Hallo zusammen!
Meinen folgenden Vorstellungstext habe ich aus meinem (geschlossenen) Threat leicht anonymisiert übernommen, der Text ist von vergangenen Mittwoch:
Heute ist Tag 1, ich bin alkoholkrank.
Für den Satz habe ich jetzt 5 Minuten gebraucht. Die Erkenntnis ist schon eine Weile da, ich wollte es in dieser Konsequenz aber nicht einsehen- mein (Bier-)konsum ist in meiner Studienzeit nach oben gegangen. Mit sinkender Motivation für den angestrebten Beruf stieg das schneller an, zum Ende eines Auslandsjahrs ohne soziale Kontrolle habe ich mir das erste Mal Gedanken gemacht, als ich mein Zimmer wegen der leeren Dosen kaum noch durchqueren konnte. Außerdem gab es einen Vorfall im Suff... das ist mir hier (noch) zu privat, mir ist aber erst jetzt aufgegangen, dass dieser Traum keiner war.
Vor --- knapp 7 Jahren (2009) hatte ich eine gute Idee und hab das Studium für eine Ausbildung im Einzelhandel aufgegeben. Das hat mich ausgefüllt und glücklich gemacht. Mit einer eigenen Wohnung habe ich trotzdem zeitnah angefangen, unter der Woche Bier zu trinken und mich bei passenden Gelegenheiten (viele Feiern) abzuschießen (2010). Bald die erste Abmahnung wegen deutlichem Zuspät mit Fahne (Laden war nicht geöffnet, ich hätte aufschließen müssen). 2011: Im Schulblock lauter Studienabbrecher in meinem Alter in der Diaspora...Exzess.
Vorgespult. 2013 ändern wir die Öffnungszeiten und die Anwesenheit im Geschäft auf Schichtsystem, ich bin an 3 Tagen unter der Woche erst um 12 Uhr im Laden. Wahrscheinlich eher, aber spätestens hier habe ich angefangen, neben dem Wochenende auch unter der Woche 1-2x vor solchen Spätdiensten die halbe Nacht zu trinken.
Weihnachten 2013 macht sich mein ganzes Umfeld Sorgen, man kennt die Story (missbräuchlicher Alkoholkonsum und Abhängigkeit) von anderen schon. Ich auch. Trotzdem vereinbare ich (erst im Sommer 14) mit meinem besten Freund eine Kontrolliert-Drinken-mit-absoluter-Ehrlichkeit-Story aus Angst vor der Konsequenz 0% für immer. Über das Jahr habe ich Phasen mit 2-6 Wochen trocken, dann 4 Tage saufen-Kater-saufen-... Ich kann nach dem 2. Bier nicht mehr aufhören. Nach Trinkphasen bin ich depressiv und beginne Katerselbsthass zu entwickeln, obwohl ich kopfmäßig genau weiß, dass die negativen Gefühle sprichwörtlich aus der Flasche kommen.
Die Vereinbarung mit dem Mentor lautete auf: schick mich zu den Profis, wenn es nicht klappt. Das war Dienstag abend soweit. Die Wohnung ist die eines Alkoholikers, das waren seine Worte- traurig, nicht wütend. Das tat weh.
Der Aschermittwoch 10.02.16 ist also Tag eins. Offenes Gespräch mit dem Kollegen, danach zum Blauen Kreuz. Nach der Arbeit habe ich die Wohnung von 132 Bierflaschen und 18 Weinflaschen geräumt, Katharsis. Gruppengespräch am Abend, danach Forum. Als ich mich endlich anmelden will, zweifelt der Einflüsterer am Ernst der Lage. Es tat mir grad gut, das alles mal aufzuschreiben und zu sortieren- sry für den Roman.
Was eigentlich in einer Vorstellung steht: ich bin 34, seit Oktober selbstständig, Single, in Kirchgemeinde und Hobbies stark eingebunden. Ich erhoffe mir ... wohl vor allem eine Richtung zu finden, in die ich weitergehen kann. Die Entwicklung in einem Faden aufzuschreiben wird mir helfen, Entscheidungen zu treffen. Momentan ist meine Entscheidung ("Tag 1") rein vernunftgesteuert, mein Herz kommt grad noch nicht mit. Der Gruppenleiter am Abend hat das nach 10 Minuten gecheckt und gefragt, inwieweit mein Entschluss fremdimpliziert ist. Dazu hab ich noch keine Meinung. Allerdings lasse ich mir von einer Sucht nicht meine eben gewonnene Existenz platt machen, danach habe ich seit faktisch 10 Jahren gesucht. Ja, ich bin noch nicht ganz unten angekommen, und gerade das macht mir Angst. Allerdings kann ich darauf warten, dass aus dem Quartalstypen der Pegelsäufer wird, wenn nix passiert.
Viele Grüße