Ich habe ausgetrunken

  • zunächst einmal möchte ich mich für die Bereitstellung dieser sehr informativen Plattform bedanken, die mich bei meinen ersten Schritten begleitet hat.
    Ich habe 20 Jahre lang sehr viel Alkohol getrunken und litt immer wieder unter starkem Kontrollverlust. Direkt zu Beginn meiner Alkoholkarriere gehörte ich leider zu den Menschen, die das Suchtmittel "lieben" gelernt haben. Ich hörte nicht mehr auf und begann auch frühzeitig, alleine zu trinken. Es gab Phasen, wo ich es besser im Griff hatte und solche, wo es wieder schlechter war. Mit knappen 3 Promille habe ich vor 13 Jahren meinen Führerschein verloren und kam durch engagierte Arbeit und gute Rhetorik nach 12 Monaten durch die MPU. Ich hatte aber mit meinem Problem nicht wirklich abgeschlossen, sondern mich nur angepasst verhalten und mich im selben Zuge beruflich verändert, was dem Ganzen sicherlich zu Gute kam.
    Es folgten Zeiten heftiger Abstürze und Zeiten in denen ich mich immer wieder fing. Vor rund 7 Jahren bemerkte ich erste körperliche Reaktionen nach total besoffenen Tagen, die mich veranlasst haben öfters auch tagsüber zu trinken. Ich weiß gar nicht mehr, wie es dazu kam, dass ich plötzlich jeden Tag trank. Nicht immer viel, denn ich musste ja arbeiten. Die Phasen unkontrollierten Trinkens häuften sich aber immens, ich bekam dann immer stärkeren Entzug und saß nur noch wach im Wohnzimmer, trank nachts manchmal noch etwas und versuchte immer noch mit wahnsinniger psychischer Energie meine Körperreaktionen während der Arbeitszeit unauffällig erscheinen zu lassen und mich in der Woche wieder zu "normalisieren". Das funktionierte eine Weile und wenn ich allen erzählte, dass "es mir gut geht", glaubte ich das auch selbst recht bald.
    Bis Ende Oktober habe ich das so durchgehalten und bin dann infolge einer heftigen Panikattacke im Büro zusammengebrochen. Kurz darauf habe ich mich für eine Entgiftungsbehandlung entschlossen und warte nun auf meine LZT. Ich besuche nun regelmäßig eine SHG und freue mich darüber, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ich hatte zuletzt noch kleinere Panikattacken und muss dafür Medikamente nehmen. Zwei trockene Monate liegen jetzt hinter mir und psychisch gehts endlich wieder (nach 2 Monaten!) aufwärts.
    Warum muss erst so ne Kacke passieren, bis man erwacht. Jahrelang habe ich mich schick in meiner Wohnung alleine zugeknallt, entsorgt und wieder eingekauft und auf den nächsten Totalausfall gewartet und gehofft, dass sich der Entzug in Grenzen hält, um auf der Arbeit wieder den "Perfekten" raushängen lassen zu können.
    Nun, die Sucht besiegt uns alle irgendwann und ich glaubte lange Zeit, sowas wie die besondere Ausnahme zu sein. Aber ich steckte bereits Jahre in tiefer Abhängigkeit und keiner hats gemerkt.
    Allen hier eine schöne trockene Woche.

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Hallo Pfundi,

    herzlich Willkommen hier im Forum!

    Und gleich dazu herzlichen Glückwunsch zu deinen 2 trockenen Monaten! :D

    Nö, die Sucht macht keine Ausnahmen, das siehst du richtig.

    Weißt du schon genaueres von deiner LZT?


    Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Pfundi!

    Willkommen im Forum!

    Und ich gratuliere Dir,dass Du Dich fürs Leben entschieden hast.

    Wann beginnt Deine LZP? Freu Dich drauf,denn da wirst Du viele Instrumente,Ideen und Erkenntnisse für Deinen weiteren trockenenWeg erhalten. Schreib bald wieder und erzähl wie es Dir geht.

    herzliche Grüsse
    Yvonne

    ichbinda123

  • auch von mir glückwunsch mit deine Entscheidung eine LZT zu machen , ich kann nur sagen es wird vorwärts gehen , du hast auch schon ein vorsprung wenn du schon 2 bis 3 Monaten trocken bist und dann dein LZT antreten tust das wirst du merken wenn du dort ankommst .

    Frans :lol:

  • Hallo Pfundi,

    die Beschreibung Deiner nassen Zeit erinnerte mich sehr an meine Sauferei. Das hat unheimlich viel Kraft gekostet, besonders die Bemühungen, dass keiner merkte was ich nicht wissen wollte.

    Zitat

    wenn ich allen erzählte, dass "es mir gut geht", glaubte ich das auch selbst recht bald.

    Mit Deiner jetzt zweimonatigen Trockenheit und Gruppenerfahrung bist Du für Deine LZT gut gerüstet. Wenn es losgeht, dann vertraue den Menschen, die Dir helfen wollen.

    Ich wünsche Dir Ruhe und Entdeckerfreude auf dem Weg zu Dir.

    LG kommal

    unterwegs...

  • hallo pfundi!

    herzlichen glückwunsch zu deinem entschluss, dein leben trocken und nüchtern anzugehen! und herzlich willkommen hier im forum - hier bist du richtig :)

    deine vorstellung hat mir schlagartig vor augen geführt, was geschieht, wenn ich nicht auf mich acht gebe. die symptome, das verhalten eines nassen alkoholikers, das nicht mehr erkennen, wann es zu spät ist - das alles kommt mir sehr bekannt vor.

    ich bin alkoholkrank und habe keine kontrolle über mein trinkverhalten. mir bleibt aber ein zufriedenes, trockenes und nüchternes leben - ein ganz wunderbares übrigens ;)

    ich freue mich, deinen weg hier miterleben zu können!

    peter

  • danke für Eure lieben Antworten. Psychisch gehts immer mal auf mal ab, aber mit steigender Aufwärtstendenz. Ich mache gerade "Hamburger Modell" und bin mit 6 Arbeitsstunden pro Tag in der Endphase und will ab 25.01. wieder Vollzeit arbeiten.

    Meine LZT beginnt voraussichtlich am 05.04. Ich gehe in die Salus-Klinik nach Friedrichsdorf im Taunus. Habe noch 3 Wochen Resturlaub vor der Therapie, den ich vorwiegend bei meinen Eltern verbringen möchte, die mich überall unterstützen, wo sie nur können. Leider liegen knappe 300 km zwischen uns.

    Ich habe zu spüren bekommen, wie nah Rückfall und Trockenheit doch zusammenliegen können. Habe am Sonntag nur Zigaretten an der "früheren Tankstelle meines Vertrauens" geholt und dort unterhielt sich der Verkäufer mit einem stark angetrunkenen Mann. Ich musste schnell da raus und mich erstmal erholen und künftig besser aufpassen. Ich kanns einfach nicht riechen...

    Ich trinke oft Tee und Sprudel zu Hause. Das hilft mir ganz gut. Heute abend fahre ich in meine SHG. Außerdem habe ich noch Fahrdienst übernommen, da wir auch Personen haben, die sich in Entgiftung / Therapie befinden.

    Einen schönen trockenen Tag.

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Ich melde mich einfach mal wieder. :D Mir geht es gut. SHG am Dienstag war klasse. Ich habe dort mal ein Buch vorgestellt. "ALK - Fast ein medizinisches Sachbuch" von Simon Borowiak. Der Autor versteht es ganz hervorragend, das Thema mit Witz, Ironie und handfesten Tatsachen aufzubereiten und sehr treffend zu formulieren. Er beschreibt ferner den Aufenthalt in Entgiftungskliniken und das dort anzutreffende Klientel bishin zum Pflegepersonal, Ärzten und Psychologen. Ich konnte alles so nachempfinden.
    Heute war ich in der ambulanten Nachsorge und besuchte eine dortige Gruppe für Rückfallprävention. Wir hatten einen Neuling, der gerade seinen Lappen los war und sozusagen ein "Partylöwe" ist. Suchtgedächtnis scheint bereits vorhanden, nur weiß er es noch nicht. So ging es mir in etwa vor 13 Jahren. Schade, dass ihm noch jegliche Motivation fehlt und er denselben Weg gehen wird, wie ich und viele andere hier.

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Huhu, :D

    an dieser Stelle möchte ich mitteilen, dass ich bereits nächste Woche Donnerstag meine LZT antreten kann.
    Ich bin schon mächtig aufgeregt, keine Ahnung was die da mit mir machen.

    Gesundheitlich gehts mir immer besser. Ich habe auf die Zeichen meines Körpers/Psyche gehört und will jetzt da raus. Der Ausstieg lohnt sich von Tag zu Tag mehr, auch wenn das Suchtteufelchen es manchmal lieber anders hätte. Ich akzeptiere das als Teil der Krankheit und das gibt der Sache eine ganz andere Betrachtung. Die Entscheidung ob ich Suchtmittel konsumiere, liegt schließlich bei mir.

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • glück auf pfundi

    gratulation zum bescheid :lol:


    Zitat von pfundi

    die Entscheidung ob ich Suchtmittel konsumiere, liegt schließlich bei mir.


    gute einstellung ^ :wink:

    :arrow: viel erfolg :!:

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • na dann herzlichen glückwunsch , was die da mit dir machen? ganz klar . helfen und versuchen dich beizubringen wie du ein ausgefülltes leben ohne Alkohol leben kannst , vorausgesetzt das du natürlich auch mitziehst weil von alleine kommt ja auch nichts , aber da bin ich bei dir ganz guten Dinge , und das mit deinen Gesundheit ist ja auch super das es immer besser wird, und das sucht Teufelchen kannst du jedes mal die stinkefinger zeigen weil du wirst siegen und nicht er, also Augen zu und voll durch du schafft es.

    Frans.

  • Hallo Pfundi, auch von mir herzlichen Glückwunsch zur LZT :) In der Langzeittherapie werden sie dich unter anderem mit ausführlichen Therapiesitzungen/Gesprächen wieder''auf die Beine stellen'' damit du hinterher in ein selbstbestimmtes, trockenes und mit der Zeit sicherlich auch zufriedenes Leben laufen kannst. Ich wünsch dir viel Kraft auf deinem Weg!!! Ganz liebe Grüsse sendet Franky

  • War gestern nach meinem Entzug das erste Mal im Hallenbad. Gerade das, war eine besondere Herausforderung, da ich aufgrund meiner Panikstörung auch Probleme hatte mit großen Temperaturschwankungen. Es kam öfters zu einer Attacke, wenn ich vom Kalten ins Warme gekommen bin.
    Gestern hat alles funktioniert und das zeigt doch, dass ich auch psychisch auf dem Weg der Besserung bin.
    Hatte gegen später aber wieder Suchtdruck, als meine Begleitung in der Stadt dann "trinkende Freunde" getroffen hat. Ihm gings aber wohl ähnlich, wir haben uns auch schnell vom Acker gemacht. :wink:

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Bin am Donnerstag gut in der Salus-Klinik angekommen. Die Klinik befindet sich im Zentrum von Friedrichsdorf mit S-Bahn Anschluss nach Frankfurt. Es geht hier somit darum, die Verhaltenstechniken direkt in einer realen Umgebung praktizieren zu können und nicht in einer "Käseglocke". Ich denke, dass wird schon. :wink:

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Danke mal an Karsten für seine PN, die mich ermuntert hat, hier mal wieder was von mir zu geben.
    Ich habe viel gelernt in der LZT. In erster Linie über mich selbst, aber auch über die Alkoholkrankheit als solche.
    Ich habe begriffen, warum ich abhängig geworden bin. Vieles davon lag in meinem Entwicklungsprozess, der schon in der Kindheit begann, begründet. Ich arbeite täglich an mir und meiner Trockenheit und setze genau da an, wo es immer gehabert hat. Ich hatte nie wirkliche Freunde. Ich fühlte mich seit über 20 Jahren nur dort wohl, wo es genug zu saufen gab. Wichtig sind von daher suchtfreie Kontakte, aber auch der regelmäßige Austausch über die Sucht. Wir haben eine junge Kreuzbund-SHG mit Mitgliedern zwischen 35 und 45 Jahren wieder neu aufgebaut. Ich habe seit diesem Monat die Leitung übernommen und kann durch die Moderation meine Selbstsicherheit weiter trainieren. Ferner bin ich wegen meiner Funktion häufig abends unterwegs, stelle das Selbsthilfekonzept auf der Entgiftungsstation oder im Rahmen einer Infogruppe vor, etc.
    Mir ist die Gruppenarbeit sehr ans Herz gewachsen und all das kann ich nicht tun, wenn ich trinke bzw. mich wieder versuche selbst zu entgiften. Was war ich doch wahnsinnig in meiner nassen Zeit. Heute sehe ich das alles so klar vor mir, lebe deutlich bewusster und freue mich über jeden neuen Tag.
    Es gibt mitunter Situationen, wo der Teufel mir wieder im Nacken sitzt. Ich akzeptiere das als Teil meiner Krankheit und wenn ich in dem Zusammenhang daran denke, dass ich zuletzt meine Wohnung nicht mehr verlassen konnte, weiss ich doch sehr genau, was ich nicht mehr will.

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Zitat von pfundi

    HansHa und Silberkralle
    habe in der Nachsorgegruppe heute mal unser Thema mit der Therapeutin besprochen. Das Ergebnis will ich mal so umschreiben:
    Generell geht es nicht darum, wo ich Leute treffe und was an Nebentischen so passiert. Es geht einfach darum, wie ich meine persönlichen Risiken minimiere und das hängt in erster Linie davon ab, wie ich Situationen bewerte und auf was ich den Fokus setze. Bin ich ehrlich zu mir selbst und gehe beipielsweise wegen der Musik auf ein Konzert, steht für mich die Musik im Vordergrund der Veranstaltung und nicht die Personen, die dabei noch Alk konsumieren. Ich muss mir meiner Sache natürlich sicher sein und aus dem Innersten heraus auch trocken leben wollen.


    Hallo pfundi,

    genau, es geht darum das Risiko zu minimieren. Als ich frisch trocken war, konnte ich nicht unterscheiden, was ich will oder nicht will. Ich musste erst wieder lernen, mich auf mein Gefühl verlassen zu können und unterscheiden zu können, ob das Verlangen jetzt was zu machen, aus mir oder aus meinem Suchtgedächtnis kommt. Da habe ich dann lieber mal zurück gesteckt als ein Risiko einzugehen.
    Außerdem kommt noch dazu, dass ich nicht überblicken konnte, was z. B. der Biertrinker im Restaurant am Nebentisch bei mir auslöst. Ich kenne das von meinen vergeblichen Versuchen trocken zu werden. Den Abend habe ich locker durchgehalten , aber im Anschluss wenn ich alleine war habe ich mir die Kante gegeben.

    Schönen Tag

    H.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • Hallo HansHa,

    genau das ist auch der Grund, warum ich mich fernhalte, wenn Bekannte sich zum Biertrinken treffen und im Grunde genommen nur über ihr liebstes "Hobby" reden. Da habe ich nichts verloren. Ich möchte im trockenen Leben generell solche Treffen nicht wahrnehmen. Ich kann auch in keinster Weise einschätzen, was dann passiert. Ich trinke dann sicherlich nicht mit denen zusammen, es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass ich danach zur Tanke renne. Das ist gefährlich und weiß ich auch.

    Ich denke mal, dass ich auf einem ganz guten Weg bin. Erfahrung fehlt halt noch und alles aus der Therapie werde ich auch künftig nicht mehr auf die Goldwaage legen.

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Zitat von pfundi

    alles aus der Therapie werde ich auch künftig nicht mehr auf die Goldwaage legen.


    Hallo,

    das wollte ich mit meinem Beitrag nicht sagen. Ich würde dieses Thema noch mal ansprechen. Vielleicht ist da ja was im falschen Hals gelandet. Ich kenne es auch aus der Therapie, dass der (die) Therapeut(in) ein Thema nicht von sich aus voran treiben, aus welchen Gründen auch immer.

    Schönen Tag

    H.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • Ich führe mal meinen Thread weiter. Bin heute auf einem Geburtstag eingeladen und ich werde mit dem Auto hinfahren. Die anwesenden Personen haben alle mit psychischen Problemen und-/oder Suchtproblemen zu tun. Ich habe viele von denen lange Zeit nicht gesehen und wegen meiner Sauferei die Kontakte abgebrochen. Stellt euch mal vor, die haben vor zwei Jahren zu mir gesagt, nachdem ich mich wieder total daneben benommen habe, ich sollte mal was gegen meine SUCHT tun. Ihr könnt euch ja vorstellen, dass dann Feierabend mit der Freundschaft war...

    Und als ich dann was tat, haben mich diese Personen auch in der Entgiftung und während meiner LZT besucht. War ganz toll und von daher bin ich sehr auf den heutigen Abend und den Austausch gespannt.

    Schönes WE
    Dirk :D

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

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