• Hallo,
    ich weiß nicht genau wie ich ausdrücken soll, was mein Anliegen ist.

    Ich bin 38 habe 4 Kinder und bin mit meinem Leben eigentlich sehr zu frieden ...
    Eigentlich ...

    Mit meinem Mann bin ich seit 5 Jahren zusammen und wir haben zwei gemeinsame Kinder.
    Als wir uns kennen lernten war er jeden Abend betrunken. Manchmal so stark, dass ich ihn ins Bett bringen musste. Er hatte eine Wirtschaft und war selbst sein bester Gast.
    Ich habe mich dann den Rest des Abends um das Geschäft gekümmert und irgendwie war das für mich auch alles in Ordnung. Woran es lag? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mehr. Dummerweise habe ich mit seinen Freunden über das "Problem" gesprochen aber es wurde immer abgewunken.
    "So schlimm ist es doch gar nicht."
    Irgendwann gaben wir die Wirtschaft auf und er machte eine Ausbildung. Ich wurde schwanger, seine trinkerei weniger.

    Soweit so gut.

    Irgendwann folgte dann unser zweites Kind. Alles im grünen Bereich. Er trank weiter, aber nur Abends. Leider bis zu 12 Flaschen.
    Irgendwann nervte es mich. Aber nicht weil er ausfällig oder aggressiv wird, nein, weil er dann redselig und kuschelbedürftig ist.
    Ich möchte abends gerne meine Ruhe haben und nicht permanent mit den selben Dingen zugetextet werden.

    Ich muss dazu sagen, das Einzige was mich wirklich stört ist die Bierfahne.
    Ich habe ihm nie Bier besorgt oder es vor meiner Familie oder Freunden verheimlicht.
    Arbeiten geht er sehr gewissenhaft sogar mit grippalen Infekt oder sonstigen Schmerzen.

    Nun geht es um genau diese Schmerzen. Er hat festgestellt, dass wenn er abends kein Bier trinkt (er trinkt nur Bier) diese Nacken und Rückenschmerzen am nächsten Tag nicht mehr hat.

    Er war dann beim Arzt und hat zum ersten mal das Wort Alkoholiker in den Mund genommen. Der Arzt nahm Blut ab (Werte vollkommen im grünen Bereich) und empfahl ihm eine Stationäre Therapie von maximal 8 Wochen.


    Und jetzt kommt mein Problem: Er hat Angst seinen Job zu verlieren. Sein Job ist sein ein und alles. Ohne Arbeit geht er ein. Ich muss dazu sagen, er ist die ganze Woche auf Montage. Wir sehen uns nur am Wochenende.
    Unsere beiden Kinder sind sehr anstrengend. Ich brauche seine Unterstützung am Wochenende um nicht selbst irgendwann in einer Einrichtung zu landen.
    Ich trinke abends auch gern mal ein Glas Wein, auf das müsste ich dann verzichten wenn er trocken werden will oder es dann ist.
    Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es ist, wenn er kein Bier trinkt.
    Er spricht davon trocken werden zu wollen, nur ich kann es ihm nicht glauben und sage das auch. Dann wirft er mir (natürlich) vor ich würde nicht an ihn glauben.
    Wie kann ich ihn da unterstützen? Ich bin leider ein unheimlicher Pessimist. Ich glaube es erst dann wenn ich es sehe. Aber mit meiner Negativeinstellung ist ihm doch auch nicht geholfen.
    Ich hasse Veränderungen und so ist ja auch alles gut. Bis auf den gesundheitlichen Aspekt. Natürlich will ich das es ihm besser geht. Aber ich habe das Gefühl, dass ich ihm im Wege stehe...
    Oder soll ich Denken, wenn er es wirklich will schafft er es auch alleine?

    Sorry für den langen Text, aber ich bin so Ratlos. Wo fängt die Hilfe an und wo ist sie Kontraproduktiv?

  • Hallo Vollzeitmami & Willkommen im Forum! :D

    Zu dem von dir Aufgeführten fällt mir einiges ein. Ich halte das mal stichpunktartig fest, weil in deinem Text sehr viel steht & vieles davon einer gründlicheren Betrachtung bedarf.

    Zuallererst: Dein Mann war beim Arzt & hat selbst das Wort Alkoholiker in den Mund genommen. Das finde ich sehr wichtig, zeigt es doch auf, dass bei ihm ein gewisser Veränderungswunsch besteht.
    Daraus folgt nun aber keineswegs, & das wird gerne von Alkoholikern missverstanden, dass du oder ein jemand anderes diesen Veränderungswunsch umzusetzen hat.

    Die Idee mit der "maximal achtwöchigen Therapie" ist im Grundsatz nicht schlecht, aber erst 1x nur so in den Raum gestellt. Eine Therapie braucht nämlich eine Vorbereitung, einfach so in die Klinik gehen & los legen wie bei einer Blinddarm-OP ist wenig sinnvoll.

    Dass die Blutwerte okay sind, belegt nur, dass der Körper noch nicht so kräftig angegriffen ist. Meine Blutwerte waren auch immer im Bereich des akzeptablen, trotzdem war (& bin) ich Alkoholiker.

    Für dich ist wichtig, dass du dich zuallererst um dich kümmerst. Du kannst für ihn nicht trocken werden. Formuliere ganz konkret deine Bedürfnisse, auch ihm gegenüber.

    Wenn der Partner in einer Beziehung trocken wird, ändert sich auch die Beziehung. Das kann sehr anstrengend werden.

    Deinem Partner würde ich den regelmäßigen Besuch einer Selbsthilfegruppe anraten, die natürlich hier nicht sein kann. Das ist nämlich jetzt deine SHG. Ihr braucht getrennte Räume.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Vielen Dank für deine nette Antwort.

    Was meinst du mit Vorbereitung?
    Ich habe mich mit dem Thema nie richtig auseinander gesetzt, da es mich persönlich ja nicht so gestört hat.

    Das nach einer erfolgreichen Therapie (sagt man das so?) eine Ehe in die Brüche gehen kann habe ich bei Bekannten erlebt. Davor habe ich auch etwas Angst.

    Man muss ja sein komplettes Leben umgestalten.
    Ich möchte ihn halt nicht mit meinem Pessimismus runter ziehen. Und ihm nicht das Gefühl geben nicht dahinter zu stehen. Also das Thema am besten totschweigen?
    Ihm nur sagen, dass ich da bin wenn er meine Hilfe braucht?

    Er sagte mal ich soll ihn vom Bierkauf abhalten. Aber das geht ja gar nicht. Ich kann ja schlecht im Laden eine Diskussion anfangen.
    Ich denke da muss er selbst durch. Entweder er ist so stark und schafft es selber nichts zu kaufen oder halt nicht.

  • Liebe Vollzeitmami,

    ja, du kannst ihm sagen, dass du ihn unterstützt, wenn er es ernst meint mit dem Trockenwerden.
    Aber Wege und Entscheidungen kannst du ihm da nicht abnehmen, es ist sehr wichtig, dass er das alleine und selbstverantwortlich machen kann.

    Ich bin ja in zweiter Ehe inzwischen mit einem trockenen Alkoholiker, Dante, glücklich verheiratet. Er war aber schon trocken, als wir zusammen gekommen sind. Er hat da seine Bedingungen gestellt, als wir zusammen gezogen sind. Unser Haushalt ist alkoholfrei, das ist ihm sehr wichtig. Feiern sind hier alle ohne Alkohol, auch unsere Hochzeit 2011. Ich koche nicht mit Alkohol (hab ich eh nie gemacht), all sowas. Ich kann Alkohol trinken, wenn ich mal ausgehe, aber eben nicht zu Hause. Eine Alkoholfahne würde ihn aber stören...

    Ich habe also freiwillig ein ebenso trockenes Leben angefangen, wie er das tut. Das ist meine Art der Unterstützung. Ich achte darauf, dass ich beim Einkaufen nichts mit Alkohol kaufe, Keinen Eierlikörkuchen mehr backe usw. Wir können auch offen über unsere Gefühle reden, im Bezug auf seine Sucht und meine Coabhängigkeit, die ich in erster Ehe gelebt habe, das ist sehr wichtig. Wobei wir natürlich auch über alles andere offen reden...

    Aber ich kontrolliere ihn nicht und er muss selbst für sich sorgen, für seine Trockenheit. Das kann und darf ich ihm nicht abnehmen. Also wenn wir essen gehen zum Beispiel sagt er selbst, dass er keinen Schnaps vom Haus haben möchte. Wobei - inzwischen sagt entweder er das oder ich "wir trinken keinen Alkohol".

    Ich habe durch das alles selbst ein zufriedenes und glückliches Leben erreicht.

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Ich nehme ihm nichts ab. Keine Entscheidung, kein einkaufen. Ich kontrolliere ihn nicht.
    Weil es mir wirklich egal ist.
    Ich habe ihm gesagt er ist alt genug und muss selbst wissen was für ihn gut ist und was nicht.

  • Hallo Vollzeitmami,

    ich verstehe das (oder Dein) Problem nicht so ganz.

    Du schreibst unter anderem:

    Zitat

    Ich muss dazu sagen, das Einzige was mich wirklich stört ist die Bierfahne.
    .....
    Ich hasse Veränderungen und so ist ja auch alles gut

    Ja mei, gegen die Fahne kann er ja n Pfefferminz lutschen.
    Und wenn Du Veränderungen so scheust, dann alss doch einfach alles so, wie es ist.

    Zitat

    Ich nehme ihm nichts ab. Keine Entscheidung, kein einkaufen. Ich kontrolliere ihn nicht.
    Weil es mir wirklich egal ist.
    Ich habe ihm gesagt er ist alt genug und muss selbst wissen was für ihn gut ist und was nicht.


    Also scheinst Du ja auch nicht Co-abhängig zu sein. Dann ist doch alles prima !
    Oder etwa doch nicht?

    Dieses Forum richtet sich ja an Alkoholiker(innen), was auf Dich ja nicht zutrifft.
    Und an CO-Abhängige.
    Eine Co-Abhängigkeit liegt ja bei Dir auch nicht vor.
    Was für eine Hilfe oder Unterstützung schwebt Dir denn seitens dieses Forums so vor?
    Es ist doch soweit alles paletti bei Euch, und ein paar gesundheitliche Zipperlein hat ja jeder mal...

    Jetzt mal Butter bei die Fische !
    Du hast Dich doch hier nicht vorgestellt und um Freischaltung gebeten, weil alles bei Euch so super läuft, nicht wahr? 8)
    Ich zumindest habe das Gefühl, das einiges so gar nicht toll bei Euch läuft, aber vielleicht irre ich mich ja auch :wink:

    LG Sunshine (Alkoholikerin, trocken)

  • Mir ging es eigentlich nur darum Tipps zu bekommen ob und wie ich ihn bei seinem Vorhaben unterstützen kann, bzw. soll.
    Aber ich habe jetzt schon viele hilfreiche Antworten bekommen.
    Das Thema ist sehr komplex und es überfordert mich ein wenig. Zumal ich mich nie wirklich damit auseinandersetzen musste.
    Wenn ich das richtig verstanden habe, soll ich ihm nur die Hilfe geben die er will und die ich bereit bin zu geben.
    Nun weiß ich was ich machen kann ( oder auch nicht).

    Ich danke euch für eure lieben Antworten.

  • Ihn vom Bierkauf abzuhalten geht auch gar nicht. Wenn er wirklich will, findet er auch Wege, sich welches zu beschaffen.
    & du willst ihn ja nicht einschließen.

    Mir persönlich kommt es so vor, als habe dein Mann kein rechtes Zutrauen in seine eigenen Fähigkeiten in dieser Sache.
    Das ist einerseits verständlich, weil völliges Neuland für ihn. Den Saufdruck scheint er jedenfalls gut zu können.
    Andererseits muss er eben lernen, so etwas eigenständig anzugehen.
    (Wie war das eigentlich mit der Kneipe? Ist die Geschäftsaufgabe seine Idee gewesen oder hast du ihm dazu geraten?)

    Du kannst ihm am besten dadurch helfen, dass du ihm gar nicht hilfst. Das ist sein Weg.

    Ich weiß ja nicht, ob ihr in einer Großstadt oder zumindest in der Nähe einer solchen lebt. In einer SHG bekäme er jedenfalls schnell die richtige Orientierung, wenn es denn in der ausgewählten SHG stimmig ist.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Die Kneipe musste er aufgeben weil nicht genug Leute kamen. Auf dem Dorf ist das ja immer so eine Sache. Es hat sich einfach nicht mehr gelohnt und wir haben nur noch Minus gemacht.

    Du hast recht, er traut es sich wahrscheinlich wirklich nicht zu. Hat im allgemeinen ein sehr niedriges Selbstbewusstsein. Vielleicht auch deshalb der Griff zur Flasche.

    Nein, wir wohnen nicht in einer Großstadt. Ist eher ein etwas größeres Dorf.

    Und er ist ja sowieso nur von Donnerstag Abend bis Sonntag zuhause.
    Es bliebe für eine SHG also nur der Freitag.

    Aber dann bin ich echt beruhigt alles richtig gemacht zu haben. Helfen kann ich nicht, verbieten bringt nur Ärger und unnötige Energieausgabe.

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