• Hallo Julia,

    und herzlich willkommen.

    Vor 3 Wochen hast du erst erfahren, dass dein Vater alkoholabhängig ist...
    So, wie du seinen Zustand beschreibst, ist er das schon viele Jahre lang. Hast du wirklich vorher nichts gewusst? Frag ich jetzt mal einfach so.

    Ja, er ist dein Vater, klar, dass du dir da jetzt Sorgen machst. Sein Zustand ist eben jetzt so, wie er ist, wenn jahre-, jahrzehntelang eine Alkoholabhängigkeit besteht. Es sind ganz typische Dinge dafür, die er jetzt hat. Krampfadern in der Speiseröhre, Leberzirrhose, Krampfanfälle aufgrund des Entzuges und so.

    Morgen hat deine Mutter da ein Gespräch. Ich bin gespannt, was der Arzt ihr sagen wird.

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Julia und Herzlich Willkommen hier.

    Ja, der jahrelange Alkoholmissbrauch hinterlässt irgendwann einfach seine Spuren.
    Obwohl der Körper erstaunlich viel wegsteckt.

    Was der Arzt mit Deiner Mutter besprechen will?
    Schätze mal, das er ihr den Ernst der Lage erklären will.
    Bei mir war das zumindest so.
    Ich hatte eine sehr schwere Entgiftung und die Ärzte wußten nicht, obich es überlebe.
    Da wurden dann auch meine Angehörigen gerufen.
    Und ein paar Tage später sprach der Arzt auch nochmal mit ihnen und erklärte alles.
    Ich selbst konnte es gar nicht, weil ich für einige Tage im KH mit Medikamenten komplett abgeschossen wurde.

    Bei mir wurde übrigens auch eine Magenspiegelung gemacht.
    Ich hatte mir ein Magengeschwür angesoffen und zusätzlich ein Enzym zur Blutgerinnung kaputt gesoffen.
    Von daher hatte ich innere Blutungen.
    Bei der Magenspiegelung haben sie die auch gleich mit behandelt.

    Das alles war vor über 13 Jahren.
    Ich lebe noch und mein Körper konnte sich von vielem regenerieren, aber nicht von allem.
    Aber damit kann und muss ich nun leben.
    Mich gibt es aber heute nur noch, weil ich seitdem keinen Tropfen Alk mehr angerührt habe.

    Wie mit der momentanen Situation umgehen?
    Da weiß ich keine wirkliche Antwort.
    Helfen könnt ihr wenig, der Betroffene selbst kann nur die Entscheidung für ein trockenes Leben fällen.
    Mich haben damals die Ärzte sehr sachlich über meinen Zustand informiert. Das war auch eine große Hilfe.
    Sie sagten mir, das ich ungefähr nur noch 3 Wochen zu leben gehabt hätte, wenn ich weiter gesoffen hätte.
    Ich habe mich kurz danach FÜR das Leben entschieden und somit auch für ein trockenes Leben.
    Vielleicht können die Ärzte auch Deinen Vater wachrütteln, was wirklich los ist ?
    Weiß man nicht...

    Wie man es verarbeiten kann?
    Ich denke, am besten, indem man drüber redet.
    Mehrmals.
    Kannst Du mit Deiner Mutter offen drüber reden?
    Und vielleicht gibt es später die Möglichkeit, auch mit Deinem Vater drüber zu reden.
    Falls er sich für ein trockenes Leben entscheiden kann.

    LG Sunshine

  • Wir würden jetzt im Kaffeesatz lesen, wenn wir nach EINER Ursache für diese Situation suchen würden, Julia. Da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Möglich ist durchaus, dass dein Vater krank wurde & nicht mehr nachtanken konnte wie gewohnt. Dass er Spiegeltrinker ist, liegt sehr nahe, wenn du trotz wohnlicher Nähe nichts mitbekommen hast. Bei deiner Mutter hingegen kann ich mir das nicht vorstellen. Die hat die Sauferei gedeckt (wie so oft bei Alkoholgeschichten).
    Jetzt stellt sich die Frage des richtigen Umgangs mit einem Alkoholiker, der ja, so wie sich das liest, nicht aufhören möchte. Ganz vorne steht aber die Frage, was dein Vater überhaupt noch kann, wenn er aus dem Krankenhaus kommt.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Hey Julia,

    das war wohl ein Schock, oder?

    Der Schock scheint bei deinem Vater tief zu sitzen; wird ihm jetzt gerade bewusst, dass er sich zu Tode säuft.
    Letztlich kann er sich nur selbst entscheiden, wie es weitergehen soll. Dass er eine Kur und Gespräche ablehnt, deutet ja schon eine Richtung an.
    Du solltest nun an dich denken und dich nicht für deine Eltern aufopfern. Wenn es dir zu viel wird, weil sich dein Leben nur um sie dreht, dann nimm Abstand. Das ist dein Recht.

    Ansonsten kann man nicht wirklich viel zu deinem Vater sagen. Deine Eltern scheinen ein typisches Alkoholiker-Co-System aufgebaut zu haben, in dem der eine den anderen deckelt. Der eine ist handlungsfähig und abhängig vom Alkohol, die andere ist unselbständig, aber trocken. Da wäscht eine Hand die andere und beide ergänzen sich perfekt. Und beide schweigen, weil sie ohne den anderen nicht klarkommen. Bis das dicke Ende kommt.
    So war es übrigens bei meinen Eltern auch. Oder ist.

    Ich würde dir den Tipp geben, dich gedanklich auf die Entlassung deines Vaters vorzubereiten. Überlege, wo deine Grenzen sind und wie weit das alles gehen darf. Wenn dein Vater seine Position nicht mehr einnehmen kann, bist du womöglich der nächste Handlanger. Das kristallisiert sich ja gerade durch. Wie weit willst du in die Pflege eingebunden werden? Wie positionierst du dich, wenn er wieder trinkt? Welche Erwartungen hast du?
    Im Fokus deiner Überlegungen solltest du stehen und nicht die armen Eltern. Die haben, realistisch gesehen, ihre Suppe gerade eingebrockt. Du solltest nun nicht die Kohlen aus dem Feuer holen, sondern sie machen lassen.
    Sonst sitzt du demnächst mittendrin.
    Wenn deine Mutter nun nicht ihr Leben selbst übernimmt, bist du demnächst vorm Karren. Und ja, deine Mutter ist erwachsen und sollte sich selbst kümmern können. Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Der Weg, Handlanger zu finden, ist aber meist der einfachere.

    Wirklich wichtig ist nun abzustecken, was drin ist. Denk an deine Familie und suche Abstand. Die Wohnsituation ist natürlich suboptimal, aber auch möglich.

    Viele Grüße
    Zimttee

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