Mache jetzt einen Neuanfang

  • Servus Pauli,

    klar, am Anfang geht auch noch das Gedankenkarussel rund, die (fehlende) Gesundheit macht sich bemerkbar, dazu Schlafmangel, Nervosität und was es sonst noch so "feines" für uns gibt. Mir hat es geholfen, auch diese "schlechten" Tage zuzulassen, mich mit literweise Mineralwasser in eine Ecke (geht auch in der Arbeit) zurückzuziehen, und sei's nur für ne viertel Stunde.

    Und warum graut Dir vor Deiner Holden - sooo schlimm kann sie doch gar nicht sein, sonst hättest Du sie ja nicht geehelicht, oder??? :P:P Gib dir selbst Zeit - und Geduld, die wirst Du lernen (müssen). Und fressen wird Dich Deine Liebste ja wohl nicht?!

    Schau, wir haben Jahre und Jahrzehnte gesoffen, bevor aus dem Missbrauch eine Abhängigkeit wurde. Und nun soll innerhalb vom wenigen Monaten, Wochen oder gar Tagen alles "erledigt" sein? Das passt nicht...

    Auf die Gefahr hin, dass mich nun manche "steinigen" weil ich's mal wieder so richtig platt rüberbringe: Es wird mindestens ein Jahr dauern, bis Du wieder "auf normal" bist.
    Das erste Quartal bist Du mit dem Entzug und den "Grundlagen" beschäftigt,
    im zweiten Quartal wird Suchtselbsthilfe "normal",
    im dritten Quartal setzt Du nicht nur um, sondern verinnerlichst,
    und im vierten Quartal wirst Du sicher und gewinnst Selbstvertrauen zurück und fängst an, Dein neues Leben als normal zu empfinden.

    Und dann? Ja, dann fängt die "lebenslange Arbeit" an uns Alkoholikern erst richtig an, wenn auch unter -finde ich- positiven Vorzeichen. :lol:

  • Hallo Pauli,

    ich bin nun einer der diese oben besagten Grundregeln von Spedi eingehalten hatte und bin nun auch im 4 Quartal!
    Durch ihn und den anderen Langzeittrocken, habe ich nach fast 30 Jahren misslungenen Selbstversuche ,diesen Weg gewählt und kann ihn vollends unterschreiben!

    Das Verstehen der Krankheit ist ein längerer Prozess für uns selbst bis wir es eingestanden haben! Deine Frau ist "gesund" und hat noch das Bild der Obdachtlosen unter den Brücken lebende Alkohliker im Kopf!
    Das kann ich ihr auch nicht übel nehmen! Ich habe ja auch so geglaubt und bin dann leider des "besseren" belehrt worden!

    gib ihr die nötige Zeit sich mit der Krankheit auseinander zu setzen und ihr werden den Weg gemeinsam gehen können! Du kannst sie auch mal hier im Offenen lesen lassen ! :wink:

    Gehe weiter deinen geradlinigen Weg ! Das bessere Leben wartet!

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hi Pauli71,

    das kommt mir so bekannt vor.
    Als ich meiner Frau mein Trinkverhalten geschildert habe, genau die gleiche Reaktion.
    Auch meine Eltern waren entsetzt.

    "Du bist doch kein Alkoholiker !" riefen alle entsetzt , "Nein, unmöglich...."

    Es durfte einfach nicht sein was nicht sein kann !

    Mir ging es aber danach besser und ich hatte jetzt jemanden mehr, der mit auf mich aufpast !

    LG _odin_

    Gruß _ODIN_

  • Hallo Pauli,
    ich finde es einfach ganz, ganz supertoll von dir, so gerade deinen trockenen Weg zu gehen !!! Wirklich, Hut ab. Was hätte ich gegeben, wenn mein Mann so etwas getan hätte. Von ganz alleine.
    Aber, nun ja vorbei.
    Alles Gute für dich, Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo Pauli,

    Ich bin zwar wieder spät (oder früh?), aber das ist halt meine Zeit hier im Forum.
    Du bist ja schon tüchtig gelobt worden für Deinen mutigen Schritt, tatsächlich gleich nach dem Beratungsgespräch auch mit Deiner Frau zu sprechen.
    Da haben wir Dich also doch richtig eingeschätzt, nämlich als jemanden, der ein angepeiltes Ziel oder eine Sache, die er als richtig erkannt hat, auch konsequent durchzieht. Dazu kannst Du Dir selbst gratulieren. Toll.
    Heute ging es Dir schlecht? Wenn es Dich auch nicht tröstet, so kann ich Dir dennoch versprechen,dass noch mehr solche Tage auf Dich zukommen werden. Aber Du wirst sie alle nicht nur überstehen, sondern du wirst sie meistern, weil Du Dir in solchen Situationen selbst klar machst, dass dies alles besser ist als langsam aber sicher am Alkohol zugrunde zu gehen. Es gibt nämlich nur die eine Alternative: Weiter saufen und alles, was Dir lieb und wert ist, mit in den Abgrund zu reißen - oder den Weg durch das Fegefeuer zurück in das richtige Leben.
    Sobald Du Klarheit über Deine Ausgangssituation hast und weißt, in welchen Schritten es weitergeht, wirst Du Dich schon wieder um einiges besser fühlen.
    Und immer, wenn Dir danach ist, kommst Du hierher und schreibst Dir Deine Gedanken aus dem Kopf. Inzwischen weißt Du ja auch,dass Du hier vom Bussi bis zum A****tritt alles kriegen kannst, was gerade erforderlich ist.
    Also Kopf hoch und weiter so.
    Wenn Du mal wieder Zeit hast, könntest Du mal aufschreiben, wie es denn bei der Beratung gelaufen ist. Wir wollen ja auch gerne weiter lernen.

    Bleib auf Deinem Weg
    Liebe Grüße
    Michael

  • Hallo lumho,
    Hallo Forum,

    es tut gut - so von Euch aufgebaut zu werden, vor allem wenn die Stimmung zuhause ein wenig nach unten tendiert. Um's mal mit den Worten eines großen Philosophen auszudrücken: "Wei***" - nein, ich sage es jetzt nicht, sonst werde ich noch vom fraulichen Publikum gesteinigt ;)

    Zurückblickend bin ich nach dem Gespräch mit meiner Frau knapp an einem Rückfall vorbeigeschrammt. Ich saß danach noch lange alleine da und habe gegrübelt, dabei schoss mir plötzlich der Gedanke durch's Hirn: jetzt holst Du Dir eine Halbe, dann geht's besser! Das allein war schon schlimm genug, aber weil ich keinen Stoff mehr zuhause habe, arbeitete der Computer gleich an einer Strategie und hat überlegt, ob noch irgendwo ein Supermarkt offen hätte. Bin natürlich nicht gefahren, aber ich war dann ein paar Minuten richtig fertig - hab' gezittert und geschwitzt, so aufgeregt war ich da.

    Da bin ich also nochmal davon gekommen. Jetzt geht's erst mal morgen zur Selbsthilfegruppe und nächste Woche habe ich Termin mit dem Therapeuten wegen erster Orientierung usw. Bin gespannt, was bei der SHG für Leute dabei sind, ein bischen komisch ist mir schon...

    Beim Arzt ist soweit immer alles ok - laufe also nicht Gefahr plötzlich umzukippen. Heute kriege ich das Ergebnis wegen der Schilddrüse und muss fragen, ob das auch mit dem Saufen zusammen hängt. Hab' mir einiges zu dem Thema durchgelesen und bin ein wenig in Sorge. Meine Mutter muss ihr Leben lang Pillen deswegen schlucken, tolle Perspektive...

    Hab' auch über "Disposition zur Alkoholkrankheit" nachgedacht. Es gibt einiges an Material, das nahelegt, dass die Veranlagung für unkontrolliertes Saufen vererbt werden kann. Der Gedanke kam mir, weil ich nicht erkennen konnte, dass mein Umfeld mich übermäßig zum Alk hingeführt hat. In meiner Familie wurde nicht viel getrunken - gesellschaftlich bedingt, halt. Allerdings gab es in den vorhergehenden Generation (Groß- und Urgroßeltern) Fälle von schwerem Alkoholismus. Was meint Ihr dazu?

    lumho : von der Suchtberatung habe ich schon geschrieben und wie gesagt, geht's mit Therapeuten und SHG erst los - ich schreibe, sobald ich mehr weiß.

    So jetzt wird erst mal was geschafft...

    Bis dann
    Pauli.

  • Servus Pauli71,

    also, das berühmte "Säufergen" ist bis heute noch nicht "so richtig" gefunden worden.

    Was allerdings in der Literatur übereinstimmend klar beschrieben wird, ist das "erlernte" Suchtverhalten. Quasi unsere pawlow'sche Konditionierung (???), mal ganz platt gesagt.

    Will heissen: wenn es für uns als Kinder schon "normal" war, dass manche Erwachsene in unserem direkten Umfeld "über die Massen" oder zumindest regelmässig Alkohol konsumieren, dann werden wir meistens am Alkoholkonsum nichts vorrangig negatives erkennen und diesen als "normal" ansehen (ich verzichte jetzt bewusst auf die Fälle, wo das bei Kindern bereits eine Ablehnung hervorruft!).
    Das wiederum kann dazu führen, gepaart mit eigener Erfahrung beim Alkoholkonsum, dass Alkohol von uns bewusst als Seelentröster/Belohnung/whatsoever eingesetzt wird. Es kommt in Folge zum Missbrauch, der Missbrauch wird "Standard", und irgendwann ist die Grenze des Missbrauchs überschritten und wir sind süchtig/abhängig. Erst mal psychisch, später durchaus auch physisch. Die Zeiträume dazwischen sind individuell sehr verschieden, die Muster hingegen recht ähnlich. Muss jede(r) für sich mal hinterfragen - aber vielleicht nciht jetzt am Anfang der Trockenheit, sondern mit gebührendem Abstand und einer gewissen Routine / Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Trockenheit.

    Einen Schritt nach dem anderen gehen, den ersten vor dem zweiten Schritt machen.

    Dass der Haussegen schief hängt oder die Stimmung gerade nicht so prickelnd ist, ist hoffentlich auch für Dich nachvollziehbar. Schön ist unsere Krankheit ja nunmal nicht, wie es keine Krankheit ist.
    Und dass Deine Frau (berechtigterweise?) enttäuscht ist, kannst Du ihr ja kaum verübeln: schließlich hast Du sie ja (jahrelang) -was Deinen Alkoholkonsum angeht- nicht ehrlich behandelt. Auch das will erst mal verdaut werden. (Meine Frau fragte mich in dem Zusammenhang mal, ob ich denn wenigstens bei der Eheschließung nüchtern gewesen wäre...nun ja...was ist schon nüchtern...bei einem Alkoholiker... :oops: keine schönen Diskussionen, sowas...aber auch die gehörten für mich/uns zur Aufarbeitung)

    Das mit der zusätzlichen SHG im RealLife ist immer eine gute Idee, schon alleine wegen dem damit verbundenen "sich-outen" und gleichzeitig, um neue -trockene- Kontakte zu küpfen, die unsere Krankheit auch haben und entsprechend professionell damit umgehen können.

    So eine SHG ist auch für Angehörige sehr oft eine gute Lösung - woher sollen die denn sonst wissen, was hier "abgeht"? Was "normal" ist, und was nicht? Wobei jedes Paar für sich entscheiden muss, ob sie lieber in getrennte Gruppen gehen, oder in eine gemeinsame. Kommt viel drauf an, wie sie jeder öffnen kann, wenn der Partner "alles mitkriegt".

    Ich wünsch Dir weiterhin viel Kraft, bleib dem Weg und Dir treu!

    LG
    Spedi

  • Hi Pauli,

    Ich glaube Du bist richtig gut - und Du bist hier bei uns auch genau richtig.
    Ich möchte gerne Spedis Beitrag mit meinen Gedanken ergänzen:
    1. Es ist eigentlich für unser aktuelles praktisches Leben unerheblich, ob es dieses Alkoholiker-Gen gibt oder nicht. Selbst wenn, einen fertig konditionierten Alkoholiker, der gar nicht anders kann als Alki zu werden, hätten wir damit noch lange nicht. Veranlagungen machen ja nur einen Teil unseres Lebensweges aus. Für unseren Weg in die Trockenheit und das anschließende zufriedene abstinente Leben ist hier und heute entscheidend zu wissen, wann und wofür ich den Alkohol eingesetzt habe. Denn da muss ich ansetzen, um für diese Situationen und Bedürfnisse alternative Strategien zu entwickeln. Also wenn ich den Alk eingesetzt habe, um Unsicherheit, Angst, Ärger, Druck, Schmerz usw. nicht mehr zu spüren, oder um in Gesellschaft lockerer zu sein, dann muss ich jetzt lernen, mit diesen Gefühlen anders umzugehen, wie Du ja schon nach dem Erstgespräch mit Deiner Frau erlebt hast.
    Darüber hinaus halte ich es persönlich für sehr wichtig, alles über unsere Krankheit und über mich selbst zu wissen, was ich im Rahmen meiner intellektuellen Möglichkeiten verarbeiten kann - aber dazu hast Du nach dem Trockenlegen, also z.B. während einer Therapie und nicht zuletzt hier im Forum, noch genügend Zeit.
    Aber das wichtigste ist, möglichst kurzfristig Lösungen für die aktuellen Probleme zu finden; denn das Leben nicht im Alltag ja keine Rücksicht - beim Freiberufler noch weniger als bei anderen Berufsgruppen.

    2. Thema Selbsthilfegruppen: Grundsätzlich bietet Dir unser Forum im geschützten Bereich nahezu alles, was ein Betroffener von einer SHG erwarten kann. Sie hat den riesigen Vorteil, an 7 Tagen in der Woche und 24 Stunden am Tag erreichbar zu sein und aufgrund der Anzahl der aktiven Teilnehmer eine unvergleichliche Vielfalt an Kenntnissen, Erfahrungen und Meinungen verfügbar zu halten. Du musst sie nur abrufen und bereit sein, sie anzunehmen bzw. das für Dich zutreffende und anwendbare herauszufiltern.
    Eine reale SHG vor Ort bietet demgegenüber nur zwei Vorteile: Indem Du persönlich in der Gruppe erscheinst, Dich vorstellst, und Dich in Form von Worten, Mimik und Gestik mitteilst, lernst Du es, Dich zu Deiner Krankheit zu bekennen und offen damit umzugehen. Und Du empfängst wesentlich mehr Signale von den anderen Teilnehmern als es hier in einem Forum möglich ist. Man könnte das vielleicht als eine Art sozialer Komponente bezeichnen, die besonders für den "Frischling" wichtig sein kann.
    und der zweite Vorteil ist der "Zwang", wenigstens einmal in der Woche etwas für mich zu tun, auch wenn ich eigentlich keine Lust habe. Wie die regelmäßige Einnahme einer Medizin.
    Tja, und in Deinem Fall rate ich Dir dringend, weiter auf Deinen Mut zu setzen und die SHG am Ort aufzusuchen, statt 40 km weit zu fahren. Was kann denn schon passieren? Wie Dir hier ja schon gesagt wurde, wirst Du schlimmstenfalls auf Bekannte treffen, die die selbe Krankheit haben wie Du - und etwas dagegen tun. Ansonsten gibt es doch wohl keinen Grund, sich zu schämen, wenn andere Leute sehen, dass Du Deine Krankheit erkannt und angenommen hast. Unsere Standartbemerkung dazu:
    "Du hast Dich doch auch nicht geniert, nachts noch an der Tankstelle oder im Kiosk Deinen Sprit zu kaufen, oder an der Theke Deinen dreiviertelsvollen Bierdeckel offen liegen zu lassen; also warum dann jetzt beim Verzicht auf Alkohol?"
    Ich habe, zugegeben, selbst schwer mit mir gerungen; wollte gar nicht wahr haben, dass mir so eine Gruppe etwas geben könnte, weil ich "doch ganz anders bin als all die anderen"; aber dann ist mir aufgefallen, dass ich ja bezüglich meiner Sauferei und diesbezüglicher professioneller Hilfe genauso falsch gewickelt war. Also habe ich es versucht - und heute kann ich über eigene Erfahrungen und Eindrücke aus diversen SHG, Arbeitsgruppen und Gesprächskreisen berichten, in denen ich mich ebenso frei bewegen kann wie beim Besuch der Suchtklinik oder dem Kauf von Fachliteratur.

    Bleib dran, trocken, und nimm weiter den graden Weg

    Liebe Grüße
    Michael

  • Hallo,

    @all: das mit den Genen ist so ein Faible von mir, ich brauche halt immer eine Begründung, warum die Sachen so sind, wie sie sind. Dass die Gene allein keinen Säufer aus mir gemacht haben, ist klar. Ebensowenig machen die verbliebenen Erbanlagen aus der Steinzeit einen aggressiven Killer aus mir. Wenn ich mich in meinem Freundeskreis umschaue, gibt es ein paar Leute, die haben einen vergleichbaren Werdegang, sind auch selbständig, haben auch gebaut und ich weiß von min. einem, dass er eine ziemliche Down-Phase (psychisch) hatte. Mit dem habe ich im Studium öfter mal eine Halbe (oder fünf) gekippt. Im Nachhinein fällt mir aber auf, dass er seit einigen Jahren einen ziemlichen Schnitt vollzogen hat: während bei mir der Konsum immer weiter anzog, hat er ihn zurückgefahren. Er gehört wohl offensichtlich zu den Leuten, die mit Alk besser klar kommen, als ich....

    @spedi: Ich glaube nicht, dass meine Frau enttäuscht ist, oder die Sache so wahrnimmt, dass ich sie bewusst hintergangen habe. Sie packt es einfach momentan nicht, mich in die gleiche Schublade einzuordnen, wie die krassen Fälle, die sie vor Augen hat, wenn es um's "richtige" Saufen geht. Ich werde ihr wohl etwas Zeit lassen, das Thema für ein, zwei Tage nicht anschneiden und dann einen neuen Anlauf wagen. Vielleicht mit Blumen, Pralinen und einem großen Klunker, damit sind Frauen ja immer leicht milde zu stimmen ;) Ich will sie auf alle Fälle wenigstens partiell an der Therapie mit teilhaben lassen, erstens damit sie sieht was abgeht und auch um mich zusätzlich zu stabilisieren.

    lumho : Ich werde mir zuerst die etwas entferntere SHG anschauen. Es geht mir nicht darum, dass ich evtl. in der örtlichen Gruppe Bekannte treffe - das wäre nicht so schlimm. Wie Du schon sagst, haben die Leute dort ja alle das gleiche Problem. Was mich abschreckt ist, dass ich in meiner Schulzeit völlig baff war, als ich zufällig einen meiner Lehrer dort hineingehen sah. D.h. es wäre mir im Moment unangenehm, wenn Leute, die nicht von diesem Problem betroffen sind, mich dort hineingehen sähen. Für Euch alte Hasen mag das längst gegessen sein, aber mir reicht es erst mal, wenn die Familie davon weiß, ich muss ja nicht gleich eine Anzeige schalten: Leute, ich saufe bis zum Umfallen!

    In diesem Sinne noch allen einen schönen Tag.

    Pauli

    PS: ach ja, die Schilddrüseproblematik ist eine Unterfunktion, die durch eine Autoimnunreaktion hervorgerufen wird - hat also nix mit dem Trinken zu tun. Was witzig ist: eine Therapieform ist die Injektion von Alkohol in die Schilddrüse - das wäre ja mal richtig passend :)

  • Servus Pauli71,

    ooooha, da will ich dann doch noch mal nachhaken, bei Deinen Versuchen, Deiner Frau Deine Alkoholabhängigkeit "näherzubringen". Bringe es jetzt hinter Dich, in absoluter Klarheit und Offenheit. Glaube mir, ich habe mehrfach erlebt, wie stark sich Angehörige später einmal an "halbherzige" oder "verniedlichende" Erklärungen erinnern und darauf "berufen".
    Dieser Bumerang kann -speziell bei einem möglichen Rückfall- auf fatale Weise auf Dich zurückkommen.

    Du musst deswegen Deiner Frau keine Angst machen, aber klipp und klar: ich bin Alkoholkrank. Und:
    Es gibt nur "den" Alkoholiker, keinen Alkoholiker 1. Klasse und auch keinen Alkoholiker light, genausowenig wie halbschwanger.
    Es gibt keinen Fall von schwerem oder leichten Alkoholismus - es gibt nur unsere gemeinsame Krankheit, die in jedem Fall -unbehandelt- tödlich endet!
    Unsere Trinkmengen sind dabei egal, ebenso die Art des verwendeten Getränks!
    Es ist auch völlig egal, ob wir noch "funktionieren" und in Lohn und Brot stehen, oder ob wir schon obdachlos wurden - die Krankheit ist exakt die gleiche. (Tripper bleibt Tripper, und den holst Du Dir nicht in der Kirche beim beten, sagt mein Pfarrer...)

    Und das Einbinden des Angehörigen in die Trockenheitsarbeit ist massiv wichtig. Nur so viel: die meisten Beziehungen zwischen einem Alkoholiker und einem Nicht-Alkoholiker gehen nicht während der Saufzeit des Alkoholikers kaputt, sondern danach wenn dieser trocken ist! Warum? Weil sich der trockene Alkoholiker meistens so stark gegenüber dem nassen verändert, dass der Partner ihn (oder sie) wirklich "nicht mehr wieder erkennt". Wenn der Partner hingegen sehr eng eingebunden ist, gibt das beiden zumindest die Chance, miteinander zu reden und zu wissen, was beim Gegenüber gerade "abgeht" und sich so auf Veränderungen einstellen zu können.

    Ich will Dich hier nicht ängstigen, aber ganz klar: diese Veränderungen sind hart, die tun z.T. weh, sind einschneidend und das Ergebnis ist nicht vorhersehbar. Da kommt zum Teil wirklich "ein neuer Mensch" dabei raus, der ein komplett neues Leben lebt!

    Nimm das bitte nicht auf die leichte Schulter - ich habe zu viele Ehen daran scheitern sehen.

    LG
    Spedi

  • Hi Spedi,

    nach Deinem Posting gestern, habe ich noch einen Anlauf gemacht. Ging voll daneben! Sie hat offensichtlich nie gemerkt, dass ich am Abend meist dicht war. Gut, bis sie heimkam, bin ich meistens schon auf dem Sofa eingepennt und sie hat das ganze dann wohl für Schlaftrunkenheit genommen. Auf alle Fälle meint sie, ich soll jetzt nicht rumspinnen, ob mir klar ist, was das für die Zukunft der Familie heißt, ob ich mich aus meiner Verantwortung für sie und die Kinder stehlen will... Hab' dann nichts mehr sagen können, bin raus und die halbe Nacht durch den Sturm gelaufen. Weiß nicht, was ich tun soll... Dann muss es halt allein gehen....

    Sh*t!

    Pauli.

  • Hallo Pauli71

    Zitat

    Auf alle Fälle meint sie, ich soll jetzt nicht rumspinnen, ob mir klar ist, was das für die Zukunft der Familie heißt, ob ich mich aus meiner Verantwortung für sie und die Kinder stehlen will

    hast du die Möglichkeit sie mal mit zu eienr Suchtberatungsstelle mitzunehmen? Gerade weil du doch auch Verantwortung gegenüber der Familie hast lässt du es doch nicht soweit kommen ganz abzurutschen und stoppst die tödlich verlaufende Krankheit!
    Oder hast du bei Ihr einen wunden Punkt getroffen? Wie ist ihr Trinkverhalten oder das ihrer Bekannten und Verwanden das sie einen Vergleich zieht?

    Zitat

    Dann muss es halt allein gehen....

    Du kannst nur für dich trocken werden oder hat sich was an deiner Einstellung das du Alkoholiker bist ,nach dem Gespräch deine Einstellung geändert?

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Pauli,

    auch von mir noch nachträglich ein herzliches Willkommen hier.

    Ich glaube, Deine Frau hat Angst vor dem, was jetzt kommt. Und zwar, weil sie nicht weiß, was das sein wird (wie/ob Du Dich verändern wirst) und das verunsichert sie und geht daher 'zum Angriff' über.

    Vielleicht fürchtet sie aber auch, was 'die Leute' sagen, wenn das 'rauskommt'.

    Ich denke auch, Du musst Ihr mehr Zeit geben, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen. Wobei Du Deinen Weg natürlich weitergehst.

    Evtl. zeigst Du ihr ja mal den Angehörigenbereich hier im Forum?

    Lass Du Dich von ihrer Unsicherheit jetzt nicht verunsichern.

    Viele Grüße

    pauly

    Es ist nicht leicht, das Glück in sich selbst zu finden,
    doch es ist unmöglich, es anderswo zu finden.

    Agnes Repplier

    Abstinent seit Oktober 2006

  • Hi Hartmut,

    an meiner Einstellung hat sich überhaupt nichts geändert! Jetzt erst recht nicht!! Es ist wie immer - willst Du, dass was gemacht wird - mach es selber (oder hier, allein)!!! Es war nur absolut erschreckend für mich, dass wir anscheinend wochen- wenn nicht monatelang in diesem Teilbereich unseres Lebens total aneinander vorbei gelebt haben. Gut, so richtig krass war es mit dem Saufen am Abend erst seit ein paar Monate, aber dass ihr da gar nichts aufgefallen ist... <kopfschüttel> Wenn es nicht so traurig wäre, könnte ich stolz auf mich sein, wie gut ich das Ganze vertuscht habe - keine leeren Flaschen, die leeren Kästen gleich in's Auto... ich sollte Schauspieler werden....

    Sie selbst trinkt sehr wenig, seit der ersten Schwangerschaft (d.h. seit fast vier Jahren) eigentlich gar nichts mehr. Ihre Familie hat das "übliche" Profil, Vater trinkt regelmäßig seine Feierabend-Halbe - musste aber zurückfahren, weil Herz-Kreislauf so schlecht ist. Meine Seite trinkt eigentlich gar nichts - außer zu entsprechenden Anlässen. Sie selbst hat also kein Alkproblem, wohl aber Schwierigkeiten mit der Einsicht, dass ich zu den Leuten gehöre, die nicht - wie alle um sie herum - damit umgehen, bzw. den Konsum kontrollieren können.

    Ist mir egal, ich werde das Thema jetzt nicht mehr ansprechen. Heute fahre ich zum ersten Mal zur Selbsthilfegruppe, das wird sicher interessant, nächste Woche Therapeutengespräch. (ja, super, jetzt bin ich richtig hochgepuscht - am liebsten ginge ich jetzt in den Getränkemarkt und würde das ganze Bier zerdeppern... ;) )

    Danke für Deine schnelle Reaktion, Hartmut - bis wohl Vollzeitposter hier ;)

    Gruß
    Pauli.

  • Hm, das macht mich jetzt nachdenklich - kann es sein, dass ihr aneinander vorbeigeredet habt? Was heisst das denn nach Meinung Deiner Frau für die Zukunft der Familie? Das ist doch eine gute Diskussionsgrundlage. Meine Argumentation: ich bin krank und unternehme jetzt aktiv etwas für eine Besserung meines Gesundheitszustands. Willst Du mir dabei helfen indem Du Dich kundig machst und im Gespräch mit mir bleibst?

    Wenn sie dies nicht möchte, sind zumindest die Fronten klar: Deiner Frau ist Dein Gesundheitszustand egal. In wieweit Dir dies für die Zukunft zu denken gibt, ist vorerst uninteressant weil es Dich beim Trockenwerden nicht weiterbringt.

    Sprich diese -noch- fehlende Bereitschaft Deiner Frau zur Akzeptanz Deiner Krankheit auch beim Suchtberater an, damit der sich ein Bild von der Situation machen kann.

    Ist natürlich Mist, wenn Deine Frau "dicht" macht und Dich nicht aktiv unterstützt. Auf der anderen Seite wirst Du ja für Dich trocken, und nicht für sie oder sonst jemand. Das erleichtert Deinen Weg nicht unbedingt, aber dafür hast Du dann auch die Gewissheit, selbst trotz Widerständen Deinen Weg gegangen zu sein. Hat auch was für sich.

    Wichtig: bleib' Dir treu - auch wenn Deine Frau nicht aktiv an der Unterstützerseite mithilft, fang jetzt nicht an, Deine Krankheit abzuschwächen, kleinzureden oder gar zu Hause "auszuklammern" und womöglich "totzuschweigen". Das hast Du ja alles schon hinter Dir, das hat Dich ja vom Missbrauch in die Sucht begleitet und ist ein idealer "Nährboden" für Rückfälle.

    Warum? Nun, wenn Du in Deinem Zuhause schon nicht mehr offen über Dich und Deine Bedürfnisse sprechen kannst, dann ist das belastend. Wo sonst, wenn nicht zu Hause? Dein (alkoholfreies) Zuhause ist Dein Rückzugsort, Dein Zufluchtsort an dem Du Dich "sicher" fühlen darfst/kannst/sollst. Unterwegs lauern genügend Gefahren, Anfeindungen, Stolpersteine und Missstände, die brauchst Du nicht auch noch im trauten Heim.

    Wann gehst du nochmal zur SHG? Auch da: Offenheit bingt Dir am meisten!

    LG
    Spedi

  • Hallo Pauly (hmm, vielleicht sollte ich meinen Nick wechseln...),

    danke für den Zuspruch. Ich habe ja schon geschrieben, dass ich das Thema nach außen erst mal ruhen lassen werde. Statt dessen arbeite ich weiter für mich daran, vor allem muss ich den Kopf frei kriegen und mich auf das Ziel konzentrieren. Wird schon wieder werden...

    Gruß
    Pauli.

  • Hi Spedi,

    heute Abend bin ich bei der SHG.

    Warum meine Frau so reagiert hat, weiß ich nicht genau. Ich denke, es ist zum Teil der Schock, weil für sie alles in Ordnung war und dann die Aussicht, dass alle in der Umgebung mit Fingern auf sie zeigen. Mittelfristig hat sie aber wohl Angst, dass ich den Job nicht mehr durchhalte und wir mit den Schulden baden gehen.

    Das alles wälze ich auch im Kopf - aber es wiegt nicht so schwer, wie der Gedanke in 5 - 10 - 15 Jahren zu krepieren (nachdem ich Familie, Haus usw. schon vorher an die Wand gefahren habe). Vielleicht sollte ich ihr bei youtube "Trocken oder tot" zeigen... aber das wäre jetzt wohl kontraproduktiv.

    So jetzt habe ich Meeting, werde Euch also erst wieder spät in der Nacht schreiben können - oder erst morgen.

    Einen schönen Tag an alle!

    Pauli.

  • Hallo Pauli75

    Zitat

    Ist mir egal, ich werde das Thema jetzt nicht mehr ansprechen. Heute fahre ich zum ersten Mal zur Selbsthilfegruppe, das wird sicher interessant, nächste Woche Therapeutengespräch.


    genau so würde ich es auch machen , ziehe dein Ding durch und sie wird sich erstmal abfinden müssen bis sie sich besser damit auskennt! :wink:

    Zitat

    Danke für Deine schnelle Reaktion, Hartmut - bis wohl Vollzeitposter hier


    ich habe mein Büro zu Hause und kann das Posten hier mit einbinden :wink: was nicht nur dir ,sondern auch mir, in meiner Trockenheitsarbeit hilft!

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Guten Morgen Pauli

    Das war dann ja wohl leider keines der Erfolgserlebnisse, dass Du Dir jetzt wünschen würdest. Schade.
    Ich würd ja was drum geben, Deine Gedanken zu kennen, die Dir da bei Deinem nächtlichen Spaziergang durch den Kopf gegangen sind....

    Aber, wie schon weiter oben angedeutet, am Gang durch das Fegefeuer wirst auch Du nicht vorbei kommen - aber denk dran: Es lohnt sich; die nächsten 50 Jahre werden Dich dafür entschädigen.

    Die Äußerung Deiner Frau, ob Dir klar sei, was das für die Zukunft der Familie hieße, bedeutet doch nichts anderes als: "Hilfe, was bedeutet das? Was wird jetzt werden?" Sie ist offensichtlich total überrascht und verschreckt. Und die natürliche Reaktion ist, wie Spedi schon schrieb: "Das kann gar nicht sein, darf nicht sein; wie konnte das nur passieren?" oder: "Du redest Dir da was ein". Als Kind hab ich mir da einfach die Hand vors Gesicht gehalten oder den Kopf unter ein Kissen gesteckt, wenn ich Angst hatte, weil ich dachte, die Gefahr wäre dann nicht mehr da!

    Versuche mal, diese Reaktion positiv für Dich zu deuten: Deine Frau hat so großes und grenzenloses Vertrauen zu Dir, dass sie sich anscheinend hundertprozentig auf Dich verlässt - und sich einfach nicht vorstellen kann, dass auch Du mal Fehler machst oder sogar Probleme haben könntest. Das bedeutet aber andererseits für Dich eine riesige Verantwortung, denn sie hat sich ja damit von Dir abhängig gemacht. Es könnte durchaus sein, dass sich in einer Therapie herausstellt, dass hier z.B. eine der von Dir gesuchten "Ursachen" für Deine Flucht in den Alkohol liegt. Aber das kommt später!
    Damit wird Dir aber sicher auch noch einmal klar, dass Du so nicht weitermachen kannst. Der Alkohol hat schon als Problemlöser und Entspannungsmittel nichts getaugt. Jetzt siehst Du, dass er Dich auch von Deiner Frau entfernt hat, indem Ihr anscheinend viel zu wenig gemeinsame Zeit miteinander habt. Sonst wäre sie wohl nicht so unwissend.

    Also halt den Stier weiter bei den Hörnern, lass nicht nach! Sie zu, dass Du weiter auf Deinem eingeschlagenen Weg bleibst und lerne nebenbei alles über unsere Krankheit, was nötig ist, um sie selbst zu verstehen.
    Und wenn das geschafft ist, Du die ersten sicheren Schritte in einem trockenen Leben erlernt hast, dann wirst Du Dich wohl mit den Folgethemen: der eigenen Positionierung im neuen Leben, der Rollenverteilung in der Partnerschaft, und auch der beruflichen Perspektive usw. auseinander setzen müssen.

    Deine Feststellung: "Weiß nicht, was ich tun soll...Dann muss es halt allein gehen..." halte ich für genau richtig!
    Jetzt muss es es erstmal nur um Dich gehen! Du packst das!

    Bleib dran, Du bist ja nicht allein
    Michael

  • Hallo Klara,

    vielen Dank für Deinen Beitrag. Jetzt habe ich also den ersten Besuch bei der Selbsthilfegruppe hinter mir. Gefühle und Einschätzungen sind etwas zweigespalten. Nach dem ersten Mal kann man wohl noch nicht so viel erwarten - gut, die Leute waren ganz ok, alle älter als ich, lange schon in der Gruppe, kennen sich persönlich und ich bin der einzige Neue seit einigen Wochen. Ich habe mich jetzt auch noch nicht so weit aus dem Fenster gelehnt, mich kurz vorgestellt und dann mein Problem geschildert. Alles in allem glitt dann die Runde bald in allgemeine Themen ab, was am Wochenende zu tun wäre usw. Ich hatte den Eindruck, dass da alle schon sehr eingespielt sind und das Thema Alkohol jetzt nicht gerade eine Nebensache, aber doch nicht mehr Nr. 1 ist.

    Als ich dann am Ende im Auto saß, hatte ich das Gefühl, dass die 1.5 Stunden hier im Forum vielleicht besser angelegt gewesen wären. Aber ich schau' mir das jetzt ein paar Mal an, vielleicht wird's ja mit der Zeit ergiebiger.

    Gute Nacht.
    Pauli.

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