Mich stimmt es nachdenklich, wenn ich sehe, höre und auch lese wie einige aus ihrer Abstinenz zu ihrem Lebensinhalt machen.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden, ich bin abstinent und habe es auch vor weiterhin zu bleiben.
In der Anfangszeit war sicher auch mein Hauptmerkpunkt die Abstinenz. Mit dem Entzug und der nachfolgenden Therapie und nach der Therapie habe ich ein neues Kapitel in meinem Leben geöffnet in welchem Alkohol und Drogen keinen Platz mehr haben.
Was mich schon in der Therapie nachdenklich gestimmt hat, dass einige Therapeuten quasi den Lebensumständen, den eigenen Unzulänglichkeiten die Verantwortung für die Sucht schieben. In der Umkehrfolgerung würde dies heissen, dass jeder mit einer schwierigen Vergangenheit, mit irgendeiner Unzulänglichkeit Süchtig werden muss.
Ich habe das Glück, dass ich in meinem Bekanntenkreis viele habe, welche nie ein Alkoholproblem hatten und einige von Ihnen auch ohne ein Alkoholproblem abstinent leben. In vielen Gesprächen stellte sich heraus, dass diese auch durch schwierigen Lebensumständen durchgelaufen sind, auch Probleme haben, auch Ihre Höhen und Tiefen haben. Der Unterschied zu mir war einfach, dass sie ihre Sorgen nicht im Drogenrausch und Alkohol ertränkten.
Für mich heisst das auf den Punkt gebracht, ich sehe keinen Grund wieso ich Trinken sollte und auch in der Vergangenheit gab es keinen Grund dafür. Ehrlich gesagt, habe ich mir die Gründe selber gegeben und wenn nötig einen gesucht um zu trinken.
Das Drama von Süchtigen ist, dass viele denken ihre Geschichte sei einzigartig und besonders schlimm. Somit ist auch ihre Abstinenz eine grossartige Leistung.
Ich habe gelernt, dass auch wenn ich schwierige Momente durchlebe, diese im Vergleich zu den anderen nicht schwieriger und dramatischer sind. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich hier leben kann und nicht jeden Tag um meine nächste Mahlzeit kämpfen muss, nicht in einem Kriegsgebiet leben muss, nicht auf der Strasse leben muss und und und... aber auch diejenigen welche wirklich um ihre Existenz kämpfen müssen.. greifen noch lange nicht alle zur Flasche.