treibsand - Wer bin ich ohne Alkohol und Zigaretten?

  • Guten Morgen in die Runde,

    der Abstand zu dem allem hat dich näher zu dir geführt. Bleibt dran. Manchmal ist es heftig, das ist einfach so.

    Ja Linde, so ist es. Am Anfang hatte ich ein richtig derbes schlechte Gewissen, aber mittlerweile weiß ich, dass es der richtige und der einzige Weg für mich war. Nach und nach werde ich das Thema für mich gerade rücken müssen. Was meine Ursprungsfamilie denkt, hat nichts mit mir zu tun. "Wenn ich mit dem Finger auf einen zeige, dann zeigen auch immer 3 Finger auf mich selbst". Ich habe, seit ich denken kann, um die Liebe meiner Mutter gekämpft. Ein aussichtsloser Kampf.

    Aber heute ist Sonntag, es ist herrliches Wetter und ich fühle mich großartig. Ich gehe in den 7. Tag ohne Alkohol. Spannend finde ich dabei meine körperlichen, aber auch psychischen Veränderungen. Allein mein Schlaf ist um so vieles besser geworden. eine ganz blöde Angewohnheit ist, dass sich sogar im Schlaf meine Smartwatch trage, um meine Schlafqualität zu kontrollieren. Mit Alkohol war meine Rem-Phase immer um die 15 - 20 Minuten in der Nacht. Also praktisch nicht vorhanden. Nun lag sie heute Nacht bei 1,5 Stunden. Ich fühle mich ausgeruhter, ausgeglichener und fitter. Ich genieße es abends einfach nur so mit meinem Mann auf dem Sofa zu liegen und einen Film zu schauen, ohne ständig aufstehen zu müssen, um mein Glas wieder zu füllen. Mein Mann fragte mich gestern tatsächlich, ob ich eine größere Kann Tee machen kann, damit er auch eine Tasse mit mir trinken kann. Er findet es toll, dass ich abends nicht mehr auf dem Sofa einschlafe und mich wieder besser um mich selbst kümmere.


    Klar, es gibt noch so viel, was ich aufarbeiten muss, der Anfang ist gemacht. Alles wird gut, ich bin auf dem richtigen Weg, aber ich bleibe wachsam und achte derzeit genau darauf, was ich denke. Ich spreche sogar mit meinen Gedanken, wenn sie mal wieder sagen "Hey, jetzt wäre doch ein Glas Wein gut!" dann erwidere ich nur, "Halt die Klappe, du brauchst es gar nicht zu versuchen!".

    Ich wünsche euch einen tollen Sonntag

    VG treibsand

    Manchmal ist der richtige Weg nicht der einfachste Weg!
    Pocahontas

  • Hallo treibsand,

    wie war die Radtour mit den Freunden?

    Und wie geht es Dir sonst, alles soweit ok?

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Guten Morgen :)

    wie war die Radtour mit den Freunden?

    Die Radtour war richtig schön. So viel Sonne und frische Luft. Dieses Gefühl, einfach nur durch die Landschaft zu fahren, ohne ein bestimmtes Ziel anzusteuern, war sehr entspannend. Wir hatten einen Picknickkorb dabei und saßen dann gefühlte 2 Stunden einfach nur im Wald an einer Lichtung und genossen es ohne Zeitdruck und Stress, denn es wartete ja nichts zu Hause auf mich.

    Mein Kopf vergleicht immer zwischen "kenne ich" und "ist mir fremd". Was mir fremd ist, macht mir im ersten Moment immer etwas Angst. Das war so eine Situation, die mir absolut fremd und neu vorkam. Ich musste mich erst mal orientieren und meine neue Rolle bei dem Picknick und der Radtour finden.
    Diese Radtour mit ihnen ist so ein jährliches Ritual. Ich hatte es immer so gehasst. Während meiner Trinkerzeit habe ich es für absolut sinnfrei gehalten, einfach nur so durch die Gegend zu fahren und dabei kein Lokal anzusteuern. Ich war immer so froh, als die Radtour vorbei und ich wieder zu Hause auf dem Sofa und bei meinem Kühlschrank zu sein. Einen Wein oder ein Bier hatte ich damals aber auch nie mitgenommen. Da die zwei nichts trinken, fühlte ich mich schlecht, wenn ich in ihrer Anwesenheit trank. Natürlich gab ich immer ihnen die Schuld und niemals mir. Sie waren ja die Spaßverderber und nicht ich. Und jedes Jahr auf neue gabs dann zu Hause immer Streit, wie konnte mein Mann von mir verlangen, dass ich das immer wieder mitmachen musste? Was wollte er mit diesen langweiligen Menschen? Ja, so dachte ich tatsächlich mal. Jetzt wird mir so langsam bewusst, dass ich im Grunde die Spaßbremse war.

    Ist es bei euch auch so gewesen, dass ihr euch ständig überlegt habt, wie es denn früher war? Auch das macht mir etwas Angst, aber vielleicht ist es ja gut so. Es wird in Zukunft viele Situationen geben, die ich für mich neu sortieren muss und wenn ich daran denke, habe ich auch schon bei dem Gedanken Angst vor der Zukunft. Allerdings freue ich mich auch darauf, denn die Neugier auf ein Leben ohne Alkohol wird mit jedem Tag stärker.

    Die Angst kann man nur besiegen, wenn man mittendurch sie hindurchgeht.

    Heute habe ich Tag 8 ohne diesen Mist und ich bin so stolz auf mich. Hört es sich blöd an, wenn ich sage, dass ich den Prozess hin zu einem freien Leben genieße? So fühlt es sich gerade an. Im Grunde hilft mir diese Angst, denn sobald Angst aufkommt, schaue ich genauer hin und kann die Situationen jetzt auch, ohne vernebelten Kopf, anders und besser bewerten.

    Ich wünsche euch einen schönen Tag

    VG treibsand

    Manchmal ist der richtige Weg nicht der einfachste Weg!
    Pocahontas

  • Guten Morgen treibsand,

    danke Dir auch einen schönen Feiertag!

    Deine Fragen kannst Du Dir gleich im offenen Bereich von den anderen Teilnehmern beantworten lassen.

    Hier ist der Bewerbungslink für Dich:

    Bewerbung - Alkoholiker Forum

    Schreibe ganz kurz etwas dazu und wir werden Dich dann freischalten und Dein Thema in den

    Bereich "Erste Schritte für Alkoholiker" verschieben.

    LG Elly

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    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet, treibsand.

    Und Du kannst überall schreiben, jedoch bitte nicht die ersten 4 Wochen bei den

    neuen Teilnehmern im Vorstellungsbereich.

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Guten Abend in die Runde,

    was für ein Tag. Wie sagt man so schön "Der Mensch plant und das Universum lacht sich schlapp."

    Ich liebe meine Arbeit, keine Frage, aber heute war ich kurz davor einfach das Handtuch zu werfen. Gut, ich hatte schon immer einen sehr hohen Anspruch, was meine Arbeit anbelangt, aber heute habe ich mich echt gefragt, wie ich das so lange aushalten konnte, ohne auf die ganzen Missstände aufmerksam zu machen. Ich habe mich heute tatsächlich zur Wehr zu setzen und zum ersten Mal etwas dagegen unternommen.

    Als ich noch trank, hätte ich das alles sprichwörtlich geschluckt, denn zu Hause wartete schon ein gefüllter Kühlschrank auf mich, mit dem ich meinen Frust ertränken konnte. Der Alkohol hatte also auch die Aufgabe, mein Ventil gegen Arbeitsfrust zu sein. Je heftiger die Arbeitsbelastung heute wurde, je mehr ich mich geärgert hatte, desto heftiger wurde der Suchtdruck. Ich wurde so sauer auf dieses Monster in mir und auf meinen Kollegen im Außen, dass ich ohne zu überlegen einfach nur gehandelt und meinen ganze Frust beim Verursacher abgeladen hatte. Cool war, dass ich es tatsächlich schaffte, es professionell ohne Emotion auf sachlicher Ebene zu tun.

    Heute bin ich den 10. Tag ohne Alkohol und habe meinen Frust heute nicht mit nach Hause genommen. Hat sich herrlich angefühlt und vom Suchtdruck war zu Hause nichts mehr zu spüren.

    Geht es Euch eigentlich aus so, dass ihr Situationen von früher auch immer mit Eurem Verhalten ohne Alkohol abgleicht und nach Veränderungen sucht? Oder macht man das ganz automatisch am Anfang seiner trockenen Zeit? Ich empfinde es als gut, meine Verhaltensveränderungen wahrzunehmen und die Unterschiede dabei zu bemerken. Ich werde achtsamer in vielen Bereichen.

    Ich wünsche Euch einen tollen Abend.

    VG treibsand

    Manchmal ist der richtige Weg nicht der einfachste Weg!
    Pocahontas

  • Guten Abend treibsand,

    das hast Du sehr gut gelöst! Gleich raus mit dem Frust und dann noch an der richtigen Stelle! :thumbup:

    Mir ging das ganz genauso, nachdem ich abstinent wurde, kehrte mein altes, selbstbewusstes Ich wieder zurück.

    Das war am Anfang keine leichte Zeit für uns! ;)

    Es ist enorm wichtig, dass Du achtsam bist. Denn das nennt man Selbstfürsorge! Du passt auf Dich auf,

    damit Du nicht wegen Nichtigkeiten, die sich unausgesprochen zu Bergen anhäufen, explodierst und in

    Gefahr kommst, rückfällig zu werden.

    Gleich dagegen angehen und raus mit Deinen Gedanken und Gefühlen, und dann warst Du auch noch

    professionell. Perfekt!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -


  • Geht es Euch eigentlich aus so, dass ihr Situationen von früher auch immer mit Eurem Verhalten ohne Alkohol abgleicht und nach Veränderungen sucht?

    Hallo Treibsand,

    ich mache das manchmal heute noch so. Warum auch nicht? Meist nach schwierigen Situationen. Der Gedankengang, das ich das im nassen Zustand nie geregelt bekommen hätte, motiviert für die trockene Zukunft.

    Ich habe gerade bei Paul über Deinen neuen Freund Erik gelesen :mrgreen:

    Das Kopfkino zeigt mir interessante Bilder, wie Du Dich verbal mit nem Wikinger fetzt und Ihm unanständige Sachen an den Kopf wirfst, und der arme Kerl ob Deiner Schimpferei glatt seinen Met vergisst... :mrgreen:

    Schreib ruhig mehr darüber... :arrow: damit wir dann beizeiten ein paar Anrufe machen können :mrgreen: :idea: . Es gibt da so Einrichtungen.... :wink:

    Allerdings wirst Du Ihn nicht aushungern können. Der lauert auch in 20 Jahren noch.

    GlG WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Guten Morgen

    Ich habe gerade bei Paul über Deinen neuen Freund Erik gelesen :mrgreen:

    Das Kopfkino zeigt mir interessante Bilder, wie Du Dich verbal mit nem Wikinger fetzt und Ihm unanständige Sachen an den Kopf wirfst, und der arme Kerl ob Deiner Schimpferei glatt seinen Met vergisst... :mrgreen:

    Kopfbilder sind ’ne tolle Sache. Je intensiver ich visualisiere, desto mehr Verstrickungen werden dabei offengelegt und nur wenn diese Verstrickungen für mich greifbar und mir bewusst werden, kann ich auch daran arbeiten. Anstrengend, denn gerade die letzten Tag, tauchen so viele Bilder in mir auf. Situationen, bei denen ich mich lange geweigert hatte, hinzusehen. Die aber bestimmt mitverantwortlich waren, dass ich mich über so lange Zeit einfach nur aufgegeben hatte und nichts mehr fühlen wollte. Ich muss hinsehen und endlich meine Augen öffnen.

    Im Grunde ist doch alles Resonanz. Wir ziehen in unserem Leben, das an, was wir aussenden. Empfinde ich nur Frust und Ärger, dann ziehe ich Frust und Ärger an. Gehe ich selbst nicht gut mit mir um, dann ziehe ich Menschen an, die es nicht gut mit mir meinen und wenn ich zu lange nicht hinsehe, dann zwingt mich mein Körper irgendwann hinsehen zu müssen, um wieder gesund zu werden.

    Die Schulmedizin ist dafür ein ausgezeichnetes Beispiel. Geh zum Arzt und die Symptome werden behandelt. Der Schmerz wird mit Schmerzmittel oder mit manuellen Techniken bekämpft, aber es wird in den seltensten Fällen nach den Ursachen gesucht. Die Sucht ist auch ein Symptom. Wenn ich aber nur die Sucht bekämpfe und nicht den Ursachen auf den Grund gehe, dann wird die Sucht weiter bestehen, ob aktiv oder im Unterbewusstsein. Ich werde also mein ganzes restliches Leben, damit zu kämpfen haben. Suche ich aber die Ursachen und bearbeite sie, dann wird auch die Sucht irgendwann für mich überflüssig.

    Ich habe schon sehr viele Therapien wegen einer anderen "unheilbaren" Krankheit hinter mir. Mit etwas über 30 Jahren war ich ein Frack und nicht mehr fähig irgendeiner körperliche Arbeit zu verrichten und bis obenhin vollgepumpt mit Opiaten und anderen Medikamenten (alle von meinen Ärzten verschrieben). Was folgte, waren Jahre in der Krankheit, 3 Rehas und 2 Gesprächstherapien. Die Rentenkasse steuerte mich in die volle Erwerbsminderungsrente ein und ich bekam Pflegestufe 2. Keiner schaute genauer hin. Allesamt versuchten nur sie ausschließlich die Symptome (die offensichtlichen Auswirkungen der "Erkrankung") zu behandeln. Ein Arzt sagte irgendwann zu mir "Sie müssen sich damit abfinden, dass sie nicht an dieser Erkrankung, aber mit dieser Erkrankung sterben werden. Sie werden nie wieder arbeiten können." Was das mit einem Menschen macht, ist klar. Es nimmt einem jegliche Hoffnung und lässt dich siechend zurück. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass ich mich trotz vielen Opiate, Schmerzmittel und Psychopharmaka jeden Abend mit einer Flasche Wein ruhig stellte.

    Irgendwann sagte dann mein 2. Gesprächstherapeut zu mir, nachdem er alle möglichen Ansätze bei mir ausprobiert hatte und ich immer wieder zurückgefallen bin "Wissen Sie, was sie tun? Sie erlauben es sich gar nicht, gesund zu werden." Das war der Schlüssel!

    Ums jetzt aber kurz zu machen, da es sonst zu lang wird. Ich bin mittlerweile wieder voll berufstätig, habe einen Job, der früher abseits jeglicher Vorstellung lag, was ein langer Weg war. Bin frei von jeglichem Medikamenten und aus meinen Kindern ist, trotz meines Absturzes, etwas geworden. Wir sind im engen Austausch und haben einen guten Kontakt, der absolut auf Vertrauen und bedingungsloser Liebe basiert ... und jetzt stirbt Erik!

    Sobald wir Menschen uns auf den Weg machen, kann neues in unser Leben kommen und altes einfach nur überflüssig machen. Die Angst vor dem Unbekannten, die mich immer noch begleitet, ist auch nur so ein Symptom, aber vielleicht auch ein gutes Symptom. Vielleicht auch nur eine Begleiterscheinung meiner Trinkerei. Da bin ich bisher nicht bis zur Ursache durch. Evtl. sollte ich dieser Angst ja auch noch ein Gesicht und einen Namen geben. Mal sehen. Es wird spannend :)

    Manchmal ist der richtige Weg nicht der einfachste Weg!
    Pocahontas

  • Im Grunde ist doch alles Resonanz. Wir ziehen in unserem Leben, das an, was wir aussenden. Empfinde ich nur Frust und Ärger, dann ziehe ich Frust und Ärger an. Gehe ich selbst nicht gut mit mir um, dann ziehe ich Menschen an, die es nicht gut mit mir meinen und wenn ich zu lange nicht hinsehe, dann zwingt mich mein Körper irgendwann hinsehen zu müssen, um wieder gesund zu werden.

    Gut geschrieben, lohnt sich auf jeden Fall mal darüber nachzudenken. :thumbup:

    GlG WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Die Sucht ist auch ein Symptom. Wenn ich aber nur die Sucht bekämpfe und nicht den Ursachen auf den Grund gehe, dann wird die Sucht weiter bestehen, ob aktiv oder im Unterbewusstsein. Ich werde also mein ganzes restliches Leben, damit zu kämpfen haben. Suche ich aber die Ursachen und bearbeite sie, dann wird auch die Sucht irgendwann für mich überflüssig.

    Ist das so? Wenn es dir hilft, dann bleibe am Ball.

    Bei mir war es nicht so. Bin jetzt über 16 Jahre zufrieden trocken und habe über 30 Jahre gesoffen. Kein bemerkenswerter Kampf bisher.

    Sicherlich gab es Situationen, Begebenheiten oder Lebensumstände, die den Weg in meine Sucht begünstigten. Aber nicht der Grund und schon gar nicht die Gründe. Wo fange ich an, wo höre ich auf, mit der Suche nach den Ursachen? Sie sind rückwirkend eh nur verschwommen zu sehen. Für sich selbst eine Entschuldigung finden für die Sucht? Jede Flasche, die ich mir an den Hals gesetzt habe, hatte eine Ursache.

    Ich bin süchtig geworden, weil ich den schleichenden Übergang zur Sucht nicht bemerkt hatte. Einfach zu viel gesoffen. Und dafür und nicht für irgendwas anderes übernehme ich die Verantwortung.

    Am Anfang meines Weges war ich auch auf der Suche, merkte jedoch schnell, dass es mit dem Schönreden meiner Sucht zu tun hatte. Eine Entschuldigung, dass ich nicht anders konnte. Nicht mehr meine Baustelle.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ist das so? Wenn es dir hilft, dann bleibe am Ball.

    Ja Helmut, ich bin fest er Überzeugung, dass es mir persönlich helfen wird.

    Ich kann an meiner Vergangenheit nichts mehr ändern und ich gebe auch keinem die Schuld dafür. Das Wörtchen Schuld existiert in meinem Wortschatz eigentlich ohnehin nicht. Jeder Mensch handelt nur so, wie es für ihn in diesem Moment richtig ist und wie er es selbst gelernt hat. Dabei spielen so viele Dinge mit.

    Ich muss jetzt nicht meine ganze Vergangenheit aufarbeiten (das würde eine Endlosschleife werden), aber ich muss ergründen, warum ich über diese langen Jahre nur schwieg und mich nicht traute, einfach nur ich selbst zu sein. Den Ursprung suche ich also nicht im Außen, sondern in mir selbst. Meine Familie auseinanderzunehmen, bringt mich nicht weiter. Ebenso bringt es mich nicht weiter, wenn ich über meine Kindheit, über meinen verstorbenen Vater oder über meine komplett gefühllose Oma und Mutter grüble. Wenn ich dafür zu viel Energie investiere, dann würde mir die Kraft für meine Zukunft fehlen.

    Verantwortlich dafür, dass ich gesoffen habe, war ausschließlich ich selbst und niemand anders. Es hat mir ja keiner die Flasche an die Lippen gehalten. Gemerkt, dass ich süchtig bin, habe ich erst, nachdem mein Mann mich immer vorwurfsvoller angesehen und mich dann direkt darauf angesprochen hatte. Da wollte ich dann reduzieren und nur noch am Wochenende trinken. Komisch war nur, dass ich immer Gründe fand, warum wir das Ziel "Nur Wochenende" erst nächste Woche beginnen können und dann wieder nächste Woche und wieder ... und wieder.

    Manchmal ist der richtige Weg nicht der einfachste Weg!
    Pocahontas

  • Ja Helmut,

    du kannst aber auch Hartmut zu mir sagen :mrgreen:

    Das "Aufarbeiten" der eigenen Vergangenheit, seiner psychischen Belastungen, Familie, sein Verhalten ist eine andere Schiene für mich.

    Für mich selbst gibt es da zwar auch kein Aufarbeiten, eventuell mal hinschauen, mal ergründen, wie was war, aber sicherlich nicht mit der Motivation es verstehen zu können, zu müssen oder dass es mir hilft. Je öfter ich mir was hervorhole, betrachte ich es anders und es bleibt somit frisch. Meist sind ja auch äußere Faktoren wie Familien, Freunde oder andere Personen, die es beeinflussten, dass es mir nicht so gut ging.

    Und bevor wieder eine Welle der therapeutischen Entrüstung durch das Forum auf mich herüberschwappt. Es ist meins und ich weiß wie sehr viele es anders sehen und handhaben. Das ist dann auch gut so. Zum Schluss ist ja jeder allein.

    Zurück zur Sucht.

    Ich habe zu allen Emotionen, zu allen Anlässen oder Begebenheit gesoffen. Es gab immer und das in allen Lebenslagen Begründungen und für mich Ursachen dazu. Das verstand ich auch erst später bei meinem Weg.

    Nicht die Ursachen haben mich zum Saufen gebracht, es war die Sucht, die die Ursachen als Anlass nahmen. Also erstmal abgegrenzt. Was mir wichtig war, wo sind meine Stolpersteine, wo bin ich gefährdet, wo hatte ich am meisten gesoffen.

    Und da ging ich dann sehr pragmatisch vor und schaffte mir mein persönliches alkoholfreies Umfeld. Und hier im Forum fand ich sogar schon eine Gebrauchsanweisung, wie ich das am risikoärmsten umsetzen kann.


    Ich habe deine Signatur umgewandelt zu meinem Weg.

    Manchmal ist der richtige Weg der einfachste Weg.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Guten Morgen in die Runde,

    Erik schlug gestern mit voller Wucht zu, Ganz unverhofft, auf einer Veranstaltung auf die ich mich sehr gefreut hatte.

    Positiv dabei war, dass ich es feststellte, die Situation analysieren und dann herausfand, woran es lag, dass Erik wieder zuschlagen konnte.

    Ich habe mal wieder meine Klappe gehalten, wo ich besser meinen Standpunkt klar offenlegen sollte und nur, weil ich das Fest nicht durch meinen Einwurf, nicht zerstören wollte. Was aber definitiv notwendig gewesen wäre.

    Ich ging mit so einem schlechten Gefühl und unterschwelligen Wut, mir selbst gegenüber, nach Hause. Erik meldete sich schon intensiv auf der Heimfahrt.

    Der Typ war so aufdringlich und aggressiv. Das Reden mit meinem Mann über Erik und die auslösende Situation am Abend hat mir dann etwas geholfen.

    Wobei mir die Situation aber auch geholfen hat, es sind immer dieselben Muster. Es sind immer Situationen, in denen ich etwas sagen sollte, aber aus Angst für andere unbequem zu werden, lieber schweige. Was für ein "Fuck" (sorry für diese Ausdrucksweise). Das Gefühl, nichts sagen zu dürfen und nicht aufmucken zu dürfen, hängt so tief in mir drin. Alte Gedankenmuster eben. Wie sagte meine Oma immer so schön "Halt den Mund oder Gott wird dich strafen." Ich weiß, ist blöd, aber wenn man solche Sätze von klein auf hört, dann prägen sie sich eben ein. Ein weiterer schöner Satz von ihr war "Frauen, gehören sofort, wenn sie auf die Welt kommen, ertränkt."

    Heute steht das nächste Fest an, bei dem ich wohl alle wiedersehen würde. Mein Mann möchte gerne hin, ich allerdings so gar nicht. Ich denke, es wäre besser, wenn ich solche Situationen für die nächsten Wochen, bis ich etwas stabiler bin, einfach nur meide. Es könnte durchaus hilfreich sein, wenn ich die Wut einfach aus mir herauslassen würde. Was würde es wohl mit Erik machen? Würde er dann kleiner oder eher größer? Würde er dann seine Klappe halten oder würde es mich in einen weiteren inneren Konflikt bringen, den ich dann nicht mehr steuern könnte?

    Ich werde heute nicht dorthin gehen und lieber zu Hause ein Buch lesen oder im Wald spazieren gehen. Auf dem Fest fließt eine große Menge an Alkohol, dann noch meine Ursprungsfamilie und all die anderen. Ich höre schon Erik, wie er zu mir sage, "DU mieser Feigling, traust dich nicht - irgendwann kommst du ohnehin nicht drumherum. Saufe sie dir einfach schön!

    NEIN, NEIN, NEIN - das werde ich ganz bestimmt nicht tun.

    Hört sich nun vielleicht blöd an. Irgendwie bin ich Erik sogar dankbar für seine laute Art, mich auf mein eigenes Ungleichgewicht in meinem Leben hinzuweisen. Er öffnet mir die Augen und lässt mich genauer hinsehen, auch wenn es für mich bedeutet, dass noch viel Arbeit vor mir liegt.

    VG treibsand

    P.S. Mein Saufdruck heißt bei mir Erik ;)

    Manchmal ist der richtige Weg nicht der einfachste Weg!
    Pocahontas

    Einmal editiert, zuletzt von treibsand (8. Oktober 2023 um 09:11)

  • Guten Morgen treibsand,

    Du hast Erik widerstanden und ihm Paroli gegeben, das ist sehr gut!

    Jetzt, mit Deiner Abstinenz kommen einige Situationen auf Dich zu, die Du früher

    nicht so wahrgenommen und "geschluckt" hast, bis Du sie betäuben konntest.

    Und mit jedem Stolperstein, den Du jetzt überspringst, wirst Du klarer und stabiler.

    Wichtig ist, dass Du erkennst, dass Du nicht an jeder Veranstaltung oder auch jedem

    Familientreffen teilnehmen musst, wenn absehbar ist, wie es laufen wird.

    Manche Kontakte tun einem nicht gut und warum soll man sich dem aussetzen?

    Wenn es jedoch nicht zu vermeiden ist, lernt man mit der Zeit, dass man nicht alles

    kommentieren muss. Egal was man sagt oder tut, es wird nichts ändern.

    Manches muss man nicht verstehen und es ist gut, wenn man sich innerlich ein

    Stoppschild setzt. Manchmal ist Schweigen die bessere Antwort!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Erik schlug gestern mit voller Wucht zu, Ganz unverhofft, auf einer Veranstaltung auf die ich mich sehr gefreut hatte.

    Unverhofft auf einer Veranstaltung?

    Wir empfehlen grundsätzlich das erste Jahr Veranstaltungen/ Feste zu meiden, entweder wo gesoffen wird, wo man selbst gesoffen hat. Das vor, während oder nach der Veranstaltung.

    Ich habe immer im Hinterkopf. Sucht denkt nicht, Sucht handelt.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Wenn es jedoch nicht zu vermeiden ist, lernt man mit der Zeit, dass man nicht alles

    kommentieren muss. Egal was man sagt oder tut, es wird nichts ändern.


    Manches muss man nicht verstehen und es ist gut, wenn man sich innerlich ein

    Stoppschild setzt. Manchmal ist Schweigen die bessere Antwort!

    Danke Elly für den Denkanstoß, du hast recht. Ich werde an meiner familiären Situation nichts ändern können. Sie ist, wie sie eben ist. Mir fällt es nur unsagbar schwer, weil nun, da ich, für sie nicht mehr greifbar bin, sie ihren Frust an meinen erwachsenen Kindern auslassen. Alles, was ich immer versuchte von ihnen fernzuhalten, prasselt jetzt auf sie ein. Es macht mich so verdammt wütend und ich fühle mich deswegen schuldig, obwohl ich keine Schuld daran trage.

    Manchmal ist der richtige Weg nicht der einfachste Weg!
    Pocahontas

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