Hallo lieber Maik,
ich bin im Angehörigen Forum schon über ein paar deiner Beiträge gestolpert und habe deinen Thread nun mal weitgehend gelesen.
Erst einmal gratuliere ich dir für deine Stärke und deinen Mut, dass du es geschafft hast Verantwortung für dich und dein Leben zu übernehmen und auf dem Weg bist ein selbstbestimmtes Leben zu führen!
Da mein XY ungefähr in deinem Alter ist, fühle ich mich in irgendeiner Weise daran erinnert und fühle mich verbunden. Und deshalb schreibe ich.
Eine Sache schwirrt mir im Kopf. Wenn ich das richtig verstanden habe, bist du nie zu einem stationären Entzug gegangen und hast das alleine gemacht, und hast auch keine psychologische Beratung oder Ähnliches (abgesehen von deinem Arzt (Psychiater?) ) aufgesucht? Sehe ich das richtig, wenn nicht, korrigiere mich gerne
Du schreibst viel von deiner Antriebslosigkeit, depressiven Stimmungen, Wut über die Selbst, kein Vorankommen, etc.
Hast du nie in Erwägung gezogen, eine Psychotherapie zu machen?
Ich spreche aus der Perspektive einer Angehörigen und stelle es mir unglaublich schwierig vor, dass mein XY sozusagen alles "auf eigene Faust" machen würde. Ich finde es schon irgendwie stark und mutig, dass man es macht und so wie du, es auch schafft. Aber ich betrachte es irgendwie auch aus dem Blickwinkel, dass man somit doch irgendwie nicht völlig "kapituliert" (also in Bezug auf den Alkohol) und doch irgendwo dann noch versteckte Hintertürchen sein könnten, in die man hineinfallen kann.
Vielleicht ist das eine falsche Sichtweise von mir, versteh es nicht falsch, in mir spricht sicher auch stets ein Stück Co-Abhängigkeit mit.
Ich für meinen Teil weiß nur, dass ich es in Bezug auf meinen XY so empfinden würden, dass er eben irgendwie "halbe Sachen" macht und es dann kein Wunder wäre, wenn er nicht "so richtig" vorwärts kommt. Wobei es natürlich auch ein langer langer Prozess ist und man weder zu hart noch zu ungeduldig sein darf mit sich
Ich kann über mein eigenes Abhängigkeitsverhalten sagen, dass ich durch Rückzug und Isolation und vor allem dadurch, die DInge nicht offen auszusprechen und sie eher mit mir selber auszumachen, viel eher "rückfäll"-gefährdet war, als wenn ich zum Bsp. bei meinem Psychologen ganz ehrlich ausgepackt habe was meine Co-Gedanken anging. Oder auch hier im Forum. Das hat mir oft geholfen, nicht mehr so viel Angst vor diesen Gedanken zu haben.
Wie gesagt, ich spreche aus meiner Sicht und kann mir vorstellen, wie schwierig es für deine Freundin und Mama sein muss, dich so zu sehen, und es aber dir zu überlassen, was du damit tust. Vor allem auch wegen der Angst um dich und darum, dass du eben in dieser Stimmung rückfällig werden könntest. Ich finde es deshalb auch gut, wenn deine Freundin sich da abgrenzt und bei sich schläft, weil sie es sonst eben "mittragen" muss, das, was in dir drin ist und dich so hindert, nach vorne zu schauen.
Hast du den realen Austausch mit Gleichgesinnten denn mal gesucht? (Ich entschuldige mich, falls ich es überlesen haben sollte)
Weder deine Freundin noch deine Mama können deine Stimmungen beeinflussen, das dürfen sie sogar nicht mal versuchen, klar, in gewissem Maße natürlich, aber da ich mal davon ausgehe, dass beide als Angehörige auch "krank" sind, kann es nicht förderlich sein, wenn sie sich dir nun wieder annehmen würden. Und das weißt du ja sicherlich selbst.
Ich würde mir als deine Freundin aufjedenfall wünschen, dass du nach vorne schaust und dieses Ding anpackst. Ich lese immer wieder, dass der erste Schritt in die Trockenheit im Grunde einfacher ist, als das, was dann danach kommt. Und da bist ja nun.
Du kannst die Vergangenheit und das was war, nicht mehr verändern. Aber eben deine Zukunft. Vor dem zu kapitulieren, gegenüber wem du machtlos bist (Alkohol) das hast du geschafft (Hast wirklich kapituliert?) Erst jetzt hast du doch die Chance dein Leben aus eigenem Willen zu gestalten. Und das liegt allein in deiner Hand. Dass da solche Gedanken wie die auf dem Balkon mit deiner Freundin kommen, ist da ja nur zu verständlich, Silberkralle hat das ja ganz gut verbildlicht
Ich wünsche dir aufjedenfall Kraft und Vor allem Gelassenheit, die Dinge anzunehmen, die du nicht (mehr) ändern kannst, aber eben an die Dinge ranzugehen, die du zu ändern fähig bist.
Mit vielen herlichen Grüßen
Miriel