EKA - Und nun?

  • Hallo,

    ich bin neu hier. Da ich nicht weiß, wer meinen Thread im Vorstellungsbereich gelesen hat bzw. lesen kann, habe ich ihn hier nochmal rein kopiert. Es hat einige Überwindung gekostet, mich hier anzumelden. Eigentlich sogar ein paar Jahre...

    Ich bin edit Jahre alt. Und ich bin ein EKA - ein erwachsenes Kind einer Alkoholikerfamilie. Oft habe ich das noch nicht gesagt und es fühlt sich auch seltsam an, es hier zu schreiben. Jahrelang wollte oder konnte ich es nicht sehen...

    Ich dachte immer, ich hätte eine glückliche Kindheit gehabt und Eltern, die immer für mich da seien. Dabei war ich vor allem für sie da und ein Geheimniswahrer für lange Zeit.

    Mein Vater ist Alkoholiker und meine Mutter ist Co-abhängig. Ich war (bin) gefangen in einem System.

    edit

    Ich war immer irgendwo zwischendrin...
    Zwischen Streit... zwischen Tränen... zwischen Alleinsein... zwischen Angst... zwischen Meinungsverschiedenheiten... zwischen Verantwortung... zwischen Nicht-verstehen-Können... zwischen Hilflosigkit... zwischen SCHWEIGEN... und so vielem mehr...

    Das Schweigen habe ich schon ein paar Mal gebrochen, aber vieles andere ist geblieben. Und deshalb habe ich mich jetzt hier angemeldet.
    Es war ein langer Weg.

    Ich habe auch schon einen Beitrag im Bereich Merkmale eines EKAs geschrieben. Es plagen mich also Selbstzweifel, eine ständige Unsicherheit, Stimmungsschwankungen, eine Ambivalenz in Bezug auf die Gefühle zu meinen Eltern. Ich habe das Gefühl ihnen Unrecht zu tun und habe den Gedanken, ach so schlimm war meine Kindheit nun doch nicht. Und dann habe ich wieder den Gedanken, wie soll ich das nur weiter aushalten (immer wieder für Sorgen da sein zu müssen, die Beraterin sein zu müssen)?

    Ich fühle mich zwischen so vielem hin und her gerissen. Kennt ihr das auch? Und wie geht ihr damit um?

    Ich habe schon einige Bücher gelesen. Unter anderem das Buch "Familienkrankheit Alkoholismus" und Bücher für ein besseres Selbstbewusstsein. Ich höre auch regelmäßig über meinen MP3-Player positive Gedanken zum Einschlafen. Dennoch denke ich auch über eine Therapie nach. Ich bin mir dabei nur so unsicher.

    Einerseits befürchte ich, dass die Therapeutin (oder der Therapeut) sagt, ich hätte doch keine Probleme, das seien doch alles Sachen mit denen ich klar kommen müsste.
    Dann ist noch das Problem, dass ich mich irgendwann einmal eventuell verbeamten lassen möchte. Aber das wäre dann mit einer Therapie gar nicht möglich oder? Kennt ihr euch da aus oder habt ihr selbst schon Erfahrungen damit gemacht?

    Vielen Dank schon mal fürs Lesen.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Hallo Toru- Chan,

    Willkommen hier :)

    Gut, dass du das schweigen brichst!

    Zur Therapie zwei Sachen:
    Erstens, was ist wichtiger- eine Verbeamtung oder deine Gesundheit, deine Lebensqualität?
    Zweitens bin ich mir sicher, dass das "Symptom" EKA völlig ausreichend für eine Therapie ist. Gesetzt den Fall, du würdest total übertreiben und dich anstellen, würde der Therapeut dir das bei den üblichen anfänglichen kennenlern- Gesprächen einfach sagen und gut ist ;)
    wobei ich das natürlich nicht denke. Vielmehr kommt hier wohl ein typischer co/ EKA- Mechanismus zum tragen: die eigenen Gefühle abwerten, bagatellisieren, nicht ernst nehmen.

    LG girasole

  • Vielen Dank für deine Antwort, girasole! :)

    Ja, da hast du wohl Recht, dass meine Lebensqualität mehr Wert ist als die Verbeamtung. So doof wie das jetzt klingt, aber darüber habe ich so noch gar nicht nachgedacht... :oops:

    Wie ist das denn bei einer Therapie? Ich habe mal gehört, dass dabei vorerst erstmal alles schlimmer werden soll, bevor es dann besser wird. Stimmt das? Wie schlimm liegt wahrscheinlich auch daran, wie schlimm die verdrängten Erfahrungen in der Kindheit waren, denk ich mal... Ich habe nur irgendwie Angst davor, was dann alles hoch kommt und wie ich dann damit umgehen soll. Also ich hab Angst, dass ich dann noch weniger mit mir und einigen Situationen klar komme... Ich weiß nicht, klingt wahrscheinlich erstmal komisch oder unlogisch, aber die Angst ist eben da...

    Was habt ihr damit denn für Erfahrungen gemacht? Bzw. wer oder was hat euch geholfen, damit besser umzugehen?

    Und ich habe noch eine Frage. Wie findet man denn einen passenden Psychologen? Gibt es da Unterschiede in Beziehung auf das, was ich als EKA brauche oder kann mir theoretisch jeder Psychologe helfen und nur die "Chemie" zwischen uns muss stimmen? Wie kann ich bei der Suche denn am besten vorgehen? Wäre ein erster Schritt auch erstmal zum Hausarzt zu gehen, sich zu informieren und sich überweisen zu lassen oder braucht man das nicht?

    Liebe Grüße, Toru-Chan

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  • Hallo Toru-Chan!

    Willkommen, schön dass du hier bist :)

    Du hast ja schon erkannt, dass du Teil eines Systems bist - das ist gut! Mir persönlich hat das viel geholfen.
    Dass du deine Kindheit und dein Leid so runterspielst kommt mir auch extrem bekannt vor. Für mich war mein bisheriges Leben auch eher so wie die Geschichte eines fremden Mädchens, ich war dazu komplett distanziert. Und habe draufgeschaut und bagatellisiert. Ich glaube, das kommt auch daher, dass uns das so beigebracht wurde: Kümmer dich bloß nicht um dich, deine Gefühle sind nicht wichtig und wenn man mal aufgemuckt hat, dann wurde es direkt als "übertreiben" dargestellt. So etwas brennt sich verdammt tief ein - bei mir ist es so.
    Ich sehe es so wie die liebe Girasole: Du bist EKA. Punkt. Dieser Fakt allein bringt schon so viel Potenzial zur Hilfe mit sich, dass sich der Rest erübrigt.
    Du MUSST garnichts für deine Eltern sein. Keine Beraterin, du bist nicht ihre persönliche Seelsorge! Du bist ihr Kind. Das sind die Ansprüche, die sie an dich stellen - die auch du an dich stellst. Aber wer kümmert sich um dich? Wer hört DIR zu, nimmt dich ernst? Das solltest du tun, das ist deine Aufgabe!
    Dass du das Gefühl hast, ihnen damit Unrecht zu tun verstehe ich sehr gut. Du würdest ja quasi ausbrechen aus dem System, das doch so gut für sie funktioniert. Sie müssten dann anfangen, selbst Verantwortung für sich zu übernehmen... das kann natürlich unbequem werden, wo sich doch alles so gut auf dich abwälzen lässt.
    Das klingt jetzt sicher sehr hart, was ich dir damit sagen möchte, ist: Deine Gefühle sind vollkommen normal! Und dass du Angst hast auch. Ich wünsche dir, dass du lernst dich ernstzunehmen. Dass du lernst, zu sagen: Hier steh ich und dort die anderen. Jeder für sich.

    Lies hier noch ein bisschen... mir hilft es ungemein, ich stehe auch noch fast am Anfang dieses Weges.

    Alles Liebe!

    Zoi

  • Anhang:

    Also zur leichteren Suche gibt es in Deutschland so eine Hotline, die müsstest du mal googlen! Da wirst du 1. gut beraten und 2. werden dir direkt Psychotherapeuten zu der Thematik empfohlen.
    Natürlich kannst du auch zu deinem Hausarzt gehen, er wird dir sicher auch einige gute Adressen geben können.
    Mir hat auch die Suchthilfe (gibt es eig. in jeder Stadt) sehr geholfen!
    Ich persönlich bevorzuge die "Verhaltenstherapie", aber das ist sicher Geschmackssache. Lass dich da am besten individuell beraten :)

    Ich verstehe deine Angst sehr gut. Ich warte auch gerade auf einen Therapieplatz und mir graut es jetzt schon davor, was das alles zutage fördern wird...
    Ich habe schon vor einigen Jahren (im Teenageralter) eine Therapie gemacht, 6 Jahre lang, da kann ich mich an so eine "Erstverschlimmerung" nicht erinnern. Soweit ich das kenne, laufen viele Therapien nach diesem Schema ab: Stabilisierung, Konfrontation, Aufarbeitung. Also glaube ich, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, nach jeder Sitzung ein wandelndes Wrack zu sein. Das hilft ja niemandem :)
    Hoffe, ich konnte dir ein bisschen helfen!
    LG

  • Danke Zoi!

    Ich habe besonders durch deinen ersten Beitrag das Gefühl gehabt, dass du mich genau kennst und direkt in meine Seele blicken kannst. Und das Gefühl, so viel wirkliches Verständnis für meine Sitation, habe ich so noch nie bekommen. Das hat mir jetzt erstmal die Tränen in die Augen getrieben. Es war ein schönes und gleichzeitig ein erschreckendes Gefühl.

    Du hast genau Recht, ich war eigentlich mein Leben lang immer nur für meine Eltern und ihre Sorgen da. Ich meine, vor allem meine Mutter, hat sich schon immer um unser Wohl bemüht. Aber, ich wurde nie in den Arm genommen, konnte mich nie so richtig ausweinen, wenn es mir schlecht ging. Eigentlich habe ich mich immer zurück gezogen und dann eher heimlich geweint, versucht so viele Sorgen wie möglich allein zu lösen. Aber die Eheprobleme meiner Eltern konnte ich mir immer anhören. Ich kam mir selbst vor wie ein Eheberater. Ständig habe ich mich mit dem einen über den anderen unterhalten, habe versucht, zwischen beiden zu vermitteln. Manchmal saß ich sogar zwischen beiden und habe die Worte des einen für den anderen so übersetzt, dass sie sie eher annehmen konnten, ohne sich dabei ständig anzuschreien. Geholfen hat es eh alles nichts. Und das will ich auch so nicht mehr.

    Es bleiben wie gesagt die Ängste. Auch die Angst, meinen Eltern meine Hilfe ganz zu verwehren. Ich schaffe es schon besser als früher mich abzugrenzen. Aber teilweise fällt es mir sehr schwer bzw. gelingt es mir nicht. Und selbst, wenn ich den räumlichen Abstand habe, gedanklich beschäftigen sie mich ja dann doch.

    Es beruhigt mich schon mal. dass du bei deiner ersten Therapie keine Erstverschlimmerung hattest. Ich hoffe, dass es bei mir auch so sein wird... Ich werde mich dann demnächst wahrscheinlich mal beim Hausarzt oder über die Hotline über Psychologen informieren. Das wird bestimmt auch nochmal eine riesige Überwindung, es dann wirklich in die Hand zu nehmen... Ich hoffe, ich traue mich dann. Aber ich glaube, ich bin schon mal einen Schritt weiter. Früher habe ich die Probleme in meiner Familie ganz abgestritten. Dann habe ich sie gesehen, aber geglaubt, ich komme allein damit zurecht. Inzwischen habe ich erkannt, dass mir selbst professionelle Hilfe einfach gut tun würde, um mich dann hoffentlich besser zu fühlen.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Liebe Toru-Chan,

    Wow, jetzt bin ich auch direkt berührt :) Das freut mich wirklich sehr und bedeutet mir auch sehr viel!

    Das, was du da beschreibst kenne ich sooo gut! Ich nenne das: "Mülleimer" der Eltern. Ich muss dazu sagen, dass ich bei meiner Mutter+Stiefvater aufgewachsen bin. Der Alkoholiker ist mein echter Vater, der trinkt seit ich etwa 16 bin. Deshalb beziehe ich mich bei solchen Themen auf die Kindheit mit meinem Borderline-Tablettensüchtigen-Stiefvater. Habe festgestellt, dass die Kindheit mit einem psychisch-kranken und/oder süchtigen Elternteil irgendwie alles "dasselbe" ist.
    Deshalb kenne ich es so gut, ich verstehe dich so gut. Es war kein Platz für uns da. Ich habe früh gelernt, dass man nicht vor anderen weint. Dass meine Gefühle niemanden interessieren. Also habe ich auch diese Rolle gelebt, die einzige in der ich irgendwie wichtig war. Ich wurde nachts als Kind aus dem Bett geholt, um zwischen Mama und Stiefvater zu vermitteln. Ich war auch diese Übersetzerin, wenn beide im Streit nurnoch aneinander vorbei redeten oder schrien. An den Wochenenden bei meinem leiblichen Vater waren meine Schwester und ich seine kleinen Mülleimer. Wir haben zugehört, beraten und die Erwachsenen in den Arm genommen... deren Tränen getrocknet. Da wird mir jetzt schon beim schreiben ganz übel, was ein Missbrauch!

    Das ist die Rolle, die uns zugesprochen wurden. In der wir nützlich waren, eine Aufgabe hatten. Von diesem Denken wegzukommen ist schwer, aber ich merke auch gerade, dass es geht. In kleinen Schritten, mit viel Gefühlschaos, mit guten und schlechten Tagen. Ich weiß, dass auch du das schaffen wirst :) Du bist hier, du öffnest dich. Du holst dir Hilfe, du merkst wie schädlich dieses System für dich ist! Du bist schon losgelaufen :)

    Dass du Angst davor hast, wenn du deinen Eltern nicht mehr zur Verfügung stehst, ist normal. Das führt zu Problemen, auf seiten deiner Eltern. Die Konsequenzen dort sollten dich aber nicht davon abhalten. Das sind erwachsene Menschen, die vielleicht mal lernen sollten, sich so zu benehmen. Auf deiner Seite ist es sicher der Gewissenskonflikt. Mir hilft es da, an diese "Rechnung" zu denken: Du bist also für dein Leben UND das Leben zweier anderer Erwachsener verantwortlich. Diese zwei sind für quasi nichts verantwortlich. Das klingt nach einem groooßen Ungleichgewicht oder? Und nach Rollentausch auch.

    Ich glaube du bist auf einem guten Weg! Zu deiner Beruhigung sag ich dir noch eins: Ich denke immernoch jeden Tag an meinen Vater. Manchmal öfters, manchmal ganz kurz. Aber es schmerzt nach der Zeit nicht mehr so, ich harre aus und halte aus... es wird sicher vorbeigehen :)

  • Es gibt verschiedene Therapie- Arten.
    Verhaltenstherapie bearbeitet aktuelles Verhalten zb Angststörung oder anderes.
    Tiefenpsychologische Therapie oder die sog. Analyse gräbt in der Vergangenheit/ Kindheit.
    Ich kann sehr gut verstehen, dass du Angst hast vor dem was da hochkommen kann. Das geht vielen so.
    Aber andererseits ist das alles ja jetzt nicht "weg"- es ist ja in dir, wenn auch vergraben. Und da "eitert" es tief unten vor sich hin. Man wundert sich über alle möglichen seelischen Erscheinungen, seien es Ängste, magenschmerzen, ess- Störungen, co- Abhängigkeit und so weiter und so fort.

    Verstehst du, es wird da tief unten nicht besser, im Gegenteil.
    Es wuchert unkontrolliert und unvorhersehbar.
    Ich bin lieber für bewusstes hervorholen und anschauen, auch wenn es dann erstmal schmerzt.
    aber die Wunden heilen einfach besser und eher, wenn der Eiter soz. abgelassen wurde.

    Ich habe vier Jahre VT gemacht, dann drei Jahre Pause und nun bin ich im siebten Jahr tiefenpsychologische Therapie.
    Beides hat mir sehr viel gebracht, aber die jetzige noch mehr als die VT.
    ja, es ging mir zwischenzeitlich auch mal sehr schlecht, aber ich empfand es nie so richtig schlimm, weil ich ja wusste, woher es kommt und dass es zu was nutze ist. Im Gegensatz zu meinen vielen vielen Problemen vor den Therapien.

    Mittlerweile führe ich ein kontinuierlich wirklich lebenswertes Leben mit nur noch wenigen Tiefs bzw Instabilität


    LG girasole

  • Liebe Toru-Chan,

    ich dachte gerade, auch meine Geschichte bei dir zu lesen ;)
    Also, ich bin auch 28 und gerade Beamtin auf Wiederruf. Auch ich bin EKA und habe mit meinem Eltern einiges durch.
    Ich habe mich gegen eine offizielle Therapie entschieden, weil ich meine Probleme erstmal mit einem Coaching in den Griff bekommen habe. Das habe ich selbst bezahlt, aber es war jeden Cent wert.

    Natürlich sollte man seine Gesundheit nicht vernachlässigen- aber wenn es um eine Verbeamtung geht, die eine wesentlich bessere Bezahlung und Kündigungsschutz verspricht, war es so der bessere Weg für mich. Man weiß nicht, an welchen Amtsarzt man gerät und der dreht einem dann hinterher aus den Problemen seiner KIndheit einen Strick.

    Ich kann nur dazu sagen, dass ich schon Probleme hatte, aber die waren unter dem Strich nicht sooo schlimm, als dass sie mir mein Leben verhagelt hätten. Bei etwas lebensbedrohlichem siehts anders aus- aber so ist es für mich der beste Weg gewesen.

    Wie kommst du in die Beamtenschiene?

    LIebe Grüße
    Zimttee

  • Hallo ihr drei,

    danke erstmal für eure Antworten! Ich freue mich immer sehr darüber!

    Zoi
    Ja, ich glaube auch, dass ich die Rolle des Seelenklempners für meine Eltern deshalb angenommen habe, weil ich gemerkt habe, dass ich dann wichtig für sie war/bin. Gleichzeitig hatte ich früher noch gehofft, ihnen wirklich helfen zu können, wirklich etwas ändern zu können. Immerhin glaube ich inzwischen, dass die Verantwortung dafür bei ihnen selbst liegt. Ich kann mich dadurch wie gesagt schon besser abgrenzen, aber immer gelingt es mir nicht... Die Vorstellung bei solchen Problemen gar nicht mehr für sie da zu sein (vor allem für meine Mutter als Co), ist für mich sehr schwer... Den Kontakt ganz abzubrechen kann ich mir gar nicht vorstellen. Es waren ja auch gute Sachen früher... Außerdem sind meine Geschwister noch sehr in meine Familie verwachsen. Sie sind viel häufiger bei meinen Eltern bzw. wohnt mein Bruder sogar noch dort.

    Das mit dem nachts Wecken kenne ich auch. Allerdings nicht, um Konflikte zu klären. Bei mir kam mein Vater dann betrunken in mein Zimmer. Entweder wollte er, dass ich irgendwelche Filme nachts mit ihm sah, obwohl ich am nächsten Tag in die Schule musste oder er fand sein Bett oder die Toilette oder was auch immer nicht mehr und setzte sich dann irgendwo in meinem Zimmer hin. Manchmal "weckte" ich ihn dann aus seinem Halbschlaf und er ging dann wieder, manchmal wartete ich einfach nur ab, bis er von allein wieder ging.
    Manchmal ist er abends, als ich noch wach war, auch so einfach in mein Zimmer gekommen, um mir von Gott und der Welt zu erzählen. Anfangs habe ich mir alles immer angehört, bis ich es irgendwann immer mehr ignoriert habe bzw. ihn zum Gehen überredet habe.
    Wow, wenn ich das hier so aufschreibe, klingt das gar nicht mehr so normal, wie es für mich in meiner Kindheit und Jugend war... :?

    girasole
    Danke für die Erläuterungen der verschiedenen Therapiearten. Für mich klingen beide sehr interessant. Ich denke für mich wäre auch eine tiefenpsychologische Therapie wichtig, weil ich glaube, dass ganz viel unter der Oberfläche schlummert... Das habe ich vor allem an den Alpträumen gemerkt, die ich hatte, als ich das Buch "Familienkrankheit Alkoholismus" angefangen habe zu lesen. Natürlich soll das dann der Psychologe entscheiden, ob er erst das eine und dann das andere oder nur eins von beiden macht.

    Es klingt vor allem nach einem langen Weg, wenn ich das bei euch so lese. Aber ich hoffe, dass, wenn ich mich dazu entscheide, diesen zu gehen, es mir danach endlich besser geht bzw. ich einfach mehr verstehe, mehr Abstand zu allem habe und ich besser mit den Situationen umgehen kann.

    Zimttee
    Dein Beitrag hat mich nun in meiner Entscheidung etwas verunsichert... Allerdings hatte ich schon mal eine Art Coaching, in dem ich auch von meinem Problem und meiner Familie erzählt habe und auch schon einige Tipps bekommen habe. Auch das Lesen einiger Bücher und das Hören der positiven Gedanken beim Einschlafen haben mir schon viel geholfen. Ich wüsste ansonsten nicht, wie weit ich heute wäre...

    Allerdings reicht mir das noch nicht. Wie oben schon genannt, möchte ich verstehen, ich möchte mich erinnern und auch irgendwie abschließen. Ich glaube, das kann ich nur, wenn ich die Vergangenheit aufarbeite. Viel zu oft hängen meine Gedanken in der Vergangenheit fest und beeinflussen mein Heute.

    Weil du mich gefragt hast, Zimttee, ich bin edit. Meine Probleme sind jetzt nicht unbedingt lebensbedrohlich. Ich glaube jetzt nicht, dass ich mir das Leben nehmen würde. Aber sie sind doch sehr lebensbelastend. Ich verspüre, wie schon erwähnt, eine ständige Unsicherheit. Häufig überkommt mich eine plötzliche Traurigkeit oder Wut, mit der ich gerne besser umgehen würde. Ich habe schon als Kind und als Jugendliche selbstverletzendes Verhalten gezeigt. Ich habe mich nicht geritzt, aber mir mit Absicht die Knie oder so blutig geschlagen, ich habe mich mit Absicht in der Kälte versteckt, ich habe mich in ungesunde Partnerschaften geflüchtet und mich mit Liebesentzug bestraft. Auch heute noch, kommt es immer mal wieder zu Situationen, in denen ich völlig unangemessen reagiere. Dann bin ich abweisend und kalt, dann heule ich, bin wütend und manchmal schlage oder kratze ich mich dann auch selbst. Kann sein, dass das alles nicht so schlimm ist. Ich weiß es nicht. Aber ich dachte, eine Therapie könnte mir dabei besser helfen...

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Liebe Toru-Chan,

    verunsichern wollte ich dich nicht.
    Es war lediglich meine Entscheidung, dass ich die 40 Jahre, die ich dann noch arbeite, nicht auf mehrere hundert Euro monatlich verzichten möchte.

    Ich habe mir eine Verhaltenstherapeutin gesucht und ihr von meiner Situation erzählt. Sie schlug von sich aus vor, die Sitzungen als Coaching zu bezeichnen. Die Übergänge zwischen Therapie und Coaching sind ja fließend.
    Mir hat es ziemlich geholfen. Es ist jetzt alles erträglicher und ich kann meinen Alltag momentan gut leben. Irgendwann werde ich die Therapie sicher weitermachen, aber das dann erst nach der Verbeamtung.

    Die Probleme mit dem SVV kenne ich auch, die Unsicherheit und die gespürte Verantwortung.
    Meine Mutter ist die Alkoholikerin in der Familie, aber es gab eine Zeit, da hat auch mein Vater missbräuchlich getrunken und stand dann nachts in unseren Zimmern. Daran hab ich echt unangenehme Erinnerungen.

    Liebe Grüße,
    Zimttee

  • Liebe Toru-Chan,

    Vielleicht würde es dir schon etwas helfen, wenn du dir deiner Grenzen (im Kontakt) bewusst wirst und lernst, sie durchzusetzen. Ich habe da für mich so ein paar Mantras, die ich im Notfall auch laut ausspreche der Person gegenüber, zB. "Ich bin die falsche Adresse, ich bin deine Tochter" oder "Ich möchte mit dir darüber nicht sprechen/ich möchte so etwas nicht hören". Vorallem der Gedanke "Ich bin die Tochter!" hilft mir sehr, weil das ja schon klare Grenzen beinhalten sollte. Dazu gehört auch, dass ich nicht in die Beziehungsprobleme meiner Eltern involviert werden sollte. Ich sag mir das, wenn meine Schuld- und Verantwortungsgedanken kommen. Oder wenn ich mich frage, ob ich nicht doch vielleicht helfen könnte...? Nein, ich kann nicht helfen. Ich bin die Tochter!
    Ich spreche das auch laut aus, zB gegenüber meiner Oma (die Mutter meines Vaters) oder auch meiner Mutter. Das letzte Gespräch mit meinem Vater, da habe ich es ca. jeden 2. Satz sagen müssen. Es hilft, mir und anderen meine Grenzen aufzuzeigen und sie auch durchzusetzen. Dann kann man nur hoffen, dass sie respektiert werden! Mein Vater respektiert sie nicht, deshalb möchte ich keinen Kontakt mehr zu ihm.
    Vielleicht versuchst du das mal mit deiner Mutter, sobald so ein Grenz-Thema aufkommt?
    Und die nächtlichen Besuche deines Vaters klingen wirklich nicht nach Regenbogen-Einhorn-Kindheit. Solche Aha!-Momente kenne ich, vorallem durchs schreiben. Plötzlich hört sich das alles garnicht mehr so normal, so typisch Familie an.
    Ich bestrafe mich auch selbst, seit ich denken kann. Als Kind habe ich mich auch bewusst verletzt oder ich habe zur Bestrafung ohne Decke auf den Badezimmerfliesen geschlafen. Auch heute gibt es in die Richtung noch einige Überbleibsel, für mich ein Grund mehr für eine Therapie. Auch dieser immer wieder aufkommende Selbsthass, den will ich nicht mehr haben... Ich möchte mich endlich wertvoll fühlen, weil ich mittlerweile selbst der Ansicht bin, dass ich es verdient habe! -> kleiner Fortschritt :)
    Ich glaube du bist auf einem guten Weg :) Ich will immer sofort von 0 auf 100 und lerne gerade zu akzeptieren, dass es viele kleine Schritte sind. Deshalb erwarte nicht zu viel von dir, mach die Dinge in deinem Tempo :) Und atme auch mal durch!

    Ganz liebe Grüße!

  • Hallo ihr zwei :)

    Zimttee
    Ach so, das wusste ich nicht, dass man auch bei einem "richtigen" Psychologen ein Coaching machen bzw. die Therapie dann einfach Coaching nennen kann. Ich werde mich in nächster Zeit mal über verschiedene Möglichkeiten informieren und diese dann auch mit in Betracht ziehen. Dort, wo ich momentan arbeite, sieht es mit einer Verbeamtung momentan eh schlecht aus. Aber das ist ein anderes Thema. Das trägt aber zumindest dazu bei, dass ich meine Entscheidung nicht nur von der Verbeamtung abhängig machen möchte, die Möglichkeit irgendwann eventuell mal verbeamtet zu werden aber schon berücksichtigen möchte.

    Das Coaching, was ich gemacht habe, war in einem ganz anderen Zusammenhang und wurde auch nicht von einem Psychologen durchgeführt. Das Thema Familie und Alkohol kam nur in zwei Sitzungen mal zur Sprache.

    Zoi
    Danke für den Tipp mit der Grenzsetzung. Ab und zu habe ich das auch schon versucht und zumindest meiner Mutter ab und zu gesagt. Ich habe das Gefühl, dass sie es zumindest teilweise schon besser respektiert. Aber ich muss es mir vor allem selbst wohl immer wieder sagen. Weil bei mir sind die Selbstzeifel und die Schuldgefühle noch so groß, dass ich dann doch immer mal wieder helfen will und dann doch wieder zuhöre und Tipps gebe... Vor allem aber gegenüber Gesprächen über und mit meinen Bruder kann und will ich mich nicht abgrenzen. Er bekommt momentan die Probleme noch hautnah mit, weil er noch bei meinen Eltern wohnt. Dennoch kann ich auch da manchmal sagen, meine Mutter soll das mit der Psychologin meines Bruders besprechen. Ich hoffe nämlich, diese kann ihm in der Stuation helfen...

    Die Bestrafung, im Kalten oder unbequem zu Schlafen, kenne ich aus Kinder- und Jugendzeiten auch noch... Und ich sehe es zum Glück inzwischen auch schon wie du, Zoi: Ich möchte mich endlich selbst annehmen können, mich wertvoll fühlen. Deshalb bin ich diesen Schritt gegangen und habe mich hier im Forum angemeldet und deshalb denke ich auch über die Therapie nach.

    Danke für den Tipp mit dem sich Zeit lassen. Das ist etwas, was in der Tat noch üben muss, geduldiger mit mir selbst zu sein. Mit allen anderen bin ich es ja auch...

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Hallo Toru-Chan,

    dann schreibe ich dir hier direkt weiter :)

    Ich glaube der Clou bei der Grenzsetzung ist, sich selbst ernst zu nehmen... ich kenne das von mir. Man sagt "Ich möchte nichts darüber hören" und wenn die Person dann doch damit anfängt, nimmt man seine eigene Grenze nicht mehr ernst und lässt die Person reden. Ich denke genau da liegt das Problem ganz oft!
    Im Prinzip schreibst du es ja auch selbst:

    "Weil bei mir sind die Selbstzeifel und die Schuldgefühle noch so groß, dass ich dann doch immer mal wieder helfen will und dann doch wieder zuhöre und Tipps gebe..."

    Genau, bei DIR. Und aus diesem Gefühl und Gedanken heraus ignorierst du deine eigenen Grenzen. ;) Übrigens denke ich mir oft: Person XY (zB deine Mama) sucht sich jede Sekunde selbst aus, die er/sie in dieser Situation verweilt. Person XY steht es jederzeit frei, die Dinge selbst zu ändern, die stören!

    Wie alt ist denn dein Bruder? Dass er einen Psychologen hat ist doch schonmal toll!
    Meine "kleine" Schwester ist 22 und ich verstehe dich sehr gut... von ihr will ich mich nicht abgrenzen. Sie hängt da noch sehr tief drin und ich möchte sie nicht sitzenlassen. Aber ich habe mir selbst etwas auferlegt im Kontakt mit ihr: Ich höre ihr zu, für sie. Sie kann sich aus der Situation nur selbst retten, Hilfe hätte sie genug. Deshalb besteht meine Hilfe darin, für sie da zu sein indem ich ihr zuhöre und sie ernst nehme! Nicht, indem ich ihre Psychotherapeutin spiele, denn ich bin ihre Schwester :) Das ist meine Art von Grenzsetzung da, einfach eine innere Einstellung, die mich davor retten soll, dass es mich zu sehr fertig macht.
    Was für Gespräche sind denn das, die du mit deiner Mutter über deinen Bruder führst? Um ihr zu helfen?

    Mich freut es, dass auch du deine Ziele formuliert hast :) Man hat etwas vor Augen, dass man sich noch garnicht genau ausmalen kann aber es tut gut zu wissen, dass es machbar ist oder?

    Ganz liebe Grüße und einen schönen, ruhigen Abend!

  • Hallo alle,

    ich möchte etwas zum Thema lebensbedrohlich anmerken:
    Für mich gibt es nicht nur die Bedrohungen, die einem direkt das körperliche Leben rauben.

    Man kann auch hier auf dieser Erde wandeln und trotzdem tot sein.

    Da nutzen einem dann auch hunderte von Euro jeden Monat mehr gar nichts.

    LG girasole

  • Hallo Zoi und girasole,

    Zoi
    Da hast du ganz Recht, dass ich dabei selbst meine eigenen Grenzen ignoriere. Es fällt mir so schwer, diese zu setzen und auch zu beachten. Ich hoffe, dass ich das mit der Zeit lerne und besser schaffe. Oft fällt es mir dabei auch schwer, meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen, geschweige denn sie anzusprechen und umzusetzen. Gerade bei den Gesprächen mit meiner Mutter habe ich doch so oft wieder Mitleid mit ihr, fühle mich schlecht und verantwortlich. Obwohl du auch in dem Punkt genau Recht hast, sie ist selbst für sich verantwortlich, nur sie selbst kann entscheiden, ob sie in der Situation bleibt oder nicht, sie ist erwachsen. Nur oft kommt sie mir so hilflos vor. Ich habe ihr schon so oft geraten, sich selbst professionelle Hilfe zu holen. Dass sie co-abhängig ist, habe ich erst vor kurzem erkannt. Aber ich weiß schon lange, dass sie unglücklich und total überfordert, frustriert und was nicht alles noch ist...

    Das ist etwas, was ich lernen muss. Sie ist erwachsen. Sie ist für sich selbst verantwortölich. Ich bin ihre Tochter.

    Mein Bruder ist edit. Ich höre ihm zu und versuche aber auch oft noch durch Tipps zu helfen. Manchmal schreibt er mir abends, wie betrunken unser Vater wieder ist, dass er wieder mal den Herd angelassen hat oder allgemein, was für Ärger er mit unseren Eltern hat. Dann schreib ich ihm, dass ich das kenne und versuche ihm Tipps zu geben. Ich habe ihm auch schon direkt gesagt, dass das alles an der Krankheit Alkoholismus liegt und dass er mit seinem Psychologen darüber reden könnte. Ich weiß nicht, ob er es tut. Enmal kam von seinem Psychologen die Frage auf, ob das Jugendamt eingreifen soll. Aber das Thema war dann schnell wieder vom Tisch. Einerseits möchte ich meinem Bruder in seiner Lage wirklich weiter helfen, andererseits merke ich immer wieder, wie mich das selbst wieder in die Vergangenheit zieht. Dann geht es mir direkt wieder für einige Zeit viel schlechter.

    In den Gesprächen mit meiner Mutter, versuche ich auch meinem Bruder zu helfen. Ich versuche, ihr seine Situation verständlicher zu machen, dass es vielleicht besser wäre, dass er bald auszieht und somit Abstand von den Streitigkeiten und von unserem Vater hat (Dabei fällt vielleicht mal das Wort Alkohol, aber nie Alkoholiker!). Ich sage ihr dann auch, dass sie mal mit meinem Bruder selbst über ihre Gedanken und Gefühle reden solle und nicht nur mit mir oder anderen. Denn das kenne ich noch von mir selbst. Es fühlt sich einfach blöd an, wenn niemand mit einem redet, man einfach nur die Wut spürt, ignoriert wird und sich so schuldig fühlt, für was weiß man oft selbst nicht.

    Ja, ich hoffe doch so sehr, dass ich meine Ziele irgendwann erreichen werde. Es fühlt sich oft so unterschiedlich an. Manchmal denke ich, ich bin auf einem guten Weg. Dann wiederum denke ich, wie soll ich das alles nur schaffen...
    Es tut mir auf jeden Fall gut, hier zu schreiben und eure Rückmeldungen zu bekommen. Danke! :D

    girasole
    Danke für deine Worte! Das bestärkt mich darin, meinen Weg, bei dem ich noch ganz am Anfang stehe, weiter zu gehen...
    Ich werde mir demnächst mal einen Termin beim Hausarzt holen und mich dort in Bezug auf eine Therapie beraten lassen.
    So dachte ich eigentlich auch bzw. habe ich versucht so zu denken, dass mir das Geld usw. nichts bringt, wenn ich mit mir und meinem Leben dafür nicht glücklich bin. Jedoch habe ich wieder gezweifelt, wie schon so oft, ob meine Probleme denn nicht doch nichtig seien, ob es an mir allein läge und ich doch damit selbst fertig werden müsste... Dass die Schwierigkeiten Zuhause nicht so schlimm sind/waren, dass ich es nicht selbst schaffe. Dass andere eine viel schlimmere Kindheit hatten...
    Ich glaube, mich belastet vor allem die emotionale "Gewalt", die in meiner Familie stattfindet. Geschlagen wurde ich nur als Kind und nur selten. Wobei ich mich noch erinnere, wie ich einmal von meiner Mutter davon gerannt bin und sie mit dem Schuh hinter mir her und mich dann damit schlug. Es war furchtbar... Wenn ich das so schreibe, klingt das wieder mal nicht nach einer "normalen" Familie und dennoch kommen immer mal wieder diese Zweifel in mir auf: So schlimm war es doch gar nicht... :(

    Ich hoffe, es klingt nicht alles zu durcheinander. Ich bin zumindest immer wieder durcheinander, was meine Gefühle betrifft.

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Erstmal an Girasole:

    Ich sehe das genauso! Und ich denke, wenn man möchte findet man immer jemandem, dem es schlechter geht - das bedeutet nicht, dass es einem dadurch gut geht.

    Liebe Toru-Chan,

    Ich verstehe dich sehr gut... Ich habe meine Mutter immer als sehr schwachen Menschen erlebt und habe mich haushoch überlegen gefühlt und dadurch auch verantwortlich. Bei meiner Mutter ist nach dem Tod meines Stiefvaters so etwas wie ein Wunder geschehen: Sie ist in Therapie und hat sich immens verändert, zurück zu dem Menschen, der sie mal war! Das hat es mir natürlich um einiges leichter gemacht, sie endlich als eigenständigen, erwachsenen Menschen zu sehen.
    Ich glaube, solange so etwas nicht bei deiner Mutter eintrifft, hilft nur dass du es dir immer wieder sagst und versuchst, es schrittweise umzusetzen. Vielleicht hilft es dir ja auch, dass du versuchst aufzuschreiben, was du dir wünscht, ob man das umsetzen kann und was du dafür tun musst...? Das versuche ich auch gerade und habe bei einigen Wünschen festgestellt, dass sie garnichts mit meinem Vater zu tun haben sondern mit meinem eigenen Leben :)

    Das mit deinem Bruder finde ich auch sehr schwierig... Es gibt sicher mehrere Möglichkeiten, was man da tun könnte, vorallem da er ja minderjährig ist. Ich glaube, die Linde kennt sich mit so etwas gut aus...? Vielleicht liest sie das ja!
    Ich sag dir einfach mal meine Gedanken dazu: Wie wärs, wenn du dir einen Tag Zeit nimmst - nur für dich und deinen Bruder. Nimm ihn mit an einen schönen, ruhigen Ort und frag ihn mal, was er denn möchte. Wie es ihm dort geht und ob er es vielleicht besser finden würde, wenn er ausziehen könnte? Was wünscht er sich? Vielleicht lässt sich ja da einiges rausbekommen... Es gibt zB solche Wohngruppen mit anderen Jugendlichen, vielleicht wäre das eine Option?
    Konzentriere dich da auf ihn, ich denke kaum einer wird ihn so gut verstehen können wie du. Deshalb wirst du sicher sehr wichtig für ihn sein, als große Schwester!
    Vielleicht hat da jemand anderes noch bessere Ideen?

    Ich verstehe auch, dass du so eine Art Vermittler für deinen kleinen Bruder bist. Spricht denn deine Mutter mit ihm auch darüber? Da sie ja selbst Co-abhängig ist, stelle ich es mir schwierig vor... Sie hilft ja weder sich noch deinem Bruder. Das macht mich etwas wütend, wenn es um Kinder/Jugendliche geht. Deine Mutter hilft mit, dass die Situation so bestehen bleibt und auch, dass sie für deinen Bruder so schlimm ist. Vielleicht hilft dir das ja auch beim Thema Grenzsetzung?
    Denn die Leidtragenden sind immer die Kinder - in dem Fall dein Bruder, nicht die erwachsene Mutter!

    Ich fühle mich auch oft hin- und hergerissen. Am einen Tag bin ich glücklich, dass sich schon einiges geändert hat und am nächsten könnte ich nur weinen... Ich glaube das gehört irgendwie dazu. Noch vor ein paar Monaten zB hätte ich nie gedacht, dass es Tage geben wird, an denen ich denken könnte, dass ich es schaffe. Jetzt sind diese Tage manchmal da :) Gestern zB war mein "Ich kann nicht mehr"-Tag, ich habe mich zu verletzt gefühlt und auch heute Nacht wieder einen Albtraum von meinem Vater gehabt. Dafür gönne ich mir heute Ruhe, vielleicht gehe ich mit einem Buch in die Badewanne!

    Die Hochs und Tiefs gehören wohl dazu, das müssen wir akzeptieren... auch wenn wir immer direkt alles wollen und denken, es sofort können zu müssen ;)

  • Hallo,

    Das mit dem Aufschreiben der Wünsche ist eigentlich eine gute Idee. Wahrscheinlich wird es mir auch so gehen, dass viele Wünsche mit mir selbst zu tun haben werden. Ich bin ja auch die einzige, die meine Wünsche erfüllen und daran arbeiten kann. Nur manchmal weiß ich eben noch nicht wie. Bzw. manchmal erahne ich es, aber schaffe es noch nicht.

    Mit meinem Bruder habe ich so ein Gespräch bereits geführt. Es kam heraus, dass er am liebsten so lange wie möglich bei unseren Eltern wohnen würde, dabei nur lieber mehr Freiräume hätte. Ich habe ihm gesagt, dass mir selbst der Auszug damals wirklich gut tat und auch der Abstand, den ich jetzt habe, dass ich viele Dinge erst dann wahrnehmen konnte. Es kann sein, dass es an seiner Unsicherheit liegt, dass er nicht ausziehen möchte, aber ich möchte ihn da nicht zu sehr drängen. Ich habe versucht, ihm ein paar Möglichkeiten aufzuzeigen. Ich weiß aber auch, dass das Thema Auszug noch mit seinem Psychologen besprochen wird, auch nochmal mit meinen Eltern. Vielleicht ergibt sich daraus mehr...

    Ja, ich denke auch, dass meine Mutter momentan dabei nicht wirklich helfen kann, da sie co-abhängig ist. Ich würde ihr so sehr selbst eine Therapie wünschen, damit sie das alles erkennt. Aber auch dafür ist sie leider selbst verantwortlich. Ich habe die Hoffnung, dass der Psychologe meines Bruders ihr einige Dinge in dieser Richtung näher bringen kann. Ich habe ihr nur immer wieder gesagt, dass ich es gut fände, wenn mein Bruder ausziehen würde, um aus dieser familiären Situation heraus zu kommen. Sie reagiert darauf nicht weiter...

    Zu den Hochs und Tiefs. Ich habe gestern noch einen Termin bei meinem Hausarzt für ein Beratungsgespräch vereinbart. Außerdem habe ich mich im Internet schon mal über verschidene Therapeuten informiert, zu denen ich eventuell gehen könnte. Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung! :D

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

  • Hallo,
    zur Info bzgl. der Therapie: in der Regel macht ein Therapeut entweder Verhaltenstherapie oder die tiefenpsychologische Therapie. Das sind zwei verschiedene Ausbildungen, daher ist es eher selten, dass ein Psychologe beide gemacht hat. Und das ist eben auch der (oder ein) Unterschied von Coaching und Therapie. Eine psychologische Psychotherapie darf nur anbieten, wer die entsprechende Ausbildung gemacht hat.
    Auch ich habe (bzw tue es immer noch) mit dem Gedanken gespielt eine Therapie zu machen.. Leider gibt es so viele "Kleinigkeiten" die sich einem da in den Weg stellen :( Lange Wartezeit, richtigen therapeuten finden... Ich hatte auch schon Kontakt zu einem, der mich dann darauf aufmerksam machte, dass es Probleme geben könnte (bzw mit Sicherheit geben würde) später eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Dabei habe ich noch keine Ahnung ob ich das überhaupt jemals machen möchte oder ob sowieso nicht.
    Der Großteil der Therapeuten macht die Verhaltenstherapie (macht es noch schwieriger einen guten Tiefenpsychologen zu finden). Nachdem ich der einen Therapeutin, mit der ich telefoniert habe, erzählt habe, worum es geht, hatte sie mir auch empfohlen eher eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie in Betracht zu ziehen. Jetzt kam mir kürzlich aber auch der Gedanke, der hier schon angesprochen wurde: dass vieles aufbricht und eigentlich alles noch schlimmer macht. Eigentlich möchte ich genau das.. also "kontrolliert" alles herausholen und aufarbeiten, weil ich Angst habe, dass es mich sonst irgendwann später überfallt. Andererseits lebe ich sonst so recht gut und habe Angst, ein wirklich großes Problem zu produzieren. Aber ich denke ich werde mich einfach mal näher über den Therapieablauf etc informieren.
    Nach dem was du schilderst (SVV etc.) ist eine Therapie machen zu wollen ganz eindeutig keine Überreaktion! Das wollte ich nur nochmal hervorheben.

    Liebe Grüße
    Ina

  • Hallo,

    danke Ina! Vor allem deine letzten beiden Sätze haben mich nochmal in der Entscheidung, eine Therapie zu machen, bestärkt.

    Ich werde mich nächste Woche mal vom Hausarzt beraten lassen, was er mir da so vorschlägt und dann wahrscheinlich mal anfangen herumzutelefonieren...

    Heute ist irgendwie kein guter Tag. Und wie so oft, weiß ich nicht wieso. Es kam ganz plötzlich. Eigentlich war so weit alles in Ordnung. Und auf einmal machte es BAMM und da war sie wieder, diese Mauer, diese unbestimmte Traurigkeit, das Gefühl des Alleinseins... Das alles kann kommen, obwohl ich unter Leuten bin, auch wenn es wirklich gute Freunde sind. Kennt ihr das? Ich habe überlegt, ob ich mir heute Abend durch ein warmes Bad auch mal was Gutes tue. Immerhin habe ich heute etwas Sport gemacht, um mir und meinem Körper damit auch etwas Gutes zu tun und gleich mache ich noch einen Spaziergang. Ich hoffe, das hilft. Manchmal bleibt die "Mauer" nur für einige Stunden, manchmal auch länger... Dann kommen plötzlich wieder alle Zweifel in mich hinein gekrochen oder aus meinem Inneren hervor, ich weiß es nicht...

    Was macht ihr in solchen Situationen? Wie tut ihr euch dann vielleicht etwas Gutes?

    Liebe Grüße, Toru-Chan

    follow your smile

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