• Hallo an alle hier Angemeldeten!

    Ich bin neu hier und möchte mich kurz vorstellen: ich bin 45 Jahre und seit 17 Jahren mit einem Mann verheiratet, der schon immer zu den verschiedensten Anlässen Alkohol getrunken hat, in den letzten Jahren täglich Alkohol trinkt. Es ist nicht so, dass er oft betrunken ist, aber es sind täglich 1-2 Bier, am Wochenende mehr.
    Zuerst hat mich eigentlich nur gestört, dass er nie nach der Arbeit heimkam, ohne nicht vorher noch einen Abstecher ins Wirtshaus (ist gleich bei uns nebenan) zu machen. Er ist selbständig, arbeitet viel und hat somit auch wenig Zeit für mich und seine Familie (2 Kinder). Dass er so viel von der wenigen Freizeit lieber beim Wirt verbringt, hat mich immer sehr verletzt. Auf den Gedanken, dass er vielleicht Alkoholiker ist und gar nicht anders kann, bin ich erst vor wenigen Tagen gekommen (oder weiss ich es insgeheim schon viel länger?).
    Frühere Gespräche darüber wurden mit Beschwichtigungen (Stressabbau....) abgetan.
    Kann es sein, dass ich so lange die Augen vor etwas verschlossen habe, oder ich es nicht sehen wollte?
    Dass es sowas wie Co-Abhängigkeit gibt, weiss ich erst seit wenigen Tagen. Da ich aber noch nicht mal wirklich weiss, ob mein Mann Alkoholiker ist (er bestreitet es vehement), wie kann ich wissen, ob ich Co-abhängig bin? Was, wenn ich "Gespenster" sehe oder mich in etwas "hineinsteigere" was gar nicht da ist?

    Ich hab so viele Fragen, weiss gar nicht, wo ich anfangen soll zu denken.

    Beim Lesen eurer Beiträge habe ich so viele Gedanken und Gefühle gefunden, in denen ich mich wiedergefunden habe, dass es mir Angst macht.

    Vielleicht könnt ihr mir bei meinem Weg, der jetzt vielleicht vor mir liegt helfen?

    Liebe Grüße Schneewittchen 2108

  • Hallo schneewittchen zuerst einmal ist es schön, dass du den Weg heierher geschafft hast.. ich selber habe 21 Jahre in einer co-abhängigkeit gelebt und denke, es wird dir gut tun, hier ein wenig zu lesen.. dabei werden sich einige Fragen beantworten und du siehst, dass du nicht allein bist..
    LG Tihaso

    co-abhängig...Sich auf den Weg machen - egal wie schwer er ist!!!

  • Hallo Schneewittchen,

    herzlichlich willkommen bei uns im Forum.
    Wenn du magst lies mal hier:
    https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…bhaenigkeit.php

    Zitat

    Was, wenn ich "Gespenster" sehe oder mich in etwas "hineinsteigere" was gar nicht da ist?


    du fühlst dich nicht wohl in der Situation, also siehst du keine Gespenster, denn deine Gefühle sind wichtig und richtig.
    Dazu mußt du nicht wissen, ob dein Mann Alkoholiker ist, oder nicht. Ob er es ist, muß er für sich alleine herausfinden.

    Schneewittchen stell deine Fragen, ich kann mir vorstellen, das im Moment so einiges durcheinander geht, das ist verständlich.
    Wir sind hier, und begleiten dich gerne.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Schneewittchen und Herzlich Willkommen!

    Deine Angst kann ich auch noch gut nachempfinden. Die Angst vor --- der Erkenntnis, der Machtlosigkeit, der Mutlosigkeit, der eigenen Courage, ....

    Du hast auch schon für dich erkannt, dass du einen neuen Weg gehen musst, willst. Das ist der erste Schritt aus der Co- abhängigkeit.
    Hier zu schreiben, zu lesen wird dir sehr viele Anregungen geben, was du alles tun kannst, um DIR zu helfen. Das ist sehr wichtig. Dir Hilfe holen, DIR gutes tun.
    Hilfe findest du auch z.B. in einer Angehörigen- Selbsthilfegruppe.
    Im persönlichen Austausch versteht man "seine" Probleme plötzlich ganz anders. Sieht auch durch die anderen alles mal von der anderen Seite, usw.

    Ich wünsche dir hier schon mal ganz viel Austausch und im realen Leben viel schnelle Hilfen, damit du für dich ganz bald auf einen guten neuen Weg kommst.

    Liebe Grüße von Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Vielen Dank für eure lieben und aufmunternden Worte!

    Ich glaube, ich habe schon begriffen, dass es für mich nicht um das Alkoholproblem (oder nicht Alkoholproblem) meines Mannes gehen soll, sondern darum, dass ICH mit seinem Alkoholkonsum ein Problem habe. MIR geht es schlecht damit, also sollte ICH mir Hilfe suchen und daran arbeiten, dass es MIR wieder besser geht.

    Aber soll in einer Ehe nicht auch das WIR wichtig sein? Muss man nicht auch Kompromisse eingehen, ist es nicht sehr egoistisch nur auf sich selbst zu schauen? Muss man nicht auch lernen, mit bestimmten "Macken" des Partners zu leben?

    lg Schneewittchen 2108

  • Hallo Schneewittchen,

    Zitat

    Muss man nicht auch lernen, mit bestimmten "Macken" des Partners zu leben?


    natürlich hat jeder seine Ecken und Kanten. Aber wenn diese "Macken" dein Wohl gefährden, sollte Schluß mit lustig sein.
    Ich habe auch sehr lange gebraucht um zu erkennen, wie ich mich immer weiter verbogen habe, damit er aufhört zu trinken.
    Ich war nicht mehr ich, ich war (s)eine Marionette. Da will ich nie wieder hin.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Ja, du hast sooo recht, Schneewittchen!

    Man muss gegenseitig Rücksicht nehmen auf die Fehler des anderen, Kompromisse eingehen, darf nicht egoistisch auf sein Gutgehen schauen.
    Aber!!!! Das muss gegenseitig sein. Beide müssen aufeinander schauen, dass der andere nicht unter meinem Verhalten leidet.
    Leider schauen Alkoholiker nicht auf den andern. Der ist ihm wurscht.
    Die Krankheit - die Sucht - sieht nur die Beschaffung, den Genuss des Suchtmittels. Was daneben läuft ist doch egal.
    Du schreibst, dass dein Mann kostbare Zeit in der Kneipe verbringt.
    Also ist doch klar erkenntlich, wer an erster Stelle steht.
    Das ist und darf nicht Sinn einer Ehe, Familie sein.

    Ich habe leider sehr lange gebraucht, um zu dieser Einsicht zu kommen.
    Viel zu lange alles mitgemacht. Rücksicht genommen, Beschönigt, in Schutz genommen, mich verbogen, gelogen, den Kindern wer weiss was zugemutet.
    Dabei habe ich immer an "unsere Ehe, Familie" gedacht.
    "In guten wie in schlechten Tagen" .....
    Nur leider hätten die schlechten Tage nie aufgehört, wenn ich nicht einen Schlussstrich gezogen hätte.

    Wir sind noch immer zusammen. Mein Mann arbeitet sich trocken.
    Klingt komisch, aber wenn du meine Geschichte verfolgst, wirst du merken, dass es ein langer Weg ist. Ist. Er ist noch nicht vorbei. Wird vlt. nie enden.

    Einen schönen Nachmittag wünscht dir Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Ja, ich hab mich auch verbogen.
    Ich habe mich von einem lebenslustigen, neugierigen und unternehmungslustigen Menschen in einen Eremiten verwandelt.
    Vor vielen Jahren (sind es wirklich schon fast 17??!!??) haben wir viel miteinander unternommen. Aber egal, was wir taten, er hat dabei immer auch getrunken. Schon nach 2 Bier wird er extrem lustig, charmant, selbstbewusst, einfühlsam....... und ich daneben war immer nur die graue Maus, die Spassbremse.
    Mittlerweile gehe ich diesen Situationen ganz aus dem Weg und verkrieche mich zuhause.
    Nicht dass er diese Charaktereigenschaften nicht hätte, wenn er nicht getrunken hat, aber gleichzeitig ist er dann auch noch ein Mensch mit Ängsten, Sorgen, Nöten...., so wie ich halt.
    Wenn er getrunken hat, fühle ich mich neben ihm einfach nur ganz klein und diesen Zustand HASSE ich.

    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es verständlich ist, was ich hier so schreibe, aber es ist das erste Mal, dass ich mich so konkret mit diesen Gedanken auseinandersetze. Es ist für mich selbst alles noch so verwirrend.

    Danke, dass ihr da seid!
    Schneewittchen

  • Hallo Schneewittchen,

    doch, es ist verständlich was Du schreibst. Gefühle benennen ist eben halt keine leichte Sache.

    Mein mittlerweile Ex hat während seiner extremen Saufphasen mich und ohne Ausnahme auch alle anderen klein gemacht, richtig klein gemacht. Allerdings habe ich ihn dafür nicht gehaßt, sondern mich, weil ich es mit mir habe machen lassen. Daher kommen mir Deine Gefühle sehr bekannt vor.

    Deine "Verwirrung" wird sich klären, glaub mir. Es wird Dir langsam immer besser gehen.

    LG inga

  • Es tut schon gut, wenn man erfährt, dass es auch andere gibt, denen es genauso oder ähnlich geht.

    Nun habe ich aber noch eine Frage für heute:
    Da ich ja grundsätzlich mein (unser?) Problem gemeinsam mit meinem Mann lösen möchte (ich liebe ihn) und ich weiß, dass wir Hilfe brauchen, was sind die richtigen Anlaufstellen für mich (uns)? Eine Eheberatung, eine Psychotherapie, eine Mediation, eine Suchtberatungsstelle....???

    Ich bin für alle Ratschläge dankbar, da viele von euch anscheinend schon viel weiter sind als ich.

    Ich wünsche allen einen schönen Abend!
    Gruß Schneewittchen

  • Will dein Mann trocken werden?
    Will er von sich aus trocken werden?

    Nur wenn er darauf mit Ja antworten kann, hat es Sinn für ihn eine Suchtberatung zu besuchen.
    Du kannst nur für dich zu den diversen Stellen gehen und für DICH Hilfe holen. Ihn MITSCHLEPPEN - bringt nichts.
    Aus aufgedrückter Trockenheit entstehen leider viele Rückfälle.
    Wir mussten auch erst diese Erkenntnis erlangen.

    Besser ist es meiner Meinung nach, wenn jeder erst mal sein Problem in die Hand nimmt. Das Gemeinsame erlebt ihr dann jeden Tag zuhause.
    Es ist nicht leicht, anfangs mit der Trockenheit umzugehen, weil die Umwelt leider viele Steine in den Weg legt. Da müsst ihr noch ganz viel gemeinsam erkämpfen.

    Ich wollte auch immer wieder FÜR meinen Mann Trockenheit. Es hat lange gedauert, bis ich gecheckt hatte, dass es für mich verlorene Kraft war, die ich dann in mich investiert habe. Und das hat mir geholfen, mich zu stärken. Mir ein gesünderes Leben zu erlernen.

    LG Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Liebe Gotti!

    Aus deinen Zeilen höre ich raus, dass du schon Vieles hinter dir hast, was ich noch vor mir habe.

    Mein Mann ist der Meinung, dass er kein Alkoholproblem hat und dass lediglich ich ein Problem mit seinem Alkoholkonsum habe. Ich weiss auch nicht, wieweit er sich selber belügt, oder die Augen davor verschließt. Ich weiss nicht, ob er es nicht schon längst weiss, oder ob er wirklich der Meinung ist, dass alles in Ordnung ist. Im Grunde genommen weiss ich nicht mal, ob ich nicht alles "zu eng" sehe und ihm Unrecht tue.

    Mein Mann ist ein sehr intelligenter, gebildeter und sensibler Mensch. Ich kann sonst mit ihm über alles reden, aber wenn es um dieses Thema geht, wird er schnell agressiv und er weiss auf alle Argumente von mir ein Gegenargument.
    Mittlerweile haben wir uns darauf geeinigt, dass jeder von uns eine andere Wahrnehmung dieses Thema betreffend hat.

    Aber stehe ich mit dieser Ausgangssituation nicht schon auf verlorenem Posten? Heisst das, dass eine Trennung unausweichlich ist? Um etwas zu verändern bedarf es dazu nicht die Bereitschaft von beiden?

    Liebe Gotti, bitte steh mir weiter mit deiner Erfahrung zur Seite!

    lg Schneewittchen

  • Gerne, Schneewittchen!

    Weisst du, gerade entfuhr mir ein "Ach ja!" , als ich die Beschreibung deines Mannes las. Bei uns war es genauso.
    Meiner ist auch sehr intelligent. Weiss alles, sehr vieles besser als jeder andere.
    In seiner nassen Zeit war ich total dumm. Alles machte ich falsch, konnte "da" doch nicht mitreden, usw.usw. usw. Er hielt mich klein und doof, damit ich nicht merken sollte, wieviel er mit dem Thema Alkohol beschäftigt ist.
    Ich war aber nicht so klein und doof, wie er mich hinstellen wollte. Aber es hat eben sehr lange gedauert, bis ich mit dagegen wehrte, indem ich entgültige Entscheidung einforderte.
    Bis dahin hatte ich Zweifel - wie du - ob er denn wirklich so schlimm trinkt, ob ich übertreibe, jeder andere trinkt doch auch, ob ich vlt. verrückt bin?
    :roll: - bis er die letzten Wochen fast täglich trank und "komische" Anwandlungen bekam. ?Schizophren?
    Irgendwie kam ich dann auf den Gedanken, dass ich diesen Mann einmal nicht würde pflegen wollen und können, wenn er pflegebedürftig würde.
    Das war furchtbar - traurig - aber meine Gefühle waren am Nullpunkt angekommen.

    Dass er sich an diesem Abend für die Trockenheit entschied empfand ich damals wie heute als ein Wunder.
    Er musste gespürt haben, dass es mir entgültig ernst war, und er mich verlieren würde. Oder die Bequemlichkeit nebenbei. :wink:

    Sehr viele erleben hier nicht solche Wunder, sondern müssen sich trennen, damit sie wieder leben können.
    Neben einem nassen Mann ist ein richtiges Leben sehr, sehr schwer, weil man immer wieder mit hineingezogen wird. Auch wenn getrennte Zimmer und so vorhanden sind. Irgendwo ist immer Begegnung.
    Versuchen kannst du es jetzt auf jeden Fall mit Hilfen für dich. Was ich schon so alles aufgezählt habe. Gehe du dort hin und lass dich beraten, rede mit Angehörigen - das erleichtert ungemein.
    Und wenn du auf Fehler hingewiesen wirst, dann mach nicht g
    leich eine Kehrtwendung, sondern denke drüber nach. Das musste ich auch hier lernen! :oops:
    Hilfe kann auch aus Kritik kommen.

    Du siehst mal wieder, meine Erfahrungen sind unerschöpflich. :wink:
    Mach mal wieder Pause, damit du drüber nachdenken kannst.

    LG Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hi an alle!

    Will nur kurz anmerken, dass meine Bitte um Erfahrungen nicht nur an Gotti gerichtet ist. Wollte damit niemanden ausschließen (ganz im Gegenteil!!), ich bin für alle Anregungen wirklich dankbar!!!

    lg Schneewittchen

  • Hallo Schneewittchen & Willkommen im Forum! :D

    Das mit den unterschiedlichen Sichtweisen mag eine Art kleiner Burgfrieden sein. Aber auf Dauer hilft das nicht.

    Du störst dich an seinem Alkoholkonsum. 1 bis 2 Bierchen klingen auch nicht viel. Wieviel aber trinkt er tatsächlich? Schon alleine das Verniedlichen "Bierchen", Weinchen", "Schnäpschen" halte ich für keine gute Wortwahl. Das klingt so unbedeutend & nicht der Rede wert. (Von zu vielen Bierchen gibt's unter Umständen ein Leberzirrhöschen. Wie klingt das? :wink: )
    Trinkt dein Mann auch zu Hause? Wie ist sein Zustand nach dem Kneipenbesuch im Vergleich zu arbeitsfreien Tagen, wo er zu Hause ist? Was vermisst du an deinem gegenwärtigen Leben? Was vermisst du in Sachen Partnerschaft?

    Wenn du dir klar über deine eigenen Bedürfnisse bist, kannst du auch ihm gegenüber anders argumentieren. Ernergisches Abstreiten ist für einen Suchtkranken keine unübliche Handlung. Ein Nichtsüchitger kann nämlich ohne weiteres auf den Wunsch nach zurückhaltendem Alkoholkonsum eingehen. Sollte bei ihm tatsächlich eine Sucht vorliegen, wird es natürlich schwer, deine Interessen gegen sein Trinkverlangen durchzusetzen, solange beides nicht kombinierbar ist.

    Ganz wichtig ist jedoch, dass du deine eigenen Bedürfnisse nicht hintenan stellst. Allzuschnell kommt der Partner des Alkoholikers nämlich in die Rolle, das Trinkverhalten zu flankieren, zu unterstützen & nach außen hin den Frieden zu wahren.
    Fang am besten damit an, dass du keinen Alkohol mehr ins Haus schaffst. Wenn er saufen will, muss er sich seinen Stoff selber besorgen.

    Ich empfehle dir, bei den "alten Co's" viel zu lesen (, so du das nicht eh schon tust).

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Hallo an alle!

    Ich fühle mich gerade, als würde ich nach jahrelangem Leben in einem dichten Nebel, in dem ich mich völlig verloren und kaum etwas gesehen und wahrgenommen habe, wieder ans Licht finden. Aber das Licht tut weh und ich kann gar nicht damit umgehen - eine Achterbahnfahrt der Gefühle.

    Ich möchte euch heute ein bißchen was von mir erzählen. Wenn ich mir selbst meine Geschichte ansehe, kann ich plötzlich immer mehr verstehen.

    Von meinem Vater wurde ich schon verlassen, als ich noch gar nicht auf der Welt war, sprich er hat sich aus dem Staub gemacht, als meine Mutter mit mir schwanger wurde. Ausser die monatlichen Alimente habe ich nie ein Lebenszeichen von ihm bekommen und als ich 13 war, ist er bei einem tödlichen Autounfall ums Leben gekommen.
    Meine Mutter hat anscheinend mir die Schuld daran gegeben, dass sie verlassen wurde, sie konnte mich nie wirklich lieben und hat die Verantwortung für mich an meine Großeltern abgegeben.
    Ich hatte es bei ihnen nicht schlecht, aber Vater und Mutter konnten sie mir nicht ersetzen. Die Beziehung zu meinem Großvater war auch eher schwierig, er war ein ziemlicher Tyrann und Zuwendung gab es nur, solange ich so war, wie er mich haben wollte.

    Das Männerbild, mit dem ich also aufgewachsen bin, kann sich jeder vorstellen. Sowas wie Selbstwertgefühl habe ich nie entwickelt. Ich kam mir immer ziemlich klein und unbedeutend vor.

    Nach einigen unbedeutenden Beziehungen habe ich mit fast 30 Jahren meinen jetzigen Mann kennengelernt. Er war klug, selbstbewusst und erfolgreich (ist er immer noch) und ich konnte es kaum fassen, als er MICH fragte, ob ich ihn heiraten würde.
    Auf der Hochzeitsreise ist unser erstes Kind entstanden (war so geplant) und ich war überglücklich. Doch damals schon hat er angefangen, mich immer öfter alleine zu lassen. Er hat bei keiner Feier gefehlt und ich habe mich ganz meinen Kindern (nach 3 Jahren kam das zweite) und dem Haushalt gewidmet.

    Wir haben uns ein eigenes Haus gekauft und er war immer darauf bedacht, mir alles zu ermöglichen, was zu einem angenehmen Lebensstandard beiträgt. Dafür musste ich in Kauf nehmen, dass er nie da war und ich dachte mir, das sei schon richtig, denn man kann ja nicht alles haben und andere wären froh, wenn sie das hätten, was ich habe.

    Ich habe aber sehr unter diesem Zustand gelitten und mich in diverse Dinge geflüchtet.
    Als unsere Eheprobleme begannen, dachte ich, die Ursache dafür liegt alleine bei mir (schwierige Kindheit....siehe oben), also habe ich angefangen, an mir zu arbeiten (Psychotherapie, Familienaufstellung..).
    Ich konnte damit auch wirklich viele Dinge aufarbeiten, was sich auch positiv auf meinen psychischen Zustand ausgewirkt hat.

    Trotzdem sind unsere Eheprobleme schlimmer geworden und seit ungefähr einem Jahr befürchte ich, dass das an seinem Alkoholkonsum liegt.

    Auch wenns noch so weh tut, ich kann und will meine Augen nicht mehr länger verschließen und im Nebel leben!

    Ich hoffe, ich hab niemanden gelangweilt und ihr steht mir weiterhin zur Seite.

    Alles Liebe für euch
    Schneewittchen

  • Hallo Schneewittchen!

    Schön, dass du an dir gearbeitet hast. Für dich fachliche Hilfe geholt hast, die dir positive Auswirkungen zeigte.
    Aber da finde ich, bist du das beste Beispiel, dass alles nur Sinn hat, wenn der Partner auch mitmacht, sich auch ändert.
    Dein Mann hat sein Leben weitergelebt, weitergetrunken, so dass du immer wieder in den Sog zurückgefallen bist.
    Du bist immer wieder mit einer Ursache deiner Probleme konfrontiert worden, so dass du nie abschliessen konntest.

    Meiner Meinung nach ist es auch völlig egal, aus welcher "guten oder schlechten" Kindheit man kommt. Jeder kann sich ändern. Sein Leben ändern, wenn er will.
    Gerade als erwachsener, vernünftig denkender Mensch hat man doch alle Möglichkeiten sein Leben wieder neu anzupacken.
    Wenn man will findet man Wege.

    Denk nicht so viel über dich und deine Kindheit nach. Die ist vorbei.
    Jetzt kannst du so leben, wie es dir guttut. Wie es dir gefällt.
    Vorbei ist vorbei.

    LG Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo zusammen!

    Dieses Forum gefunden zu haben ist für mich ein Segen.
    Zu wissen, dass man nicht alleine ist und viele Dinge plötzlich anders sehen zu können, durch Erfahrungen und Denkanstöße anderer, ist sehr heilsam für mich!

    Gotti, du bist eine sehr weise Frau und jeder, der dich an seiner Seite hat, kann sich glücklich schätzen.

    Ich danke euch allen!
    Schneewittchen

  • Gotti hat etwas sehr wichtiges geschrieben: Dein Mann hat sein Leben weitergelebt.
    Deine Geschichte liest sich so, als seien dein Leben & das deines Mannes zweierlei.

    Gibt es da eigentlich mehr als ein gemeinsames Haus & gemeinsame Kinder?
    Man möchte fast glauben, dass Familienleben deines Mannes ist nur Fassade, ein völlig von seinem eigentlichen Leben abgetrennter Bereich.

    & was hast du für persönliche Wünsche? Die gehen aus deinem Text nicht hervor.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Hallo Dante!

    Wieder ein Denkanstoß, der genau ins Schwarze trifft! Danke dafür!
    Warum sieht man so viele Dinge, die andere sofort auf den Punkt bringen können, nicht selber viel früher?

    Ich glaube, ich hab wieder einiges zum Nachdenken.

    lg Schneewittchen

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