• Liebe Forumsmitglieder,

    ich habe fleissig und still mitgelesen. An dieser Stelle sollte jetzt eine Vorstellung kommen, also Angaben zu meiner Person, Angehöriger, Beginn und derzeitige Entwicklungen, Gefühle die man hat und natürlich ganz viele Fragen.
    Nach reiflicher Überlegung, hab ich mir das anders überlegt und beginne mit dem Ende bzw. eine Anleitung für ein Ende. Ich bin normalerweise eine sehr lebenslustige und humorvolle Person und folgende Zeilen wirken vielleicht nicht wertschätzend oder ironisch, aber es ist mein Weg damit umzugehen – in keinster Weise will ich hier jemanden beleidigen oder verhöhnen:

    Phase 1:
    Sie haben innerlich realisiert, dass Ihr Partner krank ist. Ihr Herz will das aber nicht wahrhaben. Das Herz erinnert sich an die Anfangszeiten und wie schön da alles war. Natürlich haben Sie sich wenn Sie zur Phase 1 gekommen sind, vorab bis in das letzte Detail über Alkoholismus informiert. Google gefragt, Foren und Bücher gelesen, Situationen beobachtet, Symptome festgestellt etc. Die ersten Fragen werden sein, hat er oder sie ein Alkoholproblem. Sie wollen Klarheit. Sie wissen, dass es in 90 % der Fälle, dass es so ist, aber wie gesagt, Ihr Herz ist noch nicht soweit. Sie googlen auch nur über den Partner/in und dessen Verhalten und Symptome. Nicht über Ihr eigenes Leid.

    Sie werden nun wahrscheinlich mitfühlsam wie Sie sind, Ihren Partner behutsam damit konfrontieren. Zu ebenfalls 90 % führt dies nicht wirklich zu einem „Erfolg“. Eher wird Ihr Partner anders reagieren, als Sie sich wünschen. Sie beginnen, sich nicht wohlzufühlen.

    Sie versuchen diese Gedanken zu verdrängen. Mit der Situation irgendwie klarzukommen. Sie spielen den Konsum herab. Dennoch stört es sie. Sie fangen unbewusst an zu kontrollieren, weil Sie sich ja Sorgen machen. Sie lieben Ihren Partner so sehr, und glauben, wenn Sie ihn kontrollieren, dass er sich ändert oder dass Sie ihm damit helfen. Was Sie nicht wissen, mit dieser Kontrolle, Sorge, Überwachung etc. tun Sie sich selbst nichts Gutes. Ihre Gedanken drehen sich nur mehr um Ihren Partner. Der Partner hat vielleicht ein Alkoholproblem, aber dumm ist er deswegen nicht. Er bemerkt die Veränderung an Ihnen. Auch Ihr Partner wird sich nun verändern, damit Sie sich wieder zurückändern. Er beginnt vor Ihnen Sachen zu verheimlichen, Halbwahrheiten oder Notlügen zu erfinden. Vielleicht startet er auch einen Versuch sich zu ändern. Sie hoffen. Aber Ihr Partner ist krank. Es entstehen immer mehr Konflikte wegen Alkohol.

    Phase 2:
    Je mehr Sie versucht haben zu helfen, umso weniger trägt dies Früchte. Sie tüfteln nun daran, in welcher Art und Weise Sie ihm vermitteln können, dass er ein Suchtproblem hat. Mal liebevoll, mal wütend. Sie glauben ab und an eine Schlacht gewonnen zu haben, dabei hat der Krieg erst angefangen. Schön langsam realisieren Sie, es ist hoffnungslos. Sie können nicht helfen. Sie sind genervt. Beginnen sich krank zu fühlen. Sie sind unruhig und unrund. Plötzlich fühlen Sie ein Gefühl der inneren Leere. Wie ausgebrannt. Sie sagen zu sich selbst. Ein letzter Versuch:
    Sie sitzen vor einem Liebesbrief, der gleichzeitig auch mit Trennung droht. Sie schreiben alles auf, sitzen stunden davor, erzählen davon, wie Sie ihn sehen, wie sehr Sie ihn respektieren und wertschätzen. Schreiben von der Anfangszeit. Formulieren alles positiv. Der Brief wird 3 Seiten lang. Ab Seite 3 beginnen Sie behutsam das Thema anzusprechen. Dass Sie sich Sorgen machen. Sie schreiben aber keinen einzigen Vorwurf. Nur Ihre Empfindung und Wahrnehmung. Sie beteuern im Brief zigmal wie Sie ihn lieben und appellieren auf seine Gesundheit. Nun ist der Brief fertig. Sie senden ihn ab.
    Sie warten auf Antwort. Aber es kommt keine. Auch nicht am nächsten Tag. Sie rufen Ihren Partner an. Dieser reagiert abweisend und distanziert. Fragt Sie aber, wann er Sie wiedersehen kann.

    Sie fahren mulmig hin. Er hat wieder getrunken. Sie sagen nichts. Am nächsten Tag ist er wie üblich launisch. Sie sagen wieder nichts, fühlen sich aber gar nicht mehr wohl. Wieder kann er es nicht lassen. Das Bier geöffnet. Nun beginnen Sie bitterlich zu weinen. Sie können nicht aufhören zu weinen. Ihr Herz hat nun begriffen. Ihr Partner kommt angezwitschert zu Ihnen, umarmt Sie und sagt: „Schatz, was ist los? Ich hab dich so lieb!“. Sie antworten: „Ich dich auch aber ich kann mit dem Alkohol nicht umgehen.“ Er wird böse. Beginnt zu schreien. Verlangt von Ihnen die Schlüssel des Hauses und schickt sie weg. Er ist aus Ihrem Leben verschwunden und Sie aus seinem.

    Das war vor 3 Wochen.

    An diesem Tag ist mein Herz gebrochen. Aber der Verstand sagt, dass es gut so ist.
    Nach 1-jähriger Beziehung gelernt und "gezwungen" loszulassen.

    Alles Liebe
    Sonne

  • Liebe Sonne,
    herzlich Willkommen im Forum. Das Lesen und Schreiben hier wird Dir gut tun. Ich bin ebenfalls Angehörige und durfte viel von den Schreibern hier lernen. Alles, was Du geschrieben hast, kann ich sehr gut nachempfinden. Wenn ich das richtig interpretiere, bist Du bereits getrennt von Deinem alkoholkranken Partner. Ich stehe kurz davor. Vielleicht hast Du ja schon einmal bei mir "reingelesen". Wenn ich das richtig verstanden habe, lebt ihr in getrennten Wohnungen. Das ist ein sehr großer Vorteil. Ich wohne im Haus meines Partners und muss mir das Elend jeden Tag antun. Emotional bin ich schon einen großen Schritt weiter als Du, vermutlich weil ich es eben jeden Tag ertragen muss. Das Loslassen fällt mir bei meinem Alki mittlerweile nicht mehr schwer. Aber der materielle Verlust (muss fast meinen kompletten Hausstand aufgeben) macht mir zu schaffen.

    Hattet Ihr denn noch einmal Kontakt in den letzten drei Wochen?

    Liebe Grüße
    Aneli

  • Hallo Sonne,

    genau so, wie Du es beschreibst, so läuft es ab. Sehr gut erklärt.

    Aneli, wirklich nicht böse verneint. Nicht, dass ich wieder bissig rüber komme Dir gegenüber, das möchte ich nicht :)
    Aber wenn es Dir nur noch um das Materielle gehen würde und Du emotional losgelassen hättest, dann würdest Du Dich nicht so verhalten oder so denken, wie in Deinem Tagebuch beschrieben.

    Da sprichst Du ihn nach wie vor auf seinen Konsum an und Du sagst ja selbst, dass Du nicht wüsstest, wie Du reagierst, wenn er kämpfen würde oder so ähnlich drücktest Du Dich aus.
    Wie gesagt, nicht böse gemeint, aber ich denke, Du hast noch nicht losgelassen.

    Ich hoffe aber, dass es in der neuen Wohnung klappt.

    Denn eine räumliche Trennung ist ein Vorteil, das stimmt.

    Sonne, ich freue mich, bald mehr von Dir zu lesen!

    LG Cadda

  • Liebe Cadda,
    ich bin nicht böse für Deine direkten Worte. Vermutlich hast Du ja auch nicht ganz unrecht. Aber ich glaube, großen Liebeskummer werde ich nach der Trennung echt nicht verspüren. Was ich momentan allerdings empfinde ist so eine große Wehmut. Ich trauere halt der schönen Anfangszeit hinterher und dann das Wissen, dass es bald endgültig vorbei ist, lässt mich emotional schon ein wenig aufgewühlt wirken. Es wird halt immer deutlicher, dass der Traum von einer schönen Zukunft zu zweit zerplatzt ist. Das tut halt weh. Doch das durch den Alkohol bedingte Verhalten hat bei mir echt viele Gefühle für ihn zerstört. Mein bedingungsloses Vertrauen ist verpufft und die ganzen Demütigungen und Kränkungen bleiben auch unvergessen. Die Liebe hat sich verabschiedet. Aber trotzdem mag ich ihn als Mensch noch sehr, … wenn er nicht gerade wieder einmal besoffen ist.

    Und ja, liebe Sonne, ich freue mich auch sehr, noch mehr von Dir zu lesen.

    Aneli

  • Liebe Aneli, liebe Cadda,

    danke für Eure Antworten.

    Aneli,ich möchte gerne etwas zu deiner Situation schreiben, wenn ich darf:
    Ich war - bevor ich meinen (nunmehr ExPartner) kennengelernt habe - knappe 16 Jahre mit dem Vater meiner Kinder verheiratet. Die letzten 5 Jahre waren der reinste Horror, da er ein Choleriker und notorischer Fremdgänger war, ich das aber erst später wusste. Damals habe ich es leider auch nicht geschafft mich zu trennen, bzw. dauerte es eine Zeit lang. Auch ich dachte: Emotional bin ich weg, bin nur mehr wegen der Kinder und der Wohnung mit ihm zusammen. Doch es stimmte einfach nicht. Zu wenig war noch passiert. Als ich dann mitbekam, dass er mich ca. 30 mal betrogen hatte, war das Emotionale weg und ich bin - nach Rücksprache mit meinem Sohn - der mir sein OK gab - ohne Rücksicht auf irgendwelche Verluste ausgezogen. Da war ich emotional frei. Ich kenne das auch bei vielen Freundinnen, deren Ehe noch mehr recht als schlecht geht. Der Partner sich mittlerweile ALLES erlaubt und demütigt - da kommen immer die Argumente von wegen Haus und Kinder. In Wahrheit hat doch jeder seinen Punkt wo es zu viel wird. Genau wie beim Alkoholismus es den Tiefpunkt gibt, so ist es auch bei anderen Themen so. Ich denke - bitte versteh mich nicht falsch - dass dein Punkt noch nicht gekommen ist, nochdazu handelt es sich um eine Co-Abhängigkeit, da ist es doppelt schwer.

    Auf deine Frage, ob sich mein Ex gemeldet hat. Er hat mir über seine Tochter (die ich so lieb habe und daher es so schwer ist für mich) ausrichten lassen, dass es nur 2 Frauen in seinem Leben gibt: Seine Tochter und mich und dass er das Gefühl hat, dass er nicht entspricht. Ich hab ihm dann mal so nach ner Woche geschrieben wie es ihm geht (grosser FEHLER). Er hat dann geantwortet: "Sinnbefreit, Selbstzweifel, Perspektivenlosigkeit, Ärger, Angst, Gereiztheit, Antriebslosigkeit, Schlaflosigkeit, Verwirrtheit etc. Sorry Schluss mit Seelenstrip. Ich wünsche mir, dass es dir besser geht. Guten Start in die Woche!"

    Ich war dann so wütend über mich selbst, denn dieses WhatsApp ist wirklich eine Frechheit. Soviel Selbstmitleid und Feigheit. Und purer Egoismus. Als mir dann noch seine Tochter erzählt hat, dass es ihm gut geht und er jetzt zweimal die Woche eine ausgiebige Radtour macht, hab ich seine Nummer aus meinen Kontakten gelöscht. Er ist ein Pegeltrinker (was ich sehe: 4 bis 6 Bier jeden Abend, massive Entzugserscheinungen etc.) und Corona mit Homeoffice hat ihm den Weg frei gemacht, täglich schon ab Mittag zu trinken und seine Launen an allen auszulassen. Er ist vom Wesen her sanft, kein aggressiver Typ, er macht das eher mit passiver Agressivität und Schweigen.

    Cadda, danke für deine Begrüssungsworte. Bin froh, mich registriert zu haben.
    LG
    Sonne

  • Liebe Sonne,
    danke für Deine Nachricht. Vermutlich hast Du recht, dass mein absoluter Tiefpunkt noch nicht gekommen ist. Weißt Du, ich bin ziemlich gut im Aushalten. Bin Kummer gewohnt. Da ist die persönliche Leidensgrenze wohl etwas höher angesetzt. Und ja, ich ertappe mich dabei, dass ich das Gefühl habe, nichts unversucht lassen zu wollen (Vielleicht um nicht das Gefühl aufkommen zu lassen, zu früh aufgegeben zu haben.). Dabei signalisiere ich ihm durch die Blume, dass ich ihn unterstützen würde, sofern er sein Alkoholproblem in den Griff bekommen will. Aber jedes Mal kassiere ich verbal eine Ohrfeige. Auch ich habe das Gefühl, dass mein Partner total ich-bezogen denkt, fühlt und handelt. Er zieht sein Ding durch, als gäbe es mich in der Beziehung überhaupt nicht. Z. B. wenn er kocht, fragt er noch nicht einmal, ob ich vielleicht auch etwas abhaben möchte. Er deckt erst gar nicht für mich ein. Tagelang werde ich manchmal ignoriert. Er schweigt dann einfach, auch wenn ich ihn etwas frage. Als wollte er mich bestrafen. Das raubt alles soviel Energie. Ich fühle mich total kraftlos und weiß gar nicht so recht wie ich so einen Umzug durchziehen soll. Aber ich merke, dass sich bei mir eine Gleichgültigkeit einschleicht, die mir auch dazu verhelfen könnte, dass es mir leichter fällt, meine Sachen bei ihm zu lassen. Nur damit ich mich endlich von diesem Elend hier befreien kann. Das ist dann wohl der Preis den ich für die Befreiung zahlen muss.

  • Liebe Aneli,

    ich kann mich in dich hineinversetzen. Es dauert eine Zeit - bis man soweit ist, das hat ja auch mit dem eigenen Selbstwert zu tun, sonst würde man nicht in emotional abhängige Beziehungen schlittern. Vielleicht kann ich dir ein paar Hinweise geben, wonach du googeln solltest:
    Ich denke nämlich, dass in deinem Fall dein Partner nicht nur ein Suchtproblem hat, sondern eventuell auch starke narzisstische Züge aufweist.
    Das, was du beschreibst, dass er dich igoniert, nennt man "Silent treatment" - es ist eine Maßnahme, die viele unreife und narzisstische Menschen, zur
    Disziplinierung ihres Partners machen. Ein wirklich unschönes Gefühl. So versucht jemand Macht und Kontrolle auf jemanden auszuüben. Es ist Psychoterror auf höchster Stufe. Das musst du wissen. Ich bin jetzt ganz ehrlich: Nachdem ich gelesen habe, wie dein Partner mit dir umgeht, denke ich, dass Alkoholimus in diesem Fall sekundär das Problem bei ihm ist. Die Spielchen, die er mit dir spielt, macht er damit ER sich besser fühlt, wenn er den anderen Leiden sieht. Es gibt ganz viele Taktikten, wie er dich manipuliert. In der Beginnphase passiert das mit "loveboming" - du bekommst wahnsinnig viel Aufmerksamkeit. Du denkst du hast die Liebe deines Lebens gefunden, den Traummann. Wenn er sich deiner sicher ist, kommt of sein wahres Gesicht zum Vorschein. Alles vorher war eine Maske. Die Manipulationstechniken reichen von Sarkasmus, er gibt dir ein Gefühl, dass du auf Eierschalen gehen musst, er betreibt Gaslighting und nach einer Trennung wechselt er sich ab mit Hoovering und Lovebombing.

    Bitte google dir im Internet, was ich meine, das ist sehr gefährlich. Les dich da ordentlich ins Thema ein. Denn ich denke, die Sucht ist nicht das eigentliche Problem in euer Beziehung, sondern oben genanntes. Und bitte schau so schnell wie möglich um eine eigene Bleibe - das ist sehr wichtig.

  • Sonne, das hast Du sehr gut beschrieben.

    Also ich habe zumindest auch schon gedacht, liebe Aneli, dass Du mit Deinem Exemplar auch ohne Alkohol keinen Spaß hättest. Denn wer solche Charakterzüge an den Tag legt (keinerlei Mitleid mit Dir haben), der kann im Inneren auch nüchtern kein komplett anderer Mensch sein. Jedenfalls nicht dauerhaft.

    Vielleicht hilft Dir die Erkenntnis sogar.

  • Liebe Sonne,

    Hallo, ich bin die Sophia und habe deinen Beitrag aufmerksam gelesen. Es hat mich sehr gerührt und du schreibst unglaublich gut. Es ist bemerkenswert, wie du deskriptiv vorgehst und jeder der in einer ähnlichen Situation war, kann sich gut hineinversetzen und auch spüren, dass hinter der sachlichen Beschreibung die Gefühle extrem stark sind. Aber eigentlich wollte ich fragen, wie es dir jetzt geht...

    Bei mir ist es auch eine fast 1-jährige Beziehung mit einem Alkoholkranken und vor ein paar Nächte war mein Tiefpunkt erreicht (in meiner Vorstellung beschrieben, daher werde ich nicht im Detail hier wiederholen) und ich merke, es ist genau wie du schreibst, es dreht sich in meinem Kopf nur mehr alles um die Sorgen um ihn... Und ja, auch ich habe versucht "zu helfen" und obwohl er einsichtig ist - schon immer war - macht er trotzdem dann dicht.

    Vorgestern war der Tiefpunkt. Gestern Abend bin ich zu ihm gefahren und habe Essen mitgenommen. Er lag um 19Uhr im Bett. Ich weiss nicht, ob er tagsüber wieder getrunken hat oder ob es noch von der Flasche Wodka von vorgestern war. Ich habe keine Ahnung, wieviel Alkohol er im Blut hatte und wie lange es anhält, kenne mich natürlich nicht aus ABER es ist eindeutig zu merken, dass er noch nicht nüchtern ist. Seine Augen, seine Sprache und Motorik und... sein Verhalten.

    Du kennst es wahrscheinlich sehr gut. Ich frage mich oft "kann ich veilleicht versuchen, mit seiner Sucht zu leben?" oder "kann ich einfach diesen Teil ausblenden" und da wir nicht zusammen wohnen, einfach nur Zeit mit ihm verbringen wenn er nücjtern ist? Kann man das? Kann man mit einem Alkoholiker ein ausgeglichenes Leben führen? Bin ich sehr naiv? Sollte ich die Beziehung gleich beenden um noch mehr Leid zu vermeiden...? :(

    Entschuldige... jetzt habe ich eine Menge über mich geschrieben obwohl das dein Beitrag ist :oops:

    Aber ich habe mich sehr angesprochen gefühlt und habe mir Gedanken über dich gemacht weilich hoffe, es geht dir gut...

    Alles liebe,
    Sophia

  • Liebe Sophia!

    Entschuldige für die Verspätung meiner Antwort, meine Wochen waren arbeitstechnisch etwas turbulent.

    Ich habe deine Beiträge soeben gelesen und möchte dir vorab mal ganz herzlich gratulieren, dass du einen Therapeuten aufgesucht hast.
    Das ist eigentlich schon ein ganz toller Schritt.

    Das, was man in einer Therapie "lernt", kann man nicht 1:1 sofort umsetzen, da ist man natürlich etwas überfordert. Man muss zB erst lernen Grenzen zu setzen, denn meistens hat man das "Grenzen setzen"-Thema ja nicht nur in einer Beziehung, sondern ist generell so veranlagt, dass man schwer "NEIN" sagen kann.
    Dann kommt hinzu, dass viele Menschen (insbesondere Frauen) ja auch zur Hilfsbereitschaft "erzogen" wurden und eine sehr viele eine innere Einstellung haben (Wenn ich nur genug mache, dann hat mich xy lieb). Ferner musst du auch lernen an DICH zu denken – einen gesunden Egoismus zu entwickeln.
    Eine Therapie ist dazu da, diese Denkmuster aufzulösen, diese sind in unserem Gehirn seit Kindheit programmiert - und es ist unheimlich schwer, sich selbst zu ändern. Gib dir die Zeit! Arbeit an sich selbst ist extrem hart.

    Das führt mich jetzt gleich zu deinem Partner. Dein Partner ist krank. Im Grunde genommen schwer krank. So wie man auch selber Zeit braucht, sich zu verändern, geht es deinem Partner ähnlich. Nur kommt hinzu, dass seine Krankheit durch eine Droge ausgelöst ist, die den Blick auf sich selbst vernebelt. Da fällt es dann sehr schwer, einen „Bewusstseinsprozess“ (nochmal: es ist eine Krankheit) in Gang zu setzen, da durch diese Vernebelung ja keine Einsicht kommt, dass man krank ist.

    Ich kenne das Gefühl sehr gut, über dieses Thema mit dem Partner zu sprechen, ist ein heißes Eisen. Man ist selber ganz vorsichtig, sucht sich klare Momente aus und versucht ganz behutsam den Alkoholismus anzuschneiden. An manchen Tagen kommt es einem vor, dass der Partner "kooperativ" ist, an anderen Tagen macht er "dicht". Er wird sogar versuchen, dich mit kurzfristigen Verhaltensweisen (weniger Trinken, kleine Einsicht, Arztbesuche, Sport, etc) "ruhig" zu stellen, das erzeugt bei dir Hoffnung. Aber an anderen Tagen wirst du merken: "ES IST EIN ABSOLUTES TABUTHEMA". Dann kommt bei dir die Enttäuschung. Und wieder geht es dir schlecht. Verstehst die Welt nicht. Fängst wieder an, herumzusuchen, suchst dir Infos, was man noch tun könnte,.... Genau dieses Muster musst DU bei dir selbst auflösen.

    Und ich kann dir sagen: Es gibt keine Lösung. Weil es nämlich erstens eine Krankheit ist. Und zweitens ist es NICHT dein Problem! Dadurch bist du auch chancenlos. Du kannst auch niemanden "hinführen" zur Problemerkenntnis, denn jeder Mensch braucht länger oder kürzer und hat sein eigenes Tempo. Und ein Problem erkennen, muss jeder für sich selbst, oft, wenn der Leidensdruck sehr groß ist, aber auch dafür gibt es keine Garantie.

    Ich glaube auch, dass erwachsene Menschen generell ungern hören, egal um was es sich handelt, wenn jemand anderer immer wieder die eigenen Schwächen anspricht. Das muss nicht mal zwangsläufig mit Alkohol zu tun haben, oder mit einer Sucht generell.

    Der Lernprozess, den ein Co-Abhängiger - meiner Meinung nach haben sollte - aufhören, immer helfen zu wollen, damit alles "reibungslos" ist und eine Harmonie da ist. Den anderen verändern zu wollen klappt einfach nicht.
    Man muss also lernen, sich selbst abzugrenzen, das kann man meiner Meinung nach nur, wenn man lernt, sich selbst zu lieben. Einzusehen, dass man selber ein „Thema“ hat. Ein harter Weg. Rückfälle inkludiert.
    Fällt dir was auf? Ähnliches Problem wie dein Partner. Loslassen fällt für beide schwer (der eine den Alkohol, der andere das Problemlösen-Wollen). Was immer auch „loslassen“ bedeutet.

    Alles Liebe
    Sonne

    P.S.: Mir geht es soweit gut. Ich versuche an mir zu arbeiten. Was ich jetzt schon merke, dass ich dadurch auch beruflich oder in meiner Familie „anecke“, denn dieses Verhalten ist nicht nur auf die Partnerschaft rückzuführen, sondern ein Lebensmuster. Ich will mein Lebensmuster ändern. Und ja, ich habe natürlich einen Liebesbrief zurückerhalten und er „kämpft“ um mich, weil er die Veränderung merkt. Aber……. Jetzt bin ich mal für mich wichtig!

  • Sophia,

    Nachtrag zu deinen Fragen:
    nnst es wahrscheinlich sehr gut. Ich frage mich oft "kann ich veilleicht versuchen, mit seiner Sucht zu leben?" oder "kann ich einfach diesen Teil ausblenden" und da wir nicht zusammen wohnen, einfach nur Zeit mit ihm verbringen wenn er nücjtern ist? Kann man das? Kann man mit einem Alkoholiker ein ausgeglichenes Leben führen? Bin ich sehr naiv? Sollte ich die Beziehung gleich beenden um noch mehr Leid zu vermeiden...?

    Ich kann dir keine Antwort geben darauf, denn ich weiß es nicht. Ich glaube aber nicht. Zumindest, solange du in diesem Kreislauf drinnen bist, wird sich nichts ändern. Egal ob ihr zusammen wohnt oder nicht. Du wirst jedes mal "abchecken", ob er wirklich nüchtern ist. Und willst du langfristig eine Beziehung, wo ihr euch nur im "nüchternen" Zustand trefft? Das ist ja keine Beziehung..... eher eine Affaire

    Vielleicht kann man damit "leben" lernen - mittels einer Therapie, Selbsthilfegruppe etc.

    Bei mir ist es so, ich "ertappe" mich ja selbst, wenn er mich anruft, dass ich abchecke ob seine Stimme nach Alkohol klingt und das ist ein zwanghaftes Verhalten meinerseits - ich versuche es abzustellen. Gelassenheit zu entwicklen, mir hervorzurufen, dass er krank ist.

    Und ja, ich kenne die schönen Momente. Auch mein Exemplar ist liebenswürdig, intelligent, einfühlsam etc.

    Ich hab für mich entschieden, vorerst mal einen Weg "alleine" zu gehen, an mir zu arbeiten. Was die Zukunft bringt kann ich daher nicht sagen.... ausgeglichenes Leben mit einem Alkoholiker ist halt schwierig, da ja zwangsläufig Launen kommen....

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