Schuldgefühle nach Konflikteröffnung

  • Eigentlich hatte ich mich hier angemeldet um das Verhältnis zu meiner Herkunftsfamilie zu beleuchten. Nun wird mein erstes Thema von meiner Schwiegerfamilie handeln, weil da gerade etwas ganz akut ist.

    Schiegervater trinkt, -mutter ist Coabhängig, es gibt ein verhätscheltes (Schwager) und ein ständig kritisiertes Kind (meine bessere Hälfte). Das Verhalten meines SV ist hemmungslos, unreflektiert und schwer erträglich und mir ist es nun passiert dass ich da (in meinem Haus) deutlich drauf reagiert habe. Damit habe ich natürlich ein totales Tabu gebrochen, denn in dieser Familie ist das Verhalten des Vaters sakrosankt. Überstürzte Abreise, gehässige Bemerkungen, Androhung von Kontaktabbruch (der natürlich für die Ehefrau gleich mit verhängt wird, das bestimmt sie nämlich keineswegs selbst).

    Jetzt sitze ich sofort wieder da mit Schuldgefühlen, "ich habs kaputt gemacht", "es war ja so schon schwer SM mal zu Besuch zu bekommen", und vor allem die Worte, ich hätte ihn ja noch nie leiden können - finde ich interessant, denn ich merke dass es wahr ist. Und mir peinlich. Es rührt an was ganz altes, dass ich mich für die Wahrheit schäme, und mir den Schuh anziehe dass ich auf keinen Fall in Konflikt mit für mich negativen Menschen gehen darf.

    Dann sind da noch die Schuldgefühle weil es durchaus zu einem "Mutterentzug" kommen kann, das ist eine sehr beliebte Waffe meines SV. Da das ja primär die leiblichen Kinder betrifft, die ohnehin schon vom Vater eifersuchtsbesetzt sind, bin ich schon etwas im Zweifel ob das so richtig war.

  • Hallo LeMa,

    Willkommen bei uns im Forum.

    es war in deinem Haus, und dort geht es nach Deinen Spielregeln.
    Natürlich hast du ein Tabu gebrochen, du warst die erste die kein "Mäntelchen" mehr über das Verhalten des Schwiegervaters deckt.
    Ich finde damit bist du aus dem Kreis der COs um ihn herum, erst einmal ausgebrochen.
    Das ist fast eine Revolution, in einer Familie wo sonst vielleicht nur vertuscht und die das Verhalten deines SV toleriert wird.
    Ich sehe es als einen wichtigen ersten Schritt. Ich habe mich damals genauso gefühlt, als ich die Karten auf den Tisch gelegt habe und darüber gesprochen habe, das mein XY säuft.
    Die Reaktion deines Schwiegervaters ist normal, so reagieren nasse Alkoholiker, wenn sie in ihre Schranken geiwesen werden.
    Helfen kannst du ihm aber nicht, solange er sein Problem nicht sieht.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Morgenrot.

    Ja, ich weiss wohl dass ich ihn nicht ändern kann, aber ehrlich gesagt geht es mir auch gar nicht darum. Er ist mir so unsympathisch dass es mir im Grunde egal ist was er macht.

    Meine Stimmung bezieht sich eher darauf, dass dieser Konflikt auch liebe Menschen betrifft, gegen die er jetzt einen Hebel ansetzen wird. Es fällt schwer, mit anzusehen dass die befürchteten Sanktionen, wegen denen man sich immer zurück genommen hat, tatsächlich eintreffen. Er ist sehr nachdrücklich darin, den Kontakt jetzt zu unterbinden und das tut mir für die anderen sehr leid weil es ohnehin schon sehr "rationiert" ist.

  • Hallo LeMa,

    Zitat

    Er ist sehr nachdrücklich darin, den Kontakt jetzt zu unterbinden und das tut mir für die anderen sehr leid


    das kann ich gut verstehen, ein nasser Alkoholiker hat eine große Macht über seine COs, das habe ich selbst erlebt.
    Das weitere liegt leider nicht in deiner Hand. Vielleicht hast du aber etwas angestossen und deine Schwiegermutter findet auch die Kraft gegen ihn aufzustehen und sich seinem Diktat zu entziehen.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo lema,

    in aller Kürze:
    Auch die lieben Menschen, die COs, haben es in der Hand, ihr Leben selbst zu bestimmen.
    Wenn sie sich einem Alkoholiker "unterwerfen" wollen, ist das auch eine art Entscheidung.

    LG girasole

  • Vielen Dank für Eure Antworten.

    Mittlerweile verlagert sich das ganze. Es werden SMS und lange Mails hin und her geschickt, aber nicht an mich (die konkrete Übeltäterin), sondern "über Bande".

    Darin kommen viele Dinge zur Sprache, die meine Reaktion zwar zum Vorwand nehmen, die aber viel viel älter sind als meine Bekanntschaft mit dieser Familie. Kurz gesagt: ich habe in ein Wespennest gestochen, die Biester schwirren jetzt überall herum, aber mich spricht direkt natürlich keiner an - wohl weil sie jetzt ahnen dass ich die falsche Adresse bin und mit unbequemen Beobachtungen antworten könnte.

    Ich ertappe mich dabei, wie ich eine Antwort geben möchte, denn sie argumentieren ja wieder mit den alten Lebenslügen die teils auf sehr haarsträubenden Prämissen beruhen (z.B. dass die Kinder es dem Vater ja schon immer so schwer gemacht haben - schon als Säugling quasi...auf dieser verdrehten Ebene befindet sich das ganze). Was ich am liebsten nochmals zurückweisen möchte. Bin aber selbstkritisch genug, um mir das genau zu überlegen. Macht es Eurer Erfahrung nach Sinn, sich nochmals kurz und knapp zu erklären, ohne den Eifer des Gefechts? Denn andererseits denke ich, es ändert ja ohnehin nichts, wir werden uns dadurch nicht sympathischer. Allenfalls könnte es noch ehrlicher werden: ich akzeptiere Eure Lebenslügen immer noch nicht, und Ihr wollt mich umso weniger wiedersehen. Schwierig wird es außerdem dadurch, dass sie nur Ihre Kinder volltexten und mich wie gesagt nicht direkt konfrontieren.

    Bin gerade etwas ratlos, merke aber schon durch das Schreiben dieses Beitrages, dass ich dabei womöglich bloß Energie verschwende.

  • Hallo lema,

    nimm deinen letzten Gedanken ernst, deine Intuition scheint gut zu funktionieren, und du tust gut daran, dich danach zu richten.
    Verschwendete Energie.

    ich nenne es gerne "Nebenkriegsschauplätze eröffnen".

    LG girasole

  • Hallo LeMa,

    tja, da kommst Du also daher, konfrontierst die Sippe mit ihren Lebenslügen, bist bass erstaunt, dass Dir Niemand Recht gibt "Ja, das stimmt, so haben wir das noch gar nicht gesehen" oder so .... und jetzt, wo die Wespen schwirren, möchtest Du zumindest eine Möglichkeit, Dich zu erklären, dass Du doch im Grunde nur die Wahrheit gesagt hast, etc. pp.

    Nein, solange in der Sippe alle mitspielen, inclusive Deines Partners, wirst Du da nix ausrichten können, die Rolle des Buhmanns ist Dir vorab sicher, egal, was Du tust.

    Ich habe das genau so auch durch, und schlussendlich war die totale Funkstille das Beste (für mich). Aber sowas von total, ich bin noch nicht mal an Weihnachten zum Essen mit, obwphl SchwieMu nur 20 Meter entfernt gewohnt hatte. Auch habe ich "die Familie" innerhalb meiner damaligen Partnerschaft nicht thematisiert, wollte nix hören, habe nichtskommentiert, wollte meinen Partner nicht mehr dazu bringen, dass er endlich sieht ....

    Wie Du Dir vorstellen kannst, ist sowas aber eine ziemliche Belastung einer Partnerschaft. Versuche doch, Deinem Partner nicht klar zu machen, dass seine Family (die er ja doch trotz allem wohl liebt) der letzte .... ist, sondern versuiche ihm verständlich zu machen, dass Du Dich rausziehst und weshalb.Und dass Du auch kein Empfänger für "Banden-Botschaften" mehr sein willst.

    Einfach ist so was trotzdem nicht, ich bin damit aber besser gefahren, als vorher. Es ist Sache Deines Partners, sich da auch zu positionieren. Zum Beispiel nicht ziulassen, dass mit/vor ihm schlecht über Dich gesprochen wird ..... aber ebenfalls nicht zulassen dass Du schlecht über "die" redest.
    Alles Andere ist wirklich Energie verschwendet.... und wird Dir gewiss nicht gedankt. Im Gegenteil.
    Grüsse, Lindi

  • Hallo lema

    Muß gerade etwas schmunzeln, nicht weil das Thema lustig wäre ,aber so als ,,Zuschauer,, wenn die Meute sich selbst zerfleischt............der Vergleich mit dem Wespennest kommt da wohl schon gut hin.
    Lehn dich zurück und warte ab was weiter passiert ,du kannst ja immer noch eingreifen,aus deiner jetzigen Position hast du doch einen prima Überblick darüber wie die Verhaltensweisen in dieser Familie sind und nach dem ersten Aufruhr siehst du halt weiter.
    LG R..

  • Wollte noch mal rückmelden. Es herrscht Funkstille zwischen SV und mir, aber eher im Sinne von Burgfrieden. Die Hektik hat sich gelegt.

    Alle anderen reden wieder miteinander und auch mit mir, und die Sache scheint praktisch abgehakt.

    Rückblickend bin ich heilfroh, mich nicht auch noch groß erklärt zu haben. Ich denke, dass der Vorfall schlichtweg genutzt wurde um verfrüht abzureisen, da er sowieso das meiste an und bei uns nicht leiden kann, und nur notgedrungen mitkommt um seine Frau zu kontrollieren. Insofern konnte er den ungeliebten Besuch abbrechen, endlich heim zu seinen Vorräten, und ich war lediglich Mittel zum Zweck in der Situation. Daher ist es jetzt auch kein relevantes Thema mehr.

    Interessanterweise merke ich kaum einen Unterschied, da wir uns eh nie viel zu sagen hatten.

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