Hallo Mali,
ich habe auch meine Gefühle abgestellt. Habe meinen Schmerz, Trauer, Angst und Wut in mir unterdrückt. Von Kindheit an. Die Folge war, dass ich mich irgendwann diesen Gefühlen nicht mehr stellen konnte. Sie waren zu heftig um sie noch aushalten zu können. Also hat meine Psyche mir geholfen. Sie hat Ablenkungsmanöver gestartet in der Form, dass sie mir mit körperlichen Symptomen (u.a. Spannungskopfschmerz, Tinnitus, HWS-Syndrom) einen Ausweg geliefert hat. Ich habe mich lange Zeit nur mit diesen physischen Problemen beschäftigt. Und mußte mich dann nicht mit meinen unterdrückten Gefühlen auseinandersetzen. Aber sie sind immer da. Du kannst meine Geschichte auch in meinem Thread nachlesen.
Sicher ich habe geweint, ich habe gelacht. Aber das Lachen ging immer weniger. Die Freude verschwand immer mehr aus meinem Leben. Wenn emotionale Probleme auf mich zu kamen, war ich immer weniger in der Lage, mich diesen Problemen zu stellen. Ich unterdrückte und funktionierte. Wie ein Automat. Aber jetzt bin ich gerade dabei, meine alten Emotionen wieder auszugraben. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass ich diese "fühlen" muss, um Platz für Neues zu schaffen.
ZitatIch hab manchmal richtig Angst davor und überspiel dann mit sarkastischen Bemerkungen, damit keiner sieht, wie ich wirklich bin...
Ich habe mich zurückgezogen, war für mich allein in meiner kleinen Welt zusammen mit meinem Mann. Wir zogen uns gegenseitig in einer Spirale hinab. Aber jetzt klettern wir zusammen wieder aus dem Abgrund hinauf. Jeder auf seine Weise.
ZitatDies hier ist die erste kritische Situation, in der ICH mich und meine Bedürfnisse nicht hintenanstelle- und das ganz bewußt. Ich bin mir im Klaren darüber, dass ich mit blinder Aktionswut nichts besser mache. Das ich die Dinge einfach mal laufen lasse und darauf vertraue, dass alles auch OHNE mich seinen Weg findet... Dass meine Eltern das ohne mich auch zu klären bringen, ganz egal was dann raus kommt.....
Ich hatte diese Situation vor einem Jahr. Mir ging es letztes Jahr immer schlechter und im August beschloss ich bereits, in eine psychosomatische Klinik zu gehen. Im September wurde ich im Büro auf eine andere Stelle versetzt. Im Oktober erfuhr ich, dass mein Vater an seinem Lungenkrebs sterben würde. Kurz darauf hatte meine Mutter durch was auch immer (zuviel Tabletten, Alkohol, Durcheinander - keine Ahnung) einen totalen Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Ich telefonierte mit ihr und dachte ich dreh durch. Sie wusste nichts mehr von der Krebserkrankung meines Vaters (meine Eltern waren geschieden, hatten aber Kontakt) oder ihres Schwagers. Lapidare Auskunft des Hausarztes, den ich in meiner Hilflosigkeit anrief: Das wundert mich nicht, bei der Medikamentenanforderung des Pflegedienstes (meine Mutter war damals im betreuten Wohnen). Kurz darauf ist mein Vater verstorben. Und drei Wochen nach seinem Tod hatte meine Mutter einen weiteren Schlaganfall, der sie seitdem an den Rollstuhl fesselt.
Zu der Zeit wußte ich bereits, im Januar gehe ich in die Klinik. Dies war eigentlich das einzige, was mich vor dem Zusammenbruch bewahrte. Der Gedanke, endlich Abstand zu haben und nur an mich denken zu können. Als wir bei meiner Mutter auf den Notarzt warteten, dachte ich: Ich kann nicht weg. Ich muss mich um meine Mutter kümmern. Dass alles geregelt ist. Den Gedanken hatte ich ca. 5 Sekunden. Und dann sagte ich mir: Nein, jetzt denke ich an mich. Das muss jetzt ohne mich gehen. Ich habe ganz bewusst die Verantwortung losgelassen, die ich damals zu haben glaubte.
Es kümmerten sich zwar mein Bruder und vor allem dessen Lebensgefährtin. Aber im Notfall gibt es auch Sozialdienste im Krankenhaus, die das weitere veranlassen (haben auch den Hospizplatz besorgt für meinen Vater). Die Situation regelt sich meistens auch ohne unser Zutun. Wir glauben nur immer, unentbehrlich zu sein. Wir wurden darauf konditioniert.
Ich denke, es ist ganz gut, erst mal abzuwarten und Vertrauen zu haben.
Liebe Grüße
Renate