Hallo,
mein Name ist Marco, ich bin 34 Jahre jung, Handwerker, treibe viel Sport und drehe mich seit Jahren im Kreis
Ich fang mal weiter vorne an: in meiner Jugend, so mit 14-17 war ich polytoxisch. Angefangen hat alles mit einem Joint. Ziemlich schnell nahm ich aus Neugier auch alle möglichen Chemikalien die man sich illegal beschaffen konnte. Alles wurde probiert, nichts war zu hart und so ging es gute 2 Jahre dann weiter. Nach der Trennung von meiner ersten Freundin, bemerkte ich plötzlich, dass ich das alles nicht mehr nur aus Neugier und Spass mache, sondern, dass ich damit versuchte den Schmerz über eine böse Trennung zu verkraften.
Als ich ziemlich am Boden war reichte es mir und ich beschloss "clean" zu leben.
Zwischen meinem 17. und 18. Lebensjahr hab ich dann auch wirklich geschafft NICHTS mehr zu nehmen, ich rauchte nicht mehr, trank keinen kaffee mehr und hae alle Suchtmittel verbannt. Leider auch alle sozialen Kontakte. Es ging mir verdammt dreckig in dieser Zeit und seelisch wurde es einfach nicht besser. Nach 8-9 Monaten clean gab ich dann den Kampf gegen mich selber auf.
Ich begann wieder zu Kiffen und siehe da, plötzlich war ich "glücklich"
Zur gleichen Zeit begann ich wieder Fun Sportarten zu betreiben und in diesen Kreisen gehört es einfach zum guten Ton zu Kiffen und zu trinken. Das passte mir natürlich sehr gut. Alle sind breit und es gilt auch noch als cool.
Anfangs ging das alles ganz gut, man erntete Anerkennung wenn man gut war in seinem Hobby und es war für mich selbstverständlich so zu leben. Glücklich war ich trotzdem nicht wirklich, wieder einmal.
Das Trinken und Kiffen ging dann gute 15 Jahre lang mehr oder weniger gut. Beziehungen kamen und gingen, zerbrachen natürlich am Konsum, aber ich konnte mir ja sagen, dass die Anderen die Schuld haben. Ich war doch einfach nur so sau cool!
Bis ich vor 2 Jahren mit meinem Bruder auf einem Motorrad Treffen war, ich traf Bekannte Leute, hatte "Spass" und trank von morgens bis abends und morgens. Benommen habe ich mich wie immer, also der Lebemann, der keine Probleme kennt und immer gut drauf ist.
Ich war so gut drauf, dass mein Bruder nicht mehr mit mir reden wollte in den Tagen danach. Warum wusste ich, ich war längst nicht mehr gut drauf; Suff und Kiff waren das einzige was ich noch kannte und mein Benehmen wurde immer untragbarer. Tief in mir wusste ich das auch, nur hat mein Bruder den Schalter betätigt, der mich dazu brachte im September 2012 das erste mal zur Suchtberatung zu gehen.
Was sollte ich hier? Ich nehme doch kein Heroin! Ich hatte immer Arbeit, ab und zu auch ne Freundin und ansonsten mochten mich die Leute ja auch.
Die ersten Besuche in einer SHG folgten und ich fing an zu realisieren, dass alle meine Gedanken schon von zig Leuten vor mir gedacht wurden; ach bei mir is es ja nicht so schlimm, ich habe ja Arbeit, ich trink ja nur Bier, kiffen tut jeder usw usw usw
Ich konnte zum ersten Mal sehen, dass das alles eine riesen Illusion war.
Ich hörte auf zu Kiffen und trank auch wirklich ca 3 Monate nichts. Trotz einem gebrochenen Bein ging es mir in dieser Zeit richtig gut, ich war erstaunt was das Leben eigentlich wirklich alles zu bieten hatte. Hatte natürlich auch mit allen Gefühlen zu kämpfen, die ich ja plötzlich wieder hatte.
Ich lernte sogar eine Frau kennen. Übers Internet, wie das heute ja oft passiert
Ich hatte es geschafft! 3 Monate nichts getrunken, attraktive Frau, da kann man sich doch ein Bierchen drauf gönnen!
Innerhalb von wenigen Wochen trank ich wieder regelmässig und das Kiffen war auch wieder da. Mit der Frau ging alles in die Brüche nach nur 7 Monaten und ich war wieder wo ich angefangen hatte.
Aber alles kein Problem; ich lernte die nächste Frau kennen. Der Gedanke zur SHG zu gehen kam mir überhaupt nicht mehr in den Sinn, schliesslich war ich doch begehrt.
Nach nur 2 Monaten war es der neuen Freundin auch zu viel und Sie sagte mir, dass es Ihr zu weh tut mich total abgeschossen in der Ecke liegen zu sehen bei allen möglichen Anlässen.
Das konnte doch nicht sein! Ich wollte doch gar nicht so sein, das wusste ich ja auch tief in mir drin. Es war ein guter Impuls wieder nüchtern zu werden. Ich wollte nicht SO sein!
Wir unterhielten Uns und ich beschloss das Problem wieder anzugehen. Ich konnte und wollte Sie nicht gehen lassen.
Ich schaffe es seit Mitte 2013 immer wieder für ca 6-10 Wochen trocken zu sein, und dann überkommt mich der Saufdruck.
Ich nahm auch Termine wahr, um eine ambulante Entwöhnungstherapie zu beginnen.
Ich will doch so sein wie meine Freundin es gerne hätte!
Nach diesen 6-10 Wochen verliere ich aber die Geduld, ich bin doch trocken, hab ne tolle Freundin, Arbeit also was soll das?!! Warum bin ich denn so rastlos? Warum fühl ich mich leer? Warum treibe ich 4-5 mal die Woche Sport? Warum kommt meine Freundin nicht damit klar, dass ich nicht gut drauf bin manchmal? Die SHG hatte ich schon 3 mal geschwänzt, ich war doch trocken!!
Am 21. Januar nach einem Streit beschloss ich, dass es doch alles sinnlos ist und trank 5 Tage am Stück.
10 Wochen trocken und dann das, ich war deprimiert, sauer, enttäuscht von mir selber, hatte Liebeskummer und nichts half. Den Antrag zur Therapie hatte ich auch kaum noch beachtet, ich hatte doch alles fest im Griff!
Aus allem schlechten entsand jedoch etwas Gutes und ich erkannte, dass ich unbdingt an der Trockenheit aktiv arbeiten muss. Den Therapie Antrag nahm ich wieder in die Hand und bemühe mich im Moment diesen zu vervollständigen. Ausserdem meldete ich mich hier an, um mir noch mehr Anreize, Hilfe und Feedback zu holen.
Vergangenen Montag, dem 27.01. ging ich dann das erste mal seit ca 5 Wochen total deprimiert über mein "Versagen" in die SHG und siehe da: der leitende Psychologe sprach von "Geduld" und dass "jedes Ende einen neuen Anfang beinhaltet" Das gab mir wieder Kraft und Einsicht.
3 Monate trocken sind noch immer nur 1cm Weg von einem Marathon den ich vor mir habe. Das Aufgeben wollen und das "geheilt sein" redet mir immer wieder der Alkohol ein.
Darum bin ich jetzt hier, ich möchte den Kreis durchbrechen. Freundin ist weg und ich merke, dass ich die ganze Zeit nicht "bei mir" war.
Alleine sein ist nicht schlimm, ich möchte einfach endlich bei mir sein, auf mich hören, mich auch mal verwöhnen können, mir vertrauen lernen, meine Entscheidungen aus meiner Mitte treffen und nicht um so sein zu wollen, wie ich glaube, dass andere es gerne hätten.
Ich möchte den Weg zu MIR SELBER finden! Geduld ist mein neues Zauberwort! Dieses Wort erklärt mir so vieles!
Die ambulante Therapie möchte ich sehr gerne machen und hoffe hier auch mal Kraft und vielleicht ab und zu nen Tritt zu bekommen, wenn ich mich wieder in Sicherheit wähne!
So das wars von mir erstmal, vielen Dank an die Leute die das hier möglich machen.