Kann man überhaupt jmd. eine Chance geben?

  • Nun, ich erlebe gerade etwas in einer wohl ähnlich und abgewanderten Form.

    Ich selber habe die Chance mich besser zu erkennen und ein anderer Mensch, der aus seinem Suchtkreislauf mittels Therapie ausgestiegen ist beginnt sich zu finden und mit sich klar zu kommen, was sehr schwer erscheint.

    Wobei ich Euch sagen muss, ich könnte mir nicht vorstellen mit jemandem offen zu sein oder seine Wort an zunehmen, mit dem ich in dessen aktiven Suchtzeiten die Momente verbracht hätte. Das merke ich jetzt ganz deutlich. Diesen Menschen habe ich kennengelernt rund zwei Jahre nach seiner Therapie wo er für sich seinen Weg versucht zu finden und an dem ich gänzlich unbeteiligt bin. Jemand, den ich in der aktiven Zeit hätte begleitet, da wäre immer das "damals" in der Nähe.

    Ich persönlich empfinde diese (meine) Chance jedoch als ganz schwierigen Weg weil immer wieder eine Konfrontation mit sich selber gegeben ist. Ich muss ständig innehalten und mich reflektieren. Meine geänderten Wege und Einstellungen beibehalten und einfach die sein und bleiben !!!! die sich entwickelt hat.

    Ich glaube der Grad eines Rückfalls wenn einem eine Chance gegeben wird ist imens groß. Was meint Ihr wie oft ich mich täglich an die Nase fassen muss!!!!!

    Gebe ich jemandem eine "Chance" dann heisst es quasi, entweder einer, beide oder jeder spuren oder es geht eben nicht. Ich aber will niemandem eine "Chance geben" sondern einfach das Gegenüber annehmen. Chance hat für mich so etwas mit Gnade zu tun.

    Das sehe ich heute so, vor ca. 4 Wochen hätte ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht....

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Ich glaube, hier werden die Begriffe "Chance" und "Ultimatum" verwechselt.

    Was ist denn, wenn der alkoholkranke Partner "um eine Chance" bittet?
    Den Satz habe ich von XY 200 mal gehört.

    Im Prinzip bedeutet es doch tatsächlich nur: Wir versuchen es nochmal miteinander, und wenn es nicht klappt, wissen wir, dass es zusammen eben nicht geht. (Das habe ich übrigens auch 200 mal herausgefunden.)

    Ich hatte nie das Bedürfnis, über meinen Ex Kontrolle oder Macht auszuüben.
    Wenn ich ihm ein Ultimatum gesetzt habe, dann nur, weil ich wollte, dass ICH glücklich werde.
    Natürlich ist das Co-Verhalten.
    Aber im Prinzip ist an dem Gedanken ja nichts Falsches,
    "Ich möchte glücklich werden.".

    Falsch war nur, meinem Ex die Verantwortung für mein Glück zu geben.
    Was wäre denn nicht Co gewesen?
    Vermutlich wäre es nicht co, wenn man dem Partner ein einziges Ultimatum setzt, und wenn dieses nicht eingehalten wird, sofort das Weite sucht, oder?

    Ach, es ist ein schwieriges Thema, und ich verknote mich wieder.

  • Ja, liebe DesperateS EIN Ultimatium wäre für mich ein fixer Termin/Geschehen ect. an dem dann ein Ergebnis erzielt wird.

    Aber auch dann diktiert einer und der andere hat zu springen: in diese oder jene Richtung. Es ist keine gemeinsame Lösung sondern eine Entscheidung muss getroffen werden, die Veränderungen nach sich ziehen würde.

    Nun, wenn aber ein Ultimatum ohne Konsequenz verstreicht, dann werden es die anderen 312 wohl auch tun weil derjenige, der es gestellt hat unglaubwürdig wurde.

    Und jetzt kommt Chance für Chance - oder ein sinnloser Anfang nach dem nächsten....

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo und guten Morgen,

    ich denke co ist es , wenn man trotzt aller Abmachungen die man miteinander trifft trotzdem bei einem Alkoholkranken bleibt. Wenn man liebe verwechselt mit abhängigkeit. Wenn man als Co sich blenden lässt, sich anlügen lässt, sich aushalten lässt und dabei sich selbst vergisst.Co verhalten seh ich dann wenn man sagt, ich seh noch ne chance, wenn es sich etwas ändert und die veränderung nicht eintrifft und der co dann trotzdem bleibt........vor allem dann, wenn der co dann auf das verhalten damit reagiert mit vorwürfen "ich hab dir doch die chance gegeben" und den anderen damit dafür verantwortlich macht, das man sich dann schlecht fühlt. Auch anderstrum so, der Akloholkranke reagiert ja dann auch darauf indem er sein Suff dann begründet, entweder damit, das er dem Co die Schuld gibt, das er zu viel Kontrolle auf ihn ausübet oder das er zu viel Druck ausübt......ich glaube das ist das wesendlich begründet warum hier über Chance geben das ganze so gesehen wird, da sprechen viele hier eben aus diesen Erfahrungen herraus.Ich kenn diese auch nur zu gut, hatte ich damals meinem Ex auch Ultimaten gestellt, Chancen gegeben, Verträge abgeschlossen und bin doch bei ihm geblieben, hab mich blenden lassen, anlügen lassen. Früher oder später waren wir beide wieder im alten Muster....er säuft und ich leide und gebe ihm kontra, er säuft weiter weil er sich dadurch schlecht fühlte usw.....der Teufelskreis eben......ihm die Verantwortung für mein leiden zu geben und auch anderstrum.

    Ich denke seit ich bei mir bin und inzwischen auch leben darf, das ich selbst für mich verantwortlich bin wie gut oder wie schlecht ich lebe wird mir das was mal war immer mehr bewusst.....vielleicht will man deswegen auch keinem mehr Chancen geben....ich weiss es nicht warum das hier so wogen schmeisst, ja auch bei mir, da ich hier schreibe.....ich bin immernoch dem Meinung es geht nicht um die Chancen, es geht um das Geben......man dart sich einem Akloholiker nicht hergeben.....nicht als Co und auch nicht wenn man nicht Co ist....keiner darf sich einem anderen geben....das ist dann unabhängigkeit und ein ganz ganz anderes Thema......

  • Zitat von dagmar007

    Ja, liebe DesperateS EIN Ultimatium wäre für mich ein fixer Termin/Geschehen ect. an dem dann ein Ergebnis erzielt wird.

    Aber auch dann diktiert einer und der andere hat zu springen: in diese oder jene Richtung. Es ist keine gemeinsame Lösung sondern eine Entscheidung muss getroffen werden, die Veränderungen nach sich ziehen würde.

    Nun, wenn aber ein Ultimatum ohne Konsequenz verstreicht, dann werden es die anderen 312 wohl auch tun weil derjenige, der es gestellt hat unglaubwürdig wurde.

    Und jetzt kommt Chance für Chance - oder ein sinnloser Anfang nach dem nächsten....

    Lieben Gruß von Dagmar

    Liebe Dagmar,
    damit beschreibst Du wohl den Werdegang der allermeisten hier.
    Ich zähle selbstredend auch dazu.
    Allerdings möchte ich gerne noch etwas ergänzen.

    Mein Ex hat dieses Ultimatum-Spiel perfekt mitgespielt.
    Er hat immer Einsicht geheuchelt. Nach dem Motto: "Du hast ja Recht, ich will das doch auch alles nicht mehr! Ich will bei Dir bleiben, zusammen schaffen wir das."
    Anfangs habe ich all das geglaubt.

    Jetzt könnte man sagen, dass das naiv war. War es vielleicht auch. Ich mache mir deswegen trotzdem keinen Vorwurf. Ich habe nicht gewusst, wie ein Alkoholiker tickt. Mir war nicht bekannt, dass das alles ein Muster ist, ein perfektes Zusammenspiel von Alki und Co.
    Ich habe anfangs wirklich daran geglaubt, dass er genau das selbe will wie ich. Weil er es mir ja auch immer wieder versichert hat (und anfangs war er ja auch trocken...).
    Ich habe anfangs wirklich geglaubt, er sieht die selbe Chance wie ich:
    Nicht die Beziehung, sondern das trockene Leben.
    Spätestens Anfang dieses Jahres hätte ich es aber besser wissen müssen und einen Schlusstrich ziehen sollen, denn da war klar, dass er mir nur Honig um den Bart schmiert.
    Trotzdem habe ich immer noch an ihm festgehalten. Und das kreide ich mir an, weil ich MEINE Chance erst so spät wahrgenommen habe.

  • Also, liebe DesperateS, dann hast Du doch für die Zukunft gelernt und musst Dir nicht böse sein. Ab heute entscheiden nur noch die Taten und nicht die Willensbekundungen.

    Mir fällt der Umgang für mich damit besonders aufweil ich für mich heute ganz anders damit umgehen kann als bevor ich mich mit meiner Abhängigkeit vom Partner befunden habe.

    Wo ich heute sage "ändere das ab jetzt, wenn Du willst" so habe ich früher Vorschläge serviert, die man/frau dann verbal abhandeln konnte. Ich war über mich selber erstaunt als ich das im Nachhinein nochmals konstruiert habe was in dieser Kommunikation abgelaufen war. Und das war kein aktiver Alkoholiker sondern jemand, der vor Jahren eine Therapie gemacht hatte, aber noch an seinen Mankos knabbert.

    Ich denke nämlich das mit-leid(en) niemandem hilft. Nur kann ich das mittlerweile leben, früher nur denken. Deshalb ist für mich eine Chance für mich da, weil ich ja wieder anders denken und handeln muss. Den anderen nehme ich so wie er/sie ist oder muss es lassen.

    Mal sehen, wie ich mich in Bälde mal dazu stellen muss. Ich weiß es auch noch nicht.... Aber ich weiß was ich muss im Interesse meiner Selbstwillen....

    lieben Gruß von Dagmar

  • glück auf linde

    Zitat von Linde66

    Erkenne ich überhaupt etwas als MEINE Chance? Und wenn ja, ergreife ich sie? Und wenn ich sie nicht ergreife, warum ergreife ich sie nicht?

    das scheint der knackpunkt + ich meine (auch desshalb ^) ich kann MEINE chance einfach so vorfinden oder eben von jemandem bekommen [unabhängig davon ob bedingungen (erpressung) daran geknüpft sind oder nich] aus erkennen + nutzen kommts an

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • hallo zusammen,

    ich habe es lange zeit nicht als chance gesehen gehabt mich zu trennen. ich habe mich von allem möglichen abhängig gemancht. wir hatten gemeinsam ein haus, das wollte ich nicht verlieren. wir hatten gemeinsam die kinder, die wollte ich nicht ohne vater aufwachsen sehen. wir hatten gemeinsame freunde die ich nicht verlieren wollte. wir hatten die familie, die uns zusammen gehalten hatte.die wohnungseinrichtung möbel fernseher all das. es waren so viele gründe da bei ihm zu bleiben. all das "aufzugeben" nur weil er ein paar stunden in der nacht stockbesoffen rumhing in denen ich geschlafen hatte war für mich erstmal unvorstellbar. bis zu dem zeitpunkt als eben alles schlimmer wurde.

    irgendwann sah ich keine andere chance mehr als ihn zu verlassen, der leidensdruck war zu gross. da waren alle die aufgezählten gründe bei ihm zu bleiben vollkommen unwichtig geworden. da sah ich die einzige chance für mich daran zu glauben das ich das alleine schaffen kann: eigene wohnung, kinder bei mir,neue freunde......die habe ich gesehen und zum glück für uns alle hier ergriffen.......das sind 9 jahre her fast 10 und ich möchte mir nicht vorstellen wo ich nun selber wäre wenn wir zusammen geblieben wären!!!!!!!!

    was ist ist super....ich wohne richtig schön, jedes kind ein eigenes zimmer, wir haben alles was wir brauchen.....ich habe es geschafft das was ich habe unabhängig vor irgenjemanden aufzubauen. vonn null an ging es recht schnell sogar aufwärts, denn die freunde die ich hatte kamen zu mir und haben hilfe gegeben, ich bekam einige möbelstücke geschenkt, bekam kleider für die kinder und und und.....ich war nicht ganz allein....es war die einzige chance und ich habe sie gesehen und ergriffen.......lieben gruß melanie

  • Zitat von Linde66

    Ich behaupte mal, daß das gar nicht geht, jemandem eine Chance zu geben. Ich als Mensch habe es nicht in meiner Hand, jemand anderem eine Chance zu geben. Das Leben selber bietet mir jeden Tag jede Menge Chancen, die ich annehmen oder nicht annehmen kann. Wie seht ihr das?

    Hallo und guten Abend,

    ich glaube, wir haben uns hier von der Ursprungsfrage entfernt. Denn letztendlich geht’s hier nicht um Arbeitgeber oder die eigene Chance, die wir vielleicht irgendwann in der Lage sind, zu erkennen.

    Es ging darum, aus welchem „Größenwahn“ heraus wir Co´s uns anmaßen, einem anderen Menschen, dem Betroffenen nämlich, meinen eine Chance geben zu können.

    Ich kann nur von mir sprechen und da kann ich ganz klar sagen, dass die Chancen, die ich „meinem Alki“ gab, ganz klar nur mein eigenes Bedürfnis befriedigten, selbst nichts unternehmen zu müssen. Ein Ultimatum stellen – drei, vier nette Sätze, drei, vier Tage ohne Alkohol – eine Chance hat er noch. Erneutes Trinken – ein neues Ultimatum – drei, vier nette Sätze, ein paar Tage verhielt er sich so, wie ich es mir gewünscht habe – na guuuut, eine Chance hat er noch.....so ging das eine ganze Weile.

    Ich bin der Überzeugung, dass wir Co´s mit unserm „Chance geben“ doch nur uns selbst die Legitimation dafür geben, uns und unsere Lebensumstände nicht verändern zu müssen.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo,

    ich glaube, wenn wir anderen "eine Chance geben" ein "Ultimatum stellen" ist das eine Illusion, die wir uns selbst schafffen.

    Ich stelle als Co die Bedingungen auf, habe die "Kontrolle" über die Beziehung übernommen, man fühlt sich dann stark. Das hält solange an, wie man eine kleine "Besserung" am anderen feststellt und dann die "Bedingungen" entsprechend anpasst. Es geht doch vorwärts, alles klar, alles unter Kontrolle, fehlt nur noch die Feinabstimmung.

    Erst wenn Rückfälle ins Haus stehen, dämmert einem, dass es mit der Kontrolle nicht weit her ist und überlegt - was hab ich bloß falsch gemacht. Was hätte ich tun können, damit die andere Person sich nicht schädigt?

    Antwort: gar nix. War alles eine schöne Illusion. Hat entlastet. Hab mich stark gefühlt statt hilflos, das war alles. Eine zarte illusionäre KontrollSeifenblase, die beim nächsten Rückfall platzt...

  • In normalen zwischenmenschlichen Beziehungen entscheide ich mich ob ich jemanden besuche/anrufe/eine Einladung annehme etc. Es ist eine aktive Entscheidung, kein passives - na gut, eigentlich fühle ich mich nicht gut dabei, will aktiv nicht "ja" zu dir sagen, aber ein passives "eigentlich will ich nicht mehr, mein Bauchgefühl sagt nein, aber überzeug mich vom Gegenteil" kann ich mir noch abringen.

    Statt aktiv "ja" zu der Beziehung zu sagen, sagt man dann - ich will die Beziehung nicht abbrechen, gebe noch eine Chance und noch eine und noch eine. Du hast die "Chance"mich davon zu überzeugen, dass die Beziehung eine Zukunft hat.

    Man zweifelt, ist sich unsicher und schieb die Entscheidung nach hinten.
    Man kann weder nein noch ja zu der Beziehung sagen.

    Wenn man ja zu einer Beziehung sagt, ist man auf gleicher Augenhöhe: ich bin ok, du bist ok. Auf gleicher Augenhöhe hat man keine "Chancen" zu vergeben. Das geht nur, wenn man sich irgendwie "besser" fühlt, dann gibt es ein Machtgefälle: ich bin ok - du bist nicht ok.

    Wollte gerade schreiben, es wäre am besten wenn man Beziehungen ohne Bedingungen führt. Das ist aber in der Praxis nur schwer durchzuhalten. Verhandeln ist ok, aber auf Augenhöhe: z.B. brauche ich Respekt um mich wohlzufühlen. Ich setze Grenzen, lasse nicht alles mit mir machen. Und der andere hat natürlich auch das Recht, zu sagen, was er braucht (z.B. Freiheit), wo seine Grenzen sind.

    Und wenn mir das nicht gefällt, kann ich nicht hingehen und das was der andere braucht (z.B. Freiheit) verbieten. Entweder komme ich damit klar oder ich lasse es sein. Es kann nicht sein, dass ich beschließe: was du willst ist krank mach lieber was ICH will, ich geb dir auch die Chance mir zu beweisen, dass du das kannst. Und dann wartet man voller Hoffnung und kontrolliert ob der andere die "Belohnung" in Form von Beziehungsfortsetzung auch "verdient" hat...

  • Hallo zusammen :)

    Hatte den Text vorher nur in meinem Tagebuch gepostet, stelle ihn jetzt hier nochmal zur Diskussion rein :wink:

    Was heißt es, jemandem eine Chance zu geben?
    Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet es so viel, wie jemandem die Möglichkeit einzuräumen, sich zu beweisen. Die Person des Chance-Gebenden spielt dabei kaum eine Rolle, fungiert sie doch nur als Kontrollinstanz. Denn letztendlich ist es ja sie, die entscheidet, ob die Chance genutzt wurde oder nicht.
    Derjenige, dem die Chance gegeben wurde, muss sich unter den Blicken des Chance-Gebers bewähren. Dadurch entsteht eine ganz klare Hierarchie.
    „Chance“ und „Bewährung“ sind also die Begriffe, die sich in der Situation des „Chance-Gebens“ gegenüber stehen.

    Doch was ist denn nun eine Chance? Wie kann ich den Begriff näher eingrenzen, dass eine eindeutige, griffige Definition sichtbar wird?

    Ursprünglich stammt das Wort Chance aus dem Französischen, wo es, je nach Zusammenhang, Glück, Zufall oder aber auch Aussicht bedeutet. Nun, wenn man diese drei Wörter für Chance in den oben genannten Satz einfügt, wird deutlich, dass keine Einzelbedeutung den Begriff richtig umreißt. Es muss sich also um eine Kombination dieser drei handeln.

    Wenn ich jemandem eine Chance gebe, dann kann dies nicht viel mit „Zufall“ zu tun haben, da es von mir eine bewusste Entscheidung ist.

    Schlüssiger scheint mir die Kombination aus den Begriffen „Aussicht“ und „Glück“. Durch die eben erwähnte Hierarchie, verdeutliche ich meinem Gegenüber, dass er sich glücklich schätzen kann, da ich ihm etwas in Aussicht stelle.

    Doch was ist dieses etwas? Ganz abhängig von der Art der „Chance“ kann dieses „Etwas“ der Erhalt meiner Loyalität, meiner Zuneigung, meiner Unterstützung etc. sein.
    Der Chance-Geber muss nicht aktiv werden, es reicht ja, sein Gegenüber passiv zu beobachten und abschließend zu bewerten. Von demjenigen, dem die Chance jedoch gewährt wurde, wird aktives Handeln erwartet. Er muss gefallen und „richtig“ handeln, um die Gunst des Chance-Gebers zu erhalten oder zu erlangen. Dabei spielt seine eigene Persönlichkeit, seine eigenen Wünsche und Einstellungen keine Rolle, geht es doch ausschließlich darum zu überzeugen.

    Hierbei sehe ich das Problem. Von demjenigen, dem die Chance gewährt wurde, wird höchste Flexibilität, das Vernachlässigen seiner eigenen, persönlichen Zielvorstellungen gefordert. Es ist nur natürlich, dass durch das Gewähren einer Chance keine dauerhafte Veränderung erreicht werden kann, da der Chance-Empfänger seine Persönlichkeit nicht aufgeben kann.

    Zusammenfassend lässt sich nur sagen, dass der Begriff „jemandem eine Chance geben“ ein Paradoxon darstellt. Er ist ausschließlich als Druckmittel zu verstehen, nicht jedoch als Möglichkeit oder Aussicht auf Besserung, da diese nur scheinbar und temporär erreicht werden kann.
    Chance-Geber und -Empfänger wiegen sich also für die Dauer einer „Chance“ in einer Illusion, die früher oder später scheitern muss.

    Kompliziert wird es dann, wenn jemand um eine Chance bittet. Doch auch hier gilt: Der Chance-Erbittende verspricht Änderung.
    Hieraus ergeben sich zwei Möglichkeiten. Entweder die Veränderung des Chance-Erbittenden ist nur scheinbar vorhanden, er täuscht also etwas vor, um die Gunst des Anderen nicht zu verlieren. Hierbei verhält es sich so, wie weiter oben genannt. Die Situation ist zum Scheitern verurteilt.

    Die zweite Möglichkeit ist, dass der Chance-Erbittende sich wirklich verändert hat. Hier wird dann höchste Flexibilität vom Chance-Gewährenden gefordert, da dieser die Veränderung anerkennen muss und auch selbst bereit sein muss, seine Denk- und Verhaltensweisen zu überprüfen.

    Es gibt also nur diese einzige Möglichkeit, dass das Chance-Geben eine Aussicht auf dauerhaften Erfolg hat. Im Moment der Chance-Vergabe ist diese Aussicht jedoch derart schlecht abzuschätzen, dass eine realistische Einschätzung des tatsächlichen Sachverhalts fast unmöglich wird.

  • Hallo Fleur,

    Du hast das "Chancegeben" richtig beschrieben und der letztes Satz:
    Die zweite Möglichkeit ist, dass der Chance-Erbittende sich wirklich verändert hat. Hier wird dann höchste Flexibilität vom Chance-Gewährenden gefordert, da dieser die Veränderung anerkennen muss und auch selbst bereit sein muss, seine Denk- und Verhaltensweisen zu überprüfen.
    könnte ich unterzeichnen.
    Ich habe meinem Mann eine Chance gegeben, er hat darum gebetet, damit ich nicht aus dem Haus flüchte, es ging übrigens nicht um Alkohol... und ich habe meine Chance geben so verstanden, dass ich ihm dabei kein Druck mehr setze.
    Also musste ICH AN MICH ARBEITEN....
    Mein Mann hat leider die Chance nicht wahrgenommen, weil er gemeint hat, die Gefahr, dass ich weggehe ist verbannt, er kann wieder so leben wie zuvor....
    Aber ich habe dadurch, dass ich an mich gearbeitet habe, ein Vorwärtskommen erzielt, unabhängig davon, wie sich mein Mann entschieden hat.
    Also hat die "Chance geben" zwar in der Ehe nichts gebracht aber mich hat es einer Chance gegeben emotional unabhängig zu werden.
    somit kann ich es so hintendrin urteilen:
    Ich habe nicht an meinem Mann eine Chance gegeben aber eher an mich selbst.

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