• In dieser Woche kam ein Stapel Bücher bei mir an, den ich geordert hatte zum Thema. Schon mal sehr hilfreich!
    Auch das Lesen der vielen Themen hier: ich erkenne mich sooo sehr wieder.

    Anfang Juni habe ich meinen ersten Termin bei einem Psychologen. Das ist gar nicht so einfach gewesen, da ran zu kommen. Wollte eigentlich eine Frau, aber bei ganz vielen ging nur der AB ran, da wollte ich nicht drauf sprechen. Einige haben mir auch gesagt, dass sie keine neuen Fälle mehr annehmen.
    Der erste Mann, der ranging, hatte eine wahnsinnig liebe Stimme. Fast wie ein Vater. Oder zumindest, wie ich mir vorstelle, dass ein Vater klingt. Er wollte von mir auch nur drei Sätze hören und hat mir dann einen Termin in zwei Wochen gegeben, obwohl er auch kaum noch Platz hat.
    Ich bin mal gespannt!

    Jetzt bin ich mir im Augenblick aber gar nicht so sicher, was mein eigentliches Problem ist: mein Vater, der Alkoholiker ist und vor etwa 20 Jahren aus meinem Leben verschwunden ist.
    Oder eher meine Mutter. Die ist keine Alkoholikerin, aber eine ganz fürchterliche Person. Sie interessiert sich für nichts außer sich selbst. Vielleicht noch dafür, wie sie bei ihrer Familie, ihren Kollegen, ihren Nachbarn da steht. Sie ist kein bisschen herzlich, zu mir zumindest nicht und ich kann ihr nie etwas recht machen. Ständig zieht sie bei mir über meine Geschwister her und von denen habe ich auch erfahren, dass sie das auch über mich tut. Immer unter dem Deckmäntelchen, dass sie sich doch um ihre Kinder Sorgen macht und das doch wohl als Mutter dürfe...

    In meinem Kopf ist also im Moment meine Nicht-Alkoholiker-Mutter die größere Katastrophe.
    Und ein Streit mit ihr vor ein paar Wochen hat mich auch erst hier her gebracht und hat die Steine ins Rollen gebracht.

    Wahrscheinlich hat aber das eine mit dem anderen sowieso jede Menge zu tun. Und eigentlich will ich auch aus den Fängen meiner Mutter raus, die sich in meiner Kindheit so gut wie nie Sorgen um mich gemacht hat.

    Ich frage mich nur manchmal, warum ich auf meinen Vater nicht so wütend bin. Von dem will ich eigentlich mal hören, dass er mich lieb hat. Das wird nicht passieren - wie gesagt, ich hab keinen Kontakt zu ihm.

    Ich merke nur, dass ich im Moment sehr dünnhäutig bin. Das kenne ich von mir überhaupt nicht. Ich kann beim kleinsten und nichtigsten Anlass anfangen zu weinen und das geht mir sehr an die Substanz. Außerdem habe ich festgestellt, dass ich in den letzten Wochen dauernd schlafe. Auch das kenne ich nicht von mir. Normalerweise schlafe ich pro Nacht 5 Stunden, seit Jahren, danach bin ich wach. Und jetzt: 10 Stunden und wenn der Wecker nicht klingelte, dann würde ich weiterschlafen. Komisch.
    Mein Leben findet im Moment nur zwischen Bett, Dusche, S-Bahn, Arbeit, S-Bahn, Bett statt. Ich esse kaum noch was, und wenn, dann jeden Tag das Gleiche: Reis mit Tomatenmark... Sehr abwechslungsreich...

    Naja, zwei Wochen noch und dann habe ich mein erstes Gespräch. Ich bin auf dem richtigen Weg...
    Iffiegenie

  • Hallo Iffiegenie,

    bei mir war das so ähnlich mit der Stimme am Telefon. Als meine heutige Therapeutin ran ging, da war mir ihre Stimme sofort symphatisch, schon mal ein großer Pluspunkt. Als ich sie dann kennenlernte hat sich der erste Eindruck bestätigt.

    Winterschlaf, Frühlingsmüdigkeit, Sommerloch, Herbstblues... schlafen kann man - fast - immer! :wink:

    Schönen Feiertag noch!

    Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Ich wünsche Dir alles Gute und einen Therapeut der seinen Beruf liebt.

    In der Psych-Kur hat ich weibliche Therapeuten und war sehr zufrieden. Dann habe ich zuhause mit einem männliche Therapeuten weitergearbeitet und der hat mich perfekt aufgefangen. Irgendwie konnte ich mich noch mehr öffnen.

    Mir hat es den richtigen Weg gezeigt. Vielleicht hilft Dir eine Familienaufstellung? Bei mir wurde erst dadurch das tiefe Problem gezeigt. Allerdings ging es bei mir die ersten Gespräche seelisch in ein Tief - aber die lange Zeit danach wo es nur noch Aufwärts ging, war der Lohn.

    Viel viel Herz und Kraft - freu mich für Dich

    Freunde sind Menschen die uns kennen und uns trotzdem mögen.... und echte Freunde fangen einen immer wieder auf - auch da, wo die Familie nicht da ist

  • Hallo,

    ich bin gewarnt worden, dass es in der ersten Zeit, wenn man sich mit sich selbst in dieser Form auseinandersetzt, noch eine Ecke schlechter gehen könnte.

    Zunächst habe ich nicht daran geglaubt und das alles mit einem müden lächeln abgetan.

    Aber heute muss ich sagen, irgendwie hatten die Menschen doch recht.
    Umso mehr ich mich selbst beobachtet und immer mehr sah, umso tiefer ging es.
    Seit ich aber auch Auswege sehe und auch von unabhängigen Menschen doch ähnliche Dinge höre, wird es besser.
    Nicht jeder Tag ist gleich - heute ist wieder ein nicht ganz so guter Tag.

    Aber um den Weg nach oben zu finden, muss man sich richtig darauf vorbereiten und auch erkennen was alles hinter einem zurück bleiben soll. Sonst ist der Aufstieg nachher umsonst.
    Und mit weniger Last, steigt es sich auch leichter!

  • Ja das stimmt..

    Man wird hier erst mal mit Dingen konfrontiert die man vorher gar nicht so ernst genommen hat!

    Das tut manchmal ganz schön weh! Aber es bringt einen wieder ein Stück näher ans Ziel!

    Viel Kraft und Stärke wünsche ich Dir!

  • Oje, das macht mir ein wenig Angst: dass es mir möglicherweise noch schlechter geht als jetzt.
    Ich bin nämlich im Moment schon ganz schön am Ar...
    So sehr, dass mich sogar schon Kollegen gefragt haben, ob was los ist. Ich konnte das (gottseidank???) damit erklären, dass ich ja so viele Nachtschichten jetzt gemacht habe und einfach fertig bin.
    Das ist aber ja nicht der Grund.
    Aber ich will da nicht erzählen, was mich gerade umtreibt, ich versuche immer noch, da den Schein zu wahren, höre mir die Problemchen der Kollegen an, erzähle lustige Geschichten und tue so, als wäre bei mir - wie immer - alles in Ordnung...

    Naja, wenigstens konnte ich bei meiner besten Freundin endlich mal den Mund aufmachen. Mit ihr bin ich jetzt seit etwa 5 Jahren ziemlich eng. Ich hab auch immer mal wieder Dampf bei ihr abgelassen, aber NIE von meiner Kindheit erzählt. Sie war manchmal erstaunt darüber, dass ich so selten nach Hause fahre (seit 3 Jahren war ich da nicht mehr, wenn ich´s recht überlege...) und sie hat sich auch immer gewundert, dass ich seit Jahren Weihnachten arbeite und auch an sämtlichen anderen Feiertagen, die so gemeinhin als "Familienfeiertage" begangen werden.
    Auch über meine Männer haben wir nächtelang geredet. Wir wären aber beide nie drauf gekommen, dass das irgendwas mit meine Vater zu tun haben könnte. Unsere Erklärung war halt immer, dass ich mich eben immer in die Kauze vergucke.

    Naja, aber jetzt konnte ich den Mund aufmachen und auch sie ist der Meinung, dass das viel erklärt von meinem Verhalten. Sie hat ein bissel gemeckert, dass ich nicht schon eher den Mund aufgemacht habe, aber dann hat sie mich gedrückt und mit mir geheult und mir Mut zugesprochen und mir ihre starke Hand angeboten, egal, was kommt.

    Mal sehen, was kommt. Ich will doch einfach nur ein zufriedenes Leben haben. Gern mit Höhen und Tiefen, daran merkt man, dass man lebt. Aber ich will nicht mehr das Gefühl haben, dass ich irgendwie um irgendwas beschissen wurde.
    Ich weiß, das kann ich nur selber in die Hand nehmen.
    Und damit fange ich ja jetzt mit großen Schritten an!

    Vielen Dank übrigens, dass ihr so bei mir seid und mir Kraft und Stärke wünscht.
    Ich werde hier einfach berichten, wie es weitergeht. Habe schon gemerkt, dass es mir sehr gut tut, das alles zumindest mal aufzuschreiben.
    Habt einen schönen Tag!
    Iffiegenie

  • Guten Morgen!

    Mach die Schritte nicht zu groß, lieber kleine aber dafür beständig!
    Große Schritte scheinen einen zwar schneller voran zu bringen, aber man stolpert auch viel leichter!

    Lieben Gruß

  • sind so thearpeutische gespräche sinnvoll, bin schon lang am überlegen ob ich in therapie sollte, bei nem kumpel ging der schuß aallerdings nach hinten los , bekam totale depris
    wie wars bei euch`?

  • Ich habe nur gewonnen dadurch. Durch richtig gute Therapeuten habe ich nur positive Ergebnisse vorzuweisen. Sie haben nicht doof gebohrt sondern angefragt - nachgefragt - irgendwie nie ganz heftig ... aber trotzdem aufwühlend. Teilweise ging es nach einigen Gesprächen ziemlich mies - aber irgendwie nur kurz.

    Auch wenn es mal mies ging, so war immer ein Weg nach vorne sichtbar.

    Mich hat es total aufgefangen ...

    Liebe Grüße Lillemann

    Freunde sind Menschen die uns kennen und uns trotzdem mögen.... und echte Freunde fangen einen immer wieder auf - auch da, wo die Familie nicht da ist

  • Wann hast du das gemerkt, das du bei dem Therapeuten gut aufgehoben bist. Manchmal denk ich bei meiner Therapeutin das ich nur mal so mit ner Freundin quatsch und mehr nicht.

  • Morgen...
    Morgen ist mein erster Termin. Ob´s mir guttut, kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich hoffe!

    Ich hatte immer mal wieder Angst vor dem Termin. Davor, dass mich der Therapeut auslacht, mich nach Hause schickt, sagt, dass er Wichtigeres zu tun hat, als sich mit meinen Lappalien zu befassen. Egal: sollte es so sein, dann weiß ich, dass ich mir vielleicht umsonst dumme Gedanken mache.

    Grad merke ich, dass ich schon wieder in diese Muster falle. Eigentlich will ich hören, dass alles in Ordnung ist. Weil es ja nicht sein kann, dass irgendwas nicht in Ordnung ist. Und dann gehe ich damit auch noch zu einem wildfremden Menschen und will dem ernsthaft erzählen, was mich umtreibt.

    Ich werde morgen mal berichten, wie es war. Es sei denn, ich sitze wie ein Häuflein Elend in der Ecke und kann mich gar nicht mehr bewegen...

    Iffiegenie

  • Der erste Termin war sehr gut. Wenn es auch nicht ohne Tränen abging...
    Ich dachte ja die ganze Zeit, dass mich der Therapeut wegschickt am Ende und sagt, dass doch alles soweit in Ordnung ist, dass ich einfach mal den Streit mit meiner Mutter klären soll und dass doch ansonsten gar nichts Schlimmes vorliegt.

    Ganz das Gegenteil war der Fall: er hat für übermorgen schon den nächsten Termin mit mir ausgemacht.
    Sein erster Rat an mich: ich soll bis auf weiteres jeden Kontakt mit meiner Mutter vermeiden. Weil ich (noch) nicht stark genug bin, ihr die Stirn zu bieten, ihr "Stopp" zu sagen. Nun ist das ein Rat, für den ich nicht unbedingt einen Psychologen gebraucht hätte. Ich hatte mich schon selbst entschieden, dass ich auf ihre Anrufe nicht mehr reagieren werde. Aber da war wieder dieses Schuldgefühl: man darf doch nicht so ohne weiteres den Kontakt zur Mutter abbrechen, das ist doch eine der wichtigsten Personen im Leben... So dachte ich. Auch wenn ich es nicht so fühle. Meine Mutter ist mir egal. Wenn ich so recht darüber nachdenke. Aber "Das darf man eben nicht..." Dieses vertrackte Denken immerzu. Nun habe ich sozusagen offiziell die Erlaubnis, dass ich mich zurückziehen darf und dass ich das noch nicht mal erklären muss.

    Da kommt eben auch wieder mein "Schaden" durch: ich kann nicht richtig einschätzen, was richtig und was falsch ist. Kennt wahrscheinlich der eine oder andere auch nur zu gut...

    Jedenfalls hat mir der Therapeut auch garstige Worte an den Kopf geworfen. Es war die Rede von "chronischem, emotionalen Missbrauch". Das empfand ich schon als harten Tobak und ich habe lange darüber nachgedacht. Aber er hat Recht!
    Er sprach auch davon, dass ich in asozialen Verhältnissen aufwachsen musste. Dagegen habe ich mich natürlich erstmal verwehrt: asozial ist für mich eben immer noch schlampig, dreckig, messihaft, kein Geld, kein Essen, keine Klamotten. Wir haben dann erstmal den Begriff asozial geklärt und dann wurde mir auch klar, dass das Zusammenleben in meiner Familie durchaus asozial war!

    Naja, es liegt noch eine Menge vor mir, ich muss noch viel über mich lernen und das wird mit Sicherheit auch oft wehtun. Aber ich habe mich sehr wohl bei ihm gefühlt, die Praxisräume sind sehr angenehm, der Psychologe hat eine sehr freundliche Art und es ist der richtige Schritt für mich!

    Sommerliche Grüße!
    Iffiegenie

  • Hallo Iffiegenie,

    das hört sich doch schon verdammt gut an. Asozial - ja, ich habe auch gedacht - nee ich doch nicht. Wir hatten doch Haus, Klamotten etc. Aber mein Therapeut hat gesagt, dass man uns in der Kindheit falsch geprägt hat. Wie sollten von unseren Eltern lernen, behütet werden etc. Statt dessen werden wir zum Beschaffen von Alkoholkonsum genutzt und lernen nicht Situationen korrekt zu erlernen.

    Wie auch? Die Laune vom Alki hängt vom Alkohol ab. Also wurden wir tatsächlich nicht sozial "aufgezogen".

    Aber Iffiegenie,

    es dauert, denn die Prägephase ging bei uns allen EKAs schief und das umlernen dauert ziemlich lange und wir werden immer immer abrutschen in das alte Verhalten.

    Irgendwann merken wir aber, wenn man vom richtigen Weg abkommt. Bleib am Ball - es lohnt sich!!!

    Mir geht es seit Jahren viel besser, aber ich hatte jetzt einen Rückfall. Meine Mutter war erst auf Intensiv mit Leberzirrhose und lag im Sterben (laut Arzt). Nach 3 Wochen geht sie Shoppen.... Das hat mich aus der Spur gebracht, bin aber wieder auf den richtigen Weg (fühlt sich jedenfalls so an)

    Wünsche Dir viel Kraft und halte durch - es ist verdammt viel für ein Köpfchen in einer Sitzung

    Lillemann

    Freunde sind Menschen die uns kennen und uns trotzdem mögen.... und echte Freunde fangen einen immer wieder auf - auch da, wo die Familie nicht da ist

  • Ein ständiges Auf und Ab.
    Manchmal fühle ich mich so stark, denke "Ja, ich hab ja begriffen, worum es geht, was mich krank macht, jetzt muss ich es nur noch ändern..."
    Und dann kommt eine kleine Kleinigkeit, die mich aus der Bahn wirft und ich bin wieder ganz klein und mutlos.
    Ein Beispiel?
    Mein Therapeut riet mir, mir eine Selbsthilfegruppe für Angehörige zu suchen. Weil er das Problem zwar aus Psychologensicht beurteilen könne, aber nicht als selbst Betroffener. Ich habe gelächelt und gesagt, dass ich das machen werde. Allerdings war mein Gefühl: "Oh nein, der schickt mich weg, der will nicht mehr mit mir arbeiten, sondern gibt das ab..." Ich konnte ihm das nicht sagen, werde das aber in der nächsten Sitzung machen: dass ich schon wieder dieses Gefühl von Zurückweisung habe und dass sich das ganz widerlich anfühlt. Und das ist trotzdem ja schon wieder irgendwie verraut: der will mich nicht - ich werde doch darüber nicht meckern, mache ich es eben alleine!

    Ein weiteres Beispiel?
    Mein Freund ist auch ein ziemlicher Eigenbrötler. Wir sehen uns nicht so oft, er wohnt in einer anderen Stadt, arbeitet viel, auch oft am Wochenende, genau wie ich. Wir haben also nicht so viel Zeit füreinander und das kommt irgendwie dem, was ich will, sehr nahe. Ich will ihn nicht dauernd um mich haben, das würde mich wahnsinnig machen.
    Vor zwei Wochen war ich bei ihm. Es war abgesprochen, dass ich Samstagabend wieder nach Hause fahre: er musste an dem Morgen arbeiten, wäre erst ganz spät abends nach Hause gekommen und ich wäre den ganzen Tag allein in der fremden Stadt gewesen, da kann ich auch nach Hause fahren und dort allein sein. Nun sagte er Donnerstag, ich könne ja auch auf ihn warten am Samstag, er würde sich beeilen und dann könnten wir noch was Hübsches machen. Freitag klang das dann schon wieder ganz anders - Sonntag sei sein einziger freier Tag und wir müssten mal sehen... Da war mir im Prinzip schon klar, dass er lieber wieder allein sein wollte. Ich hab trotzdem am Samstagmorgen gefragt: "Ich fahre nach Hause, ja?" Ich hätte natürlich gern gehört, dass ich dableiben soll. Das kam natürlich nicht. Sondern "Ja, ich würde gern an meinem einzigen freien Tag seit 2 Wochen alleine rumgammeln!"
    Das ist ja auch sehr in Ordnung und war ja eigentlich auch so ausgemacht.
    Trotzdem...
    Ich bin natürlich gefahren und habe ihm noch einen "Ich bin ein großes Mädchen"-Zettel hingelegt: Dass ich das schon am Abend vorher verstanden hätte, dass er allein sein will, dass mein "Ich fahre nach Hause" keine Frage, sondern eine Feststellung war und dass doch alles in Ordnung ist.

    Naja und so ziehen sich die Zurückweisungen weiter durch mein kleines Leben und ich habe immer noch nicht den Hintern, zu sagen, dass mich das nervt. Ich mache weiter gute Miene zu einem für mich blöden Spiel. Obwohl mir theoretisch schon klar ist, dass das nicht in Ordnung ist...

    Mit meiner Mutter hat sich übrigens insoweit was getan, als dass ich einmal mehr sehen musste, dass sie gar nicht wissen will, was eigentlich los ist. Sie hatte auf eine meiner Mails geschrieben, dass sie sich für "nette Mail" bedanke, nur nicht wisse, was es soll.
    Daraufhin habe ich ihr geschrieben, dass das ganz bestimmt keine "nette Mail" war. Und noch ein paar andere Sachen.
    Da kam ein paar Tage später als Antwort (auf eine wirklich sehr emotionale Mail meinerseits..): VIELEN DANK FÜR IMMER WIEDER NETTE MAIL.
    Das war´s. Mehr nicht.
    Natürlich ist mir auch hier theoretisch klar, dass sie sich ja nicht hinstellen und sagen kann - oh gott, ja, da ist ganz viel schief gelaufen, lass uns mal drüber reden.
    Weil sie sich ja dann erstmal eingestehen müsste, dass in ihrem und damit eng verbunden in meinem Leben viel falsch gelaufen ist.
    Trotzdem: ich wünsche mir ein Wort des Verständnisses und das bekomme ich von ihr einfach nicht...

    Naja, ist noch ein weiter Weg, aber zumindest lichtet sich im Kopf einiges von dem Nebel. Und auch wenn es wehtut, gewisse Dinge über mich selber erkennen zu müssen - es geht vorwärts.
    In diesem Sinne: einen schönen Sommer!
    Iffiegenie

  • glück auf iffiegenie

    ich hab den eindruck du sagst + tust was anderes als du wirklich meinst + tun willst in der hoffnung das z.b, dein freund dich schon drann hindert

    z.b. du sagst: ich fahr (erwartest das er dich zurückhält) - er is wahrscheinlich traurig gibt aber dem nach was du anscheinend willst < jetzt bist du auch traurig

    sag einfach was du willst

    Zitat von Iffiegenie

    ich habe immer noch nicht den Hintern

    überall in deutschland heist das ^ "kein arsch in der hose" < kommen auf diese art+weise deine netten mails zustande?

    nachdenklichen sonntag

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Ich glaube schon, dass genau so meine "netten Mails" zustande kommen.
    Das ist ja auch eines meiner Probleme: dass ich immer lieb, brav, artig, nett, freundlich sein will.

    Es immer allen Leuten recht machen und dabei mich selber hinten anstellen.
    Natürlich müsste ich den Mund aufmachen und Leuten auch mal sagen, was ich eigentlich meine.

    Aber: damit riskiere ich ja, dass ich weggeschickt werde. Dass ich wieder eine Zurückweisung kassiere. Also bin ich nett und bin dann natürlich doppelt enttäuscht: zum einen, weil ich nicht kriege, was ich eigentlich will (weil ich das ja nicht sage...) und zum anderen, weil Nettsein anscheinend auch nichts hilft.

    Wie gesagt: theoretisch ist mir vieles klar. Ich kann das nur nicht umsetzen. Weil es ja auch noch nie (???) was gebracht hat, wenn ich auf den Tisch gehauen habe, Verlässlichkeiten eingefordert habe.

    Ich bewundere immer Menschen, die das können...
    Vielleicht ist das Problem auch, dass ich gar nicht so richtig weiß, was ich will...

    Denn eigentlich will ich ziemlich oft einfach nur in Ruhe gelassen werden. Und mein Freund ist auch so drauf, dass der ganz viel Zeit / Platz für sich braucht. Nun sehe ich aber bei meinen Freundinnen (viele sind´s ja nicht...), wie die ihre Beziehungen fahren: sich regelmäßig sehen, dauernd telefonieren, "Ich liebe Dich...".
    Das ist NICHT, was ich will. Zumindest fühlt es sich so an, dass ich das genau nicht will.
    Dann kommen aber die Mädels und fragen an, was das eigentlich ist, was ich mit meinem Freund habe. Eine Beziehung doch nicht, oder?
    Wir sehen uns manchmal 6 Wochen nicht, telefonieren äußerst selten, schreiben ab und an mal ´ne Email. Mir reicht das. Da kann ich die ganze Zeit für mich rumkramen.
    Das klingt dann aber eben auch nicht richtig. Also rede ich bei meinen Freundinnen auch das Ganze oft schön, erfinde auch manchmal Treffen, die es mit ihm gar nicht gab.
    Und auf der anderen Seite "drängle" ich dann aber auch bei ihm, dass ich ihn öfter sehen will. Das wiederum nervt ihn und eigentlich will ich das ja auch gar nicht.

    Auch hier: Nettsein, ihm alles recht machen, ihn nicht nerven, meinen Freundinnen alles recht machen, Nettsein, Lügen, um was vorzugaukeln, was gar nicht ist.

    Die Probleme erkenne ich.
    Die sind ja auch nicht neu.
    Aber mittlerweile denke ich eben drüber nach.
    Und dann fällt mir im Moment eben als Lösung nur ein, dass ich das alles beende: mit meinem Freund, mit meinen Freundinnen, mit meiner Mutter und mir einfach neue Leute suche und ganz von vorn anfange.
    Und dann klammere ich mich aber daran fest, dass ich den Kerl ja schon ganz schön gern habe und dass ich bei meinen Mädels witzig sein kann und dass das Leben ja doch ganz schön schön ist, so wie´s eben ist.

    Vertrackte Kiste - ich arbeite dran...
    Iffiegenie

  • Viel Zeit ins Land gegangen.
    Mein Therapeut hatte ein paar Tage Urlaub und hat mir vor der Pause geraten, mir eine Selbsthilfegruppe für Erwachsene Kinder zu suchen.
    Weil er zwar als Profi natürlich drauf schauen könne, aber eben nicht selber solche Erfahrungen gemacht habe.
    Das war noch vor dem Ende der Probesitzungen, also beim 3.Termin (5 Sitzungen sind Probe, dann wird spätestens entschieden, ob und wie es weitergeht.)
    Mein Gedanke sofort: "Der schickt mich weg. Der findet, dass das, was ich erzähle, kleiner, dünner Kram ist, der will mit mir nicht arbeiten, hat mit mir jetzt nur noch einen Termin ausgemacht, damit die 5 Sitzungen voll werden..."

    Ich habe ihn angelächelt und gesagt, dass ich mir eine Gruppe suche.
    Aber eigentlich war ich enttäuscht und gekränkt.
    Hatte aber eben auch wieder das Gefühl "Okeh, wenn er mir nicht helfen will, dann muss ich mir eben selber helfen. Ich werde ihm NICHT zeigen, dass ich getroffen bin..."

    Nach fast drei Wochen war ich wieder bei ihm.
    Er fragte wie es mir geht und da habe ich ihm mein Gefühl geschildert.
    Schon mal nicht so leicht für mich und dann auch noch, dass ich es ihm persönlich sagen musste...

    Er hat mich angeschaut wie ein Alien und gefragt, ob ich mich jetzt wirklich die ganze Zeit mit solchen Gedanken gequält hätte.
    Er will mich natürlich (????) nicht wegschicken, sah die Gruppe nur als Unterstützung.

    Was habe ich gelernt?
    Mund aufmachen, Fragen stellen spart viele miese Gedanken.

    Jedenfalls wird mein Therapeut eine tiefenpsychologische Therapie machen, zunächst mal angelegt auf etwa 1 Jahr.
    Und wieder: endlich habe ich die "offizielle" Erlaubnis, dass ich mich schlecht fühlen darf, dass ich "tatsächlich was habe" und nicht nur rumspinne und dramatisiere.
    Ich hoffe, dass ich das irgendwann auch mal ganz alleine kann, dass ich sagen kann "Ich bin wütend" oder "Ich will das / will das nicht".
    Dass ich mich nicht immer erst rückversichern muss, dass meine Gedanken, Gefühle richtig sind oder wie ich auf Situationen angemessen reagieren soll / kann / darf.

    Ich habe diese Woche noch zwei Erlebnisse gehabt, die mich eigentlich genau in diesem Vertrauen stärken sollten.
    Hatte, vor Monaten schon, meine Betriebskostenabrechnung bekommen.
    Die Verwaltung wollte sage und schreibe 1.500 € nachgezahlt haben.
    Und dass, obwohl ich schon 10 Jahre in meiner Wohnung lebe und an meinem Heizverhalten / Wasserverbrauch / Müllaufkommen jetzt nicht so extrem was geändert habe.
    Dazu muss man sagen, dass meine Vorauszahlungen schon bei fast 2.000 Euro im Jahr lagen.
    Der wollte also wirklich fast den gesamten Betrag nochmal...
    Ich habe das - wie immer - versucht auszusitzen.
    Habe mich gar nicht gemeldet, auch nicht auf seine Mahnungen.
    Falsch, das weiß ich, das ändert ja auch nichts an der Forderung...
    Dumm vielleicht sogar.
    Jedenfalls kam dann Post vom Anwalt.
    Da musste ich reagieren.
    Da hab ich genau das geschrieben: dass ich das unangemessen finde, quasi 100 % Nachzahlung zu fordern.
    Ich habe maximal 500 € angeboten.
    Nun kam die Antwort vom Anwalt, dass sich die Verwaltung damit einverstanden erklärt, dass damit die Angelegenheit erledigt ist.
    Das hätte ich also schon viel früher haben können.
    Einfach Mund aufmachen und fragen, was los ist.
    Sicher wäre ich sogar noch mit weniger als 500 € davon gekommen. Naja.

    Zweite Situation: Ich hatte gestern einen kurzen Dienstwechsel, von Spätdienst auf Frühdienst.
    Blöde geplant und ich habe auch nicht um einen Wechsel gebeten (Plan kam schon vor ein paar Wochen raus...)
    Gestern Morgen nun habe ich mir vorgenommen, meine Chefin zu fragen, ob ich wenigstens eine halbe Stunde eher gehen kann, damit ich den zeitigeren Zug schaffe und damit eine Stunde früher zu Hause wäre.
    Es hat mich Überwindung gekostet und ich habe mir die schlimmsten Szenarien ausgemalt.
    Dass die Chefin mit mir meckert, oder mich auslacht, fragt, wie ich denn auf so eine Idee käme.
    War natürlich ganz das Gegenteil der Fall: SIE hat sich entschuldigt für die Fehlplanung und mir natürlich gestattet, den früheren Zug zu nehmen.

    Und: wieder gelernt, dass fragen nicht schlimm ist, dass man da durchaus positive Antwort drauf bekommen kann.

    Natürlich werde ich nicht auf jede Frage ein "JA" bekommen, aber NIE fragen bedeutet auch, NIE ein "JA" zu bekommen.
    Ich frage mich allerdings, warum ich das nicht schon lange weiß...
    Nein, frage ich mich nicht.
    Ich durfte als Kind eben um nichts bitten oder wurde abgewiesen.
    Oft war es ja auch so, dass eine einmal gefällte Entscheidung nicht automatisch auch für das nächste Mal galt.
    Ich musste also immer wieder fragen und wusste nie, was passieren würde.
    Und oft passierte es eben auch, dass ich für eine simple Frage Hohngelächter erntete, oder Schimpfe bekam oder Unverständnis, wie ich es wagen könne, sowas überhaupt zu fragen.
    Also fragte ich irgendwann gar nicht mehr und reimte mir meine Antworten selber zusammen.

    Verdammt, es ist noch ein weiter Weg.
    Aber ich bin auf dem richtigen...
    Danke für´s Lesen.
    Iffiegenie.

  • Hallo Iffigenie

    Zitat

    Natürlich werde ich nicht auf jede Frage ein "JA" bekommen, aber NIE fragen bedeutet auch, NIE ein "JA" zu bekommen.


    Klasse Satz!

    Freut mich für dich, daß du am Ball bleibst! Auch wenn es sich schwierig anfühlt nach all den schlechten Erfahrungen.

    Gehst du jetzt zusätzlich in eine EK-Gruppe?


    LG, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Liebe Linde,
    vielen Dank für Deine Aufmunterung!
    Ja, es fühlt sich tatsächlich extrem schwer an, was da gerade passiert.
    Weil ich ja ganz viel von den schlechten Erfahrungen ganz unten im Lebenssack vergraben habe. Und ewig lange gar nicht wusste, dass mit mir überhaupt was los ist.
    Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich über meine Schwester die Nase gerümpft habe, als sie vor vielleicht 15 Jahren die erste Therapie angefangen hat.
    Ich hielt sie einfach für exzentrisch, überspannt, sonstwas. Ich habe ihr sogar unterstellt, dass sie auf psychische Probleme "macht", weil sich körperlich einfach nichts feststellen ließ, mit dem sie sich interessant machen könnte.
    Ich leiste heute Abbitte dafür, erstmal nur im Stillen bei mir und hier, aber ich denke, dass ich in nächster Zeit meiner Schwester das auch mal sagen werde...

    Zu Deiner Frage: ich will eigentlich zu einer Gruppe gehen, weil ich will, dass es mir besser geht. Allerdings trifft sich die Gruppe hier donnerstags 19 Uhr. Und da arbeite ich entweder noch oder schon (ich schichte entweder von 12 bis 20 Uhr oder von 20 Uhr bis 4 Uhr).
    Ich weiß auch nicht, wie ich mir das vorgestellt habe, wann die sich treffen: morgens um 8 vielleicht??? Zumal ich auch am Wochenende nicht kann, da ich mindestens 2 Wochenenden im Monat arbeiten gehe.
    Auch hier: da muss ich mal dran arbeiten, ich nehme mir viel zu wenig Zeit für mich...
    Zu meinem Therapeuten gehe ich meist morgens um 8. Nach der Nachtschicht. Irgendwie habe ich da immer eine ganz eigenartige Stimmung: hundemüde und trotzdem aufgedreht und das tut dem Redefluß wiederum sehr gut...

    Was ich außerdem mache: ich habe mich bei einem Onlinemeeting von Al-Anon angemeldet. Da kommen jeden Tag bis zu 30 Mails von Menschen, die dieselben Probleme wie wir alle haben und an den unterschiedlichsten Stellen der Genesung sind.
    Ich habe bisher noch keinen eigenen "Beitrag" geschrieben, aber das kommt bestimmt bald.
    Ich lese auch nicht immer jede Mail bis zum Schluß, wenn ich merke, das Thema des Beitrags interessiert mich nicht ganz so, dann lösche ich das.

    Das ist ebenfalls so eine Sache, die ich im "echten Leben" auch mal hinkriegen muss: sagen, wenn mich der Monolog eines Gesprächspartners mal nicht so interessiert. Aber das halte ich dann immer für unhöflich. Dabei könnte ich das ja auch ganz freundlich sagen.

    Naja, ich merke jeden Tag, dass ich noch viel Lernarbeit vor mir habe. Und ich bin immer noch jeden Tag wütend auf meine Eltern, dass ich das nicht alles schon früher lernen durfte, sondern mir das mühsam in meiner zweiten Lebenshälfte alles aneignen muss.

    Aber wenigstens habe ich erkannt, dass es andere, schönere Wege gibt und das macht mich sehr hoffnungsvoll für die Zukunft.

    Vielen Dank jedenfalls dafür, dass ich hier teilen / mitteilen darf, das hilft ungemein, für etwas mehr Klarheit im Köpfchen zu sorgen!

    Iffiegenie

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