• Das ist eine bittere Diagnose, Rattenschwanz :(

    Wie man damit umgeht, ist von der eigenen Persönlichkeit abhängig, denke ich.
    Und auch, wie sehr man am Leben hängt. Und auch von den jeweiligen Umständen.

    Aus persönlicher Erfahrung kann ich nur sagen, das Ärzte nicht immer recht behalten und die Hoffnung immer zuletzt stirbt.
    So war es jedenfalls bei mir.
    Mir (bzw. meinen Angehörigen) wurde (nach meiner Entgiftung) gesagt, das ich eine neue Leber bräuchte,
    ich aber erst nach einem halben Jahr Abstinenz überhaupt erst auf eine Transplantationsliste kommen könnte.
    Denn diese merkwürdige Ärztin, die das verkündete, sprach gern über mich, als sei ich gar nicht im Zimmer anwesend. :roll:
    Ich weiß nicht, ob sie nie darüber nachgedacht hat, wie sowas auf einen Patienten wirkt? Jedenfalls nicht gerade mutmachend. :(
    Außerdem sagte sie, das ich wohl lebenslang ein Pflegefall bleiben werde.

    Mit diesen Aussagen wurde ich dann allein zurück gelassen.
    Ich war danach sehr resigniert und fragte mich, wozu dann noch alles ?
    Wenn ich doch eh kaum eine Überlebenschance habe...
    Falls die Ärztin dachte, das so eine Holzhammermethode abstinenzfördernd sein könnte, ist das ein Irrtum, denke ich.
    Glücklicherweise wurde ich bald darauf von der Intensiv auf eine normale Station verlegt.
    Der Stations-Arzt dort sprach dann auch "mit mir" und nicht "über mich".
    Er nahm sich immer etwas Zeit, erklärte mir die gemessenen Werte und was sie bedeuten.
    Und er sprach auch mit mir über meine Alkoholkrankheit.
    Er sagte mir allerdings auch ganz klar, das ich mich unweigerlich in kurzer Zeit tot saufen würde, wenn ich wieder trinken würde.
    Aber er machte mir auch Mut, indem er mich immer gleich informierte, wenn meine Werte sich wieder minimal verbessert hatten.

    Und dann gab es noch den Chefarzt, der sich ab und an die Ehre gab.
    Er war für mich eine echte Autorität und strahlte das auch so aus.
    Er hatte zudem Ahnung von unserer Krankheit, und war nicht nur fachlich sehr kompetent, sondern ebenso menschlich.
    Diese beiden Ärzte waren für mich damals auch ein Glückfall.
    Ich weiß nicht, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn das anders gewesen wäre.
    Und dann gab es noch die Schwestern und den Pfleger, die mir immer wieder Mut machten.
    So habe ich dann diese schwere Zeit irgendwie überstanden.

    Später war ich dann in intensiver Betreuung meiner Hausärztin (Internistin), die ebenfalls sehr kompetent in Sachen Alkoholkrankheit ist.
    Der erzählte ich nach einigen Monaten, was mir im KH wegen einer Spenderleber gesagt wurde.
    Sie war entsetzt und schlug die Hände übern Kopf zusammen und fragte mich, wie es mir denn damit gegangen ist,
    das monatelang so in mir mit rumzuschleppen?? :shock:
    (Ja, nicht gut ist es mir damit gegangen, ist ja klar :cry: )
    Sie sagte dann, das eine Spenderleber ja gar nicht zur Debatte stünde, meine Werte würden sich doch von Mal zu Mal bei jeder Blutabnahme bessern
    und das ich mir darüber erstmal keine Sorgen mehr machen sollte, denn das sei nicht gut.
    Und meine Leber regenerierte sich wirklich, ich hatte nach einigen Jahren wieder fast ganz normale Werte :D
    Es hat aber auch eine ganze Zeit gedauert, da ging nix von heute auf morgen.

    Es kam also bei mir auf mehrere Faktoren an, wie ich mit der Diagnose umgehen konnte.
    Ich wollte gern weiter leben ! Das war mir klar.
    Und ich habe die Hoffnung nicht ganz verloren, das war wohl das wichtigste.
    Dazu kamen 2 gute Ärzte im KH, die sich mit unserer Krankheit nicht nur medizinisch auskannten.
    Ebenso liebes und freundliches Pflegepersonal.
    Dann eine sehr gute weiter betreuende Ärztin.
    Und ich hatte zu jedem Zeitpunkt die Unterstützung meiner Familie.

    Das ist aber nur meine Geschichte und ein anderer mag sich anders entscheiden.
    Und ein anderer hat vielleicht auch nicht so viel Glück wie ich mit den Ärzten (bis auf diese eine inkompetente Tante da), der familiären Situaton etc.pp.
    Und ich bin auch grundsätzlich ein optimistischer Mensch, allerdings nicht zum Zeitpunkt der Dignose, die hat mich auch erstmal umgehauen.

    Jedenfalls ist das einzige, was in dem Fall des Bekannten noch helfen kann, die absolute Abstinenz und dazu braucht er alle Hilfe, die er bekommen kann !
    Schafft er das nicht, hat er keine Chance, so bitter ist das nun mal. :cry:
    Ich drücke ihm die Daumen, das er das schafft und das noch etwas Hoffnung besteht.

    LG Sunshine

  • Hallo Rattenschwanz,

    Zitat

    Würde ich aufhören mit Saufen oder würde ich sagen: Jetzt ist eh alles egal, sauf die paar Wochen, Monate ...(?) weiter und um so schneller ist alles vorbei. Ich weißes nicht.

    aus heutiger Sicht würde ich nicht saufen, dazu habe ich "zu viel" investiert.

    Wie ich den Aussagen meiner Familie und den Arztberichten entnehme ist es eh ein Wunder dass ich noch lebe :shock:

    Da ich wärend der Entgiftung Herzkammerflimmern bekam und reanimiert wurde,

    Krampfanfälle, Thrombose der Halsschlagadern, Atemstillstände........ hatte waren meine Chancen nicht besonders hoch.

    Ich musste künstlich beatmet und ernährt werden und lag die ersten ca. 11 Wochen im Koma.

    Kurz vor meinem Geburtstag wurde ich dann wieder "geweckt", das war der längste Filmriss den ich hatte :lol:

    Am Geburtstag kamen dann die Schwestern und schenkten mit After Shave Balsam, Alkoholfrei :!:

    Auf Grund der schweren Entgiftung ist mir meine trockenheit sehr viel mehr wert wie sie es eh schon ist.

    LG Martin

  • Ich hab das bissl blöd geschrieben. :roll:

    Aus heutiger Sicht wäre saufen - oder in dem Fall weiter saufen - für mich keine Option. So wie saufen auch in Krisensituationen keine Option mehr für mich wäre. Einmal, weil ich - denke ich jedenfalls - in den letzten Jahren ganz gut gelernt habe, ohne Alkohol mit irgendwelchen Krisensituationen umzugehen und auch, weil ich immer mal wieder mit Grauen an die Halluzinationen während meinem letzten kalten Entzugsversuch denken muss. So was will ich nie wieder erleben.

    Irgendwie würde ich versuchen, aus der vermeintlich letzten kurzen Zeit noch das Beste zu machen und das wäre eben nicht das Saufen.

    Alles andere, was ich vielleicht früher mal gemacht hätte, ist Kaffeesatz und Unsinn, da haste recht Hartmut.

  • Gibt es zu dieser Entgiftung einen ausführlichen Bericht? Habe, soweit ich mich erinnern kann, nur kurze Bemerkungen gelesen. Solche extremen Erfahrungen interessieren mich.

  • Hallo Hull,

    ich hatte Hier mal etwas ausführlicher geschrieben.

    Im kompletten Arztbericht stehen zu viele Fremtwörter und Medikamente, das versteht kaum jemand :lol:

    LG Martin

  • Zitat von Martin

    Hallo Hull,

    ich hatte Hier mal etwas ausführlicher geschrieben.

    Im kompletten Arztbericht stehen zu viele Fremtwörter und Medikamente, das versteht kaum jemand :lol:

    LG Martin

    Diese Zusammenfassung hatte ich vor einigen Monaten gelesen, mehr Details wären dennoch interessant.

    Möchte natürlich nicht gängeln, wenn dir danach ist, schreib' doch noch ein wenig mehr. Wie kam es denn genau zur endgültigen Entgiftung; wie war der Zustand; wie sah der Alltag die Wochen vor der Entgiftung aus; gab es noch Freunde oder Bekannte; gab es Hoffnung; gab es noch einen Plan für die Zukunft; war der Entschluss zur Entgiftung aus der körperlichen Not erzwungen oder gab es tatsächlich eine Veränderung in der Denkweise; was sagten die Ärzte zu deinem Zustand?

  • Hallo Hull,

    noch ausführlicher möchte ich nicht darüber schreiben.

    Das sind über 14 Jahre her, ich lebe heute ein anderes Leben.

    Außerdem möchte ich hier keine Horror Storry verfassen, es traut sich sonst niemend mehr in die Entgiftung.

    LG Martin

  • Ich habe gerade etwas bei den Co's geschmökert. Da ging mir durch den Kopf, dass ich – glaube ich jedenfalls – erst so richtig bewusst mit „Probleme weg saufen“ angefangen habe, als ich merkte, dass meine erste Frau fremd ging. Ich wollte nicht, dass sie mich oder ich sie verlasse, konnte es aber auch nicht ertragen, dass sie fremd ging – immer wieder. (Ich will darauf nicht näher eingehen.)

    So und jetzt hab ich mich gefragt, ob es irgendwas an meiner Sauferei geändert hätte, wenn sie mich gefragt hätte, ob sie mir irgendwie hätte helfen können, irgendwas hätte machen können, um mich vom Alk wegzubringen.

    Da kam mir der Gedanke, was wäre passiert, wenn ich gesagt hätte, dass mir helfen könnte, wenn sie nicht mehr fremd gehen würde?

    Ich will’s euch schreiben, was passiert wäre: Nichts wäre passiert. Ich hätte genauso weiter gesoffen wie vorher, es hätte andere Gründe gegeben, die ich hätte vorschieben können. Ich war einfach noch nicht so weit.

    (Jaja, hätte, hätte ... :D )

  • Es gibt sicherlich bei fast allen von uns eine lange Liste
    von Gründen, warum wir getrunken haben.
    Auch ich habe mir das Hirn zermattert,
    wer daran schuld ist, dass ich trinke.
    Mittlerweile denke ich, dass die Schuldfrage absolut unerheblich ist.

    Ich selbst habe mir den Alkohol ins Haus geschleppt.
    Ich selbst habe mir die Flaschen geöffnet.
    Ich selbst habe sie dann leergemacht.
    Und die böse Welt hat mich geliebt,
    indem sie mir Gründe dafür lieferte.

    Auch im trockenen Zustand gibt es Gründe in Hülle und Fülle.
    Ganz heftige sind dabei.
    Die Gründe führen dazu, dass ich nach Lösungen suche.
    Immer wieder finde ich auch keine Lösungen.
    Wieder zu trinken wäre sicherlich auch eine Lösung.
    Nur ist dies keine Lösung, die ich (derzeit?) wählen würde.
    Trocken ist nicht besser.
    Aber besoffen ist es eben auch nicht.

    Viele Grüße
    Correns

  • Ich wollte nicht zum Ausdruck bringen, dass meine Frau daran schuld gewesen wäre, dass ich gesoffen habe. Sinn und Zweck war, zum Ausdruck zu bringen, dass - wie du auch geschrieben hast - irgendeine eventuelle Schuld überhaupt nicht bei anderen zu suchen ist.

    Wie ich geschrieben habe, ich hätte ohne viel Mühe sofort einen weiteren Grund gefunden, um saufen zu können.

    Vielmehr dachte ich an einen Hinweis für evtl. mitlesende Co's darauf, dass sie bei sich nicht nach irgendeiner Schuld für das Saufen des Partners suchen müssen.

  • Servus Rattenschwanz,

    ich musste trinken! Das war der einzigste Grund. Alles andere waren willkommene Anlässe um mich dafür zu rechtfertigen.

    Es mag sein das CO einen gewissen Einfluss ausüben kann, das ein Alkoholiker sich Gedanken macht (aus Verlustängsten) sein Trinkverhalten zu ändern. Aber kein CO kann den Alkoholiker mit seinem Zutun trocken legen.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Karsten hat zu einem anderen Thema geschrieben:

    "Ich bin eh der Meinung, wer einmal besoffen Auto gefahren ist, sollte nie wieder Auto fahren dürfen, ...".

    Meine Meinung dazu ist eine andere, schließlich fahre ich mit Begeisterung wieder Auto und Motorrad - nüchtern.

    Mit dem dürfen ist das so eine Sache, es gibt so viele Menschen, die dürfen kein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen und machen es trotzdem.

    Wer nüchtern fährt, der soll's auch dürfen (Fahrerlaubnis und s. w. vorausgesetzt) - meine Meinung.

    Achtung Wunschdenken bzw. Spinnerei: Nicht mehr können, das wäre der "Hit". Der Alkoholiker der wieder säuft, der dürfte einfach nicht mehr fahren können - Fahrerfahrung, Fahrkönnen, Fahrgedächtnis, Fahrerlaubnis ... alles löst sich beim ersten Schluck in grauen Dunst auf und ist für immer weg :D .

    Denn eins ist sicher - bei mir jedenfalls - wenn ich wieder saufen würde, würde ich irgendwann auch wieder besoffen fahren wenn ich könnte.

  • Ich kann keine Entschuldigung für irgendwas lesen.

    Ich hatte mich früher nicht im Griff wenn ich besoffen war und warum sollte das anders sein, wenn es einen Rückfall geben würde?

    Und nein, ich bin mir sicher, dass ich damit nicht durchgefallen wäre. Selbst Verkehrspsychologen sind Realisten und wissen, dass es durchaus möglich sein kann, dass es Rückfälle gibt. Du weißt das nicht, seltsam.

    Von Vorbereitungskursen zur MPU hab ich viel gehört und gelesen, in einem waren sich alle Schilderungen gleich, es sollte gelogen werden was das Zeug hält. Nicht zugeben wie viel wirklich gesoffen wurde, verharmlosen wo es nur geht ... Und das ist das Gefährliche (Schwierige) an der Sache, eine erfunden, unwahre und zusammengeschusterte Geschichte bei der MPU als die eigene wahre Geschichte zu verkaufen, ohne sich bei unvorbereiteten Fragen zu verheddern.

    Weißt du was, ich bin bei der Wahrheit geblieben und das war gut so.


  • IUnd das ist das Gefährliche (Schwierige) an der Sache, eine erfunden, unwahre und zusammengeschusterte Geschichte bei der MPU als die eigene wahre Geschichte zu verkaufen, ohne sich bei unvorbereiteten Fragen zu verheddern.


    Hallo!

    Genau sahen das meine Therapeuten.Schön bei der Wahrheit bleiben. Wichtig ist, dass der Psychologe eine Veränderung sieht wie z.B. die obligatorischen Haar- und Urintests, eine erfolgreich absolvierte Therapie und anschließende Teilnahme an einer SHG.

    So wurde es mir auch von MPU-Kandidaten aus meiner letzten SHG berichtet, sie haben alle im ersten Anlauf bestanden.

    Ganz schlechte Karten haben Bagatellisierer und Kandidaten, die feierlich geloben, nie mehr zu trinken.

    Wie heißt es so schön: "Ehrlich währt am längsten".

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Hallo Karsten!

    Wichtig ist es authentisch zu wirken und nicht unterwürfig. Es schadet sicherlich nicht zu sagen, man froh sei, dass nichts oder nicht mehr als geschehen passiert sei und man die nötigen Lehren gezogen habe, was ja durch die absolvierten Maßnahmen unterstrichen wird.

    Ist halt eine Gratwanderung.

    So wie Du fragst und schreibst, scheinst du selbst oder eine dir sehr nahe stehende Person von der MPU betroffen zu sein, oder?

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Hallo Karsten!

    Das ist deine persönliche Meinung, die ich in diesem Fall nicht teile. Wer alles getan, um sich aus der Sucht zu befreien, hat m.E. eine Chance verdient. Bei Wiederholungstätern muss man schon zu härteren Maßnahmen greifen.

    Aber das ist Aufgabe des Gesetzgebers.

    Und zu den Anwälten: Berufsverbot §70 StGB. 1-5 Jahre, in schweren Fällen lebenslang.

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Der Führerschein/Fahrerlaubnis steht mir auch dann nicht zu, wenn ich den Verkehrspsychologen bei der MPU von irgendwas überzeugt habe.

    Kein Mensch muss eine MPU machen.

    Und ja, ich bin froh darüber, dass ich im Straßenverkehr keinem Menschen irgendeinen Schaden zugefügt habe - weder besoffen noch nüchtern.

  • Dass Trunkenheitsfahrten mit lebenslangem Fahrverbot geahndet werden sollten, ist für mich eine legitime Sichtweise und zu befürworten.

    Stark zu bezweifeln ist aber, dass diese Konsequenz auch bei allen anderen (grob) fahrlässigen Handlungen, die auf den Alkoholmissbrauch zurückzuführen sind, an den Tag gelegt wird.

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