Hallo allerseits,
nachdem ich den Vorstellungsbereich passiert habe und nun eintrete ins größere Vorzimmer (die inneren Gemächer sind mir noch verschlossen), möchte ich mich, wie es sich gehört, zuerst mal vorstellen. Ich möchte das machen, indem ich sage, warum ich hier bin:
Der konkrete Anlass war, dass ich letzten Freitagabend, an dem ich "kontrolliert trank" (irgendwie bin ich dann doch erst um halb fünf in der Früh mit ziemlich was im Tank im Bett gelandet), als "Trinker" bezeichnet wurde - von jemandem, der selber ein ernstes Alkoholproblem hat. Zu dem Zeitpunkt hielt ich mich zwar noch für den souveränen, kontrollierten Trinker (außerdem war ja Wochenende, da ist es doch eh wurscht), und es hat mich direkt auch gar nicht irgendwie erschüttert oder so - aber es war jetzt doch das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass jemand so was in der Art gesagt hat, und das gab mir zu denken.
Ich hatte das Gefühl, diese andere Person wünscht sich Hilfe von mir (es gab da ja auch mal ein Gespräch mit ihr darüber, ist aber schon ein paar Jahre her) und ich überlegte am nächsten Tag, ob da nicht was zu machen sei - bis mir auf einmal klar wurde, dass ich zunächst mal selber Hilfe brauche. Deshalb nahm ich spontan Kontakt zum Forum hier auf und kaufte mir später noch ein Buch zum Thema ("Alk" von Simon Borowiak), das ich in der folgenden Nacht in einem Zug durchlas.
Vor ein paar Jahren habe ich schon mal eine offene Selbsthilfegruppe besucht, das hat bei mir damals die Situation aber eher verschlimmert: Ich saß da zerknirscht und fast mit Tränen in den Augen, also voller Selbstmitleid, und dachte mir nur so was wie: "So weit hast du's also gebracht." Eine Traurigkeit, die mir den Grund lieferte, gleich nach den Sitzungen was trinken zu gehen. Ich hab dann wenigstens eingesehen, dass das so nichts bringt und hab in der Folge versucht, es wieder auf eigene Faust zu probieren - mit sehr wechselndem Erfolg. Diesmal ist es - vielleicht auch durch die humorvolle und offene Art, in der oben erwähntes Buch geschrieben ist - anders: Ich freue mich, etwas gegen mein Problem tun zu können, und ich fühle mich kein bisschen "arm" und "verkommen", weil ich - schnüff - ein Alkoholiker bin.
Ein zweites Problem damals war, dass ich mich in der Gruppe irgendwie "minderwertig" fühlte: Als ich den anderen Teilnehmern zuhörte, hatte ich plötzlich das Gefühl, dass meine Probleme doch nur "Peanuts" seien und ich nicht dorthin gehöre. Ich brauche ja z.B. nichts Hochprozentiges schon am Morgen, um irgendwie funktionieren zu können oder sowas. Nein, ich kann sogar über Tage und - wenn die Umgebung passt - auch wesentlich länger trocken bleiben, kein Problem. Aber sobald ich dann glaube, es gepackt zu haben, und mich auch körperlich wieder halbwegs fit fühle, kommt diese Stimme, die mir sagt: "Jetzt kannst du ja mal wieder "gepflegt" auf ein Bier oder so gehen. Und je besser ich mich vorher gefühlt habe und je länger ich trocken war, desto schlimmer war dann der Absturz (die grausigen Details lass ich jetzt mal weg).
Soweit ich bis jetzt gesehen habe (ich kenn mich noch nicht wirklich gut aus mit dem Thema), passt das ins Schema "Quartalstrinker", zumindest so ungefähr. Es gab in der Vergangenheit allerdings auch Phasen, wo es mehr und regelmäßiger war.
Um jetzt nicht zuviel auf einmal zu quasseln, mein Fazit: Ich bin - egal, was andere denken mögen - Alkoholiker (auch wenn mir dieses Wort immer noch nur widerstrebend von den Lippen bzw. Tasten kommt und auch wenn ich keine deutlichen Symptome körperlicher Abhängigkeit habe - soweit ich das beurteilen kann) und freue mich darauf, hier das eine oder andere zu lernen, das mir hilft, dauerhaft trocken zu bleiben. Im Moment ist es ja erst der zweite Tag...
LG
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