Hallo lunasole,
erstmal danke für deinen Dank (klingt bescheuert, ich weiß ).
Ich helfe dir gerne, wenn ich kann - auch mir wird hier geholfen und darüber bin ich wiederum sehr dankbar.
Deine Email ist sehr rührend und emotional. Dennoch sehe ich darin gewisse Gefahren, auch wenn dir das jetzt vielleicht die Nackenhaare zu Berge stehen lässt....
Vielleicht sage ich dir zunächst einmal, wie ich in meinen nassen Zeiten auf solch eine Mail reagiert hätte. Meine Gedanken wären die folgenden gewesen:
"Sie liebt dich und meint es gut mit dir. Sie ist da, wenn ich sie brauche. Ich will sie nicht verlieren. Also schaue ich, dass ich meine Sucht in den Griff bekomme, dann ist sie wieder ganz für mich da."
Aber genau dieses Denken ist meiner Meinung nach falsch. Denn der eigentliche Motor für meine Handlungen wäre dann, meine Liebste wieder zu erobern, ihre Zuneigung und ihr Vertrauen wieder zu erlangen.
Genau darum geht es aber nicht!
Er schwebt mit seiner Alkoholsucht in ständiger Lebensgefahr, was eine ungeheure Belastung für sich und seine Umwelt darstellt. Also muss der Motor für sein Handeln die Rettung seines Lebens sein, seines Lebens. Die Beziehung kann hier erst an zweiter Stelle stehen.
Er muss nicht aus Liebe zu dir handeln sondern aus Liebe zu sich. Er muss handeln, weil er sich liebt, weil er will, dass er weiterlebt; deswegen meinte ich auch, dass seine Herzkrankheit vielleicht der Rettungsanker ist.
Erst wenn er einsieht, dass sein Leben wertvoll ist (für sich und für dich und deine Kids) und er es retten will, weil er dies erkannt hat und danach handelt, sehe ich eine wirkliche Chance für euch beiden.
Starker Tobak, ich weiß.
Aber denk doch nur mal ein klein wenig weiter:
Nehmen wir mal an, er würde es schaffen, 3, 4 oder 5 Monate trocken zu bleiben. Du würdest wieder auf ihn zugehen und alles wäre wieder beim alten.
Jetzt gibt es aber keine Motivation mehr für ihn, sein trockenes Leben beizubehalten, denn er "hat" dich ja wieder, sein Ziel ist erreicht, mission complete.
Erst wenn er eingesehen hat, dass es hier um sein Leben geht, das täglich gelebt werden will, und das jeden Tag aufs neue gelebt werden will, hat er auch die Motivation tatsächlich jeden Tag nichts zu trinken.
Sein Ziel muss sein, leben zu wollen, nicht, dich zu erobern.
Und genau das unterscheidet meiner Meinung nach einen trockenen Alkoholiker von einem zeitweiligen Abstinenzler.
Falls du ein wenig Zeit hast, lies doch ein wenig mehr in diesem Forum. Du wirst schnell merken, dass die Hauptantriebskraft für einen trockenen Alkoholiker das Ziel ist, jeden Tag zu leben und damit trocken zu bleiben und nicht nur für eine bestimmte Zeit abstinent zu sein.
Liebe Grüße
Wolfgang