Hallo Zusammen,
nach langer Zeit mal wieder in eigener Sache. Meine Mutter ist zur Zeit in offizieller Entgiftung Nr. 7. Nachdem der Besuch am Wochenende aufgrund Dista nicht so prickelnd war, dachte ich mir ich fahr heute noch mal hin, dann sind sie am ausschleichen und sie ist fitter. Wir könnten schön Kaffee trinken, ein wenig plaudern und ich könnte meine Mutter mal wieder „nüchtern“ erleben. Nüchtern ist und bleibt sie einfach ein feiner, angenehmer Mensch….
Ich hatte Recht, sie war sogar sehr fit, allerdings fand ich mich auch wieder mitten in einem „höchst erfreulichen“ Gespräch wieder. Keine Ahnung wie das passiert ist, aber so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Eines kam zum anderen und ich bekam mal wieder zu hören, wenn sie Krebs hätte würde ich das ja auch hinnehmen. Nun, nachdem ich dann ausnahmsweise nicht wie sonst den Mund gehalten habe und ihr gesagt habe bei Krebs würde sie auch alles unternehmen um gesund zu werden und das würde ich nicht sehen. Meinte sie nur Alkoholismus ist was anderes und sie würde ja wollen, aber es ist eben nicht einfach und außerdem würde es auch nicht jeder Krebskranke schaffen. Ach so….. !!??? Keine Ahnung warum ich da das Gespräch nicht als sinnlos beendet habe. Was mich auch geritten hat, es war nicht gut für mich.
Es ging noch ein wenig hin und her, inklusive der erneuten Drohung sie könne sich ja umbringen, aber ich will Euch nicht langweilen und hier alles wiederholen. Meine Reaktion darauf kam von Herzen und war nicht ohne. Ich sagte dann anschließend nur noch, wenn jemand 1km ins Dorf und wieder zurück geht um sich Alkohol zu besorgen, sehe ich da kein Wollen des Aufhörens, sondern den Vorsatz trinken zu wollen. 2km sind genug Zeit zu überlegen, wie man Hilfe bekommt, wenn man sie will. Ich hätte ja keine Ahnung! Recht hat sie! Aber die Suchtberatung, die Therapeuten und die Betroffenen, denen sie die letzten 4 Jahre bei ambulanter und stationärer Therapie, in SHG, bei den Entgiftungen und Langzeittherapien begegnet ist. Die haben Ahnung und die haben die Hilfsmöglichkeiten, Tipps und Tricks zur Akuthilfe sicherlich nicht für sich behalten, sondern freigiebig erzählt. Das habe ich ihr dann auch gesagt. Darauf kam nur noch sie hätte keinen Bock auf meine sch….schlauen Sprüche und ob ich noch einen Kaffee hole. Ich habe es dann ruhen lassen, noch einen Kaffee geholt und nach einem kleinen Spaziergang bin ich dann auch gefahren.
Ich hatte einen richtig guten Tag, gute Laune und habe mich sogar auf den Besuch gefreut und ihn nicht wie so oft als Pflichtprogramm angesehen. Jetzt sitze ich hier habe schlechte Laune, bekomme dieses Gespräch nicht aus dem Kopf, bin enttäuscht, bin gefrustet und ehrlich gesagt wütend auf mich selbst.
Ich habe einfach keine Lust mir ständig anzuhören wo es zwickt und weswegen sie besser zum Arzt gehen würde. Wenn sie trocken werden würde hätten sich fast alle anderen Krankheit und Beschwerden erledigt, nur an den Symptomen doktern hat noch nie geholfen. Ich habe keine Lust mehr mir anzuhören, was sie alles tut wenn sie diesmal entlassen wird und dann noch erwartet, dass ich jippie rufe und begeistert bin. Dazu habe ich zu oft erlebt, dass sie nichts getan hat. Ich habe keine Lust mehr, dass von mir erwartet wird das ich begeistern Beifall klatsche wenn sie wieder in die Entgiftung geht. Andere wären schließlich schon 30x da gewesen. Ich habe keine Lust auf verletzte Blicke, wenn ich sage, dass ich solche Menschen nicht mehr ernst nehmen kann, eine Woche draußen, zwei drin. Ich habe einfach keine Lust mehr nichts von mir erzählen zu können, weil sie doch ständig wieder bei sich landet oder mir nicht zuhört um dann wieder bei sich zu landen und mir anschließend vorzuwerfen sie könne nicht wissen was ich mache und wie es mir geht, ich würde ja nichts erzählen. Ich habe schlicht und ergreifend keine Lust mehr auf ihre Sauferei in irgendeiner Form Rücksicht zu nehmen. Ich habe keine Lust mehr mich ständig meiner Haut erwehren zu müssen, weil man versucht mir die Beseitigung von Folgen aufzudrücken. Ich habe keine Lust mehr mir in irgendeiner Form die Verantwortung dafür aufdrücken zu lassen, wenn sie Saufdruck bekommt, was sie auch heute wieder getan hat. Ich habe keine Lust mehr hinter diesem sch….. Alkohol die zweite Geige zu spielen. Ich habe keine Lust mehr vorwurfsvolle Blicke zu bekommen, wenn ich zuerst an mich und dann an meine Eltern denke. Ich habe keine Lust mehr auf Gefühle Rücksicht nehmen zu sollen, die doch nicht echt und vom Alkohol gesteuert sind. Ich habe keine Lust mehr mir immer und immer wieder anhören zu müssen, da reden wir morgen drüber. Ich kann mich an kein morgen in den letzten Jahren erinnern. Ich habe keine Lust mehr ein schlechtes Gewissen zu haben, obwohl ich weiß, dass ich das nicht haben muss. Ich habe keine Lust mehr auf diesen ganzen Mist……
Doch was tue ich? Statt das zu sagen und danach zu handeln, rutsche ich immer wieder in die alten Muster, kann meine Klappe nicht halten und tue alles damit ich geliebt werde, mich geliebt fühle, das liebe Kind bin. An Tagen wie heute habe ich das Gefühl keinen Zentimeter weiter zu sein als vor 1,5 Jahren, nur das ich inzwischen wieder Kraft habe wütend zu werden. Immerhin etwas……
Vielen Dank für’s lesen, dass musste jetzt einfach mal raus. Irgendwie geht’s mir jetzt doch besser.
Gruß
Skye