koda - Gefühlsmatsch.

  • Bessere und schlechtere Tage, scharren mit den Hufen, weil das Auszugsdatum näher rückt. Auch Traurigkeit, weil es für meinen Zimmernachbarn weiter nach unten zu gehen scheint.Trinken jetzt zumeist für sich. Und - Ich bin nachwievor nicht sicher, wieviel Unterstützung überhaupt sinnvoll ist. Ein für ihn wichtiger Termin stand an. Scheiterte wegen Zuspätkommen. Hab noch versucht ihn von der Arbeit aus zu wecken, (da ist dann wieder dieser Gedanke, ich wills wenigstens versucht haben, ihn zu unterstützen. Hadere da aber ziemlich mit mir, ist das noch ok, oder schon zuviel eingegriffen? Es klappt auch nicht, er hört nichts, steht viel zu spät auf. Termin kommt nicht zustande. Die Folge, erneutes emotionales Tief, Schuldzuweisungen an Andere, ich lasse es nicht gänzlich unkommentiert. Daß sein Verhalten Konsequenzen hat, ist aber für mich offensichtlicher als für ihn. Er winkt ab, will es nicht hören. Rückzug, beiderseits. // Wäsche, die seit 2 Tagen nicht aufgehängt wird, ich widerstehe dem Impuls die einfach aufzuhängen. Wäre das alles eine halbwegs normale nicht suff- und suchtverhangene Lage, würde ich sie wahrscheinlich einfach aufhängen. Keinen Wirbel machen, weil an anderer Stelle wäre ich vielleicht diejenige die sie vergessen hat. Hier ist allerdings der Unterschied. So wie die Lage ist, würde er meine Wäsche eben nicht aufhängen. Weil ich als Wesen mit ebenfalls Bedürfnissen gar nicht vorkomme.
    Also lass ich die Wäsche drin. Und leg ihm einen Zettel hin, dann Freunde treffen.

    2 Mal editiert, zuletzt von koda (9. Februar 2024 um 19:24)

  • Ein kurzes Update. Auch für mich selber, um nachzuvollziehen, was grad abgeht. Der Auszugstermin ist in zwei Wochen. Ich spreche es regelmässig an, auch um mich abzusichern und klar zu bleiben (für ihn und mich), daß es diesmal keine Verlängerung gibt, oder geben kann. Versuche mir grad keine Termine auf das Wochenende zu legen, um sicherzustellen, daß er auch wirklich auszieht, und einen Raum hinterlässt, der bewohnbar ist. Ich freu mich auf die neue Phase, und nach vielen Monaten hat auch endlich mein Vermieter sein Go für eine neue Person gegeben.

    Soweit der Teil was mich betrifft.

    Egal was ich vorschlage, für alles gibt es Gründe, wieso das eh nichts bringt, oder zu schwierig ist. Kampfgeist nicht vorhanden, stattdessen unendlicher Selbsthass, Antriebslosigkeit, und Schimpfen auf so ziemlich alle, die eigene Familie, Gesellschaft, Frauen, sich selbst. Es ist zum AusderHautfahren. - Mach ich nicht, weil ich weiß das bringt nichts, aber innerlich rolle ich mit den Augen, und frage mich, was hier überhaupt noch auf Resonanz treffen könnte. Welcher Tiefpunkt muss erreicht werden, damit ein Mensch sagt, so jetzt ist es genug, ich brauche Hilfe?

    Manchmal denke ich, der Tiefpunkt ist längst erreicht und ist einfach ein Dauerzustand geworden. Betäubt wird mit Alkohol, und dann wartet man bis alles vorbei ist. Mit Mitte dreissig. Echt jetzt?

    Das musste mal raus.

  • Leider erreichen manche den Tiefpunkt einfach nicht. Das ist schwer zu verstehen und kaum zu akzeptieren. Aber ich hab es leider schon miterlebt. Gut, dass du für dich einen Weg da raus beschreitest. Vielleicht rüttelt ihn das auch auf … darauf wetten würde ich aber nicht.

  • Er ist ausgezogen. Es gab ein paar Hoffnungsschimmer, ein paar Bedingungen haben sich verbessert, einige der Gründe, die er immer nannte, weswegen er trinkt, waren plötzlich nicht mehr da. Der Konsum trotzdem gestiegen. So sehr, dass er jetzt selbst realisiert hat, daß es ein massives Problem gibt. Dass er keine 10 Jahre mehr hat, wenn er so weiter macht. Den Kontakt möchte ich jedoch nicht abbrechen. Versuche mich auf meinen gesunden Menschenverstand zu verlassen. Ziehts mich zu sehr runter, dann halte ich mich zurück. Bin ich selbst gut aufgestellt, kann ich auch ein Ohr haben.

    Dann - er hat sein zimmer verloren, und ist aktuell wohnungslos. Keine KV. Ich hab ihm jetzt ein paar anlaufstellen in unserer Stadt geschickt. Ich hoffe er geht hin. Grade versucht er noch das trinken selbst zu reduzieren. Er hat mitunter starke entzugssymptome. Ich mache mir große sorgen, aber versuche nicht zuviel einzugreifen, im Prinzip weiss er ja dass er selbst ins Handeln kommen muss. Und ich ja auch. irgendwie hab ich immer schon gespürt, daß jeder für sich selbst entscheiden muss, wie er sein Leben lebt. Auch bei meinem Vater - noch als Kind spürte ich - daß es nicht ok war, ihm zu sagen was er machen soll. Oder für beide Eltern da zu sein, sollte das nicht eher anders rum sein?

    Einmal editiert, zuletzt von koda (20. Mai 2024 um 14:04) aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • In Auroras Faden habe ich mich die letzten Tage vertieft. Ich merke, es werden ein paar Wünsche in mir klarer, was ich angehen möchte, oder wo es für mich hingehen könnte: Ich wünsche mir, genauer hinschauen zu können, wie es bei mir selbst aussieht, wo ich gerade stehe. Mich selbst besser lesen können. Das hat mich an deinem Faden auch so angerührt, Aurora: so eine Großmut, zu teilen was du erlebt hast. Und eine Genauigkeit, mit der du immer wieder anschaust, wo du stehst.
    Das möchte ich für mich selbst. Mut zum Teilen, und Mut zum Hinschauen, und weniger Angst vor dem Schmerz. Weich bleiben, ohne mich aufzulösen.

  • Ich hab das eigentlich in Mellis Faden angefangen zu schreiben, weil mich ihr Bericht über sie und ihren Vater ein stückweit an meinen eigenen erinnert hat, aber ich schreib das jetzt mal hier. Weil es doch mehr um mich geht, - falls du das liest Melli, es ist auch an dich gerichtet.

    Bei Lindes Frage nach der Wut bin ich selbst zusammengezuckt. Es ist das Gefühl, an das ich am schlechtesten rankomme, Ich sorge mich, ich habe Angst, viele Gefühle kommen erst mit stundenlanger Verspätung. Als ich ausgezogen bin, - so schnell mir das damals möglich war, hab ich lange nicht ohne Licht schlafen können. Mein Vater war in den letzten Jahren mehrere Male im Krankenhaus, und dreimal davon hieß es, kann sein, daß es das jetzt war. Klingelt das Telefon, und sehe die nummer des ortes an dem er jetzt lebt, denke ich immer auch, das wars jetzt. Manchmal kommt es mir so vor, als würde ich neben mir selbst herlaufen, neben einer viel jüngeren version von mir. Erinnerungen an früher, an meinen Vater, wie er verkatert im Bett bleibt. In der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit fällt mir auf, das beide meine Eltern Märchenkonstrukte errichteten, um uns Kindern zu erzählen, warum es Papa heute schlecht geht. Darin waren sie sich überraschend einig. Das irgendwas kolossal nicht gestimmt hat, hab ich mehr gespürt, als begriffen. Mein Vater hat wenig Worte gemacht, um sein Trinkverhalten. Gecovert wurde er von meiner Mutter, ich weiss nicht was gestimmt hat und was nicht. Aber was blieb war das:Misstrauen, und ein ständiges Auf der Hut sein. Ein permanentes Geühl des Ausgeliefertseins und dauerhafter Anspannung. Ich hab das nie ablegen können, und manchmal befällt mich urplötzlich eine Angst wie eine Attacke. eine Sekunde lang bin ich wieder Kind, und zu Tode erschreckt, da wo es am sichersten sein soll:Zuhause.

  • Hallo koda,

    Familienkrankheit Alkoholismus - Sie betrifft alle Mitglieder der Familie und dann sehr nachhaltig.

    Ich lese hier so oft bei den Cos " die Kinder bekommen es nicht mit" aber das ist ein Trugschluss. Meine Kinder waren schon größer, fast erwachsen, als es so richtig losging bei ihrem Vater bzw dann süchtiges Trinken war aber sie waren trotzdem sehr davon betroffen. Das hat mir viele Schuldgefühle gemacht.

    Es macht mich sehr betroffen, das zu lesen

    Ich hab das nie ablegen können, und manchmal befällt mich urplötzlich eine Angst wie eine Attacke. eine Sekunde lang bin ich wieder Kind, und zu Tode erschreckt, da wo es am sichersten sein soll:Zuhause.

    Liebe Grüße Aurora

    Glücklichsein ist eine Entscheidung

  • Ja ich muss aber auch sagen, bei uns ging die unberechenbarkeit vorallem von der psychisch labilen mutter aus. Meinen vater hab ich als kind fast nur als opfer wahr genommen. Jemand den ich beschützen wollte. Es ist für mich wichtig das mal nach und nach zu entwirren.

  • Ich musste auch früh Verantwortung übernehmen. Mein Vater, der abends immer getrunken hat (ich erinnere mich an eine einzige Phase von nur einigen Wochen in 40 Jahren, an denen er nicht trank). Beide Eltern holten sich ihren Trost bei mir. Mein Vater... heute denke ich mit Entsetzen, vielleicht war er immer alkoholisiert? - hab das als Kind gar nicht wahrgenommen, dass das nicht normal sein könnte. Als Papakind wollte ich ihn eigentlich immer beschützen. Diese Lebensunfähigkeit, die ich schon früh bei ihm wahrgenommen habe, hat bei meinem Bruder irgendwann zu Verachtung geführt, und bei mir zu einem extremen Beschützerinstinkt. Ava hat in meinem Faden das mal ganz gut auf den Punkt gebracht. "Wenn es Muster sind aus der Familie, eine Rolle, die man als Kind schon bekam, ist es vertraut - mit Liebe verknüpft- und das ist das extrem tückische daran."
    Ich kann nicht sagen, daß mein Vater zwei Gesichter hatte, dadurch daß er so regelmässig trank, und auch erst abends damit anfing, habe ich ihn kaum je wirklich betrunken erlebt, was ich aber erlebt habe, war jemand, der nicht klarkam, und sich oft bei seiner Tochter ausheulte. Das Muster erkenne ich wieder bei mir. Gespürt habe ich damals schon, dass das nicht ok war, meine Mutter tat ja dasselbe (sich ausheulen bei mir). Da ihre Art aber lauter, vehementer war, schließlich betäubte mein Vater seine Verzweiflung hauptsächlich in Alkohol, sie tat das nicht, habe ich sehr schnell Position bezogen.

    Das unbedingte Verharren in einer Konstellation die eigentlich unmöglich ist. Erleichterung finden, in dem man sich einem Kind anvertraut. Und erwartet, dass so die eigene Not gelindert wird. Die Schuldgefühle von denen ich eingangs schrieb, haben ihren Ursprung dort. Denn es hat ja nicht funktioniert. Es ging ihnen nicht besser.

  • oh mann, gestern voll in die co falle getappt. Mein freund hat keine wohnung mehr seit einiger zeit, unser kontakt hat sich sehr reduziert.aber wir hören uns in unregelmässigen abständen. Mittlerweile sagt er selbst, das er ein massives Problem hat, und ich fange an zu hoffen. Nach meiner eigenen Beschäftigung mit dem Thema Co Abhängigkeit erkenne ich in der Hoffnung die bei mir aufkeimt dann aber auch meinen Co-Anteil daran. Und Theorie ist das eine, dann kommt ein Anruf, wie gestern nacht, er hat nichts zum schlafen, klingt sehr betrunken. Will auf meine Couch. Innerlich gehen meine Alarmglocken an, der Gefühlsmatsch meldet sich, Mitleid, erster Gedanke, was kann ich machen, damit er nicht auf der Straße schlafen muss, zweiter Gedanke, auf keinen Fall bei mir, das ist zuviel einfach zuviel, was wenn er nicht mehr geht. Ich konnte es dennoch nicht übers herz bringen zusagen, es ist mir zuviel, weil du trinkst, oder weil du so betrunken bist, kann ich das nicht gut wegstecken. Also finde ich einen anderen Grund, Wohnung voll, was auch stimmt, aber wenns nicht die Sucht wäre, sondern ne andere Notlage würde ich ja auch mein eigenes Bett teilen, wenn ein Freund in Not ist. Hier ist aber die Grenze, das spüre ich. Und noch während ich ihm das darlege, und da auch hartnäckig bleibe, läuft permanent das schlechte Gewissen mit. Ziemlich laute Stimme, (auch laut, irgendwie in solchen Situationen sind alle Stimmen in mir laut, ein regelrechtes Getöse). Das kannst du ihm doch nicht antun. Er rudert dann selbst zurück und sagt, es ist seine S+++. Letztendlich suche ich ihm online eine Unterkunft (und bezahle die auch), und denke noch, das ist doch zuviel was du da machst. Vorallem ungefragt. - Als würde ich vor mir selbst rechtfertigen müssen, daß er nicht zu mir kommen kann. Das Recht erkaufe ich mir, ganz dummes Gefühl. Wieso kann ich nicht einfach sagen, ja genau, es ist deine Sache. Du hast ne Kreditkarte, du hast Internet, such dir was. Und heute vorallem Ärger. Und froh auch, daß ich ihn nicht in die Wohnung gelassen habe. Wieder alles gleichzeitig. Aber das will ich so nicht noch mal handhaben.

  • Letztendlich suche ich ihm online eine Unterkunft (und bezahle die auch)

    Dazu brauche ich ja nichts sagen. Das weißt Du selbst.

    Ich glaube aber auch, dass der Kreditkarteninhaber haftet. Wenn er was in der Unterkunft kaputt macht, oder mitnimmt, haftest womöglich Du dafür.

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