Outen sich auch Angehörige?

  • Vor kurzer Zeit stellte ich mir die Frage, wie wohl meine Angehörigen damit umgehen, dass ich Alkoholikerin bin?

    Bisher hat es noch keine Situation gegeben, dass einer sich diesbezüglich outen musste: "Meine XXX ist Alkoholikerin!"

    Ganz ehrlich, ich finde das wesentlich härter, als mein eigenes Outen, weil ich viel besser damit umgehen kann.

    Aber fühlt sich nicht ein Angehöriger irgendwie selbst "schlecht" dabei?

    Irgendwann, vielleicht sogar in naher Zukunft, wenn mein Sohn sich für seine Freundin entschieden hat, wird er es dann sagen müssen?

    Er liebt mich sehr, das weiß ich, aber trotz allem Stolz, dass die Mutter erfolgreich trocken lebt, muss es doch auch eine Überwindung sein.

    Wie wird es bei Euch gehandhabt?

    Hoffe auf rege Beteiligung bitte auch aus der Geschlossenen!

    Lobanshee

    PS: Bitte die Formulierung nicht so eng interpretieren. Mir fiel jetzt nichts besseres ein, aber so ungefähr wollt ich es rüberbringen!

  • Hallo lobanshee,

    ich hab das mal hier her verschoben.

    Ich bin ja nun mit meinem Ex nicht mehr zusammen und er ist noch nass....und ich rede da offen drüber auch über meine Anteile in dem Ganzen.

    Die letzten Monate wo wir noch zusammen waren hab ich auch angefangen offen zu reden....vorher natürlich nicht.

    Aber ich denke das wolltest du jetzt nicht wissen sondern eher wenn derjenige trocken ist :wink:

    Grüßle
    Elocin

  • Hallo Elo,

    ich hatte den Thread extra unter Erfahrungsbericht gesehen, aber egal.

    So ganz komme ich mit Deiner Antwort nicht weiter! ;)

    Reflektierte eher meine Angehörigen, wie die sich wohl so damit fühlen!

    Da ich damit noch keine Erfahrenswerte habe, wollte ich einfach mal nachfragen, wie es Euch allen so ergeht damit!

    Lobanshee

  • Hallo Lobanshee,

    als ich hier in das Forum kam, habe ich meine eigene Alkoholabhängigkeit noch nicht als Abhängigkeit betrachtet, deshalb antworte ich Dir wie es damals bei mir als Co war:

    Das bei uns etwas nicht stimmte, kam schon nach wenigen Monaten hoch, fast 3 Jahre habe ich vertuscht und verbogen und als ich ins Forum kam habe ich den offenen Umgang mit der Problematik der Coabhängigkeit gesucht, in meiner Familie, mit meinen Kindern, mit meinen Freunden, mit für aus meiner Sicht geeigneten Bekannten. Es ging um mich, also habe ich für mich nichts mehr verschwiegen, die Menschen öffneten sich, was mir Mut gab. Es hat mich oder uns nie jemand darauf angesprochen und was die Leute tuschelten ist deren Ding.

    Ich bin nicht mit einer Fahne rum gelaufen oder habe auf meine Frau gezeigt, das hat sie später selbst gemacht. So haben mich andere Menschen darauf angesprochen, ob und was nicht mit meiner Frau stimmt oder ganz gezielt auf Alkohol. Die Vermieterin, Nachbarn, Geschäftspartner und die Meisten hatten sicher keinen geschulten Blick. Meinen Hausarzt habe ich um Rat gebeten, da wir den Gleichen hatten, wurde er von ihr gleich abgeschossen.

    Daraus resultierten massive Vorwürfe ich hätte und würde. Nach bald 3 Jahren Forum und 1 ½ Jahren realer Gruppe, zig Kommen und Gehen, wird bis heute kaum einer wissen wer ich bin und erst recht nicht wer meine Frau ist.

    Für sie gab es nur noch die Flucht aus dem hiesigen Umfeld, was sie auch umsetzte. Die Zeit in Berlin fiel es mir schwer mit niemandem aus dem dortigen Umfeld darüber zu reden, denn es betraf mich ja auch, also schwieg ich und lies meinen Druck hier im Forum und in der realen Gruppe. Vertuschen oder sogar ihr damaliger Gedanke bei Einladungen den Gästen alkoholhaltige Getränke anzubieten, waren für mich unvereinbar, weder als Co und überhaupt nicht mehr als die eigene Alkoholabhängigkeit angenommen war.

    Was stört Dich daran, wenn Dein Sohn über Dich spricht? Du bist Alkoholiker. Kennst Du den Spruch: Ja klar und was hast Du?

    Es hat lange gedauert, bis ich wusste wo ich und wo was hingehörte, aber alles ist heute an seinem Fleck. Niemand, kein Freund, kein Bekannter, kein Geschäftspartner, keiner in der Familie, keiner meiner Jungs hat je schlecht über meine Frau gesprochen weil sich in meiner Frau ein Teil einer Krankheit offenbarte, von der wir alle Teile in uns tragen. Das Gegenteil war der Fall.

    Sieh es mal so: ich habe es nicht mehr nötig etwas zu vertuschen. Die Menschen die mit mir zusammen sein wollen, die möchten das aus freien Stücken, andere werden gebeten zu gehen.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo Lobanshee,

    wie gesagt ich habe kein Problem mit dem Outen, trage allerdings kein Schild um den Hals. (Vorsicht bissiger Alkoholiker 8) )

    Meine Tochter zum Beispiel: hat mir Ihren guten Freundinnen sicherlich darüber geredet, diese gehen schliesslich bei Uns ein und aus. Augen haben diese auch im Kopf. Als ich zur LZT war wurde auch darüber gesprochen, war schliesslich 3 Monate weg. :wink:

    Im Gegenteil, es gab einen wirklich netten Empfang mit Umarmung der Freundinnen :wink: Genauso hält es mein Sohn :wink:

    Was meinst Du was in deren Familien so abgeht, die sind doch nicht blond :lol:8)

    Mein Mann, rennt natürlich nicht auf der Arbeit rum und spricht die Leute an :wink: aber auch da wissen, es die Leute die mit Uns verkehren.
    Auch lebt in vielen Haushalten ein Alkoholiker, ob geoutet, noch nass oder trocken.

    Auch stört mich das Gerede nicht mehr wirklich, was meinst Du als ich noch drauf war, was da geredet wurde. :wink:
    Ich lebe im Heute und Jetzt :wink: und Jetzt bin ich trocken :wink:

    Und die, die es wissen da habe ich ausschliesslich gute Reaktionen und die es nicht wissen, mit denen habe ich eh wenig an der Mütze.

    MLG Mandy

  • Hi,

    kleiner Nachtrag : Wir leben mit Uns und nicht mit den Anderen :wink:

    MLG Mandy

  • Hallo kaltblut und Mandy2!

    Ich habe meine Frage nicht deutlich genug beschreiben können und Ihr habt es daher auch nicht so richtig beantwortet.

    Jetzt im nachhinein bin ich froh darüber und lasse es auf sich beruhen!

    Schon beim Nachschauen auf Antworten, beim Aufrufen Eurer Beiträge wurde mir mulmig!

    Denn ich weiß nicht, ob ich wirklich die Antwort wissen will. Das scheint bei mir dann doch eine Baustelle zu sein, die ich mir unnötigerweise aufmachen müsste!

    Schönes Wochenende Euch allen!

    Eure fröhliche Lobanshee, die nun packen gehen tut! :)

    PS: Weglassen, loslassen, weitermachen! :P :P Ist das schön!

  • Zitat


    Apropos Lachen:

    Heute morgen habe ich einen britischen Sender angesehen. Dort lief ein Bericht über Kinder im Alter von 7 Jahren mit Verhaltensstörungen und Lernschwächen.
    Diese Kinder hatten das Lachen verlernt, waren aggressiv und seelisch krank, zum Teil aufgrund von Arbeitslosigkeit der Eltern, Krebs der Mutter usw.
    Alles, was Spass machte, Witze etc., fanden sie doof, es machte sie wütend.
    "Warum findest Du Lachen doof?" "Bei uns lacht niemand zu Hause!"

    Die Therapeuten lehrten den Kinder, ihre Gefühle zu fühlen und zu beschreiben, lachen zu lernen, weinen zuzulassen. Es war rührend, wie die Kinder anfingen, zu leben, sogar Verantwortung für andere Kinder zu empfinden, sich gegenseitig aufbauten, erst lächelten, dann lachten usw.

    Zufriedene Kinder lachen 300 mal am Tag! Das werde ich mir merken, obwohl hier in meinem kleinen Reich klappt das schon ganz gut.

    Es ist wirklich auffallend: Seitdem ich mich auf die Reise von emotionaler Sensibilität begebe (KGS), höre ich überall davon. Gedanken und Gefühle zu beobachten und zu unterscheiden, erleichtert mir immer besser den Weg zur Zufriedenheit. Je mehr ich meine emotionale Sensibilität verfeinere, desto schneller und sicherer spüre ich kleinste Veränderungen meiner Gefühle. Dabei hilft es auch, einfach drauflos zu schreiben, ohne zu denken oder bewusst zu formulieren, zu bewerten.

    Liebe Lobanshee,

    Hier könnten auch Kinder von Alkoholikern beschrieben sein. Ob das Outen dann helfen würde, um das Erfahrene zu verarbeiten und zu akzeptieren.

    Diesen Thread finde ich gut Lobanshee, leider haben bisher keine EKA`s hier geschrieben, deren Antwort ist anders, als von den Partnern von Alkoholikern.

    Kann jede/r im EKA-Bereich nachlesen.

    Freude kam auch in meiner Kindheit zu kurz. Da die Angst grösser war, wie meine Mutter sich an manchen Tagen mir oder meinen Geschwistern gegenüber verhalten würde.

    Outen vor anderen , nee, nee möchte heute für mich selbt akzeptiert sein, nicht wieder in eine Schublade gesteckt werden, da meine Mutter und mein Bruder Alkoholiker waren und leider daran gestorben sind. Ich würde mir da auch meine Gedanken machen, wie es in dieser Familie wohl abgegangen sein muss und was für Probleme die haben müssen, wenn ich von anderen davon hören würde.

    Schamgefühle sitzen tief haben viel mit dem Selbstwertgefühl zu tun. Kann keine/r nur mit dem Willen verändern.

    Das Begreifen und Fühlen, sowie das Vergangene betrauern können, ist ein Weg für mich daraus gewesen. Ich glaube nicht, dass ich durch Outen diese Gefühle los werden würde. Ein Teil wird mich bis zu meinem Lebensende begleiten. Ist ja nicht nur negativ, ich weiss, kann kommen was will, dass ich das meinen Kindern ersparen und nicht antun werde.

    Alles Liebe Weitsicht

    PS HINSEHEN, SPRECHEN, VERSTEHEN, WENN MÖGLICH - VERZEIHEN.

  • Hallo Lobanshee,

    ich schreibe dir jetzt mal als Expartnerin eines Alkoholikers, Kind von Alkoholikern und Mutter zweier Kinder, die meine alkoholabhängigen Partner erlebt haben.

    Wir haben uns anfangs sehr geschämt, verschwiegen, entschuldigt, schöngeredet. Bei Familienfesten war es immer ganz besonders schlimm, denn da haben wir uns (die Kinder und ich) immer *versteckt*. Wir waren oft traurig, daß wir immer zurückstecken mußten, wenn er getrunken hatte.

    Aber heute tun wir dies nicht mehr, denn wir haben alle gelernt, daß Alkoholismus eine anerkannte Krankheit ist, für die wir uns nicht schämen muß.

    Mein jüngster Sohn hat seine eigene Selbsthilfegruppe, in der er gelernt hat, ganz offen in der Schule dazu zustehen, daß der Partner seiner Mama ein trockener Alkoholiker ist. Mein ältester Sohn sagt Einladungen ab, weil es ihm unangenehm ist, wenn dort Alkohol getrunken wird, und er sagt, daß er genug Alkohol hat fliessen sehen in der Familie. Aber, ohne das es ihm peinlich ist.

    Wir handhaben es sehr offen, sowohl in der Familie als auch nach Aussen hin, denn sich zu schämen und es zu verheimlichen, ist ja genau das, was vielen Angehörigen das Leben so schwer macht.

    Ich hoffe, Du kannst mit dieser Antwort etwas anfangen.

    Grüße

    S.Käferchen

  • Hallo Lobanshee,

    Ich selbst bin trockene Alkoholikerin. Meine Familie besteht/bestand eigentlich nur aus meinen Eltern. Mein Onkel samt Familie lebt in Südamerika und es besteht kein Kontakt.

    Meine Mutter hat nie akzeptiert, dass ich Alkoholikerin bin, wäre für sie eine persönliche Niederlage und es käme die Frage nach Schuld, ein zentrale Thema bei meinen Eltern.

    Bei Geselligkeiten kam dann der Spruch –A... trinkt kein Alkohol muss noch fahren, nimmt Medis
    und ähnliches-.

    Gruß Weißbär

    Liebe Grüße
    Weißbär

  • Hallo an alle und danke für die vielen verschiedenen Ansichten!

    Letztendlich hat es Carolinepfeifer auf den Punkt gebracht.

    Zitat von carolinefeifer

    Meine Tochter ist stolz, dass ich trocken bin, will aber nicht darauf angesprochen werden, eine betroffene zu sein. Sie hat sich belesen, fühlt sich aber nicht als Co und möchte auch nicht mit ihren Freunden und Lehrer darüber sprechen.
    Für sie bin ich trocken und das war es. Sie ist jetzt nicht mehr der Peinlichkeit ausgesetzt und Co ist sie nicht und will sie nicht sein.

    Meine Gründe dieser Frage erschließen sich mir aber noch nicht wirklich. Es ist so ziemlich das erste Mal, dass ich immer wieder schreibe und immer wieder wegstreiche, weil ich mir selbst nicht sicher bin, was mich da wirklich beschäftigt.
    Sicherlich die Frage, was meine Familie selber empfindet, wenn sie sagen müssen/sollten/wollten, dass ihre Schwester/Mutter trockene Alkoholikerin ist. Wie fühlen sie sich damit, denn ich habe natürlich bestimmte Emotionen, wenn ich mich an ihre Stelle versetze. Mir fällt dann immer mehr der Spruch: "Mensch, Lobanshee, musste das sein!" ein, den ich mir persönlich manchmal in den Sinn kommen lasse, um ihn abzuhaken. Klar ist das gesund für mich, aber für meine Familie?

    Naja, wie gesagt, es kommt die Zeit, um dieses Thema anzugehen oder auch nicht! Ich denke eindeutig manchmal zu viel, aber so bin ich nunmal.
    Eure Antworten auch von den Cos sind alle sehr schlüssig gewesen, bei mir ist nur niemand Co gewesen, keiner. Es müssen/sollten/wollen sich diejenigen outen, die zu den Normalos gehören. Vielleicht ist das der Grund meiner Frage gewesen.

    Eure Lobanshee

  • hi lobanshee

    so einfach läßt sich für mich deine frage nicht beantworten - einfach weil es für mich ne entwicklungssache war/ist.

    früher hab ich mich geschämt, hab mit meiner oma drüber geredet und das wars scho. ne freundin wußt zwar auch, aber das ich mit ihr sonderlich geredet hätte, nö...

    erst als ich mich mit der krankheit alkohol beschäftigt hab, wurden die schamgefühle kleiner - hat aber ne weile gedauert, kannste dir ja denken :wink:

    ne zeit lang hab ich das thema ansprechen/drüber sprechen regelrecht geübt, inzwischen bin ich da wählerischer... ich geh halt danach mit wem ich drüber reden will und wem nicht.

    meine mutter hat etz über ein halbes jahr nix getrunken, sie fühlt sich wohl in ihrer shg, beschäftigt sich mit und wirkt einfach ausgeglichener... find ich klasse!

    sie kann frei entscheiden mit wem sie drüber redet und wem nicht, so wie ich halt auch... is für mich ne sache wo sie sich nicht schämen braucht und ich mich auch net...

    aber ob ich das auch so sehen würde wenn das ganze schon vor einigen jahren so gekommen wär?
    bevor ich mich mit dem thema beschäftigt hätte?
    bevor ich trockene alkoholiker kennen gelernt hätte, auch näher und wo ich sehr gern hab?

    ganz ehrlich, ich weiß es nicht :oops:

    lg -Dani-

  • Hallo zusammen,

    am Anfang des Threads wurde auch gefragt, ob EKAs sich outen?
    Ich habe mich als Kind sowas von geschämt für meinen Vater, habe Prügel von meiner Mutter bezogen und fing an, mich in mich selbst zu kehren.

    Noch heute habe ich Probleme damit, mich öffentlich zu outen, dass ich eigentlich nur von Alkoholikern umgeben bin und so dumm war, den zweiten zu heiraten.
    Als ich das Thema mal ansprach, wurde mir gesagt, so blöd wäre ich nie!!!
    Die wissen ja nicht, wie das ist. Klar war ich blöd! aber auch unwissend der Sache gegenüber.

    Es kann schon mal passieren, dass ich mich als Co zu erkennen gebe, aber nur bei mir vertrauten Personen, denn mein Vertrauen in die Mitmenschen ist gebrochen.
    Rosita

  • hallo zusammen,

    ich habe mich nie versteckt hinter einer schönen fassade. habe immer klar und deutlich gemacht, das meine mutter zu viel trinkt. habe dann später auch klar gemacht, das mein ex mann alkoholiker ist und ich es hätte erkennen können, wenn ich nicht selbst probleme habe, durch meine erfahrungen mit meiner mutter. klar stellt man sich damit ins blitzlichtgewitter. aber die leute um mich herrum sind doch auch nicht blind. die sehen das doch genau so. da lässt sich doch nix verbergen. mir ist es lieber als hinter dem schönen schein eine bruchbude zu haben. so von wegen aussen hui innen pfui.dazu zu stehen war mir immer schon sehr wichtig. auch für meinen inneren seelenfrieden, denn damit hab ich mich nicht selbst belogen!

    gruß melanie

  • Hallo Zusammen,

    das mein leiblicher Vater Alkoholiker war habe ich nie verschwiegen. Ich habe mir da nie Gedanken gemacht ob das nun falsch oder richtig sein könnte das zu erzählen. Ich bin mit diesem Wissen groß geworden, für mich war das normal.

    Anders sah das bei meiner Mutter aus, als ihr mißbräuchlicher Konsum nicht mehr zu übersehen war bzw. nicht mehr von mir unbemerkt blieb. Da habe ich höchstens gesagt, sie hat zuviel getrunken und wenn ich wirklich sauer war, habe ich sie besoffen genannt. Das auch nur vor ganz wenigen Leuten, ansonsten habe ich gar nichts gesagt.
    Aber Alkoholikerin, das hat gedauert, bis ich das sagen konnte. Dabei ging es nicht um persönliche Scham, die habe ich nie gehabt, bis heute nicht, sondern darum, dass ich sie nicht bloßstellen wollte. Was wohl auch mit ein Grund war, dass ich sie solange nicht offen Alkoholikerin genannt habe, war dass es mir so leichter fiel, die Augen vor der schmerzhaften und beängstigenden Wahrheit zu verschließen, dass sie es ist.

    Noch bevor ich wirklich angefangen habe etwas für mich zu tun, habe angefangen, das Kind beim Namen zu nennen. Warum denn auch nicht, sie war krank, das ist doch nichts schlimmes. Anfangs fühlte sich das noch sperrig an und ich habe mein Gegenüber genau beobachtet, ob es Anzeichen dafür gab, ob es meine Mutter dafür verachtet. Wenn, dann konnte derjenige sich warm anziehen. Das kann übrigens heute noch jeder, weil ich einfach nicht richtig finde, dass jemand meine Mutter, aufgrund ihrer Krankheit beurteilt. Es gibt nur noch wenige Menschen die sie wirklich gekannt haben und die beurteilen sie nicht und richten nicht über sie. Anderen, die sie nicht gekannt haben, steht das nicht zu.

    Ich rede darüber, wenn das Gespräch es ergibt, wenn ich lügen oder beschönigen müsste um es nicht auszusprechen. So wie ich auch über jede andere Krankheit rede, ich trete es nicht breit, aber ich verschweige es nicht mehr. Manchen Menschen muss man ja nicht alles erzählen, egal um was es geht. Wenn ich Schweißfüße hätte, würde ich das ja auch nicht jedem erzählen, nur weil das etwas normales ist, dessen man sich nicht schämen muss. Es gibt ja auch noch was, das nennt sich Privatsphäre.

    Gruß
    Skye

  • Innerhalb meines Freundeskreis und der medizinischen Betreuung war ich von Anfang an sehr deutlich. Auch im Bereich von Arbeitskollegen, denen ich vertrauen konnte.

    Mittlerweile bin ich so weit, dass diejenigen, die langsam in mein Leben kommen - Menschen bei denen ich ein gutes Gefühl habe, selbst wenn das falsch sein sollte (denn ich sehe noch nicht in sie hinein und kenne sie noch zu kurz) beginne ich auch den Sachverhalt zu schildern.

    Ein älterer Nachbar fragt: "Wo ist der Mann zu der Frau". Na, dann sagen wir doch lieber was Sache ist, zumal ja bereits Aktionen von seiner Seite erfolgt waren und die Polizei hier war.

    Ich bemerke bei mir selber, kurz nach der Trennung war mein Selbstwertgefühl am Boden "oh je, wenn jemand weiß, dass dieser Mensch Dein Partner war, dann fragen die sich wie blöde ich bin oder war". Heute muss ich sagen - es war so - es war eine Partnerschaft. Sie war nicht in meinem Sinne - ebenso wenig wie das (teilweise kriminelle Verhalten) dieses Menschen. Ich bin ausgestiegen...
    Ende - Basta....

    Heute schäme ich mich nicht mehr dafür "durchgehalten" zu haben. Heute kann ich sagen "das war" und heute ist es anders. Entweder diese Menschen schätzen mich auch nach dem Outing noch oder sie lassen es. Im letzteren Fall habe ich bei und mit ihnen nichts verloren.

    Lieben Gruß von Dagmar

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