Wie gehe ich meine Heilung an?

  • Hallo Lisa,

    erstmal herzlich willkommen hier im Forum! :D

    Mir sind auch erst mit dem räumlichen Abstand (Kontakt habe ich noch) bewusst geworden, dass in meiner Familie und auch mit mir selbst etwas nicht stimmt, dass meine familiäre Situation und meine Entwicklung, sag ich mal, nicht normal sind.

    Auch ich habe noch nicht so oft mit anderen über den Alkohol in meiner Familie geredet. Ich finde es gut, dass du das Schweigen darüber brechen möchtest! Es ist ein wichtiger Schritt. Ich kann verstehen, dass du diesen Schritt erstmal mit jemanden gehen möchtest, dem du vertraust, den du kennst.
    Besteht denn in naher Zeit die Möglichkeit, dass ihr euch treffen könnt? Wäre ansonsten auch Telefonieren für dich eine Möglichkeit? Es ist zwar etwas anderes, als wennn man sich persönlich sieht, aber vielleicht ist das zumindest eine Alternative, wenn das Treffen in naher Zukunft nicht klappen sollte.

    Ansonsten ist es schon mal ein guter Schritt, dass du dich hier im Forum angemeldet hast. Hier kannst du dich mit Menschen austauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

    Mich hat das Forum bei meiner Entscheidung unterstützt, eine Therapie zu machen. Gestern habe ich bei meinem Hausarzt angerufen und mir einen Termin für nächste Woche geben lassen, um mich über eine psychologische Psychotherapie zu informieren. Außerdem habe ich mich im Internet schon mal darüber informiert, welche Therapeuten eventuell für mich in Frage kommen.

    Ansonsten wurde mir von Zoi auch eine entsprechende Hotline zur Beratung empfohlen. Vielleicht wäre das ja auch was für dich. Du würdest dort zwar mit niemand Bekanntem reden, aber es wäre auch noch keine Therapie, auf die du dich festlegen würdest.

    Auch Selbsthilgegruppen für Angehörige von Alkoholikern gibt es, die dir eventuell helfen können.

    Am besten überlegst du einfach mal, womit du dich am wohlsten fühlst.

    Du kannst auch jederzeit die Dinge, die dich beschäftigen, hier aufschreiben. Mir hat der Austausch hier, wie gesagt, schon geholfen.

    Liebe Grüße und alles Gute, Toru-Chan

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  • Hallo Lisa,

    ich weiß ganz genau, wovon du schreibst!
    Meine Eltern waren beide Alkoholiker, und ich habe als Kind sehr darunter gelitten.
    Ich bin so erzogen worden, dass ja nichts nach draußen getragen wird. Aufgrund dieser
    Erziehung und natürlich aus Scham habe ich sehr lange nicht darüber und über andere
    schlimme Dinge gesprochen. Als Jugendliche hatte ich eine sehr enge Freundin, der ich
    ansatzweise davon erzählte. Einen Hauch dessen, was ich erlebte, sozusagen. Aber
    auch dieses bisschen half mir. Es war ein kleines Ventil.
    Man trägt irgendwie eine schwere Last mit sich rum. Ich habe sie viel zu lange getragen,
    bin selber alkoholkrank geworden und konnte diese Last eigentlich erst letztes Jahr los werden!
    Ich hatte/habe therapeutische Hilfe dafür in Anspruch genommen.

    Du bist noch jung. Je eher du dir hilfst bzw. helfen lässt, desto besser!

    Liebe Grüße
    Seidenraupe

    Seidenraupe

  • Liebe Lisa,

    ich bin selber EKA, schreibe aber eigentlich nicht im offenen Bereich. Als ich aber gerade gelesen habe, was du geschrieben hast, war es mir ein Bedürfnis, dir zu antworten.

    In einer richtigen Therapie wird man nicht ausgequetscht! Gute Therapeuten gehen ganz behutsam vor und unterstützen dich und das, was du möchtest!

    Du kannst dir Therapeuten auch erstmal ansehen, die KK zahlt bis zu fünf Sitzungen bei zugelassenen Therapeuten, ohne dass ein Therapie-Antrag gestellt werden muss. In diesen sog. probatorischen Sitzungen könntest du "schnuppern", ob es etwas für dich wäre. Wenn du merkst, du kommst mit dem Therapeuten nicht klar, kannst du einen anderen aufsuchen.

    Es ist wirklich wichtig, dass die Chemie stimmt. Schließlich redet man über sehr intime Dinge und das geht nur, wenn gegenseitige Sympathie und natürlich Vertrauen herrschen.

    Liebe Grüße
    Fleur

  • Hallo Lisa,

    ich kenne diese Angst auch. Und ich bin auch immer noch etwas ängstlich, wenn ich an die Therapie denke. Aber gleichzeitig freue mich darauf. Denn ich erhoffe mir davon, dass es danach besser wird. Mag sein, dass es während der Therapie schlimm ist. Aber das sind ja nur Sachen, die eh schon unter der Oberfläche ruhen. Wenn man sie nicht behandelt, gehen sie nicht weg, sondern werden vielleicht sogar schlimmer. Daher habe ich mich für die Therapie entschieden, auch, wenn ich Angst davor habe, was dabei alles an die Oberfläche kommt und auch, wenn es mir sehr unangenehm ist, vor anderen zu weinen...

    So weit meine Gedanken dazu, die ich mir in den letzten Tagen gemacht habe.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

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  • Liebe Lisa,

    Willkommen im Forum :)

    Ich verstehe deine Angst sehr gut, vorallem wo du diese ätzende "Therapie"-Erfahrung machen musstest!
    Meine erste Berührung mit dem Thema war auch schrecklich. Ich war etwa 13 Jahre alt und wurde zu dem besten Freund meines Stiefvaters geschickt, um "therapiert" zu werden. Das war leider zu Zeiten, in denen der Begriff Psychotherapeut noch nicht gänzlich geschützt war und deshalb durfte sich dieser Mensch so schimpfen. Also saß ich 3 (!) Stunden bei diesem Menschen, der mir erzählte wie schwer die Kindheit meines Stiefvaters gewesen wäre und dass ich doch deshalb Verständnis haben müsste etc.
    Es war wirklich die Hölle, es hatte mit Therapie und Hilfe garnichts zu tun und diente nur dazu, mir Informationen zu entlocken und mich noch weiter einzuschüchtern.
    Du kannst dir sicher vorstellen, dass das Thema danach für mich komplett abgeschlossen war!
    Irgendwann war aber mein Leidensdruck so groß, dass ich mit 15 einen neuen Versuch gestartet habe. Das war das Beste für mich und ich habe bis heute viel davon mitnehmen können! Meine Therapeutin war klasse, dort wurde nichts aus mir rausgequetscht, alles ging in meinem Tempo und es tat gut, mit jemandem zu sprechen, der nicht urteilt!

    Was ich dir damit sagen möchte ist: Manchmal lohnt es sich, eine schlechte Erfahrung dadurch abzuhaken, dass man sie durch eine gute ersetzt :)

    Du kannst hier offen reden, hier wird es niemanden geben, der dich verurteilt oder vor dem du dich schämen musst!

    Vielleicht magst du ja noch ein bisschen was von dir erzählen?

    Liebe Grüße,

    Zoi

  • Hallo Lisa,
    erzähl ihm davon! Wenn es wirklich die einzige Perosn ist, der du es derzeit anvertrauen möchtest.. ich würde auch nicht monatelang warten. Klar, bespricht man sowas lieber persönlich, aber ich würde es einfach schreiben (je nachdem auf welche Art ihr normalerweise kommuniziert). Das hat den großen Vorteil, dass es einem nicht so schwerfällt es endlich rauszukriegen, man auf den passendne Moment wartet und sich dann verabscheidet und sich doch nicht getraut hat. Und du brauchst keine Angst haben vor ihm heulen zu müssen (wobei das natürlich auch nicht schlimm wäre).
    Es hilft ungemein nicht mehr so ein riesen Geheimnis daraus zu machen. Das nimmt dem Ganzen ein wenig das Bedrückende.
    Mir hat es auch etwas geholfen mir bewusst zu machen, nicht die Einzige zu sein. Als ich noch zur Schule gegangen bin, habe ich mal gehört, dass jedes 15. Kind mind. ein alkoholkrankes Elternteil hat. Das hieß bei meinem Jahrgang mit ungefähr 90 Schülern, dass noch fünf andere den gleichen Hintergrund haben.

    Und das mit der Kaltherzigkeit kenne ich auch nur zu gut.. ich habe meinen Eltern jahrelang gesagt, dass ich, wenn sie so weitermachen, ausziehe und sie mich nie wieder sehen. Kurz bevor ich dann auszog hat meine Mutter wie aus dem Nichts aufgehört zu trinken (bei meinem Vater wurde es danach dummerweise schlimmer). Aber ich habe schon vor Jahren (unter anderem in diesem Forum) gelernt: Kümmere dich um dich selbst. Sieh zu, dass es dir gut geht und gehe auf Abstand. So wie es jetzt bei mir ist, ist es okay. Aber ich würde meine Mutter vermutlich auch nicht großartig vermissen. Die Besuche jetzt sind auch eher aus Pflichtbewusstsein. Oder wenn ich mir denke, dass ich jetzt Lust auf einen Besuch hätte, bereue ich es meist ganz schnell wieder und bleibe nicht lange (nur weil jemand nicht mehr trinkt heißt das leider nicht, dass alles gut ist). Von daher: Nein, du bist nicht kaltherzig. Wenn dir der Abstand gut tut, ist es gut so. Und wie sollte es auch anders sein? Wenn deine Mutter nie genug mütterliche Liebe für dich übrig hatte, wie sollst du sie dann jetzt als Mutter schätzen und lieben.. Ich würde nur darauf achten, dass es dich nicht verbittert, gar keinen Kontakt zu deiner Mutter zu haben.

    Liebe Grüße
    Ina

  • Liebe Lisa,

    es freut mich, dass dir meine Worte ein bisschen geholfen haben :)

    Ich sehe dich nicht als kaltherzig. Es klingt eher danach, als wäre deine Mutter nicht wirklich warmherzig mit dir umgegangen?
    Vielleicht ist es auch eine Art Schutzfunktion von dir, die dir hilft, dass sie dich nicht mehr runterziehen kann?
    Deshalb freut es mich für dich, dass du dich ohne miese Gefühle abkapseln konntest :)

    Ich finde auch, dass es gut tut mit vertrauten Menschen darüber zu sprechen! Zu deiner Aussage, dass du dir noch nicht vorstellen kannst, mit einer vollkommen fremden Person zu reden kann ich dir nur meine Erfahrung sagen:
    Der große Vorteil an diesem fremden Menschen ist u.a.: Er wird dich, EGAL was du sagst, niemals verurteilen oder beurteilen. Du hast dieser Person gegenüber nichts zu verlieren und brauchst dich selbst für deine geheimsten Gedanken nicht zu schämen. Du musst dein Selbstbild vor anderen dort nicht wahren. Das finde ich sehr positiv :)
    Vorraussetzung ist natürlich, dass die Chemie stimmt!

    Liebe Grüße!

  • Hallo Lisa,

    herzlich willkommen hier :)
    Gut, dass du den Weg ins Forum gefunden hast.

    Die (positiven) Gefühle für deine Mutter sind mit Sicherheit in dir, allerdings tief vergraben. Es gehört zur Heilung irgendwann zu erkennen, dass man sehr ambivalente Gefühle zum betreffenden Elternteil hat und dass das ok ist. Ich darf ihn lieben, denn er ist nunmal ein Elternteil und eine Wurzel. Und es darf auch Wut geben, wenn das Elternteil einen verletzt, im Stich lässt oder anderes.
    das fällt oft schwer, man denkt oft, man müsste sich "entscheiden" bzw naturgemäß ist es nicht leicht, so verschiedene Charakterzüge in einem Menschen zu vereinen.

    LG girasole

  • Liebe Lisa,

    Das ist wirklich eine schlimme Erinnerung mit den Eltern deiner Klassenkameradin... Weißt du, wenn ich es so von außen betrachte finde ich, dass in der Geschichte eine Sache hätte anders laufen sollen: Diese Eltern hätten mal mit dir sprechen sollen, vielleicht mal fragen wie es dir da so geht...
    Aber das ist vorbei. Du hast keinen Stempel auf der Stirn, du bist nicht gebranntmarkt für die Dinge, die deine Mutter getan hat!
    Du bist deine eigene Person, vollkommen unabhängig von deiner Familie :)
    Lass dir Zeit, du kennst dein Tempo am besten.
    Mir hat das Buch "Familienkrankheit Alkoholismus" sehr geholfen, es war wie eine Kopie meiner Gefühle und Gedanken! Kann ich dir wärmstens empfehlen :)

    Es freut mich sehr, dass dir das Forum hilft! Mir hilft es auch unheimlich...
    Hier darfst du DU sein und du brauchst dich nicht zu schämen.

    Liebe Grüße!

  • Hallo Lisa,

    Schön, dass du dir das Buch besorgt hast - mir hat es sehr geholfen, mich nicht mehr wie ein Alien unter Menschen zu fühlen!
    Es freut mich auch, dass es dir etwas besser geht.
    Ja, das ist ein weiter Weg - ich stehe ja auch noch fast am Anfang... deshalb finde ich es gut, dass du dir kleine Ziele setzt.
    Vielleicht magst du ja, wenn du dich jemandem anvertraut hast, erzählen wie es dir danach und damit geht?

    Würde mich freuen!

    Ganz liebe Grüße,
    Zoi

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