Hallo zusammen,
nachdem ich nun schon recht lange als "Gast" hier mitlese und bis jetzt schon sehr, sehr viel mitnehmen konnte, möchte ich mich dann doch auch mal kurz vorstellen und mich auch aktiv beteiligen.
Ich bin 37, verheiratet, kinderlos (aber ein süßer Hund und ´ne Mieze), berufstätig und habe eine ziemliche "Suchtkarriere" hinter mir.
Los ging es mit ca. 16 Jahren, Magersucht. Das ging dann so nach einigen Jahren schleichend über in Bulimie, bevor ich dann vor ca. 6 Jahren das ganze auf Alkohol "verschob".
Als Bulimikerin war ich vor ca. 15 Jahren mal bei einem Psychologen, der mir ein Antidepressiva verschrieb und mich wieder heim schickte. Ich fühlte mich zwar daraufhin etwas besser, aber natürlich löste das nichts von meinen Problemen.
Ich habe im Anschluss daran noch einige Therapeuten "verschlissenn".
2005 war ich in einer Klinik am Chiemsee (wegen Essstörung, wobei ich da auch schon eher auf Alkohol hätte therapiert werden müssen), 10 Wochen lang. Das war zwar nicht schlecht, aber ich habe nicht kapiert, dass man auch nach, bzw. gerade erst nach dem Klinikaufenthalt -also außerhalb der Käseglocke- aktiv sein muss.
So nahm das ganze weiter seinen Lauf.
Die Essstörung bin ich zwar los gewesen, aber dafür konzentrierte ich mich nun voll auf den Alkohol.
Ich begann mich erst abends mit ein, zwei Schlucken Yeni "locker und lustig" zu trinken. Das steigerte sich dann aufgrund steigender Toleranz. Wein und Bier habe ich selten getrunken, weil mir der Flash zu lange dauerte und mengenmäßig zu viel war. Ich wollte schnell besoffen sein und nichts mehr fühlen.
Aufgefallen bin ich vor 2 Jahren dann auch im Dienst. Es folgten div. Gespräche mit Sozialdienst und Personalamt, die wenig befriedigend waren, aber das sind halt keine Fachleute und das darf ich auch nicht erwarten.
Ich habe 2 halbherzige Selbstmordversuche unternommen, wurde einmal mit 4,2 % und das zweite mal mit über 3% und Schlaftabletten ins Krankenhaus gebracht. Ich hatte mich selbst und mein Leben und mein Versagen so über, dass ich in meinem besoffenen Kopf keinen anderen Ausweg mehr wusste.
Letztes Jahr war ich dann 10 Wochen in einer Suchtklinik. Sehr euphorisch und mit festem Vorsatz, es diesmal endlich zu packen. Ich habe es ja begriffen ..... Pustekuchen...
Wie heißt es so schön? Hochmut kommt vor dem Fall...
So war´s denn auch, meinen Tiefpunkt hatte ich noch nicht erreicht und ich dachte, ich packe es, indem ich bloß aufhöre zu trinken.
Es kam wie es kommen musste, der Rückfall. Erneut auffällig im Dienst, dann im März noch mal 2 Wochen Suchtklinik, aber auch danach hatte es noch nicht wirklich KLICK gemacht bei mir.
Im April starb dann nach langem Leiden mein Vater. Ich kann es nicht genau erklären, aber das war der Punkt, wo ich erkannt habe, ich belog und belüge mich auf´s allerfeinste und so kann es nicht klappen. Seitdem habe ich versucht konsequent zu sein, aktiv was zu ändern.
Den Tod meines Vaters habe ich erst im Juli wirklich realisiert (wir wohnen relativ weit auseinander) und hatte da noch einmal einen Rückfall über 3 Tage lang.
Aufgrund meiner Vorgeschichte und der Fahne, die ich da hatte, habe ich derzeit noch einiges dienstlich auszustehen (Gutachtertermin nächste Woche). Da muss ich durch.
Aber viel wichtiger ist mir, dass ich endlich kapiert habe, dass ich mich die ganze Zeit nur glücklich geredet habe. Das ist so schräg! Theoretisch hätte ich wie wohl jeder einem "echten Alkoholiker" gesagt, du darfst nie wieder trinken. Aber bei mir ist ja alles gaaaaaaaaanz anders und gaaaaaaaar nicht so schlimm ...
Phänomenal, wie blöd und verbrettert man als halbwegs intelligenter Mensch ist und sich selbst was vormachen kann. Unglaublich
Jedenfalls habe ich seither einiges geändert. Ich habe eine Volleyballmannschaft verlassen, weil da nach Trainingsende immer fleißig gebechert wurde. Zu heikel!
Da ich immer nur alleine gesoffen habe, brauchte ich mich nicht von Saufkumpanen zu trennen.
Ich habe eine neue Stelle zugewiesen bekommen und hier von Anfang an mit offenen Karten gespielt und gesagt, dass ich erst seit kurzem trocken bin. Meine Chefin ist voll im Bilde und wird mich auch nicht "decken", sollte es wieder zu Auffälligkeiten kommen.
Ich habe einen vhs-Italienisch-Kurs begonnen (zum x-ten male ), ich mache wieder regelmäßig Sport und entspanne in der Sauna.
Ich gehe regelmäßig zur Verhaltenstherapie. Wobei ich seit 2 Jahren bei einer Therapeutin bin, die echt genial ist und auch tacheless mit mir redet und mit mal in den Allerwertesten tritt, wenn sie merkt, ich eier rum.
Und ich gehe wöchentlich zu den Guttemplern.
Meine Ehe hat das ganze zwar auch mitgenommen, aber mein Mann hält zum Glück nach wie vor zu mir, wofür ich sehr, sehr dankbar bin!
Aufgrund der letzten Auffälligkeit im Juli will man mich nun hier vom Dienstherrn aus auf Langzeit schicken.
Das wäre sicherlich auch ein möglicher Weg. Ich habe das auch ernsthaft in Erwägung gezogen, denke aber (wie auch meine Therapeutin und Nervenärztin), dass ich ambulant die Kurve bekomme, so wie es jetzt läuft.
Da ich privat versichert bin, würde meine Krankenkasse nichts mehr zahlen (hat damals auch nur "kulanterweise" 30% übernommen - so viel zum Thema "anerkannte Krankheit" ....). Im Gegenteil hat man mir schon angedroht, dass bei erneutem Rückfall auch der erste Klinikaufenthalt zurück zu zahlen ist.
Wenn´s nicht anders ginge ... sch... drauf. Aber da ich ohne jeden Überschwang glaube, ich bekomme auch so die Kurve, möchte ich mir keine zusätzlichen Schulden und somit neue Probleme an den Hals hängen.
Jedenfalls muss ich nun kommenden Montag zu einem angeordneten Gutachten, wo festgestellt werden soll, ob ich zur LZ muss oder nicht. Soll eine mehrstündige Untersuchung werden. Ich schätze, das wird ähnlich wie bei einer MPU ablaufen.
Leberwerte habe ich, die sind im grünen Bereich, der CDT auch. Mulmig ist mir trotzdem, weil ich nicht weiß, was mich genau erwartet.
Und dann hoffe ich, dass ich durch aktives Mitarbeiten hier im Forum auch weiter wachsen kann...
Und wenn sich einer jetzt bis hierhin durchgelesen hat, freue ich mich über jede Zuschrift