Hallo alle miteinander,
ich bin im warsten Sinne des Wortes hier reingestolpert....Eigentlich (?) haben wir uns arrangiert mit dem ganzen Mist. Ich bin 38 Jahre und mein Vater starb als ich 18 war (keine Ahnung ob Ihr meine Vorstellung lesen könnt(?) Ich zog damals gleich von zu Hause aus und meine Mutter wohnte dann alleine. Sie trank und ich wollte retten, diese Geschichten kennt Ihr wohl alle. Ich habe schlimme Erlebnisse mitgemacht, Kindheit - was ist das...nicht das sie mich geschlagen haben, nein...sie waren lieb aber eigentlich hatten sie keine Zeit sondern ich kümmerte mich halt um alles. Ich war der Clown, der Perfektionist, der Kümmerer bis zum Umfallen. Dennoch war mir klar, so will ich nicht leben...
Dann habe ich geheiratet und bin aus Berlin nach Bayern, ein Drama wenn ich meine Mutter mal drei Tage nicht am Telefon erreichen konnte, dann war sie selbstverständlich in der Wohnung gestürzt, liegt schwer verletzt rum oder ist evtl. schon tot. Ich glaube, ich habe zweimal die Tür aufmachen lassen...ich konnte mir immer nicht vorstellen, warum sie nicht ans Telefon gehen sollte, wenn nicht aus o.g. Gründen. Man flippt aus bei 500km Entfernung. Ihr kennt sicher auch diese Hass und Liebesgefühle, es sind zwei Menschen...unglaublich.
Nun lange Rede...das erste Kind kam, Oma war hin und wieder bei uns, die Angst war da, besonders wenn ich den Verfall mitbekam und nix machen konnte. Dann wurde ich erneut schwanger und fragten sie, ob sie nicht vorübergehend bei uns in Bayern (eigene Whg.) wohnen möchte, sie wollte und sie blieb. Das ist jetzt sieben Jahre her. Am Anfang kontrollierte ich sie wieder, rief jeden Tag an, hatte Ängste etc. Wir haben aber auch sehr viele schöne Erlebnisse. Sie ist ein toller Mensch und eine sehr liebe Oma...Dann rufen aber Freunde an, mensch wir haben Deine Mutter gesehen, sie lief quer über die Straße etc. Nun ja...kennt Ihr ja sicher auch. Dann 2003 nach einem Städtebesuch zu Hause angekommen, klingelt mein Telefon. Mir wurde mitgeteilt, dass meine Mutter schwer gestürzt ist, Blut im Treppenhaus ist und sie die Tür nicht mehr aufmacht. Ich habe nur geschrien am Telefon. In diesem Moment war klar, sie muß tot sein...wir gingen in die Wohnung und sie lag im Flur. Total dicht aber am Leben, ich habe sie damals ins KH bringen lassen, wo sie zwei Tage blieb, sich sehr schämte und zwei Wochen trocken war...Bei mir hatte sich allerdings was verändert...ich hatte immer Angst sie zu verlieren, von diesem Tag an nicht mehr...und das bis heute. Da habe ich gemerkt, ich kann nix ändern, ich kann sie nicht retten. Wenn sie saufen will bis zum Tod, dann soll sie. Wir hatten und haben lange Gespräche darüber gehabt, ich habe nicht mehr angerufen und bin selber auch nach einer Woche noch entspannt. Wenn sie betrunken am Telefon war, war ich freundlich, legte dann auf und fühlte mich gut. Zeitgleich machte ich eine Therapie wegen meiner Verlustängste, da bemerkten wir recht schelle, dass viele meiner Probleme (Ängste im Dunkeln, Angst meine Kinder und meinen Mann zu verlieren, Angst selber krank zu werden) sehr mit dieser Liebes/Hassbeziehung zu tun hat. Ich konnte einiges lernen udn nahm viel mit.
Dann erkrankte meine Freundin sehr schwer an Krebs und ich habe nichts besseres zu tun als mein Retteranzug überzuziehen und Himmel und Erde in Bewegung zu setzen - zu Ihrer Rettung. Ich hatte Berge von Energie, habe erfolgreich Professoren angeschrieben und und und...sie in der Arbeit vertreten, jeden Tag telefoniert...ich hatte quasi ein neues Opfer gefunden. Gut, sie lebt heute noch und meine Aktionen führten tatsächlich zu was. Nur vergaß ich mich total, meine Familie und meine eigenen Reserven überschätze ich total. Das ging jetzt drei Jahre so...klar konnte ich meine Mutter loslassen...Jetzt bin ich von meiner Freundin arbeitsmäßig getrennt worden und merke wie die ganze Anspannung weicht, klar will ich wissen, wie es ihr geht und würde ihr helfen aber alles im Rahmen....Ich hätte nie gedacht, dass ich mir erlauben werde, es mir gut gehen zu lassen und zu lachen ohne an sie denken zu müssen...
Dann letzten Samstag ist meine Mutter schwer abgestürzt, wir haben sie gefunden - fragt nicht wie...eine Flasche Puschkin intus und das vor den Kindern etc. Ich bin ausgetickt, hab sie angebrüllt und sie in ihre Wohnung zurückgebracht. Mit den Kindern habe ich geredet (es gib ein gutes Buch bei amazon) und dann habe ich 5 Tage nicht angerufen aber viele Sorgen gemacht, ob sie sich was antut, ob ich zu bös war etc....Dann letzten Mi rief ich an, sie schämt sich so ....Ich habe sie gebeten, zum Friseur zu gehen und dann zu uns zu kommen. Sie hat zugesagt...naja gekommen ist sie nicht. Nun wollte sie heute zum Friseur (sie tut halt nix für sich und wenn sie dahin geht, geht es ihr immer besser) und morgen um zehn hier sein. Wir haben ne Familienfeier. Ich weiß, sie grault sich davor uns ins Gesicht zu schauen...und ich graul mich auch...
Nachdem ich Samstag doch so verzweifelt war (wir sind angerufen worden und es war wirklich schlimm zum Ansehen) war ich wieder sehr an meiner Grenze und googelte was das Zeug hielt. Naja und bin hier gelandet, hab dann einiges gelesen, vorallem wollte ich aber Infos über Zwangseinweisung haben und über alle anderen "schlimmeren" Alkoholiker...Dann las ich hier und einiges an Karstens Einleitungen und dann bin ich erst einmal ganz kleinlaut geworden...und der Vergleich mit meiner Freundin zeigte mir recht schnell, wo es bei mir drückt...
Ich möchte nicht auf Distanz zu meiner Mutter gehen, ich hab sie zu lieb dafür...aber ich will mich nicht für die Sauferei interessieren. Kann man das, geht das? Nur die guten Zeiten nutzen und das andere ausblenden? So gefühlsmäßig? Weil helfen lassen, will sie sich nicht, sie ist ja nicht krank...
Dann geht es natürlich um mich, denn ich habe ein glückliches Leben, habe zwei tolle Kids, einen lieben Mann und einen guten Job und gesund (körperlich) bin ich auch, naja und außer das ich etwas wahnsinnig bin, wenn es ums Arbeiten geht und nie Zeit für irgendwas habe (wie las ich gestern, um meiner eigenen Leere zu entrinnen) und eher mit einer Freundin drei Stunden im Wartezimmer sitze als meine eigenen Zähne richten zu lassen, alles über Katastrophen lese um was zu spüren, diese Trauer...ja lieber traurig als glücklich, denn darf man glücklich und lustig sein, wenn es andere nicht sind? Faul sein, wenn andere arbeiten?...
Ich höre jetzt auf, sonst kriegt Ihr ja nen Flimmern vor den Augen...
Nun, ich bin gespannt auf morgen und auf Eure Posts, bis ich da durch bin, wird noch dauern aber bin schon fleissig dran und sehr erstaunt, wieviele Parallelen ich sehe...mögt Ihr auch keine ungeplanten Leerzeiten? Also wenn Ihr eine Verabredung habt und die dann kurzfristig abgesagt wird...ich könnte soviel tun aber in so einem Moment bin ich nur unfähig das zu geniessen...nur mal so als Bsp...
Seid lieb gegrüßt von
Esme