Opalia - Ausstieg, Durchquerung und Suche

  • Hallo liebes Forum!

    Super, Euch gefunden zu haben! Seit März lese ich hier viel und versuche nun, mich Euch vorzustellen. Das gestaltet sich etwas schwierig, weil meine Umstände einen höheren Wiedererkennungswert haben - ich hoffe, mich dann bald im geschützteren Bereich mit Euch austauschen zu dürfen.

    Heute ist der 29.Tag, den ich keinen Alkohol mehr getrunken habe.

    Schon 2010 habe ich zum ersten Mal hier um Aufnahme gebeten, wurde aber damals abgelehnt, da ich noch nicht mit Sicherheit sagen konnte, dass ich Alkoholikerin bin. Jetzt - 14 Jahre später - muss und kann ich das: JA, ich bin Alkoholikerin. Und meine Entscheidung, nüchtern zu bleiben, ist endgültig- die Abstinenz soll lebenslang bestehen bleiben.

    Ein wenig zu mir: Ich bin mittleren Alters, es begann mit der Trinkerei recht klassisch: mit 14 der erste Rausch mit Filmriss in einer Gruppe, in der ich die Jüngste war und mit den "Größeren" mithalten wollte. Meine zersplitterte Herkunftsfamilie ist Dynastie eines Berufsstandes, bei dem das "kultivierte" Trinken zum Lifestyle dazugehört. Allerdings gab es nur einen, der außer mir Alkoholiker war. Trotzdem wurde das Trinken vorgelebt. Während der letzten drei Schuljahre hatte ich bereits den Ruf, besonders "trinkfest" zu sein und begann, z.B. die Qualität von Weinen zu differenzieren. Verschiedene Jobs mit hoher Affinität zu Alkohol begünstigten, dass eine Regelmäßigkeit meines Trinkverhaltens eintrat. Aber die Kontrolle endgültig verlor ich dann durch das Ende einer traumatisch verlaufenen Beziehung. Seitdem trank ich dann auch alleine vor mich hin.

    Ich gehörte zu den sog. "Spiegeltrinkern". Immer über den Tag verteilt kleine Schlucke, sodass man es nicht merkt und ich weiter funktionierte. Gelegentlich kamen dann auch noch abends haltlose Gelage on top. Ich wurde immer streitsüchtiger, aggressiver einerseits, andererseits aber auch gefühllos, es gab kaum noch etwas, das mich erreichte- weder Schönes noch Sonstiges.

    Das war dann der Punkt, eines Abends zu beschließen: So geht´s nicht weiter! Erstmal zur Suchtberatung, dann zum Hausarzt. Die Entgiftung konnte ich aus diversen Gründen nicht stationär machen, aber hatte keine Entzugserscheinungen zum Glück! Mittlerweile habe ich zum großen Glück schon einen Platz für eine Analytische Psychotherapie ergattert. Dreimal war ich bisher bei einer Präsenz-Selbsthilfegruppe. Trotzdem bin ich auch hier bei Euch: weil es mir sehr viel leichter fällt zu schreiben, und man dadurch auch viel genauer hinsehen kann, mehr Ruhe zum Gedanken-Fassen und weniger Ablenkung hat.

    Die letzten 4 Wochen waren ein einziges ZickZack mit extrem vielen Schwankungen. Die damit zu tun haben, dass ich derzeit mein berufliches UND privates Umfeld nicht alkoholfrei gestalten kann. (Ich kenne die Artikel hier - Grundbausteine, den Notfallkoffer und über den Kalten Entzug). Es würde den vollständigen Kollaps meiner derzeitigen Lebensumstände bedeuten. Umso stolzer bin ich, es jetzt schon soweit geschafft zu haben, dass das Vermissen des Alkohols etwas in den Hintergrund tritt. Ich schlafe besser (=erholsamer) und es sind auch weitere Veränderungen geplant + im Gange. (Fitnesstudio angemeldet und schon mehrmals hingegangen- hat gut getan.)

    Nun hoffe ich sehr, dass dieses Mal die Aufnahme bei Euch bewilligt wird ;-). Werde gerne weiter viel von Euch lesen und in anderen Strängen mitschreiben., wenn ich denke, etwas vielleicht Hilfreiches zu äußern zu haben.

    Danke fürs Lesen!

  • Hallo Opalia,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Meinen Glückwunsch zu Deinem Entschluss, vor einem Monat zum Arzt zu gehen und mit dem Saufen aufzuhören.

    Zuerst geht es hier erstmal nur um Dich selbst, denn in der Anfangszeit verändert sich sehr viel für Dich.

    Der Körper und die Seele müssen sich von dem jahrelangen Alkoholkonsum erholen.

    Das mit dem persönlichen und beruflichen Umfeld, dass dort überall Alkohol konsumiert wird, ist tatsächlich für Dich eine schwierige Situation.

    Hast Du in Deiner Familie und bei Deinen Freunden schon kundgetan, dass Du keinen Alkohol mehr trinkst?

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Elly! Danke für Deine schnelle Antwort!

    Was das Kundtun meiner Abhängigkeit und des Nicht-mehr-Trinkens betrifft, bin ich bisher ausgesprochen "wählerisch". Oder vorsichtig, besser gesagt. Mein Partner weiß es- leider trinkt er selbst viel zuviel und regelmäßig. Wir haben zu zweit ein eigenes Unternehmen und sind abhängig voneinander. Meiner Mutter sagte ich es auch, sowie zwei Freundinnen = Kolleginnen. Ansonsten konnte ich es schon zwei weiteren Personen mitteilen, die mir nicht so wichtig sind, und deren Reaktionen ich deswegen nicht fürchten musste.

  • Guten Abend Opalia,

    ein Partner, der weiter Alkohol trinkt, wird für Dich zu einer Herausforderung werden, die Du sehr wahrscheinlich bald so nicht mehr hinnehmen kannst.

    Man muss es nicht jedem erzählen, dass man Alkoholiker ist, aber die wichtigsten Menschen sollten informiert sein und auch Rücksicht auf einen nehmen.

    Möchtest Du Dich im offenen Bereich mit den anderen austauschen?

    Hier ist der Link für Dich:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Anklicken und kurz etwas dazu schreiben.

    Wir werden Dich dann freischalten und Dein Thema zu "Erste Schritte für Alkoholiker" im offenen Bereich verschieben.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Ja, es sagen mir alle (Arzt, Therapeuten, SHG), dass die Herausforderung immens sein wird. Aber ich kann mich doch jetzt deswegen nicht auf der Stelle sofort von meinem Partner trennen. Da hängt auch viel zu viel dran! (Selbständigkeit usw.). Das wäre für mich eine panische Kurzschlussreaktion.

    Ich habe richtige Furcht davor und noch überhaupt keine Perspektive, wie alles weitergehen kann- falls ich mich durch die Abstinenz stark verändern werde.

    Von meinem Partner kann ich keine Abstinenz "mir zuliebe" verlangen. Es ist unser Beruf, der mit dem Alk zu tun hat und auf Alk gründet. Außerdem war der bisher ein starkes Bindeglied unserer Beziehung- es steht total in den Sternen, was jetzt von dieser übrigbleiben oder sich neu bilden wird.

    Er leidet schon jetzt auch unter massiven Verlustgefühlen.

    Mich würden da Eure Erfahrungen wirklich interessieren.

    Danke für den Link, Elly!

    Einmal editiert, zuletzt von Opalia (22. Mai 2024 um 20:35)

  • Doch, Opalia, ich habe von meinem Partner erwartet, dass unser Haushalt alkoholfrei ist und er in meiner Gegenwart am Anfang nichts Alkoholisches trinkt.

    Und weil er so froh darüber war, dass ich nicht mehr saufe, hat er mich mit allem unterstützt!

    Er konnte auch immer nach 1 Glas Alkohol aufhören zu trinken, ich konnte das nie. Mittlerweile trinkt er sehr selten etwas Alkoholisches.


    Du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet.

    Du kannst überall schreiben, jedoch bitte die ersten 4 Wochen nicht bei den neuen Teilnehmern im Vorstellungsbereich.

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Opalia,

    herzlich Willkommen und herzlichen Glückwunsch zu 29 nüchternen Tagen. 💐

    Die letzten 4 Wochen waren ein einziges ZickZack mit extrem vielen Schwankungen. Die damit zu tun haben, dass ich derzeit mein berufliches UND privates Umfeld nicht alkoholfrei gestalten kann.

    Was genau meist du mit ‚Zickzack‘?

    Ein alkoholfreies Zuhause ist mir ganz wichtig. Mein Zuhause soll mir mein sicherer Ort sein und das ist es auch.
    Im Prinzip ist es doch so, dass mein Zuhause der einzige Ort auf dieser großen weiten Welt ist, wo ich entscheiden kann, dass er alkoholfrei ist….überall sonst kann mir Alkohol begegnen (können). Das kann ich nicht beeinflussen. Alkohol ist überall und er wird immer überall da sein.

    Mein nüchternes Leben ist in meinem Kopf. Es ist egal, ob andere Alkohol trinken, ich kann es nicht.

    Von meinem Partner kann ich keine Abstinenz "mir zuliebe" verlangen.


    Ich persönlich erwarte von niemandem, dass in meiner Gegenwart nur Wasser getrunken wird. Wenn es so ist, ist das super, wenn mir aber das Umfeld wegen des Alkoholkonsum einiger Leute nicht passt, dann muss ich eben gehen. Das ist dann meins.

    Die Welt um mich herum wird nicht trockener, nur, weil ich nicht mehr saufe.

    Nun bewege ich mich aber auch nicht in ‚Säuferkreisen‘, was vieles einfacher macht.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Hallo Opalia,

    Deine Situation ist wirklich nicht einfach. Aber wenn Du nicht noch einmal 14 Jahre verlieren möchtest, wirst Du bald einen Weg finden müssen, zumindest Dein direktes Umfeld alkoholfrei zu gestalten. Eine ganz wichtige Lehre ( aus Erfahrung) hier lautet: Nur nicht trinken reicht nicht.

    Z. B. Könntest du für den Anfang eine erst mal nur räumliche Trennung vornehmen, indem Du Dir ein kleines Apartment suchst. So ganz sicher scheinst Du Dir Deiner Partnerschaft ja sowieso nicht zu sein.

    Von meinem Partner kann ich keine Abstinenz "mir zuliebe" verlangen. Es ist unser Beruf, der mit dem Alk zu tun hat und auf Alk gründet. Außerdem war der bisher ein starkes Bindeglied unserer Beziehung- es steht total in den Sternen, was jetzt von dieser übrigbleiben oder sich neu bilden wird.

    Er leidet schon jetzt auch unter massiven Verlustgefühlen.

    Er ist erwachsen, damit muss er klarkommen. Vielleicht öffnet es ihm sogar irgendwann die Augen für sein eigenes Problem.. Aber Dein Fokus sollte jetzt zu 100 % auf Dir und deiner Abstinenz liegen. So wichtig darfst und musst du dir sein.

  • Hallo Opalia,

    Ja, es sagen mir alle (Arzt, Therapeuten, SHG), dass die Herausforderung immens sein wird

    Natürlich, weil alle Ratschläge in dieselbe Richtung gehen. Alkoholfreies Umfeld, sowohl privat als auch beruflich. Du wirst hier auch nichts anderes lesen. Alles andere ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Kontrolliertes ( Mit- )Trinken funktioniert auch nicht, wird hier auch nicht propagiert.

    Außerdem war der bisher ein starkes Bindeglied unserer Beziehung- es steht total in den Sternen, was jetzt von dieser übrigbleiben oder sich neu bilden wird.

    Diesen Zustand kannst Du in Zukunft nicht mehr halten ohne selbst wieder zu trinken.

    Was ist also wichtiger für Dich?

    lG WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

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