Hallo zusammen,
eigentlich wollte ich mich an meinem dritten Geburtstag melden, schreiben wie gut es mir geht und so locker erzählen, wie leicht mir alles fällt.
Ist aber leider nicht so. Seit einer Woche kämpfe ich, weiß nicht was ich noch tun soll, bin gerade echt verzweifelt.
Das kommt wahrscheinlich daher, weil mich dieser plötzliche Stimmungswechsel total überrascht hat.
Ich tue alles, was mir möglich ist, um nicht zu trinken. Ich habe zu vielen Leuten und Institutionen Kontakt aufgenommen und werde in ein paar Stunden zum Arzt gehen und mich krank schreiben lassen. Hoffe ich, ich bin eher noch unentschlossen.
Meine positive Einstellung zum Leben ist gerade nicht mehr so ganz da und ich halte mich aufrecht mit denn Gedanken daran, das es mir schon sehr gut ging. Und das eine ganze Weile. Also so richtig gut.
Ich habe nicht nur nicht getrunken, sondern hatte überhaupt kein Bedürfnis Alkohol einzusetzen, hab nicht nur verzichtet, sondern ganz klar und unverrückbar mit einer positiven Einstellung abstinent gelebt.
Das sieht jetzt ganz anders aus. Ich denke, auch das gehört zum Weg. Selbst nach drei Jahren. Ich habe den Wunsch meine Gefühle zu betäuben, fühle mich klein und hilflos und total verunsichert. Jede Entscheidung fällt mir schwer und bereitet mir, wie heute, schlaflose Nächte. Seit zwei Uhr liege ich wach, das hatte ich ewig schon nicht mehr. Ich grübele vor mich hin und komme zu keinem Ergebnis.
Aber aktiv war ich in den letzten Tagen. Blos nicht ganz in alte Verhaltensmuster zurück fallen. Ich war bei der Suchtberatung, beim Hausarzt, hab mit unserem Personalrat gesprochen, mit meiner Vorgesetzen und mit vielen Menschen aus der Selbsthilfegruppe. Und meiner Therapeutin aus der Klinik habe ich geschrieben.
Jetzt schreibe ich hier. Ich baue ein Netz, um nicht zu fallen.
In der Gruppe wurde mir gesagt, unternimm was, lass dich krank schreiben solange du noch klar denken kannst. Sonst kommt bald der Punkt da hast du die Flasche in der Hand und weißt nicht wie sie dahin gekommen ist. (Nicht wörtlich, aber sinngemäß)
Für meinen jetzigen Zustand gab es einen Auslöser. Aber es gab auch viele kleine Dinge im Vorfeld. Ich versuche, die Ereignisse nicht zusammen zusehen, damit der Berg nicht so groß wird.
Dabei habe ich nicht darauf geachtet, dass ich verdränge, anstatt darüber zu sprechen.
Ich fühle mich zurückgefallen, ohne zu trinken. Ich bin echt fertig.
Ich habe Angst davor, das mich meine Vorgesetzte nicht versteht, sie hat gestern noch gesagt, das es doch nichts bringt, wenn ich zu Hause rum sitze, ich sollte mich lieber auf der Arbeit ablenken.
Aber ich kann nicht arbeiten. Ich bin unkonzentriert, müde, fühle mich schlapp und antriebslos, bin nervös und angespannt, zitter innerlich und hab keinen Appetit, laufe rum wie ein Tiger im Käfig. Wie nach der Entgiftung. Alles was ich jetzt empfinde kenne ich und ich will dass das aufhört.
Ich trinke nicht, ich kann nicht nochmal von vorne anfangen.
Die Suchttherapeutin hat gesagt, ich soll sehen was ich habe. Das ich in Sicherheit bin. Und das es Menschen gibt, die sich um mich kümmern.
Mir geht es von Tag zu Tag schlechter und ich habe Angst.
Ich muss was unternehmen. Das sind alles alte Geschichten die wieder auf kommen. Jahrelang haben sie mich in Ruhe gelassen. Ich hatte zu viel Stress und jetzt kommen sie zurück.
Jetzt bin ich gerade wieder Frodo, wie am Anfang. Möchte weg und weiß nicht wohin. In eine andere Welt, möchte dass mir jemand Entscheidungen abnimmt, mir sagt was ich tun und lassen soll.
Jetzt versuch ich noch ein bisschen zu schlafen.
Gruß,
Frodo