Hallo,
ich habe mich hier angemeldet (Danke Karsten & Linde für die nette Begrüßung) weil ich, wie alle hier mit dem Thema Alkohol konfrontiert, Hilfe und Lösungsmöglichkeiten suche.
In meiner Anmeldung schrieb ich, dass auch ich sicher mit vielen Problemen zu kämpfen habe, die größeren Probleme aber hat wohl derjenige der das Gespenst Abhängigkeit in sich trägt.
Was mich betrifft, gebe ich hier gern ein paar Eckdaten preis: ich bin geschieden von einem cholerischen, narzisstischen Menschen der mich in unserer 4-jährigen Partnerschaft und 2-jährigen Ehe geschlagen, beleidigt, erniedrigt und fast in den Ruin getrieben hätte und mir heute noch durch unseren 5 Jahre alten Sohn permanent durch Stalking und ständige Gerichtsverfahren die Hölle heiss macht. Am schlimmsten behandelt er unseren Sohn, in dem er ihn manipuliert, erpresst, benutzt.
Ich war fast vier Jahre allein. Habe mir einen Garten gekauft, einen kleinen Freundeskreis aufgebaut, meinen Sohn nach den Umgängen mit seinem Vater aufgefangen und irgendwann gespürt, dass ich jetzt bereit wäre, für eine neue Partnerschaft.
Eingefädelt durch eine Freundin lernte ich im Oktober letzten Jahres IHN kennen. Fröhlich, freundlich, hilfsbereit, bemüht und scheinbar ohne Altlasten. Ich habe mich fast augenblicklich verliebt. Ihm ging es offensichtlich nicht anders. Statt sich erst mal in Ruhe kennen zu lernen überstürzten wir gegenseitige Besuche, redeten nächtelang am Telefon, verbrachten jedes Wochenende, schmiedeten Pläne. Mein Sohn mochte ihn und ich war überglücklich.
Nach 3 Monaten ließ sein Interesse an uns nach. Es gab plötzlich Vorwände die allesamt wichtiger waren als wir. Er war genervt wenn ich etwas mehr Engagement einforderte und saß teilnahmslos die Zeit bei mir ab. Seine anfangs überschwänglichen Gefühle waren irgendwo im Nirwana. Zu diesem Zeitpunkt machte ich gerade eine sehr anstrengende Weiterbildung und hatte gehofft (erwartet) ein wenig Unterstützung von ihm zu bekommen. Meine Scheidung stand kurz bevor und mein Exmann hatte ein neues Betätigungsfeld auf der Gerichtsbühne in Sachen Familienrecht für sich entdeckt. Kurz, die Schulter zum Anlehnen wurde mir durch meine neue Liebe versagt. Als ich ihm die Trennung vorschlug, wirkte er erleichtert.
Ich dagegen war todunglücklich aber mein Stolz verbot es auf ihn zuzugehen.
Wir sahen uns dann nach ein paar Wochen Funkstille beim Geburtstag besagter Freundin. Er kreuzte dort nur meinetwegen auf, hatte sich in Schale geschmissen, unterhielt mich und buhlte den ganzen Abend. Muss ich erwähnen, dass wir die folgende Nacht verbrachten?
Am nächsten Morgen verschwand er und ließ wieder wochenlang nichts von sich hören. Ich war wie erstarrt. Mal wütend, mal traurig dann wieder empört.
Als ein paar Wochen später die Gartensaison los ging, hielt er sich dauernd bei meinen Nachbarn (unsere gemeinsamen Freunde) auf. Er suchte meine Nähe, er kaufte sich das gleiche Auto, er verfolgte meine Spuren im Internet und wie ich später erfuhr, hat er des öfteren vor meiner Wohnung gestanden.
Ich dagegen vermied es mit ihm zusammen zu treffen. Zu weh tat mir seine Zurückweisung nach besagter Nacht. Ich redete kaum noch mit meiner Gartennachbarin über ihn, ich ging nie rüber wenn er anwesend war. Ich hatte keinen Appetit und wurde schon darauf angesprochen ob ich krank sei. Die volle Packung Liebeskummer.
Als er den 1. Schritt auf mich zu machte und ich ihn nicht zurückwies, wurde für beide offensichtlich wie sehr wir unter der Trennung gelitten hatten. Er konnte mir allerdings nie wirklich erklären wie es damals zu seinen negativen Gefühlen kam.
Nach einigen Wochen des Glücks traf mich während unseres gemeinsamen Urlaubs die Erkenntnis wie ein Schlag ins Gesicht: er hat ein Alkoholproblem. Seine Up & Downs, seine Gefühlsschwankungen, sein sich in die eigenen 4-Wände zurückziehen, sein Trinken während ungewöhnlicher Anlässe und Orte, sein Hinunterstürzen von Alkohol und die Mengen an Bier verifiziere ich als Spiegeltrinken oder ihn als Gewohnheitstrinker.
Seitdem informiere ich mich und versuche ganz offen an die Krankheit heranzugehen. Ich habe ihm eine Abhandlung von Prof. Volker Faust geschickt und ihm brühwarm ins Gesicht gesagt, dass nicht ich diejenige bin, die ständig Baustellen mit ihrem Exmann hat und deshalb nervt sondern er keine Konflikte bewältigen kann weil er keine Kontrolle über sein Leben hat. Erstaunlicherweise gab er zu, wohl ein Problem zu haben aber ganz gut damit zurecht zu kommen. Auf meinen Vorhalt, was wäre wenn (Führerschein, Jobverlust)..... antwortete er „dann kann ich mir n Strick nehmen“. Hallo .... nimmt er mich nicht ernst, nimmt er das Problem bewusst in Kauf?
Vor zwei Wochen hat er überlegt, mit mir Schluss zu machen. Ich würde ihm mit meinen Problemen (Exmann, Gerichtsverfahren, Kind) auf den Keks gehen und er müsste sich das nicht antun. Nach einer schlaflosen Nacht und einer sms auf die er nicht reagierte, erfuhr ich am nächsten Tag dass er sich’s anders überlegt hätte wohl wegen akuter Rückenschmerzen die ihn das Falsche sagen ließen.
Ich weiß jetzt überhaupt nicht woran ich bin. Er wirkt einerseits völlig gefühlskalt, egoistisch und ich bin ihm egal und anderseits gibt es Phasen da ist er bemüht, liebevoll und aufmerksam.
Zu seinem Trinkverhalten kann ich noch sagen, dass er „nur“ Bier trinkt (darauf legt er selbst großen Wert). Davon allerdings 8-12 Flaschen am Tag wenig vor aber viel nach seinem Schichtdienst. Er lallt nicht, er wirkt selten betrunken und es gibt wenige noch relativ unauffällige Entzugserscheinungen obwohl sein Konsum scheinbar über Jahre konstant ist.
Oje, es ist ein Roman geworden. Danke fürs Lesen.
Arusha