Mietschi1975 Verzweifelt

  • Hallo zusammen, ich bin total verzweifelt. Mein Mann und ich sind seit

    21 Jahren zusammen, davon 11 Jahre verheiratet. Er hatte schon immer ein

    Alkoholproblem, dieses hat sich aber in den letzten Jahren extrem

    verstärkt. Er arbeitet im öffentlichen Dienst und kann daher nach

    Belieben krank machen, er brauchte immer nur beim Hausarzt anzurufen und

    schon wurde die Krankmeldung ausgestellt. Ich wusste dann immer schon

    morgens, wenn ich an die Arbeit fahre, was mich abends erwartet. Ich

    hatte gehofft, dass wir irgendwann einmal Kinder bekommen, leider hat

    dies trotz drei künstlicher Befruchtungen nicht geklappt. Jetzt bin ich

    schon 45 Jahre und habe damit auch abgeschlossen. Die Alkoholeskapaden

    von meinem Mann wurden derweil immer schlimmer. Er wurde nie gewalttätig

    oder sonstiges, er hat halt immer nur voll auf dem Sofa gelegen, wenn

    ich nach Hause kam. Wir haben uns die letzten Jahre immer mehr darüber

    gestritten und mir wurde vorgehalten, dass ich kalt und abweisend wäre.

    Ich wusste aber nicht, wie ich anders reagieren sollte. Wir wohnen mit

    meinem 80jährigen krebskranken Vater in einem Haus, der ihm angeblich

    auch alles vermasselt hat, weil er sich hier nicht ausleben konnte. Fakt

    ist, dass er nie irgend einen Handschlag gemacht hat und mein Vater

    alles gemacht hat. Letztes Jahr zu Beginn der Coronazeit konnte man Mann

    ins Homeoffice wechseln, was natürlich bedeutete, auch während der

    Arbeitszeit zu trinken. Es wurde dann irgendwann so schlimm, da auch

    Krankheiten dazu gekommen sind wie Diabetes, Depressionen etc., dass er

    dann im März von sich aus beschlossen hat, zum Entzug in die Klinik zu

    gehen und anschließend eine Langzeittherapie zu machen. Ich war so

    euphorisch und habe mich sehr darüber gefreut und dachte, jetzt wird

    alles gut. Es hat ihm auch sehr gut gefallen in der Klinik, dass er

    sogar freiwillig um einen Monat - insgesamt 4 Monate - verlängert hat.

    Am 28. Juni kam er dann nach Hause, ich habe mir extra Urlaub genommen

    und das erste was er mir sagt. "Ich glaube, heute mache ich mir mal ne

    schöne Flasche Bier auf". Ich habe gedacht, ich falle aus allen Wolken

    und dementsprechend habe ich ihn auch wieder behandelt und er hat jeden

    Tag getrunken. Hat meinem Vater den Wein geklaut und heimlich getrunken

    usw. Letzte Woche Dienstag ist die Situation so eskaliert, dass er sich

    ins Auto gesetzt hat und nach Italien gefahren ist. Dort hat er sich

    dann natürlich richtig abschießen können, sodass er sich sogar geprügelt

    hat und in Arrest musste. Heute habe ich das erste Mal wieder mit ihm

    telefoniert im nüchternen Zustand und dachte eigentlich, dass man

    vernünftig mit ihm reden kann. Aber bei ihm dreht sich alles nur um ihn,

    um seine Krankheit und ich soll ihm doch bitte dabei helfen. Schließlich

    liebt er mich abgöttisch, das weiß ich auch. Aber er kann so nicht mehr

    weiter leben mit meinem Vater, der ihm alles kaputt gemacht hat und mit

    mir, die immer so kalt und abweisend zu ihm ist. Ich bin jetzt an einem

    Punkt angekommen, wo ich nicht mehr weiter weiß. Ich bin auch kein Kind

    von Traurigkeit, und habe die letzten Jahre auch immer schön

    mitgetrunken, aber immer in Maßen und nicht in Massen. Jetzt sitze ich

    hier seit fast einer Woche, mir ist nur schlecht, ich ernähre mich von

    Kaffee und Zigaretten und denke mir manchmal, einfach ins Auto setzen

    und vor den nächsten Baum fahren. Aber das mache ich halt nicht, weil

    ich ja immer stark war und auch stark bin, aber irgendwann verzweifelt

    man nur noch..

  • Hallo Mietschi,

    herzlich Willkommen bei uns.

    Traurig, daß er nichts aus dem Klinikaufenthalt gemacht hat, ums mal so zu sagen.

    Für manche ist eine stationäre Entgiftung ein echter Wendepunkt und sie nehmen auch die Hilfen für den Alltag, die ganzen notwendigen Umstellungen an. Vielleicht dreht er noch eine Runde oder macht halt ewig so weiter. Das ist eine schlimme Krankheit.

    Ist er noch in Italien? Ich hatte den Reflex zu schreiben: Lass ihn bloß nicht mehr rein! :roll:

    Aber ich weiß, solche Entscheidungen trifft man nicht mal eben so.

    Vorm Baum hast du nichts verloren.

    Ich glaub dir, daß du enttäuscht und gefrustet bist.

    Es kommt ja noch deine - berechtigte - Fürsorge für deinen Vater hinzu.

    Dem kannst du noch eine schöne Zeit bereiten und ihn begleiten.

    Aber dein Mann muß jetzt mal die Hosen wackeln lassen. Er weiß ja, wo er Hilfe bekommt.

    Tja, oder er entscheidet sich fürs Weitertrinken... Das kannst du nicht beeinflussen.

    Er findet ja immer neue Gründe, wer und was alles Schuld an seiner Sauferei ist.

    Lange Rede, kurzer Sinn, du bist nicht allein mit so einer häuslichen Situation. Aber es gibt Wege da raus, daß es DIR wieder gut geht und nicht deine ganze Energie auf ihn drauf geht.

    Viele liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo und willkommen Mietschi,

    es ist typisch für Abhängige, dass sie im Außen Schuldige suchen, Menschen, Dinge, sonstwas, weswegen sie saufen müssen. Ich kenne das aus meiner ersten Ehe mit einem Alkoholiker nur zu gut und hier kannst du es bei so ziemlich jeder Coabhängigen lesen.

    Oft bekommt man das so oft zu hören, dass man Schuld wäre, dass man es zum Schluss selbst glaubt.

    Dein Mann hat in seiner Therapie überhaupt nichts verstanden, wie schade. Nun säuft er also munter weiter und du und dein Vater seid unter anderem noch immer die Sündenböcke.

    Fahr mal lieber nirgends gegen und lass mal Kaffee und Zigaretten weg und ess mal was Leckeres. Es muss ja keine Monsterportion sein, dir geht es ja wirklich körperlich schlecht. Aber wie wäre es mit einem schönen Eisbecher? Dein Mann ist jetzt unterwegs und du kannst nichts machen. Was willst du auch machen? Er hat in der Therapie so viel Werkzeug für ein trockenes Leben in die Hand bekommen, er muss es aber selbst benutzen. Du warst immer die Starke - kenne ich auch, war ich auch immer. Betonung liegt auf war denn ich habe mich in den ca 25 Jahren mit meinem Exmann völlig verausgabt. Meine Energiereserven sind praktisch auf ein Minimum geschrumpft. Das empfehle ich keinem.

    Dir das Leben zu nehmen ist eine Sache. Aber die andere Sache, und das ist die echt bessere, ist, dir selbst das Leben zurück zu geben. Und zwar ein Leben, dass du nach deinen Wünschen gestaltest. Dein Mann hat seine Chance nicht wahr genommen, er säuft wieder. Du hast aber auch eine Chance und die wahr zu nehmen macht Sinn. Also versuche raus zu gehen, mit kleinen Schritten Dinge für dich selbst zu tun, Dinge, die dir gut tun. Das ist die Möglichkeit, die du hast. Dein Mann hat seine Entscheidung getroffen und du kannst daran nichts ändern...

    Liebe Grüße

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Mietschi,

    jetzt bist du richtig. Ich schalte dich nun auch für die offene Bereiche frei.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hartmut 12. Juli 2021 um 20:41

    Hat den Titel des Themas von „Verzweifelt“ zu „Mietschi1975 Verzweifelt“ geändert.
  • Hallo Mietschi!

    Herzlich willkommen im Forum, ich wünsche dir einen guten Austausch. Ich war auch viele Jahre mit einem Alkoholiker verheiratet. Er hat im Laufe der Jahre auch immer mehr getrunken zum Schluss jeden Tag. Das mit der Couch kenne ich auch, ich wusste nie wie er drauf war wenn ich nach Hause kam, ich war nur noch angespannt. Die Wochenenden verbrachte er trinkend auf der Couch, bei uns hat es immer nach Alkohol gestunken.

    Natürlich fand er immer einen Grund um sich vollaufen zu lassen, meistens gab er mir die Schuld. Aber das machen alle Trinker so, irgendetwas ist immer schuld bloss sie selber nicht. Mein Mann hat auch 2 Tage nach seinem Klinikaufenthalt wieder getrunken. In mir ist damals eine Welt zusammengebrochen, ich hatte entgültig die Nase voll von ihm und ihm laut und deutlich verkündet daß ich mich trennen werde. Ich habe es auch durchgezogen sonst wäre ich seelisch zugrunde gegangen.

    Du kannst ihm sowieso nicht helfen, er hat doch genug Hilfe bekommen wenn er nichts davon umsetzt ist es seine Schuld nicht deine. Er kann ja ausziehen wenn er meint du und dein Vater wären schuld an seiner Trinkerei.

    Ich war auch immer die starke Frau die alles regelt, ich habe mich sogar um seine Mutter gekümmert als sie gebrechlich wurde, sie konnten nun auch nichts für ihren saufenden Sohn. Aber irgendwann bin ich ins Burn out gerutscht und habe eineinhalb Jahre gebraucht wieder auf die Beine zu kommen.

    Wenn es dir möglich ist fahre du doch mal ein paar Tage weg oder beantrage eine Reha um etwas durchzuatmen und deine Angelegenheiten neu zu sortieren. Schlage dir bitte den Baum aus dem Kopf, das Leben bietet doch so viel mehr als einen ewig betrunkenen Ehemann, du musst nur wieder lernen wie schön es sein kann.

    LG Marie

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

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