Nüchternheit 1. Stelle ?

  • Hallo zusammen ,

    wegen der Diskussion gestern "mütterlicher Instinkt "väterlicher Instinkt " und heute "ich bekomme Alkohol in der Verwandtschaft" angeboten eröffne ich ein (altes) Thema.

    Als ich trocken werden durfte hatte ich meine Nüchternheit an erster Stelle gesetzt und als oberste Priorität angesehen . Da gab es auch keine Ausnahmen ob im Beruf , in der Familie oder andere vermeidbaren Situationen, wo gesoffen wurde oder ich in Kontakt gekommen wäre.

    Auch hier lese ich des öfteren das die Trockenheit/ Nüchternheit an erster Stelle steht, jedoch mit Ausnahmen die dann in Kauf genommen werden.

    Mache ich mir da nichts vor wenn ich Ausnahmen zulasse? Ist denn die Sucht ausgeschaltet wenn ich Gründe anbringe die mich gefährden können ? Wie seht Ihr das ? Gibt es begründete Ausnahmen?

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,

    Zitat

    Gibt es begründete Ausnahmen?


    JA, wenn ich für mein Leben gerne Russisches Roulette spielen möchte und nicht an die Kugel in der Trommel glaube.

    Gruß Norbert

  • Hallo Hartmut,

    Zitat

    Als ich trocken werden durfte hatte ich meine Nüchternheit an erster Stelle gesetzt und als oberste Priorität angesehen . Da gab es auch keine Ausnahmen ob im Beruf , in der Familie oder andere vermeidbaren Situationen, wo gesoffen wurde oder ich in Kontakt gekommen wäre.

    ich ersetze "trocken" durch abstinent und zu Nüchternheit sage ich unten was.

    Wenn Nüchternheit = Abstinenz von allen Suchtmitteln + Verstand zur Risikominimierung + Gefühlswahrnehmung in nicht planbaren Situationen dann passt es für mich.

    LG Jürgen

  • Hallo Juergen

    warum so kompliziert mit der Begriffsdeutung ? Darum geht es doch gar nicht. Können wir aber gerne mal in einem anderen Thread diskutieren.

    Es geht hier um die Kompromisse die ich als bekennender Alkoholiker eingehe und damit die Nüchternheit , die Trockenheit oder die Abstinenz gefährde. Viel leben auch nur ohne Alkohol :)

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,

    Ich bin immer gerne den Weg der kompromisslosen Risikominimierung gegangen, und habe auch oftmals etwas dazu zu sagen, wenn ich höre wie dieser Weg abgelehnt wird, weil er als schwieriger empfunden wird, als er in Wirklichkeit ist.

    In letzter Zeit frage ich mich aber auch hin und wieder mal, ob das, was ich jetzt mache, überhaupt ausreicht, und ob das, was ich als "kompromisslos" bezeichne, diesem Wort auch tatsächlich gerecht wird.

    Ich denke jeder Rückfall hat wohl seinen Unsprung in einer offenen Hintertür, und sei es nur sich den Gedanken zu erlauben, vielleicht doch nicht ganz so krank zu sein wie man ursprünglich gedacht hatte. Und wenn man diesen Gedanken erst einmal zulässt, beginnen auch die Kompromisse.

    Gruß, Bruce

  • Selbstverständlich steht für mich das abstinente Leben an erster Stelle - ohne Kompromisse. Wenn ich trinke, bin ich handlungsunfähig bzw. setze allen Übel der Welt ein viel größeres Übel darüber.

    Wobei... was sind Kompromisse? Wo gehe ich für mich ein Risiko ein? Meine Rückfälle geschahen aus Unvernunft, Unvorsichtigkeit und Unzufriedenheit in Kombination, dass ist mir heute klar. Aber was bewahrt mich davor, dass es wieder passiert? Für mich ist das einzige, was mich davor bewahren kann eine kompromisslose Abstinenz.

    Zitat

    Kompromisse werden ja auch zu Gunsten anderer Menschen geacht, weil "ich sie nicht verletzten oder enttäuschen will" oder weil sich jemand noch nicht geoutet hat.

    Ich mache Kompromisse in Bezug auf Fernsehprogramm, Überstunden, Freizeitgestaltung... aber ich muss niemanden zu liebe etwas trinken, ich esse ja auch niemanden zu liebe Reisbrei. Mit dem Outen habe ich schlechte Erfahrungen und werde meine Einstellung dazu wohl nicht ändern können. Ich trinke nichts, ich mag das nicht und damit basta.

    Cora

    Gruß Cora

  • Hallo Cora

    ob du dich Risiken aussetzt weiß ich ja nicht.

    Wenn ich in eine Lokal / Fest /Feier / Veranstaltung gehe wo gesoffen wird ist das ein Risiko. Wenn ich zu Hause Alkohol herum stehen habe( auch die kleinste Flasche davon) ist das ein Risiko. Wenn neben mir gesoffen wird ist das auch ein Risiko und ich mache Kompromisse .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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  • Hallo Hartmut,

    meine Alkoholfreiheit steht für mich an erster Stelle.
    Meine Situation heute ergab sich aus verschiedenen Entscheidungen, die ich für mich treffen wollte, um mein Leben wirklich alkfrei zu gestalten.
    Es war wirklich erst mal so was wie ein Experiment, wobei das Fernbleiben von Kneipen noch zu den kleineren "Übungen" zählte , weil ich früher schon selten in Kneipen unterwegs war.
    Als ich hier begann zu schreiben, schrieb mir jemand im Vorstellungsbereich, dass die Trockenheit tiefgreifende Änderungen in meinem Leben erfordert.
    Mir war vollkommen unklar, wie das aussehen konnte.
    Also begann ich einen nach dem anderen Punkt in meinem Alltag, der in irgendeiner Weise mit Alk zu tun hat, abzuprüfen und dann auch für mich zu ändern.
    Nicht an einer Stelle erlebte ich, dass nicht akzeptiert wurde, dass ich meine Alkfreiheit will, denn die Menschen, die nun auf mich verzichteten, weil ich fernblieb (z.B. bei Familienfeiern) oder weil ich Dienstleistungen nicht mehr erbringe (Fahrten meines Kindes zu Partys) waren teilweise die, die unter meiner Sucht litten.
    Inzwischen sind Familienfeiern ohne Alk möglich. Das ist etwas, was ich niemals für möglich gehalten hätte.
    Andererseits begegnete ich inzwischen Menschen, für die es schon viel länger als für mich vollkommen "normal" ist, eben auch ohne Alk feiern zu können. Meine neue Beziehung ist nicht nur für mich alkfrei.
    Ich erlebe nun ein Leben, das wegen seiner Veränderungen und "Errungenschaften" nicht mehr mit meinem Leben vergleichbar ist, das ich führte, als der Alkohol noch da war. Warum sollte ich mir gerade das nicht bewahren wollen?!
    Ich muss meine Alkfreiheit für mich nicht an die erste Stelle "zerren", damit Hintertüren geschlossen werden, sondern sie steht an erster Stelle und damit bleiben die Türen von allein zu.
    Auch diesen Satz hätte ich bei meiner "Ankunft" hier wahrscheinlich nicht verstanden.
    Den Aufwand, den das hier und da erfordert, nehme ich für mich gern in Kauf. Das, was ich bisher neu erleben durfte ist dabei meine Motivation.

    Gruß Penta

  • Hallo Hartmut,

    ich konzentriere mich im wesentlichen darauf, selbst abstinent zu leben.

    Ich kann nicht das Leben anderer Alkoholiker regeln, das ist Ihre Sache.
    Ich bin nun mehrere Jahre abstinent und habe - im Rückblick - am Anfang auch manche Dinge gemacht, die ich heute nicht mehr machen würde.
    ( z.B. betrunkene Freunde fahren, zu lange auf einer feuchtfröhlichen Geburtstagsfeier bleiben bzw. überhaupt hingehen, etc. )
    Ich bin nicht rückfällig geworden, aber auch nicht hochmütig geworden.
    Ich denke heute im Rückblick eben nicht - na siehste geht doch - sondern - nee danke laß mal lieber beim nächsten Mal.

    Insoweit kann ich nur empfehlen, 100% die Abstinenz an die 1. Stelle stellen und mit der Materie Alkoholabhängigkeit beschäftigen.
    Der Rest an Persönlichkeitsveränderung und Gedankenveränderung wird sich ( hope so ) von selbst einstellen.

    LG Jürgen

  • Mahlzeit :D
    Als ich hierher kam, war meine Nüchternheit nicht an erster Stelle. Ich hielt sie für etwas Erstrebenswertes, aber auch nicht für sooooo wichtig. Dass ich bis heute durchgehend nüchtern bin, ist eher dem Zufall oder dem Instinkt geschuldet.
    Für mich ist es ein Lernprozess.
    Bis zum Erkennen des Lernzieles kann es aber etwas dauern, also was man als vermeidbar ansieht. Bei mir ein Prozess.

    Beispiel:
    Motorradfahren war für mich die letzte große Freiheit. Taxifahren, Nachts bei ausgeschaltenen Ampeln und wenig Verkehr macht mir Spass. Ich hätte also weiter Samstags Nachts fahren können, um mir wie geplant ein neues Bike kaufen zu können.

    Ich habe meine Prioritäten neu sortiert und dem Händler gestern Bescheid gegeben, dass ich dieses Jahr Keins mehr kaufe.

    Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

    Meine Nüchternheit und Risikominimierung gewinnt kontinuierlich an Bedeutung. Es ist auch nicht eine Frage des Wunsches, sondern oft des Erkennens von Vermeidbarkeiten. Nachdem ich aber nach dem Erkennen bereit bin, mich, bzw. mein Handeln zu verändern, denke ich, dass sie vom Grundgedanken bereits an erster Stelle steht.

    Alois, der noch viel zu lernen hat

  • Hallo Juergen

    Zitat

    Ich bin nun mehrere Jahre abstinent und habe - im Rückblick - am Anfang auch manche Dinge gemacht, die ich heute nicht mehr machen würde.

    Unwissentlich das es dich in Gefahr bringen konnte oder bewusst weil du anderer Meinung warst?

    Es geht ja auch nicht darum Fehler zu verurteilen sondern aus den Fehler für die Zukunft zu lernen. Sonst wären ja auch nie die Grundbausteine zusammengetragen worden . Die sind ja gerade aus solche Erfahrungen .
    Wichtig finde ich auch , wie gerade bei Sternenhimmel , Alltagssituationen die mit Alkohol zu tun haben, hier aufzuschreiben .

    Wo ich in den nassen Jahren weg geschaut hatte schaue ich in den trocken Jahren genau hin. Weil ich es kann und ich weiß das es für mich ist . Die Chancen trocken zu bleiben gehören mir.

    Aloisius

    Zitat

    Meine Nüchternheit und Risikominimierung gewinnt kontinuierlich an Bedeutung. Es ist auch nicht eine Frage des Wunsches, sondern oft des Erkennens von Vermeidbarkeiten. Nachdem ich aber nach dem Erkennen bereit bin, mich, bzw. mein Handeln zu verändern, denke ich, dass sie vom Grundgedanken bereits an erster Stelle steht.

    Finde ich gut . Es ist und war auch bei ir ein wachsender Prozess und wenn ich nicht weiter wusste stellte ich einfach Fragen über Fragen das mancher hier schon die Hände über den Kopf geschlagen hatte :)

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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  • Hallo Hartmut,

    Zitat

    Unwissentlich das es dich in Gefahr bringen konnte oder bewusst weil du anderer Meinung warst?

    nun, wissentlich sicherlich nicht.
    Eher Unwissenheit / Leichtsinn in den ersten 6 Monaten meiner Abstinenz.
    Unterschätzung der Krankheit durch mich und meine Begleitung.
    Meiner Begleitung kann ich das ja nicht vorwerfen.

    In den betreffenden Situationen damals konnte ich mein Unwohlsein auch nicht sofort äussern und die Situation abbrechen.
    Ich habe es dann eher erduldet, bis es vorbei war, das würde ich heute nicht mehr tun.

    Dass ich heute anders denke und handeln würde, habe ich mit Sicherheit meiner umfangreichen Beschäftigung mit dem Thema zu verdanken.
    ( 2-mal die Woche SHG und Forum hier fast täglich )

    LG Jürgen

  • Hallo Jürgen,
    Danke und dazu noch

    Zitat

    Unterschätzung der Krankheit

    das wird nach meiner Erfahrung am meistens unterschätzt :) Die Krankheit und das eigentliche Unterschätzen .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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