Schlimme Schuldgefühle und Gehirnkonfetti

  • Hallo Leute,

    Neu angemeldet, habe ich schon mehrere Ansätze gemacht, diesen Post zu verfassen und jedes Mal gedacht: Boah, viel zu lang, viel zu viel Gesülze, das liest kein Mensch zünde, der bei Vernunft ist :)

    Also versuche ich mich so kurz wie möglich zu fassen: Ich habe 13 Jahre mit einem alkoholkranken Mann zusammengelebt, wir haben ein gemeinsames Kind. Ende letzten Jahres habe ich mich aufgrund seiner Sucht von ihm getrennt. Ich konnte einfach nicht mehr so leben.
    Er hat unmittelbar danach eine neue Freundin gefunden und mir erzählt, er habe aufgehört zu trinken. Ich habe das geglaubt und ihm auf sein Drängen hin versprochen, seiner Familie nichts über den wahren Trennungsgrund zu erzählen. Ich war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, mit diesem Zugeständnis meine Co-Abhängigkeit fortzuführen. Ich war einfach nur froh, aus der Nummer raus zu sein und habe mir von ihm nicht verbieten lassen, meinen Vertrauten die Wahrheit zu sagen, was er mir unwahrscheinlich verübelt hat und wofür ich mich erst einmal schlecht gefühlt habe.

    Wenn ich ihn bei gemeinsamen Telefonaten (er weigert sich seit der Trennung, mich auch nur 30 Sekunden persönlich zu treffen) fragte, ob er noch tränke, verneinte er, aber er erzählte, in eine Depression abzurutschen.
    Aufgrund dieser Depression- die sicherlich eine Tatsache ist, kümmerte sich sein Umfeld aufopferungsvoll um ihn, ohne von seinem Alkoholproblem zu wissen. Er selbst geht zurzeit weder zur Arbeit, noch pflegt er Kontakt zu unserem Sohn - er hat wegen seiner Depression absolute Narrenfreiheit. Er lässt seine neuen Connections die letzten Monate also ein Feld beackern, das eigentlich nicht seine Hauptbaustelle ist. In dieser zeit hat er sich zusätzlich immer wieder an mich gewendet, ob es nun Vorwürfe, Beschimpfungen, Liebesbekundungen waren. Ich habe mittlerweile begriffen, dass er seinen Tippi-Toppi-Co-Alki (das war/bin ich nämlich leider) wiederhaben will. Begriffen habe ich nicht, dass ich das mitgemacht habe, getröstet, zugehört, geschwiegen, aufgebaut, vermutlich, um meine Sonderstellung etc. zu behalten und außerdem war ich es ja so gewohnt. Begriffen habe ich auch nicht, dass er bereits wieder voll am Saufen war. Das ganze Programm. Ich habe ihn wegen seiner Depression aufrichtig bedauert und ihm mit den anderen alles abgenommen.

    Als er unseren Sohn nach langer Zeit letztes Wochenende (alleine) bei mir getroffen hat, fand ich später leere Wodkaflaschen, die er vergessen hatte, zu entsorgen und mir wurde klar, dass er nicht aufgehört hat zu trinken. Das traf mich widersinnigerweise wie ein Hammerschlag. Ich habe mich wieder einmal vollkommen hilflos gefühlt, voller Angst, voller Mitgefühl für mein Kind. Mir ging es wirklich schlecht - und ich bin wütend. Ich habe mich getrennt und komme dennoch nicht aus diesem Gefängnis der Sucht. Und ich habe begriffen, dass ich seine Sucht nicht mehr alleine tragen will.

    Anstatt ihm die üblichen Vorhaltungen und Gardinenpredigten zu halten, habe ich habe seinen Vater informiert, der sein einziger Kontakt neben seiner neuen Freundin ist. (er hat keine Freunde). Er hat meine Worte nicht bezweifelt, ihm selbst war das Problem ansatzweise schon aufgefallen. Das hat mich zunächst unfassbar erleichtert - endlich nicht mehr allein mit dem Wissen um die Krankheit. Wir haben beschlossen, übermorgen gemeinsam die Suchtberatung der Caritas aufzusuchen, damit er ein wenig Durchblick über Alkoholismus bekommt, bevor er seinen Sohn mit seinem neuen Wissen konfrontiert. Ich frage mich, ob es überhaupt gut ist, wenn ich darüber hinaus noch mitmische. Ich gehe nicht meinem Ex zuliebe mit, sondern um meinen Schwiegervater nicht alleine zu lassen, der natürlich momentan total am Arsch ist. Wie weit bin ich noch in der Verantwortung? Ich weiß es nicht. totaler Nebel bei dieser frage.

    Nach dem Blabla, nun mein eigentliches Anliegen, bei dem Betroffene oder Angehörige mir hier vielleicht etwas sagen können:
    Innerhalb unseres verrückten Suchtkonstruktes ist die Aufklärung seines Vaters der höchstmögliche Verrat, den ich begehen konnte. Seitdem ich „gepetzt“ habe, fressen mich meine Schuldgefühle auf. Ich habe Angst, sein Leben damit endgültig zerstört zu haben. Dieses Denken zeigt mir natürlich auch, wie sehr ich noch in der Co-Rolle stehengeblieben bin. Mein Kopf ist momentan voll von Angst, Schuldgefühlen und der Erkenntnis, WAS ich da eigentlich all die Jahre gemacht habe, ich frage mich, wie ich es meinem Kind gegenüber jemals wieder gut machen kann, dass ich die Scheiße so lange mitgemacht habe. Es tut mir so unfassbar leid. Für uns alle.
    Es ist völlig verrückt: mein Verstand sagt, ich habe die richtige Entscheidung getroffen, mein Co-Herz glaubt, ich habe ihn doppelt verraten und treibe ihn jetzt in den Selbstmord. Tief in mir weiß ich, dass ich auch angst habe, nicht mehr von ihm geliebt zu werden, weil ich ausgepackt habe. Er wird komplett durchdrehen, denn für ihn ist die höchste Priorität im Leben seine Sucht zu vertuschen. Das habe ich ihm nun genommen. Es ist gefühlsmäßig für mich wie eine zweite Trennung …
    Was für ein Murks.
    Momentan fürchte ich mich vor der Lawine, die ich mit meiner Ehrlichkeit ausgelöst habe und grübele ob, es wirklich in Ordnung war, mich an seinen Vater zu wenden. In meinem Hirn geht es gerade zu, wie auf dem Marktplatz, wo alle durcheinanderschreien.

    Danke fürs Lesen

    Ahoi

  • Hallo Ahoi
    Erstmal herzlich willkommen hier.
    Schreib und les soviel wie du möchtest,oft ist es so das man sich schon selbst beim schreiben hier sortiert.

    Die Coabhängigkeit ist eben so was verworrenes,das man sich selbst oft nicht versteht,warum läßt man sich Gefühle und Wahrnehmungen ausreden,warum deckt man den Partner,warum schweigt man ,warum fühlt man sich als Verräter wenn man dann endlich den Mund aufmacht.warum glaubt man noch nach einer Trennung handeln zu müssen ,Angehörige einweihen,die unterstützen soll/will etc.

    Eine mögliche Antwort ,weil der Weg vom Herz zum Hirn manchmal erst eine Weltumkreisung braucht bis wir wieder zu einer Einheit werden /wieder bei uns selbst ankommen und in der Lage sind klare Grenzen zu setzen und diese auch zu halten.
    Bis wir begreifen wir sind für uns selbst verantwortlich und nicht für das was ein anderer erwachsener Mensch macht und tut!
    LG R..

  • Hallo Renate,

    Ja, du hast recht. Ich habe gedacht, mit der Trennung die Weltumkreisung bereits erledigt zu haben und jetzt erkenne ich, dass die Muster noch in mir weiterwirken, dass mich diese Beziehung tiefer geprägt hat, als ich befürchtet habe.
    Ich fühle mich wie ein Versager, weil ich erst so spät darauf komme, weil ich so vieles falsch gemacht habe und mache.
    Den Schlussstrich habe ich wie im Traum gezogen und nun, Monate später, erwache ich. Und alles unbearbeitete scheint sich wie ein riesiger Berg vor mir aufzutürmen.

    Danke für deine Worte.

  • glück auf ahoi

    schön, das du hierher gefunden hast - ich bin gespannt mehr von dir zu lesen.

    du hast deine co-abhängigkeit erkannt und arbeitest drann - gut!
    deine verantwortung besteht nur dir selbst und deinem sohn gegenüber <stimmt s?
    gepetzt? - quatsch - dein "schweigegelübte" hast du gegeben als du glauben wolltest, dass er trocken is. jetzt brauchst du hilfe - natürlich auch von seinem vater (is ja der opa von deinem sohn) :wink:

    bisher hast du alles richtig gemacht - namaste

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Silberkralle,

    Ich glaube das wollte ich hören :)
    Ja, stimmt. ich muss die Verantwortung für mich und meinen Sohn tragen. Sonst für niemanden.
    Das klingt sehr einfach, aber woran merke ich, wenn ich beginne, mich in Bereichen außerhalb meiner Verantwortung aufzuhalten? Ich traue mir zurzeit selbst nicht so recht über den Weg, weil mein Handeln anscheinend so was von automatisiert und unbewusst abläuft, dass ich selbst entsetzt bin.

    Beispiel: Mein Schwiegervater hat mir angeboten, zu behaupten, er hätte es auf anderem Wege als von mir erfahren - das ist natürlich erst einmal erleichternd, da ich den Zorn meines Exmannes so nicht auf mich ziehe, aber alles in mir will kotzen, den Lügen schon wieder eine neue Lüge zuzufügen. Ich habs getan und ich stehe dazu.
    Was ist richtig? Mich aus der Schusslinie und dem Geschehen zu nehmen und seine jetzigen Bezugspersonen machen zu lassen oder mit der Ehrlichkeit eine erneute Konfrontation zu provozieren?
    An dem Punkt durchschaue ich mich nicht und habe angst, wieder genau das Falsche für mich zu tun.

    Auf deinen "Glück auf und Namaste Mix" hin, verabschiede ich mich mit Sayounara und bis die Tage :)
    Ahoi

  • Hallo und willkommen Ahoi,

    Ahoi an Bord, sozusagen :wink::) .

    Deine Gedanken und Gefühle kann ich sehr gut nachvollziehen.
    Ich habe mir auch lange Vorwürfe gemacht, warum ich dieses Spiel zwischen meinem Exmann und mir so lange mitgemacht habe. Warum ich mich so lange habe missbrauchen lassen, mich regelrecht immer wieder angeboten habe, ihm zu helfen, ihn zu retten, zu unterstützen und so weiter...

    Ja, warum? Ich war davon überzeugt, das einzig Richtige zu tun damit! Ich wusste nichts von Coabhängigkeit, viele, viele Jahre lang. Ich habe ja gedacht, ich mache es richtig so und mein Umfeld hat mich daran noch bestärkt. Und ich selbst fühlte mich ja immer stark und gebraucht in meiner Rolle. Unentbehrlich eben. Das war Balsam für meinen nicht vorhandenen Selbstwert.

    Also kam ich dann, irgendwann nach der Trennung, endlich darauf, dass es wenig Sinn machte, mich nun zu zerfleischen vor lauter schlechtem Gewissen und so. Und das solltest du auch nicht tun. Jetzt bist du auf dem Weg raus aus der Nummer. Und das ist sehr gut so!

    Mit deinem Sohn kannst du vielleicht darüber reden, wie alt ist er denn? Und auch für Kinder gibt es Selbsthilfegruppen, zum Beispiel. Oder psychologische Unterstützung, wenn nötig!

    Ich finde es gut, dass du nun auch nicht mehr lügen willst. Mir hat Ehrlichkeit und Klarheit auf meinem Weg sehr gut geholfen. Nichts mehr vertuschen, sondern sagen. Dadurch wirst du ernst genommen von deinem Umfeld, auch von deinem Ex. Auch wenn es dem nicht passt!

    Und du bist nun ja auch bereit, die Konsequenzen deines Handelns zu tragen, das ist wichtig. Du kannst das. Auch wenn es sich schuldig anfühlt, schlecht. Dafür bist du nun hier, um diese Gefühle hier zu lassen. Im Austausch wirst du merken, dass du dich gar nicht schlecht zu fühlen brauchst.

    Zitat

    Was ist richtig? Mich aus der Schusslinie und dem Geschehen zu nehmen und seine jetzigen Bezugspersonen machen zu lassen oder mit der Ehrlichkeit eine erneute Konfrontation zu provozieren?

    Raus aus der Schusslinie, würde ich sagen. Und ehrlich sein, zu dir selbst vor allem! Du kannst niemanden retten, außer dich selbst und deinen Sohn. Auch nicht seine Bezugspersonen.

    Ich hoffe, ich habe dich nicht erschlagen mit meinem Roman :wink: .

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Ahoi
    Meine Beziehung fand das endgültige ,,Ende,, als ich soweit war die Wahrheit klar und deutlich auszusprechen!!
    Das passierte einen Tag nach einem Paargespräch,mein x damals vermeintlich seit 5 Monaten trocken (noch in der Nachsorge)
    Nach ca 3 Wochen wo er sich ,,merkwürdig,, verhielt,ich ihn dann stockbetrunken vorfand und 2Tage später besagtes ,,Paargespräch,, stattfand.
    Er bat mich vor der Tür ,nicht zu sagen das er schon seit einigen Wochen (3 !?) wieder trinkt,denn dem Therapeuten hatte er nur ein Wochenende (als Ausrutscher) gestanden.
    Ich war so überrumpelt das ich garnicht reagieren konnte,es folgte eine filmreife Darbietungen meines X. bei diesem Gespräch mit dem Therapeuten.
    Für mich bedeutete das eine schlaflose Nacht und in der Folge ein Anruf bei dem Thera. um das richtig zu stellen.

    Das war wirklich ein Befreiungsschlag für mich.
    Mir waren auch die Konsequenzen egal.
    Ich war wieder bei Mir angekommen und dort bin ich auch heute noch , bei Mir!!

    Ein gutes Gefühl.

    X säuft immer noch ,das Ganze geschah letztes Jahr im September und ich habe es nicht eine Minute bereut zu mir ,meinen Wahrnehmungen und der Wahrheit zu stehen!..
    LG R..

  • Hallo Ahoi,

    ich möchte Dir nur 2 Gedanken da lassen:

    a) Lass den Schwiegervater selbst entscheiden, was er macht und lass seine Verantwortung bei ihm. Stehe aber zu dem, was Dein Anteil ist, wenn Du danach gefragt wirst.
    b) Schenke Deinem Kind die Aufmerksamkeit, nicht Deinem Ex-Partner.

    Versuch Dich aus dem Familiengeflecht raus zu ziehen. Du musst jetzt nicht den Schwiegervater "retten". Das ist nicht Deine Verantwortung. Du hast vermutlich selber genügend Baustellen.

    Und lass Deinen Sohn nicht mit seinem Vater allein, solange er noch trinkt.

    Nur Mut! Ein Schrittchen nach dem anderen gibt auch einen Weg ;). Du schaffst das ganz sicher!

    Lieben Gruss
    Heidi

  • Danke euch für eure Gedanken und Antworten!

    Also, ich beginne von unten nach oben:

    heidi13
    Gute Denkanstöße.

    Der Schwiegervater hätte gern, dass ich alles regle und entscheide und mache :) deshalb muss ich mich entscheiden, ob ich ihn unterstütze oder nicht ... von daher ist mein Plan, ihm zu zeigen, dass er Anlaufstellen hat, die ihn besser helfen als ich (Caritas, Blaues Kreuz etc)

    Dass unser Sohn nicht mit ihm alleine sein darf, solange mein Ex trinkt, ist völlig klar.

    Renate

    Oh Mann, verrückt wie sehr sich manches gleicht. Nach unserer Trennung hatten wir ein Beratungsgespräch, nicht um wieder zusammenzukommen, sondern um uns so vernünftig wie möglich im Sinne unseres Sonne zu trennen. Er war nicht begeistert, als ich der Therapeutin den Grund sagte. Komisch damals war ich noch viel entschlossener als jetzt.
    Da fällt mir gerade auch auf, weshalb ... deshalb Danke für deine Erinnerungen, ich beginne etwas zu begreifen.

    Darf ich fragen, wie es sich angefühlt hat, bei dir angekommen zu sein?

    Aurora

    Nein, im Gegenteil, ich freue mich über deinen Roman!

    Merkwürdig, ich fühle mich gar nicht missbraucht, sondern viel eher als diejenige, die es nicht auf die Reihe gekriegt hat.
    Niemand aus meinem Umfeld wusste Bescheid. Ich habe mit niemandem geredet, dass ich mich trennen werde und warum. Ich habe zehn Jahre lang mit niemandem über meine Probleme gesprochen. Selbst meine beste Freundin fiel aus allen Wolken. Reden zu können ist der größte Gewinn meiner Trennung.

    Ja, unentbehrlich sein - da sagst du was! Das ist, was auch mich gehalten hat, befürchte ich. Ohne mich schafft er es ja nicht ... das ist Quatsch, denn offensichtlich hat er es ja auch mit meiner "grandiosen" Hilfe nicht geschafft.

    Ich bin erleichtert, dass du meine Schuldgefühle nachvollziehen kannst. Ich wurde zwar belogen, betrogen und benutzt, aber ich habe ja fröhlich mitgemacht, aber wie du gar nicht erkannt, in welch ungesunden Beziehung ich mich immer mehr verstricke.

    Mein Sohn (13) weiß noch offiziell nicht, obwohl er mit Sicherheit doch weiß. Er möchte nicht über die Trennung und nicht über seinen Vater sprechen. Er will einfach, dass alles wieder gut wird.Ich habe in drei Wochen einen Termin beim blauen Kreuz, um meine Fragen dazu zu besprechen, damit ich das so gut wie möglich hinbekomme.

    Danke für deine Einschätzung bezüglich "Schusslinie". Irgendwie nimmt mir dein Rat gerade eine Last von den Schultern.

    Ich bin wirklich froh über eure Antworten!

  • Hallo Ahoi,

    pass einfach auf, dass Du Dich nicht zur Co von Deinem Schwiegervater machen lässt. Co-Sein hat ja nicht ausschliesslich mit Alkohol zu tun..

    Und schau mal:
    Du bist nach einigen Jahren mit Deinem Partner verunsichert, ob Deine Sichtweise "richtig" ist und kannst Empfindungen schwer einordnen.
    Dein Sohn hat nie etwas anderes erlebt und empfindet den Umgang, den Du und Dein Ex hatten als "normal". Das ist auch genau das, was den EKA's später das Leben so schwer macht - wir wissen eigentlich gar nicht, was "normal" ist und haben eine völlig verquere Gefühlswelt. Dass "einfach wieder alles gut sein soll" möchten wohl alle Scheidungskinder.

    Alles Gute!
    Heidi

  • Liebe heidi,

    Ja, für ihn ist das normal. Was für eine unfassbar traurige, schmerzhafte Vorstellung.

    habe ich richtig verstanden, dass du das Kind alkoholranker Eltern bist?
    Hast du vielleicht Erfahrung, was einem Kind in einer solchen Situation hilft?
    Was kann ich für mein Kind tun?

  • Hallo Ahoi,
    Dein Sohn wird sicherlich mehr mitbekommen haben, als du denkst. Selbst wenn er momentan nicht darüber reden möchte, kannst du ihm ja vielleicht anbieten ihm bei Bereitschaft alles zu erklären. In dem Alter habe ich auch gemauert, da begann die Pubertät, die Gefühlswelt war sowieso schon einmal ordentlich durcheinander und ich begriff sehr wohl die Tragweiten der Streitereien im Zusammenhang mit Alkohol. Geduld ist vermutlich eine kluge Komponente...
    Toll dass du dennoch deinen Anker eingeholt und den dir bekannten Hafen verlassen konntest,um für dich in ruhigere Gewässer zu schippern

  • Liebe Ahoi,

    mein Vater ist Alkoholiker, meiner Mutter Co.

    Was mir am meisten geholfen hätte?
    Hm. Gute Frage.

    Ich denke, einfach mal gesagt zu bekommen, dass ich völlig OK bin so wie ich bin.
    Als Kind denkst Du ja, dass Du "schuld" bist, dass Deine Eltern streiten. Ich hatte sehr lange riesige Minderwertigkeitskomplexe.

    Und: gehaltene Versprechen hätte ich auch mal schön gefunden.
    Ich bin damit gross geworden, dass mir was versprochen wird und das dann wieder und wieder und wieder nicht gehalten wurde. Entweder musste der eine saufen oder die andere um den Säufer rumkreisen.

    Lass Dein Kind einfach ein Kind sein. Ich durfte das nie. Das Leben war von klein auf furchtbar ernst und angst-erfüllt.
    Die Leichtigkeit des Kind-Seins, die kenne ich nicht. Wie ist das bei Deinem Sohn?

    Vielleicht kannst Du ja mal bei einer Beratungsstelle fragen, wie Du Dich am besten verhältst. Ich würde ihn erst mal zur Ruhe kommen lassen und nicht meine Trennungsschmerzen und Analysen mit ihm besprechen. Ohne Gewähr. Meine Eltern haben sich nie getrennt - auch wenn ich es mir gewünscht hätte. Ich kenne die Situation nicht aus eigener Erfahrung.

    Wenn Du magst, les doch mal etwas bei uns EKAs rein - v.a. den Thread "Merkmale eines EKAs"

  • Kitze

    :) Ich mag Wortspiele.
    Ja, sicher bekommt er viel mehr mit, als ich ahne, was dann unsichtbar in seinem Inneren weiterwirkt. Das Gesprächsangebot habe ich gemacht, sowohl bei unserer Trennung, als auch, als sein Vater die Depression bekam. Er hat mir ein paar Fragen gestellt und dann hatte er genug. Ich erneuere das Angebot regelmäßig ... zum Glück spricht er mit seinen Freunden über die Trennung. Wie es wird, wenn er die Bestätigung für die Alkoholkrankheit seines Vaters bekommt, weiß ich nicht.

    @ heidi
    In das Thema AKE habe ich mich bis jetzt noch nicht reingetraut, aber es hilft nichts - ich muss mich damit auseinandersetzen.

    Du fragtest nach der Kindheit meines Sohnes. Neben der Tatsache, dass Alkohol immer ein Problem war, hatten wir dennoch viele gute Jahre. Egal was mein Exmann verbockt hat - er war ein liebevoller Vater mit aufrichtigem Interesse an seinem Kind - solange er nüchtern war. Ich selbst fand es immer toll, dass es mein Kind gab. Wir haben ein liebevolles Verhältnis und verbringen gern Zeit miteinander. Er ist ein erstaunliches Kind mit jeder Menge Humor und einem freundlichen Herzen und vermutlich jeder menge Wut. Nichtsdestotrotz werde ich meine Spuren hinterlassen, das Schweigen, verdecken, den ungesunden Umgang mit seinem Vater. In vielen Punkten war/bin ich eine aufmerksame Mutter, doch den dicksten Balken habe ich bis jetzt ignoriert. Das tut mir unendlich leid.

    Ich würde nie meine Analysen meinem Sohn servieren. Das halte ich für überfordernd, aber dennoch bin ich ratlos. Deshalb habe ich den Termin bei der Suchtberatung vereinbart: Ich möchte hören, wie ich am besten mit dem Problem in Bezug auf mein Kind umgehe.

    Es ist gut, dass du schreibst, denn dadurch lerne ich die andere Seite kennen. Danke dafür.

  • Hallo Ahoi

    Zitat:
    Darf ich fragen, wie es sich angefühlt hat, bei dir angekommen zu sein?
    --------------------------------------------------------
    Das ist schwer zu erklären ,ich versuche es mal.

    Vor xy war ich 4 jahre lang gewollter Single.eins meiner Kinder war da schon aus dem Haus ,das jüngere noch in der Ausbildung,ich hatte einen Job der mir viel Freude machte ,,einige Liebhaber,, mein Leben lief eigentlich rund.........
    Aber da war noch dieser Wunsch seit meiner Kindheit,eben nicht alleine alt zu werden,ich hatte da eine ziemlich ,,verklärte,, Vorstellung von zwei runzeligen Händen die nach einem anderen Paar runzeligen Händen fassen und der Eine zum anderen sagt ,,weißt du noch....,,

    Wie im Kitschroman halt.
    Dann traf ich xy und es fühlte sich an wie ,,nach Hause kommen.. auf beiden Seiten.
    Es folgten etwas über 3 Jahre Fernbeziehung.
    Sein Leben war sehr caotisch,damit entschuldigte ich seinen zu hohen Alkoholkonsum,dann kam dieses ,,wir gegen den Rest der Welt,,

    Irgendwann hatte ich den Überblick verloren,war viel zu sehr in seinem Leben /seinen Problemen verstrickt.

    Dann zog er in meine Stadt und das wahre Ausmaß,seines Alkoholkonsums wurde offensichtlich.
    Nun war er nie ausfällig oder so ,nie abwertend gegen mich,nie wurde laut gestritten oder sowas und stehts war ich das Beste das ihm je passiert war.

    Das war ,,das Futter,, das mich bleiben lies ,ich dachte lange,,alles halb so wild ,obwohl er schon offensichtlich körperlich sehr krank war und die Beschwerden nahmen zu,ich war ehrlich besorgt............

    Nun vor 2 Jahren machte ich Schluss, kurz nachdem wir einen Schrebergarten gekauft hatten und er nun schon nachmittags,kurz darauf schon mittags begann zu trinken(vorher immer erst ab abends und unter der Woche bekam ich es ja eh nicht mit weil jeder ne eigene Wohnung hatte)
    Also August 2012 war erstmal Schluss.
    Im folgenden Frühjahr hatte ich innerhalb kurzer Zeit 2 Todesfälle in der nahen Familie und kurz darauf stand er wieder vor meiner Tür,auch bei ihm gabs einen Todesfall.
    Ich war zu diesem Zeitpunkt schon einige Monate hier im Forum,ich hatte mich während dieser Trennung sehr mit meinen Wünschen und Ängsten auseinandergesetzt(gemeinsam Altwerden/im Alter nicht allein sein wollen)
    Da stand er nun und wieder war da diese Anziehung dieses vertraute Gefühl,aber der Kopf war schon mit dabei.(bei mir)
    Er ging in Entgiftung/Therapie und in mir erwachte nochmal die Hoffnung doch noch gemeinsam alt werden zu können.
    Es folgte auch eine sehr schöne Zeit,offene Gespräche etc bis ,ja bis er ,,merkwürdig wurde,, kurz danach traf ich ihn völlig betrunken an.
    Ok einen möglichen Rückfall den hatte ich einkalkuliert,allerdings nicht die Art und Weise und schon garnicht das ich für ihn Lügen sollte!!

    In diesem Moment gingen mir ganze Kronleuchter auf und ich begriff ,das wird in diesem Leben nixmehr mit uns!!!
    Das war letzten September.
    Seither bin ich zwar ohne Partner,aber nicht allein.
    Ich fand mich,wußte ganz klar wie ich es nicht haben wollte etc

    Ich ging fast 2 jahre in eine Gesprächstherapie/ich war hier im Forum, ich habe genau hingeschaut ,auf mich ,meine Wünsche und was ich bereit war alles dafür zu tun................
    und ich habe soviel gelernt.
    Heute macht mir ein mögliches Alleinsein im Alter keine Angst mehr,welch ein Schritt für mich.
    Heute genieße ich die Freiheiten und Vorteile des Alleinseins,
    habe meinen wundervollen Garten,nette neue Bekanntschaften dort, meine Kinder und Enkelkind sowieso.
    Was ich nichtmehr habe ?
    Einen Mann der suchtgesteuert handelt, der sich sichtbar und absehbar zu Tode trinkt.
    Ich habe keinen Stress mehr damit wann die nächste Auszeit,, kommt (Zeiten in denen er sich zurückzog)
    Mein Leben ist stressfreier und ich habe meine Wünsche und Ziele neu überdacht ,besonders das ,,wieviel ich dafür bereit bin zu geben,,
    Ich bin näher bei mir und tue und mache was ich möchte..............
    Ob da nochmal wer (ein Mann ) dazukommt ? keine Ahnung aktuell suche ich nicht,denn den Preis den ich für die vermeintliche Zweisamkeit zahlte ,war viel zu hoch /völlig unangemessen!
    Besser kann ich es nicht beschreiben.

    LG R..

  • update in Sachen Schwiegervater:
    Wir haben gestern Abend noch einmal telefoniert und es ist ganz erstaunlich, denn bereits jetzt beginnt er mit dem Bagatellisieren ala: Der arme Jung trinkt halt einen über den Durst, weil er depressiv ist, das wird schon, sobald er die Depression überwunden hat. Er meinte auch, er hätte der neuen Partnerin meines Ex lieber nicht erzählt, dass er in Gegenwart unseres Sohnes gesoffen hat, weil sie ihn ja dann sofort verlassen würde und er wollte ihm nicht den Boden unter den Füßen wegziehen, weil er ihm noch ne Chance geben will ...
    Heute haben wir das Gespräch mit der Suchtberatung. Mal sehen. Ich muss mir mantramäßig selbst sagen, dass das alles nicht mehr meine Angelegenheit ist, weder mein Exmann, noch sein Umfeld.

    Nach dem Telefonat war ich wütend, wie man nur so blind sein kann. (haha - wie kann ich ihm verübeln, was ich selbst gemacht habe?), dann habe ich mich entschieden, dass es nicht mein Problem ist. Ich erkenne mein eigenes Denken in ihm. Ich bin wütend auf mich und auf den Rest. Am wütendsten auf meinen Exmann.
    Was mir total peinlich ist: Ich bin zudem neidisch. Ich weiß, spricht jetzt nicht unbedingt für meinen Charakter, aber ich denke: Er sitzt in seiner geilen Mega-Wohnung, mit jeder Menge Tagesfreizeit (um Geld muss er sich nicht sorgen), umsorgt und gepampert von Freundin und Papa, muss keinerlei Verantwortung für irgendwas übernehmen, zieht sich auf die Generalentschuldigung "Depression" zurück, für die er alles Mitgefühl bekommt und kann jede Entscheidung treffen, die er will. Und vor allem wird er gemütlich weitersaufen können ...
    Ich hingegen muss unser Kind (und vor allem die nächsten Schritte, was seine seelische Lage betrifft) und Arbeit und Umzug unter einen Hut bringen, Geld ist auch ein nerviges Thema ... immer zu wenig, immer rechnen, Zukunftsängste.
    Bah- ich seh schon, ich werde noch so ne verbitterte Exfrau, die den ganzen Tag nur über ihren dämlichen Exmann jammert. Nee, bitte nicht :)

    Vielleicht ist es auch normal, dass ich momentan so emotionsgeladen bin. ich denke, ich werde das schaffen. ich war zäh genug 13 Jahre bei einem Alkoholiker zu bleiben, ergo bin ich auch zäh genug, den Rest auf die Kette zu bekommen...

    Renate
    Wir haben zwei völlig unterschiedliche Hintergründe und dennoch fühlt sich Vieles so vertraut an, was du schreibst. Die Verliebtheit, die Angst, was ohne diesen Menschen aus meinem Leben wird und letztlich die Erkenntnis, dass der Weg der Lösung im Inneren zu finden ist.
    Du hast dich on der Vorstellung befreit, dass du einen Partner brauchst und dich entschieden lieber Single zu bleiben, als mit dem falschen Mann dein Leben zu verbringen.
    Vielleicht ist das so, wenn man sich selbst ein Freund ist? Wenn das so ist, braucht man keinen Partner mehr, sondern hat eine ganz andere Motivation für eine Beziehung, als innere Bedürftigkeit?
    Ich weiß es nicht, ich muss mir erst einmal ein Freund werden, um das zu wissen.
    Ich finde es toll, dass du ein Zuhause in dir und in deinen äußeren Umständen gefunden hast. das möchte ich auch :)

  • Guten Morgen Ahoi,

    gestern dachte ich bei Deinen Kommentaren noch: Weia, in dieser Situation würde ich sofort losschießen und meine eigene Motivation mal prüfen.
    Heute lese ich, dass Du den denkbar größten Schritt quasi über Nacht zurückgelegt hast.
    Darüber freue ich mich total.

    Ich könnte Dir sagen, dass Dein Ex nicht viel Spaß haben wird, auch wenn es nach außen hin so aussehen mag. Wenn seine neue Freundin nicht mit ihm trinkt, wird sie dasselbe durchmachen wie Du, es sei denn, sie zieht vorher die Reißleine.

    Doch all das ist gar nicht wichtig für Dich und Deinen Sohn. Mit Deiner Stärke und Ehrlichkeit und dieser Fähigkeit, zu reflektieren, wirst Du Deinen/Euren Weg finden und ganz sicher keine verbiesterte Ziege werden :-). Ich denke, erst ohne diese Bedürftigkeit sind Beziehungen auf Augenhöhe überhaupt erst möglich, sonst bin ich ein Klops, der mitgeschleppt werden muss.

    Alles Gute für Euch und eine schöne Zeit.

    Viele Grüße
    Katha

  • Zitat

    Er sitzt in seiner geilen Mega-Wohnung, mit jeder Menge Tagesfreizeit (um Geld muss er sich nicht sorgen), umsorgt und gepampert von Freundin und Papa, muss keinerlei Verantwortung für irgendwas übernehmen, zieht sich auf die Generalentschuldigung "Depression" zurück, für die er alles Mitgefühl bekommt und kann jede Entscheidung treffen, die er will. Und vor allem wird er gemütlich weitersaufen können

    Oh ja, welch beneidenswertes Leben.

    Zitat

    Ich hingegen muss unser Kind (und vor allem die nächsten Schritte, was seine seelische Lage betrifft) und Arbeit und Umzug unter einen Hut bringen, Geld ist auch ein nerviges Thema ... immer zu wenig, immer rechnen, Zukunftsängste.

    Kannst doch Deine Zukunftsängste wegsaufen, so wie er, wenn das so beneidenswert ist.

    Bist gerade auf dem Ich-bin-der-Verlierer-bei-all-dem Trip?

    Oder magst gern auch ein bisschen Opferrolle, so wie er, damit Du wenigstens ein bisschen Mitleid bekommst? Findest Mitleid erstrebenswert?

    Zitat

    Vielleicht ist es auch normal, dass ich momentan so emotionsgeladen bin.

    Ja. Nimm's nicht so ernst. Meine ich wörtlich. Da alles. Es wiegt alles weit weniger schwer, als Du vielleicht gerade glaubst. Nimm mal ein wenig mehr Abstand. Wie Du sagst, es ist alles nicht Deine Sache. Was willst Du eigentlich bei der Suchtberatung mit Deinem Schwiegervater?

    Säufst Du? Oder geht ihr hin um Exi zu retten?

    Zitat

    ich denke, ich werde das schaffen. ich war zäh genug 13 Jahre bei einem Alkoholiker zu bleiben, ergo bin ich auch zäh genug, den Rest auf die Kette zu bekommen...

    Nun, wenn Du zäh bereits bist, brauchst Du Dich um Deine Zähigkeit nicht kümmern. Die läuft Dir nicht weg. Und was wenn Deine Zähigkeit 13 Jahre dafür gesorgt hat, dass Du das mitmachst?

    Zäh bist schon. Werd mal weich. Geduldig. Liebevoll. Mit Dir.

    Da scheint es ja ein wenig zu hapern.

    Kannst natürlich auch zäh bleiben. Das braucht man, wenn man wen Anderen retten will.

    Zitat

    Bah- ich seh schon, ich werde noch so ne verbitterte Exfrau, die den ganzen Tag nur über ihren dämlichen Exmann jammert.

    Na sagen wir's so. Noch hast Dich ja nicht getrennt. ;)

  • Oh, und bevor ich's vergesse. Deinen Schwiegervater hast doch nur eingespannt, damit er jetzt die Verantwortung und Muterrolle für Deinen Mann übernimmt und Du guten Gewissens weg kannst.

    Und sauer bist auf den weil der das jetzt nicht macht.

    Ist aber nicht Deine Aufgabe eine andere Mutter für Exi zu finden, nur weil Du weg willst. Deine Aufgabe ist, die Verantwortung die Du für Exi übernommen hast abzugeben. Selbst dann wenn sie KEINER übernimmt.

    Problem, gell :D

    Trotzdem Dein Job.

    Also, Finger weg vom Schwiergervater den Du gern als Ersatz-Co für Dich trainieren willst. Bleib auf Deiner Hälfte.

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