werden, grinsen und das ins Lächerliche ziehen ...er ist der King und alle anderen sind doof ...wie soll dann eine Konfrontation stattfinden? Ich überlege schon, ob ich einen Brief schreiben soll ....ich habe keine Angst vor der direkten Konfrontation, weiß aber auch, dass er die ins Oberflächliche ziehen wird.

  • Hallo Just,

    das verstehe ich nicht. Was sollte dir dann solche eine Konfrontation bringen?

    Ich habe meine Themen erst mal für mich selber bearbeitet. Konfrontation mußte für mich meiner Erfahrung nach gar nicht sein, um wichtige Themen für mich abschließen zu können.

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo liebe Just

    Ich stimme da mit Linde vollkommen überein.

    Ich habe es versucht, vor Jahren. Mit einem Brief. Aber mein Vater hat es nicht verstanden und schliesslich total verdrängt. Es ist mittlerweile so, als wäre es nie passiert. Damals empfand ich es als wichtig. Ich wollte gesehen werden. Aber ich hätte mir damit viel Stress ersparen können.

    Wenn es jemand für wichtig hält, dann soll er ruhig die Erfahrung machen. Ich würde es aber nicht unbedingt empfehlen. Auch wenn ein 'Experte' sowas in nem Buch schreibt.

    Schlaf gut :)
    Liebe Grüsse
    Mia

  • Hi just
    Ich hab das auch mal probiert sogar im Beisein eines Therapeuten.ich bekam die Antwort ich bilde mir daS alles nur ein es war nie was und zum andern ist seine Alkoholsucht schlimmer als meine depris und Angst.ich kann dir nur abraten davon nicht das du enttaeuscht wirst.
    Lg

  • Ich habe gestern mal angefangen, einen Brief zu schreiben. Ich habe das aufgeschrieben, was mir noch so eingefallen ist und was mich beschäftigt. Ich war dann selbst überrascht, in welchem agressiven Ton ich den Brief geschrieben habe ...da schwanz ganz viel Wut mit. Mal schauen, was ich mit dem Brief mache ....

  • Hallo Just,

    solche Briefe habe ich auch geschrieben und sie in mein Tagebuch gelegt. Ich habe alles aus mir rausgeschrieben, auf den Punkt gebracht, sortiert. Da war es auf einmal gar nicht mehr wichtig, daß die Briefe ihren Adressaten erreichten. Ich wollte ja bei den Eltern nichts bewirken nach all den Jahren. Ich wollte das Erlebte für MICH klarbekommen. Und da hat mir das Briefeschreiben sehr geholfen. Die Briefe gibt es immer noch in meinen alten Tagebüchern. Mir ist auch aufgefallen, wieviel Aggression darin zu spüren ist. Aber das ist ja das Gute daran, daß ich über das Schreiben aus meiner passiven Opferhaltung herausgekommen bin und an meine Aggression gekommen bin und sie lernte auszudrücken - ohne daß es im realen Leben Kleinholz gab.

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Wollte Euch mal mitteilen, wie das mit der Konfrontation weiter gegangen ist. Ich habe einen Brief an meinen Vater geschrieben. Dort habe ich mir den Frust von der Seele geschrieben und ich habe gemerkt, wie ich beim Schreiben aggressiv wurde ...den Brief habe ich meinem Therapeuten vorgelesen und ihn dann dort gelassen ....abgeschickt habe ich ihn nicht ...ich habe gefragt, ob Konfrontation was bringen würde ...darauf hin hat mein Therapeut mir das Buch mitgegeben: der Soziopath von Nebenan. Ich solle es lesen und danach entscheiden, ob ich eine Konfrontation möchte ...Buch liegt hier noch aber ich weiss schon, auf was es abzielt ...Soziopathen haben kein Gewissen, lieben nur sich, alle anderen sind dumm, blöd ...

  • Hallo Just,

    wichtig finde ich ist es, die Gefühle überhaupt mal klar formuliert zu haben. Ich habe auch diverse Briefe an meinen Vater geschrieben, aber nie abgeschickt. Das war in Ordnung so.

    Viele Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Just,

    ich kann und möchte mich den "Vorschreibern" anschließen, kommt drauf, welche Erfahrung du wirklich machen möchtest - und was und wie dran ist

    Ich habe einmal was abgeschickt an eine Person - diese hat sich dann, da hab ich schon lang lang nicht mehr an das Schreiben gedacht - bei meiner Mutter bitterlich beklagt - und meine Mutter bekam Angst, dass ich ihr auch solche Post schreibe ... Die Auswirkungen meines Schreibens bei der Person waren äußerst heftig - ich habe das nicht bereut - dass ich diesen Weg in diesem Fall gegangen bin -
    Wäg ab, was für dich passt - alles Liebe und Gute für dich, die WinterSonne

  • Ich glaube, was du da durchmachst, diese Suche nach Anerkennung, ist etwas, was ganz tief in uns verwurzelt ist. Es ist uns vertraut. Wer hat als Kind einer Alkoholikers nicht versucht, Anerkennung zu gewinnen? Irgendwie? Bei mir waren es die Noten, ich habe einen sehr guten Schulabschluss. Früher waren gute Noten, das einzige wofür mein Vater sind interessiert hat. Ich habe das immer so interpretiert, dass er sehr fürsorglich ist, und will, dass ich es mal besser habe als er. Heute weiß ich, dass es ihm emotional nicht möglich war, mir anders 'nahe' zu kommen. Das ist einfach ein Teil seiner Krankheit, zum Teil seiner Persönlichkeit ( :?: )
    Trotzdem bin ich so sehr daran gewohnt, Fürsorglichkeit und Anerkennung bei anderen zu suchen. Vielleicht ist es ein innerer Trieb, einen "Kampf" zu gewinnen. Viele Leistungen in meinem Leben, meine Hilfsbereitschaft, sind mit dem gleichen, eigentlich egoistischen Wunsch nach Anerkennung VON AUßEN verbunden.
    Es ist schwer, sich aus diesem Gefüge zu reißen. Die Konzentration aus sich selbst anzufangen.
    Ich hoffe es gelingt mir und dir, und uns allen ;)

  • Habe jetzt erst alle Beiträge hier durchgelesen :oops: :
    Einen Brief habe ich auch mal geschrieben. War damals zirka 13 Jahre alt. Als Reaktion kam von ihm eine bemitleidenswerte Schilderung seines Lebens, viele Tränen sind seinerseits geflossen. Als Abschluss "Also dagegen finde ich es unerhört und enttäuschend, dass du sowas schreibst!"

    Naja...soviel dazu. Es hat nichts gebracht. Und ich frage mich, ob es überhaupt was bringen soll. Ob es nicht egal ist, wie mein Vater meine Gefühle sieht. Es ist doch wichtiger, wie WIR unsere Gefühle sehen...
    Um Anerkennung, egal ob die meiner selbst oder meiner Gefühle zu bitten, gleicht einen Kampf, den keiner gewinnen kann.

  • Hatte jetzt zwei Monate keinen Kontakt zu meinem Vater. Es ging mir in der Zeit ganz gut. Gestern Abend dann der Anruf: warum ich mich denn nicht gemeldet hätte, ob ich irgendetwas hätte ...ich habe Smaltalk gehalten, seine Probleme angehört und dann das Gespräch nach 20 Minuten beendet. Manchmal wäre es besser, er hätte sich nicht mehr gemeldet ...

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