Eine EKA und ihr Gehirn

  • Ich habe mal einen IQ Test gemacht, bei einem Profi.
    Da kam eine Kurve raus, die eher aussah wie ein Blitz.
    Der eine Teil war weit über dem Durchschnitt und der andere Teil so weit drunter, dass ich den Blick des Mannes, der den Test durchführte, nur damit deuten konnte, dass der sich wohl gerade fragte, wie ich alleine vom Klo zurückgefunden habe.
    Wenn man Kinder schlägt, überhaupt solange sie noch keine fünf Jahre alt sind, verändert das die Struktur ihres Gehirnes.
    Manches wird lahm gelegt, eingefroren, anderes bleibt kaputt.
    Man reagiert dann anders als andere.
    Ein paar Dinge bei mir sind unwiederbringlich kaputt.
    Auch deshalb reagiere ich mehr als humorlos, wenn es um Kindesmisshandlung geht.
    Weil es Dinge in meinem Leben gibt, die für andere selbstverstaendlich sind, die für mich aber unerreichbar bleiben.
    Nur eine Handvoll Leute schüttelt nicht den Kopf, wenn ich gelegentlich Sachen mache, die man so nicht macht.
    Immerhin hebe ich nicht mehr instinktiv die Hand über meinen Kopf, wenn ein Stück Wäsche vom Balkon in den Garten segelt wo ich gerade stehe.
    Immerhin hat mein Gehirn begriffen, dass Wäsche mich nicht schlagen wird.
    Aber was ich kann ist mich der Worte und Zeichen, der Sätze und Buchstaben zu bedienen.
    Mit ihnen gibt es praktisch nichts, was ich nicht kann.
    Seit diesem nicht ganz fertigem Jahr in diesem Forum hier, habe ich viel besser gelernt, die Worte so zu verwenden, dass sie Mir gut tun.
    Und auf meine Bedürfnisse zu achten. Das hier zu schreiben, war mir ein Bedürfnis.

    LG

  • Hi schnuffig
    Ja es ist echt traurig was einem als Kind so alles angetan werden kann.da hoert bei mir auch der Spaß auf und ich reagiere aggressiv.hier im Forum lernt man auch echt viel und mich erstaunt es immer wieder das sich vieles so aehnelt.
    Lg

  • Danke Linde! In dem Wissen, dass deine Augen hier irgendwo sind, schreibe ich weiter über meine Folge-Schäden .

    Erinnerungen

    Die Schachtel nähert sich bedrohlich der Tischkante, ich gebe ihr mit einem Schubs meines Fingers den Rest, weshalb sie mit einem dumpfen Plop auf dem Boden landet.
    Ich habe sie runter geworfen. Gerade eben.
    Mein Vater hat vor etwa dreißig Jahren das Telefon aus der Verankerung gerissen, ein schwarzes Telefon mit Wählscheibe.
    Es landete mit einem lauten Klirren auf dem Boden.
    Aber interessanter Weise landete es dort nie.
    Deshalb konnte ich auch niemandem davon erzählen. Damals. Nicht Oma, nicht der Lehrerin.
    Denn meine Mutter sagte, es wäre nie passiert. Mein Vater sagte, wie kann es denn gestern noch unten gelegen haben, wenn es heute wieder oben ist?
    Es lag also eindeutig an mir. An meiner Wahrnehmung. Es war meine Schuld, dass das Telefon auf dem Boden landete, ganz einfach, weil ich die einzige war, die es dort gesehen hatte.
    Ich sah noch viele solcher Dinge. Dinge, die nie wirklich passierten.
    Dinge, die ich trotzdem gesehen hatte. Deshalb sagte man über mich, ich hätte eine blühende Fantasie. Obwohl mich die Sachen, die ich sah, gar nicht an Blüten erinnerten. Nur an Dornen.
    Aber da es für alle anderen Blüten waren, mussten sie es wohl auch sein.
    Auch zwanzig Jahre später waren sie es noch.
    Deshalb erzählte ich, wenn ich was erzählte, die Begebenheiten aus meiner Kindheit wenigstens so, dass sie am Ende eine Pointe hatten. So, dass die Leute lachen konnten. Auch wenn die Pointe auf meine Kosten ging.
    Auch sie sagten, mit einer gewissen Anerkennung, ich hätte eine blühende Fantasie. Talent.
    Toll.
    Dann war ich wohl auf dem richtigen Weg. Auf einem Weg der zwar eine undefinierte Sehnsucht in mir hochsteigen liess, aber die hatte ich schon immer, die gehörte eben zu mir.
    Sie stand mir gelegentlich zwar im Weg, wenn ich versuchte, die Pointen noch spitzer zu formulieren, aber hey, was macht das schon.
    Bis der Tag kam, an dem jemand nicht lachte. An dem jemand meine Witze gar nicht lustig fand. Sie lachte nicht. Sie lachte einfach nicht. Sie war nur unendlich mitfühlend.
    Ich erkannte, dass sich meine Sehnsucht nicht auf Anerkennung bezog, nicht auf Lob, nicht auf Dinge, die man mir in Aussicht stellte.
    Sie bezog sich einzig und alleine auf die Wahrheit. Auf die Wahrheit hinter der Wirklichkeit, die mir man zuerst vorgegaukelt hatte und die ich später wie eine Gauklerin wiederholt hatte.
    Meine Wahrheit.
    Ich hatte gar keine glückliche Kindheit. Ich hatte auch keine lustige Kindheit.
    Ich hatte gar keine.
    Statt dessen Eltern, die nicht nur meinen Körper kontrollierten, sondern auch meine Erinnerungen manipulierten, so wie sie sie brauchten um zuzudecken, was sie hätte aufdecken können.
    Eltern, die das auch weiterhin tu würden, auch bis über den Tod hinaus.
    "Das was du gesehen hast, Kind, war nie und nimmer war. Du warst doch viel zu klein um dich an irgendwas zu erinnern."
    Falsch.
    Ich war genau richtig groß. Ich brauche auch niemanden, der mir das bestätigt. Es sind meine Erinnerungen.
    Und sie sind nicht lustig.
    Davor haette es meine Familie geschafft, mir mit ihren Augenpaaren und Mündern zu erklären, dass ich die Schachtel nicht vom Tisch hinuntergeschupst hätte.
    Kurioserweise auch dann, wenn sie gar nicht anwesend gewesen wären.
    Sie hatten es geschafft, mich so zu verunsichern, dass ich nur mehr ein piepsiges "Ich weiß nicht, wie es passiert ist." , hervorgebracht hätte.
    Ein kleines, kraftloses Ich weiß nicht.
    Mein von Anfang an geschultes Gehirn hätte mitgespielt. Hätte mir den Zugang zu meinen Erinnerungen verweigert.
    Man lernt durch Wiederholen.
    So lange, bis man es nicht mehr wiederholt. Es waren keine Blüten, die mein Geist hervorbrachte, es waren Lügen.
    Eine nach der anderen.
    Nur lüge ich nicht mehr. Deshalb bin ich jetzt auch kein kleines, kraftloses Ich weiß nicht.
    Ich habe diese Schachtel vom Tisch befördert und niemand kann mir etwas anderes einreden.
    Es ist egal ob das nun gut ist oder schlecht. Wichtig ist nur, dass es wahr ist. Und dass ich niemandem mehr brauche, der mir sagt ob das wahr ist oder nicht. Niemanden, der noch gesehen hat, was ich gesehen habe.
    Es reicht, dass ich es gesehen habe.
    Ich habe es gesehen. Die Blockade, die mein Gehirn errichtet hat, ist nicht mehr nötig.
    Und wenn ich eines nicht mehr bin, dann ist das klein.


    p.s Hallo Gartenblume

  • Hey schnuffig
    Total traurig aber auch troestend das man nicht alleine ist mit seiner Geschichte.ich hatte auch keine Kindheit nicht ein fuenkchen mehr davon.Sie endete aprubt so im Alter von 4 Jahren.ich wurde durch eine zerbrochene fensterscheibe gehoben die mein Onkel eingeschlagen hatte um meinen betrunkenen Vater von seiner geliebten nach Hause zu holen....is natürlich auch nie passiert....ies ist traurig was mit uns passiert.dein Text hat mich sehr beruehrt.
    Lg

  • Hey Gartenblume!

    Ja es ist traurig was mit dir passiert ist.
    Was mit mir passiert ist.
    Alleine sind wir sicher nicht. In gewisser Weise ist die Geschichte des Einzelnen die Geschichte der Menschheit.
    Nur ist die Geschichte aller Menschen im Gegensatz zu der Einzelner kein Tabuthema.
    Ich wünsch dir einen schönen Tag, danke.

  • hallo ihr alle!

    damit habe ich auch zu hadern:

    man hat mir "weisgemacht", alles sei nicht SOOO schlimm gewesen.

    teilweise GAR nicht so gewesen.

    und jahrelang das gefühl der unsicherheit! jahrelang!

    das gefühl: sind meine zweifel eigenltich berechtigt? oder bin ich tatsächlcih
    übersensibel, jemand, der im nachhinein schuldige für´s eigene versagen
    finden will?

    "nun mach mal halblang, wie du das erzählst hört sich das ja an, als
    hättest du furchtbar einstecken müssen, sie hat ja wohl einiges getan,
    damit es dir gutging...!" (anm.: meine alkoholkranke mutter)

    ich war natürlich auch unreif- wie anders soll man in der pubertät
    denn sein?

    aber dass unsere streits völlig ausarteten, bewerte ich heute als ausdruck
    der insgesamt GESTÖRTEN struktur unserer achso-normalen familie!

    und jahre später entdeckt man: das schlechte gewissen war falsch!

    diese bwertung von 2 erwachsenen war FALSCH!

    SIE hatten lange probleme, bevor ich sie hatte!

    und selbst heute kann mein vater es kaum mal akzeptieren, wenn ich
    ihm etwas zu meiner verkorksten kindheit und jugend sage.

    aber ich bin stärker. ich brauche nicht mehr für ALLES sein JA.

    sein schweigen ist für mich inzwischen ausreichend: er weiß. er kann nur
    nicht über seinen schatten!

    die ganzen wochenenden, die sie im bett lag: angebleich normal! wegen
    ihrer schichtarbeit!

    ihre wechselhaften "launen"- ausdurch des anstrengenden jobs! und du
    machst der schwer schuftenden frau noch vorwürfe, wie sie ihre
    freizeit gestaltet, du undankbares kind!

    verdreht, belogen, unterdrückt.

    ekelhaft.

    ich hoffe, ich bin klarer zu mir und meinen kindern. klarheit ist wichtig.

    lg fatima

  • Zitat von schnuffig

    Ich habe mal einen IQ Test gemacht, bei einem Profi.
    Da kam eine Kurve raus, die eher aussah wie ein Blitz.
    Der eine Teil war weit über dem Durchschnitt und der andere Teil so weit drunter, dass ich den Blick des Mannes, der den Test durchführte, nur damit deuten konnte, dass der sich wohl gerade fragte, wie ich alleine vom Klo zurückgefunden habe.
    Wenn man Kinder schlägt, überhaupt solange sie noch keine fünf Jahre alt sind, verändert das die Struktur ihres Gehirnes.

    Das ist prinzipiell nicht soo ungewöhnlich, das hier die Bereiche und die Testergebnisse in diesen so unterschiedlich sind. Manche haben eine schlechte räumliche Wahrnehmung, können aber super mit Zahlen, andere wiederum sind ganz toll in Sprache, aber schlecht in Logik-Aufgaben... Das Gehirn regeneriert sich - vor allem, wenn es jung ist - sehr schnell, es wäre natürlich was anderes, wenn man ständig Gehirnerschütterungen etc. durch Schläge davon getragen hätte.

    Ich möchte keinesfalls Schlagen verharmlosen, aber ich würde einfach davon abraten, medizinische Ursache - Folge - Wirkungen aufzustellen, die nicht gesichert sind, sonst denken vielleicht andere, die geschlagen wurden, sie könnten deshalb weniger oder so als Ungeschlagene, weil was in ihrem Kopf nicht richtig ist.

    Ich bin auch geschlagen worden, nicht von meinem alkoholkranken Vater, sondern von meiner total damit überforderten Mutter. Unberechenbar war das - mal war sie total auf lustig, mal musste ich nur komisch gucken und hatte eine sitzen. Aber ich bin sicher, ich habe dadurch keinerlei Beeinträchtigungen in meinem Gehirn.

    Und - wenn was von oben auf mich zufliegt, ob nun Wäsche oder sonstwas, dann habe ich durchaus einen Schutzreflex und halte die Hand dahin, was will ich denn mit der Wäsche auf dem Kopf :wink:

    Ist nicht böse gemeint, mein Post, ich habe wohl nur eine andere Sichtweise und bin gegen so pauschale Sätze wie "wenn man geschlagen wird, verändert sich das Gehirn"....

  • Hallo schnuffig,

    ich bin sehr sehr berührt von dem, was du schreibst. Auch wie du schreibst. Ich finde mich in Vielem wieder.

    Es ist schön zu lesen, wie du ganz tief innen deine Kraft entdeckt hast und sie jetzt für dich nutzt. Das ist sehr wertvoll.

    Viele Grüße
    Fleur

  • Hallo Papaya, ist doch schön wenn du dir sicher bist, dass dein Gehirn nichts abbekommen hat!

    Es ist gut, dass du da wo ich überzogene Reaktionen zeigte, einen Schutzreflex hast.

    Mein Interesse gilt der Beseitigung von Folgeschaeden und dem Aufzeigen von Leiden.

    Gelegentlich gibt es dabei Unterstützung seitens der Hirnforschung.

    Aber da du nicht unter den Folgeschäden zu leiden scheinst, oder eben gar keine hast, brauchst du wohl auch diese Unterstützung nicht oder wie auch immer.
    Ich hingegen brauche sie schon. Ab und an.

  • Danke Fleur, das freut mich!

    Also mache ich weiter.

    Die Guten

    Was ich denn mit meinen Händen mache, wollte der Grundschuldfreund von mir wissen.
    Auf seinem Dachboden. Zwischen den Legosteinen. Ich hatte sie ganz fest aufeinander gepresst, die Hände. Ich habe sie gedrückt und geknetet. Manchmal bis es weh tat.
    Jedesmal wenn ich etwas fühlte. Zwischen den Legosteinen damals war es Freude.
    Aber egal ob das was ich fühlte gut war, oder schlecht war, wichtig war, dass es niemand bemerkte.
    Wenn ich meine Hände aneinander presste merkte niemand wie ich mich fühlte. Ich konnte so all meine Empfindungen direkt in den Körper leiten und dort verstecken.
    Aber der Schulfreud merkte es. Verstand es aber nicht. Was mich damals erleichterte.
    Dennoch hatte er eine sehr eigenartige Familie. Die haben aus Salatschüsseln gegessen und Servietten verwendet. Der hat zwar auch Schimpfe bekommen, aber gleichzeitig die Möglichkeit die Dinge wieder gut zu machen. Der war nicht so wie ich von Grund auf schlecht und Schuld an allem.
    Ich habe dort mal einen Kuchen unter den Teppich geschoben.
    Da bekam ich dann auch so schimpfe wie er. A la. Nicht du bist schlecht, aber das was du getan hast, war echt blöd.
    Bis sie umgezogen sind, verbrachte ich viele Stunden bei der Familie.
    Sie haben mich auch mal fotografiert. Ich sitze stolz wie Pfau auf einem Sessel. Die Nase trage ich so weit oben, dass man rein sehen kann. Schaut her, sagt das Foto, ich bin auch wer.
    Ich empfinde Dankbarkeit für jedesmal wo man mir dort die Türe geöffnet hat.


    LG

  • Er hat mich nicht angerufen. Ich habe es von jemandem erfahren, der durch diesen Ort gefahren ist. Von jemandem der meine ruckartige Kopfbewegung als Reaktion auf die Nachricht falsch gedeutet hatte.
    Wir haben uns das so ausgemalt : Wenn der Bagger kommt um unser Elternhaus abzureißen, stehen wir beide mit einem Luftballon dort, abwechselnd schreiend und jubelnd.
    Ich hätte ihm sogar die Hand gegeben. Meinem Bruder.
    Aber er hat nicht angerufen.
    Ich habe ihn mal verraten.
    Er ist vier Jahre älter als ich. Früher war er auch vier Jahre stärker als ich. Er hat auch heute noch Finger, die breiter sind als eine Klaviertaste und enorm viel Kraft.
    Ich weiß gar nicht mehr, was er mir damals angetan hat.
    Jedenfalls habe ich die Eltern geholt, damit sie mir helfen.
    Sie haben ihn vor meinen Augen bestraft.
    Zu zweit. Sie hat ihn gehalten. Er hat zugeschlagen.
    Mein Bruder wusste, dass seine kleine Schwester das sieht.
    Irgendwas ist da in uns gestorben.
    Für jeden alleine. Fuer beide gemeinsam.
    Der Lieblingsgutachter dieses Landes saß auf seinem bequemen Stuhl im Fernsehstudio und sagte, dass jeder Mensch gut ist und auch böse.
    Dass jeder Mensch auch ein potentieller Mörder ist usw. Es kommt nur darauf an, in welcher Situation er sich befindet. Er hat auch ein Buch darüber geschrieben.
    Ein Buch, dass ich nicht ganz lesen kann, weil es mich zu sehr aufregen würde.
    Ich bin nämlich auch jeder Mensch. Aber ich würde den Strom bei keinem Experiment hochdrehen und ich würde keine Gefangenen foltern.
    Noch nicht mal, weil ich so gut bin. Sondern weil ich es nicht kann. Ich würde es nicht überleben.
    Auf eine ähnliche Art, wie mein Bruder und ich es nicht überlebt haben. Mit dem eigenen Schmerz haben wir umzugehen gelernt.
    Dem Schmerz des anderen waren wir nicht gewachsen.
    Ich hätte ihm trotzdem gerne in die Augen gesehen während das Haus sich in nichts aufgelöst hätte.
    Denn die Tür dieses Gebäudes kann sich nie wieder hinter uns schließen.
    Das ist gut.

  • Hallo schnuffig,

    ich finde es super-gut wie du es schaffst Deine Gefühle und Erlebnisse in Worte zu fassen.
    Es gibt vieles das ich dir nachfühlen kann.

    Zitat


    Statt dessen Eltern, die nicht nur meinen Körper kontrollierten, sondern auch meine Erinnerungen manipulierten, so wie sie sie brauchten

    !!!

  • Danke schön, BinIchMachtlos!


    ...

    Ich war noch nie auf einem Indianerfriedhof, aber müsste ich beschreiben wie es war über die leere Stelle zu hüpfen, wo einst das Haus stand in dem ich aufgewachsen bin, könnte ich nur sagen, dass es sich angefühlt hat, als wäre darunter jemand begraben.
    Samt seinem Kopfschmuck.
    Also habe ich aufgehört zu hüpfen.
    Ich hätte nicht wenig Lust mich mitten in diesem Ort auf die leere Stelle zu setzen und zu warten ob ich was höre.
    Meinetwegen kann ich ja auch dort stehen, das schaut dann nicht ganz so blöd aus.
    Klar sagt mir mein Kopf, dass es da nichts zu hören gibt, dennoch habe ich mir schon meine Schuhe geholt.
    Einen Schuh zumindest.
    Irgendwie finde ich das schräg. Und irgendwie unvermeidlich.
    Unvermeidlich, mich nochmal davon zu überzeugen, dass da nichts ist.
    Also ab mit mir in Schuh Nr. Zwei.
    Jetzt, da ich schon mal hier bin.

  • Das Gefühl kam sicher von "Ein Indianer kennt keinen Schmerz".
    Und ich werde mich später damit beschäftigen.

    Ich wohne bei dem Aufenthalt hier in der Wohnung meiner Mutter, sie arbeitet im Moment den ganzen Tag, kommt erst am Abend wieder.
    Das reicht aber. Schleicht sich abends von hinten am mich ran und wundert sich, dass überhaupt jemand mit mir redet. Sie wundert sich sogar sehr.
    Weil ich eben so deppert bin.
    Mit dem eingeklemmten DVD Player am Absatz umdrehen war meine Lösung.
    Sonst kommen alle Worte wieder. Ich bin nämlich ein vollkommen hässlicher und nutzloser Trampel.
    Ich soll die Klappe halten und im Krankenhaus haben sie mich vertauscht, niemals hat sie so ein dämliches Kind geboren.
    Mein Problem ist, dass meine Muskeln anschwellen und das Blut in meinen Ohren zu rauschen beginnt.
    Mein Problem ist, dass mich das irre zornig macht.
    Mir wäre dann schwer nach einem Kinnhaken.
    Tochter schlägt Mutter k.o.
    Soweit kommt es aber nicht.
    Ärgerlich nur, dass es ihr immer schon ein Anliegen war, mich zu vertreiben.
    Mich solange zu beschimpfen bis ich das Haus verlasse und mich dann zu beschimpfen weil ich es verlassen habe.
    Mich zu beschimpfen weil ich so gerade gehe und mir dann auf den Rücken zu schlagen und zu sagen: Geh gerade.
    Aber wenn uns dann wer sieht, sagen: Das ist Meine Tochter.
    Ich werde ihn ihr wohl lassen müssen, den ganzen Ort.
    Wann darf ich denn wieder kommen?
    Wenn sie nicht mehr da ist.
    Dann ist es aber auch zu spät um meinen Kindern zu zeigen wo ich herkomme, ihnen zu zeigen wo die Elfen überwintern und im Sommer wohnen.
    Kein gesungenes Im Wald da sind die Räuber.
    Wer Frieden will muss für Frieden sorgen.
    Nicht für Gerechtigkeit.
    Na toll.

  • Ich war bei einem alten Freund. Einen, den ich schon seit 20 Jahren kenne.
    Viele Menschen haben Familie. Das sind Leute, mit denen sie verwandt sind, die für sie da sind und an denen sie sich sogar orientieren können.
    Leute, die den Weg wussten als man selbst noch klein war und denen man dann stückweise einfach folgen konnte.
    Soll es geben!
    Da der Freund ruhiger war als sonst, habe ich ihn gefragt was er so spürt und nicht nach dem was er so weiss und ich bekam sogar ein paar Antworten.
    Er freut sich immer sehr wenn er mich sieht, wundert sich auch, dass ich ihn einfach so gerne treffe und den Weg zu ihm in Kauf nehme.
    Was er nicht weiß, ist, dass ich ihn schon vor 20 Jahren zu meinem Bruder gemacht habe.
    Mir ist schon klar, dass er nicht mein Bruder ist. Ist es mir klar?
    Brüder, das sind die vor denen man sich verstecken muss, weil sie einem die Nase brechen können, oder den Finger, weil sie mit Luftdruckgewehren auf einen schießen.
    Und auf irgendeine verquere Art und Weise glauben sie, sie hätten das Recht dazu.
    Sie sind sowas wie geschrumpfte Väter.
    Sie sind also gefährlich.
    Mein zum Bruder gemachter Freund schaut gefährlich aus, ist es aber nicht.
    War es nie.
    Ich frage mich trotzdem gelegentlich wie es sich anfühlt, eine richtige Herkunftsfamilie zu haben.
    Keine, die man sich außerhalb irgendwie zusammengestoppelt hat.
    Aber das gehört definitiv zu den Dingen, die ich nie herausfinden werde.

  • glück auf schnuffig

    ich bewunder dich - wie du überleben konntest ... und s tut mir immer wieder weh, zu erkennen was wir alk-eltern euch kindern angetan haben.

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hi Matthias!
    Danke.

    Ich habe mich, bevor ich mich mit meiner Geschichte beschäftigt habe, viel mit der Geschichte meiner Familie beschäftigt.
    Es ist eine Aneinanderreihung von Gewalt, von Not, von Angst.
    Ich weiß nicht wann das begonnen hat. Am Anfang?
    Ein Anfang der wohl nicht da war, wo man in den Apfel biss, sondern ihn trank als er bereits vergoren war.
    Irgend sowas.
    Ich mag nur, dass bei mir das Ende ist.
    Vielleicht haben wir das gemeinsam.

    Liebe Grüße!

  • Viele Männer kenne ich nicht, die sich nicht vor mir fürchten.
    Und wenn sie sich schon nicht fürchten, dann sind sie meistens ziemlich schnell eingeschüchtert sobald wir miteinander reden.

    Ich war in etwa so alt wie meine Kinder heute, als ich mich bei einer Veranstaltung um ein Würstchen anstellte. Es waren unglaublich viele Leute dort, ich war richtig eingequetscht zwischen den Menschen.
    Trotzdem hat es einen Pädophilen nicht davon abgehalten, mich mitten in der Menschenmenge zu missbrauchen.
    Ich konnte mich damals nur wehren indem ich versuchte mich von seinen Händen zu befreien und indem ich ihm ins Gesicht sah und ihn verzweifelt anlächelte.
    Dafür, dass ich mich nicht besser zu wehren wusste, hatten schon meine Eltern gesorgt.
    Und das ist ihnen gründlich gelungen.
    Auch von den vielen Menschen um mich bemerkte niemand etwas.
    Und falls doch, so hat mir niemand geholfen.
    Das ist ein Erlebnis von einigen und keines wäre möglich gewesen, ohne die vorgegangenen Geschehnisse in meinem Elternhaus.

    Heute wundere ich manchmal über Männer, weil es so ungewohnt scheint auf jemanden wie mich zu treffen.
    Auf eine, die ihrem Körper keine Befehle erteilt.
    Ich zwinge auch mein Herz nicht, meinen Geist auch nicht.
    Na gut, manchmal, aber sehr selten.

    Jedenfalls tu ich eines nicht und das ist mich für diese Männer aus meinen Kindertagen zu schämen.
    Das müssen sie schon selber tun.
    Ich schäme mich nicht.
    Und was hier so leicht herzuschreiben ist, war alles andere als leicht zu erreichen.

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