Nachdem ich mich hier im Forum schon ein Weilchen tummle und auch schon gebeten wurde, einmal meinen eigenen Faden zu eröffnen, reiße ich mich mal zusammen und versuche, das was mich hierher geführt hat, in Worte zu fassen.
Ich bin seit etwas über 2 Jahren mit einem Alkoholiker zusammen. Ich weiß, das ist nicht viel, dennoch bin ich direkt und ohne Umwege in die Co-abhängigkeit gerutscht mit allem was dazugehört - das Mittrinken, um sich selbst und anderen vorzumachen, es wäre doch alles noch im Rahmen, Entschuldigungen gegenüber Freunden und Familie, weil er ja doch so ein armer Kerl ist, dass er gar nicht anders kann als trinken, letztendlich Isolation, weil eigentlich keiner mehr was mit einem zu tun haben will, bis hin zum Besorgen des "Stoffs", weil man einmal einen kalten Entzug live miterlebt hat, und das nie mehr wieder erleben möchte... Jede andere wäre vermutlich schon in den ersten Monaten schreiend davongelaufen, ich dagegen habe diesen "armen Mann" mit offenen Armen aufgenommen, ihn aus seiner stinkenden, kaum möblierten Wohnung zu mir geholt... und bin letztendlich wegen seiner Eskapaden aus meiner kleinen schnuckeligen Wohnung geflogen.
Spätestens da hätte mir klar sein müssen, dass da nix mit Zukunft aufbauen drin ist. Aber nein, auch da sind mir alle möglichen Entschuldigungen für sein Verhalten eingefallen, und ich habe ihn auch nach außen hin weiterhin mit Zähnen und Klauen verteidigt - wir beide gegen den Rest der Welt...
Wenn ich etwas darüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich schon immer einen Hang zu trinkfreudigen Männern hatte. Der eine oder andere ist auch tatsächlich im Laufe der Vergangenheit zum offensichtlichen Alkoholiker ohne Job, ohne Führerschein, ohne Krankheitseinsicht geworden. Männer, die nur wenig oder gar nichts trinken, waren mir nie "männlich" genug, wurden gar von mir belächelt und hatten bei mir nie eine Chance. Das ist mir allerdings erst jetzt alles klar geworden, nachdem ich mich mit dem ganzen Thema auseinandergesetzt habe.
Trotzdem ich aus meiner Wohnung wegen ihm geflogen bin, weil ihn zum wiederholten Mal die Polizei mit Großaufgebot aus dem Haus geführt hat, bin ich wieder mit ihm in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Und auch hier haben wir von Anfang an keinen guten Stand in der Nachbarschaft aufgrund seiner Alkoholexzesse.
Er hat nun schon in der Zeit, in der wir zusammen sind, etliche Entgiftungen hinter sich, manchmal hielt die Trockenzeit einige Wochen an, manchmal nur 2 Tage... Schuld daran, dass er wieder trinken "musste", war selbstverständlich ich. Lange genug habe ich das geglaubt, geglaubt, ich müsste nur so und so sein, dann würde endlich alles gut werden... Ich habe nun endlich begriffen, dass nichts auf der Welt ihn vom trinken abhalten kann, wenn er nicht selber aufhören will. Mit jedem Alkoholexzess kamen auch die Versprechungen, diesmal würde er es anders machen, er würde von der Entgiftung direkt auf Therapie gehen. Das allerdings ist bis jetzt nie geschehen.
Bei seiner letzten Entgiftung habe ich ihm klar gemacht, dass ich beim nächsten Griff zur Flasche mit meiner gepackten Tasche direkt zu meiner Mutter gehen werde.
Und komischerweise hat dieser Entschluss etwas in mir verändert: ich habe keine panische Angst mehr vor dem nächsten Mal. Denn das nächste Mal wird es, wenn dann nur noch für ihn geben - für mich nicht mehr...