mia2509, Alkoholkranke Mutter

  • Hallo,

    Ich bin die Tochter einer schwer alkoholkranken Mutter (70) und suche Austausch mit Menschen, die ähnliches wie ich durchleben mussten bzw. müssen. Ich selbst bin schon lange erwachsen und habe eine eigene Familie gegründet. In den letzten Jahren hat sich mein Leben viel darum gedreht, ihr bei den unzähligen kalten und stationären Entzügen zu helfen, sie zu Ärzten zu begleiten oder vom Krankenhaus abzuholen (weil sie so viele Unfälle und andere Folgeschäden der Alkoholisierung hatte), sie zu besuchen, um sie vor der Vereinsamung zu bewahren, mobile Pflege zu organisieren usw. Mittlerweile kann ich einfach nicht mehr und sie will sich auch nicht mehr helfen lassen. Ich frage mich oft, ob ich mich jetzt, wo es ihr so schlecht geht wie noch nie, von ihr abwenden "darf". Wäre sie an Krebs oder so erkrankt, würde ich sie ja auch nicht im Stich lassen und sie unterstützen. Ich fürchte mich sehr davor, als "schlechte, egoistische Tochter" abgestempelt zu werden.

  • Hallo Mia,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Es ist gut, dass Du zu uns gefunden hast. Mit Deiner Situation bist Du nicht allein. Hier im Forum sind einige Teilnehmer mit ähnlichen Schilderungen.

    Du als Angehörige kannst nichts gegen die Alkoholsucht Deiner Mutter tun. Du hast jahrelang versucht ihr beizustehen und alles ging wieder von vorne los. Nur Deine Mutter kann aus der Suchtspirale selbst aussteigen, wenn sie will.

    Sie ist erwachsen und weiß, welche Wege sie gehen muss, um zu gesunden.

    Du kannst für Dich entscheiden, dass Du aus dieser Situation aussteigst und Abstand nimmst. Damit es Dir besser geht!

    Das ist nicht egoistisch, sondern Selbstfürsorge.

    Der Austausch mit den anderen Angehörigen im Forum wird Dir guttun.

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Klicke den Link an und schreibe ganz kurz etwas, damit wir Dich freischalten können.

    Wir werden dann Dein Thema zu "Erste Schritte für EKA" verschieben. (Erwachsene Kinder von Alkoholikern)

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Mia,

    herzlich willkommen in unserer Selbsthilfegruppe.

    Du bist jetz für den offenen Bereich freigeschaltet, und dein Austausch kann beginnen. Du kannst jetzt überall schreiben, nur bitte in den ersten 4 Wochen nicht im Vorstellungsbereich.

    Ich verschiebe dein Thema zu den erwachsenen Kindern.

    Ich wünsche dir einen hilfreichen Austausch.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Mia,

    auch von mir ein herzliches Willkommen.

    Leider ist es sehr oft so, dass alkoholkranke Angehörige sich nicht helfen lassen wollen. Genau das unterscheidet dieses Krankheitsbild auch von anderen Krankheiten, bei denen die meisten Erkrankten an der Verbesserung der eigenen Situation mitwirken. Das ist traurig und zusammen mit dem zunehmenden Verfall für Angehörige kaum auszuhalten.

    Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu spüren und sich abzugrenzen, wenn es für einen selbst zu viel ist. Das hat nichts mit Egoismus zu tun.

    Du hast zudem geschrieben, dass Du sehr viel für Deine Mutter getan hast. Funktioniert denn der mobile Pflegedienst noch? Ich selber organisiere die Pflege meiner Mutter aus der Ferne. Für mich ist die Distanz sehr wichtig und ich delegiere das allermeiste.

    LG Siri

  • Hallo Siri,

    Danke für deine Nachricht! Eigentlich sollte dreimal die Woche eine mobile Pflegerin zu ihr kommen, aber meine Mutter sagt regelmäßig telefonisch ab, schickt das Personal an der Tür wieder fort oder ist einfach nicht zu Hause, weil sie gerade Nachschub besorgt und durch die Stadt torkelt. Der Pflegedienst sagt mir dann, dass ihnen die Hände gebunden sind, wenn die Patientin nicht kooperiert. Trotzdem ruft mich meine Mutter dann an und will, dass ich die Bettwäsche frisch beziehe und die Wäsche wasche, weil sie wieder mal eingekotet hat. Vor den Pflegerinnen ist ihr das unangenehm, vor mir aber nicht. Und weil ich sie nicht in ihrem Kot schlafen lassen möchte, fahre ich doch wieder hin und mache es. Ich fühle mich sonst schlecht und wenn meine Oma, also die Mutter meiner Mutter, oder ihre Geschwister und andere Verwandte davon hören würden, dann würden sicherlich Vorwürfe auf mich niederprasseln. Das halte ich nicht aus und aus Angst davor funktioniere ich weiter. Die meisten meiner Verwandten wollen nicht sehen, wie schlimm es mit meiner Mutter ist, und beschwichtigen. "Das eine mal wirst du ja ihre Wäsche waschen können, sie ist doch schließlich deine Mama. Das kann doch mal passieren", würden sie auf jeden Fall sagen. Es ist aber schon so oft "passiert". Früher konnte sie noch selbst sauber machen, aber heute ist sie einfach zu dicht. Sie kann auch keine Rechnungen mehr überweisen, geht zu keinen Ärzt:innen mehr, geschweige denn zur Therapie oder einer Suchteinrichtung. Selbst wenn ich sie "an der Hand nehme" und wie ein kleines Kind überall hinbringe und begleite, ändert es nichts. Ich weiß, sie wird an dieser schrecklichen Krankheit sterben, aber davor fürchte ich mich gar nicht mehr. Sondern davor, dass alle sagen werden: "Warum hast du dich nicht/zu wenig gekümmert?"

  • Hallo Mia,

    Dein Bericht ist erschütternd. Nichts davon könnte ich für meine Mutter tun, -- und ich hätte kein schlechtes Gewissen (mehr), es nicht zu tun.

    Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du tief im Inneren erkennst, dass Du für die Lebensituation Deiner Mutter keinerlei Verantwortung trägst und Dich distanzieren darfst. Es ist nicht Deine Schuld, dass Deine Mutter in diesen Umständen lebt.

    Wenn Deine Mutter nicht mit dem Pflegedienst kooperiert, dann ist das ihre eigene Wahl. Ich würde ihr das klipp und klar sagen und dann auch konsequent danach handeln und ihr keinesfalls mehr zu Hilfe eilen. Sie spürt sonst die Konsequenzen nicht. Als meine Mutter das verstanden hat, hat sie sich auf die Hilfe eingelassen und kooperiert nun meist mit dem Pflegedienst. Wenn sie nicht kooperiert, spürt sie die Folgen unmittelbar und reisst sich dann wieder für eine Weile zusammen.

    Die meisten meiner Verwandten wollen nicht sehen, wie schlimm es mit meiner Mutter ist, und beschwichtigen. "Das eine mal wirst du ja ihre Wäsche waschen können, sie ist doch schließlich deine Mama. Das kann doch mal passieren"

    Deine Verwandten bagatellisieren, wie schlimm die Situation für Dich ist. Ich empfinde das als sehr übergriffig und würde es entschieden von mir weisen.

    Ich weiß, sie wird an dieser schrecklichen Krankheit sterben, aber davor fürchte ich mich gar nicht mehr. Sondern davor, dass alle sagen werden: "Warum hast du dich nicht/zu wenig gekümmert?"

    Du hast Dich nicht zu wenig gekümmert. Hoffentlich kannst Du dies bald verinnerlichen und Dich so vom Urteil Deiner Angehörigen frei machen.

    Vielleicht hilft es Dir, wenn Du Dir klar machst, dass das Nicht-Kümmern auch eine Chance für Deine Mutter sein kann. Nur wenn sie selbst an ihren Tiefpunkt gelangt, besteht die Möglichkeit, dass sie etwas verändern will. Im Forum wird in diesem Zusammenhang von Hilfe durch Nichthilfe gesprochen. Dazu können Dir andere im Forum besser Auskunft geben als ich.

    Es ist gut, dass Du hier ins Forum gefunden hast. Es ist so wichtig, sich in solch einer Situation Hilfe zu suchen.

    Ich selbst habe für mich viele Monate Einzelgespräche beim Kriseninterventionsdienst in Anspruch genommen bis ich dann endlich einen Therapieplatz gefunden habe. Das hilft mir, mit der belastenden Situation und meiner Kindheit besser klar zu kommen. Als es akut war udn ich nach langen Jahren ohne Kontakt mit der Situation meiner Mutter konfrontiert war, habe ich den gerontopsychatrischen Dienst bei meiner Mutter vor Ort aufgesucht und auch dort hat man mir sehr professionell weitergeholfen. Auch die Telefonseelsorge habe ich schon einmal angerufen.

    Jedes einzelne dieser Gespräche war für mich hilfreich und entlastend. Vor allem hat mir die so erfahrene Unterstützung, ebenso wie hier im Forum, dabei geholfen, die Schuldgefühle loszuwerden. Das wünsche ich Dir auch von ganzem Herzen.

    Viele liebe Grüße Siri

  • Ich fühle mich sonst schlecht und wenn meine Oma, also die Mutter meiner Mutter, oder ihre Geschwister und andere Verwandte davon hören würden, dann würden sicherlich Vorwürfe auf mich niederprasseln.

    Deine Mutter ist 70 ? Es gibt noch eine Mutter und Geschwister? Hast Du auch noch Geschwister?

    Deine grösste Angst scheint die Mißachtung Deiner Verwandten zu sein, welche aber gleichzeitig die Situation kleinreden ? Da wirst Du wohl mal auf den Tisch hauen müssen um einiges klarzustellen. Wenn es denn tatsächlich so wichtig wäre.

    Aber eigentlich ändert das an Deiner persönlichen Situation ja nicht viel. Wie steht Deine Familie zu Hause zu Deiner Situation?

    lG WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Meine Mutter hat 2 jüngere Geschwister samt Partner:innen, viele Nichten und Neffen, fünf Enkelkinder und eben auch noch eine Mutter. Also eigentlich eine große Familie, nur mag man nicht gern über "ungute" Themen reden.

    Ich selbst habe auch eine Schwester und wir unterstützen uns sehr in dieser schwierigen Situation. Ohne sie wäre es unerträglich.

  • Guten Morgen

    Auch ich war betroffen


    Komme aus einem traumatisierendem Umfeld .

    Meine Mutter war schwer krank.

    Ich habe sie 14 Jahre lang gepflegt.

    Als es losging, war ich 10.

    Damals gab es noch keine ambulante Pflege.

    Sie ist 30 Jahre tot.

    Ich war auch für Einkaufen zuständig. Habe alles gekauft, nur nicht ihren Suchtstoff.

    Jetzt, da ich diesen Suchtdruck kenne, habe ich fast Schuldgefühle. Sie war auf mich angewiesen.

    Meine Schwestern haben sie ihr dann den Alkohol besorgt.

    Ich habe ihr sogar mal gesagt, dass das, was sie da mache (Alkoholkonsum im Kombination mit schweren Medikamenten ) Selbstmord auf Raten sei. Sie war schwer depressiv, hatte immer starke Schmerzen. Die (Schmerz-)Medizin war noch nicht so weit wie heute.

    Sie sagte, sie wolle auch sterben. Ich warf ihr an den Kopf, da gäbe es schnellere Wege...ich war heillos traumatisiert (zuvor, während und danach Missbrauch erlebt)und überfordert. Niemand hat mir jemals geholfen


    Wünsche dir weiterhin viel Kraft und ein gutes Hilsnetzwerk ♡

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